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Erscheinung:14.02.2013 11:39 Uhr Empfehlungen zum Euribor

Die Methode für die Ermittlung des Referenzzinssatzes Euribor (European Interbank-Offered Rate) weist Mängel auf, ebenso die interne Organisationsstruktur von Euribor-EBF, einem Tochterverband des Europäischen Bankenverbandes EBF (European Banking Federation), der die Ermittlung von Euribor organisiert. Das haben die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA und die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA in einer gemeinsamen Untersuchung zum Themenkomplex Benchmarks (insbesondere Euribor) festgestellt.

Empfehlungen

EBA und ESMA haben auf Basis der Untersuchungsergebnisse Empfehlungen erarbeitet und am 11. Januar 2013 veröffentlicht. Dabei handelt es sich um insgesamt vier Dokumente:

  • einen Untersuchungsbericht über die Organisation der Ermittlung von Euribor durch Euribor-EBF,
  • ein offenes Schreiben an Euribor-EBF mit Empfehlungen für die Beseitigung der Mängel, die bei der Untersuchung festgestellt wurden,
  • Empfehlungen an die nationalen Aufsichtsbehörden bezüglich der Aufsicht über Kreditinstitute, die im Euribor-Panel vertreten sind, und
  • ein Konsultationspapier zu Prinzipien für die Benchmark-Ermittlung in der EU.

Euribor-EBF will Empfehlungen umsetzen

Die beiden europäischen Aufsichtsbehörden schlagen unter anderem vor, den Einfluss der Panel-Banken in den Gremien von Euribor-EBF zu beschränken, die Zahl der Euribor-Sätze von 15 auf die sieben meistgenutzten zu reduzieren, die Anforderungen an die Datenmeldungen der beteiligten Banken für die Ermittlung des Zinssatzes zu konkretisieren und die Einhaltung dieser Anforderungen regelmäßig zu überwachen.

EBA und ESMA können zwar keine rechtlich bindenden Anweisungen gegenüber Euribor-EBF erteilen. Euribor-EBF hat jedoch bereits öffentlich signalisiert, die Vorschläge der europäischen Behörden umsetzen zu wollen.

Empfohlene Anforderungen bereits in KWG und MaRisk

Die Empfehlungen an die nationalen Aufsichtsbehörden wurden von EBA und ESMA gemeinsam ausgearbeitet, formal aber nur von der EBA herausgegeben. Sie vervollständigen die EBA-Leitlinien zur internen Governance und entsprechen inhaltlich den Anforderungen, die die BaFin bereits auf Grundlage von § 25a Kreditwesengesetz und den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) an die Prozesse der deutschen Panel-Banken stellt.

Die Empfehlungen umfassen unter anderem die Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips für alle Meldungen an Euribor-EBF, strengere interne und externe Kontrollmechanismen, klare Zuständigkeiten und Handlungsanweisungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten sowie ausführliche Dokumentationspflichten.

Banken entscheiden über Teilnahme selbst

In den vergangenen Monaten hatten mehrere europäische Banken das Euribor-Panel verlassen und zur Begründung geschäftspolitische Erwägungen angeführt. Die europäischen Aufsichtsbehörden empfehlen sowohl Euribor-EBF als auch den nationalen Aufsichtsbehörden, Institute zur weiteren Teilnahme an der Ermittlung des Referenzzinssatzes zu ermutigen. Die BaFin sieht die Mitwirkung an der Ermittlung einer privaten Benchmark grundsätzlich als geschäftspolitische Entscheidung der Kreditinstitute an. BaFin-Exekutivdirektor Raimund Röseler geht im Interview auf diesen Aspekt ein.

Nicht nur auf Euribor, sondern auf Benchmarks im Allgemeinen bezieht sich das bereits erwähnte Konsultationspapier. Darin wird eine Reihe von Prinzipien für die Ermittlung und Nutzung von Benchmarks zur Diskussion gestellt. Diese Prinzipien sind als Übergangsregelung für die Zeit bis zum Inkrafttreten bindender europäischer Gesetzgebung zu diesem Thema gedacht und sollen inhaltlich als Basis für das zukünftige Regelwerk dienen. EBA und ESMA beabsichtigen daher eine enge Abstimmung mit der Europäischen Kommission, die im vergangenen Jahr ebenfalls eine Konsultation zu Benchmarks und Indizes durchgeführt hat, an der sich auch die BaFin beteiligt hat und deren Ergebnisse die Grundlage für Gesetzgebungsinitiativen sein sollen. Das Konsultationspapier von EBA und ESMA kann noch bis zum 15. Februar 2013 kommentiert werden.

BaFin-Exekutivdirektor Raimund Röseler: „Geschäftspolitische Entscheidung“

Herr Röseler, was halten Sie von der Empfehlung von EBA und ESMA, die Banken zu ermutigen, weiter an der Ermittlung des Euribor teilzunehmen?

Die BaFin wird sich da nicht einmischen. Ob ein Institut an der Ermittlung einer solchen privatwirtschaftlichen Benchmark mitwirkt, ist allein seine geschäftspolitische Entscheidung. Nimmt es teil, muss es allerdings ordnungsgemäße Prozesse implementieren – und an der Stelle kommen wir dann ins Spiel.

Bedeuten die Empfehlungen, über die derzeit diskutiert wird, für die Banken eine große Umstellung?

Für die deutschen Banken nicht. Sie entsprechen inhaltlich weitgehend den Anforderungen, die wir auf Grundlage unserer Banken-MaRisk, der Mindestanforderungen an das Risikomanagement, bereits an die Quotierungsprozesse stellen. Außerdem geht es überwiegend um Selbstverständlichkeiten. Hier sollen nicht mit übertriebenen Anforderungen die regulatorischen Daumenschrauben angelegt werden.

Wird die Reform denn den gewünschten Erfolg bringen?

Die Konsultationen von EBA, ESMA und IOSCO werden uns sicher wertvolle Erkenntnisse für Reformen liefern. Ich habe aber meine Zweifel, dass die Ermittlung von Sätzen wie LIBOR und Euribor nachhaltig reformiert werden kann. Wir haben erlebt, wie manipulationsanfällig Benchmarks sind, die nur auf Schätzungen von Marktteilnehmern beruhen. Wenn man dann auch noch feststellt, dass es immer wieder Zeiten geben kann, in denen es kaum reale Transaktionen gibt, auf die sich die Berechnung stützen könnte, dann frage ich mich, wie belastbar eine solche Benchmark ist. Ich meine, wir sollten nicht nur an der Reform arbeiten, sondern auch daran, das System zu ersetzen. Den Euribor kurzfristig abzuschaffen, wäre allerdings mit großen rechtlichen Unsicherheiten verbunden. Die Vorschläge von EBA und ESMA sind also auf jeden Fall eine vernünftige Zwischenlösung.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Autor: Frederic Fender, BaFin

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