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Erscheinung:15.06.2012 00:00 Uhr | Thema Geldwäschebekämpfung Geldwäscheaufsicht über E-Geld-Produkte

Die Geldwäscheaufsicht über E-Geld-Produkte befindet sich im Umbruch – sowohl in Deutschland als auch auf europäischer und globaler Ebene. In Deutschland gelten hierzu seit Jahresbeginn neue gesetzliche Regelungen, zu denen die BaFin nun ein erläuterndes Merkblatt veröffentlicht hat.

Vertriebsstrukturen im Blickpunkt

Aktuell stehen insbesondere die Vertriebsstrukturen von E-Geld im Blickpunkt: Sollen neben dem eigentlichen Herausgeber des E-Geldes auch weitere in den Vertrieb des Produkts eingebundene Personen und Unternehmen der Geldwäscheaufsicht unterfallen? Wenn ja, wie soll diese Aufsicht gestaltet sein und wer ist die zuständige Aufsichtsbehörde?

Diese Fragen werden insbesondere dann akut, wenn ein E-Geld-Emittent sein Produkt vom Ausland aus in Deutschland vertreibt. Denn in solchen Fällen droht die Gefahr, dass Lücken und Schlupflöcher in der Geldwäscheaufsicht ausgenutzt werden: Weil der Emittent in Deutschland physisch nicht präsent ist, hat die BaFin gegen ihn keine Handhabe. Die Heimatlandaufsicht des Emittenten hat ihrerseits oftmals eine ausreichenden Ressourcen, keine rechtliche Handhabe und/oder kein Interesse, die Vertriebshelfer eines E-Geld-Emittenten im Ausland zu beaufsichtigen.

Gerade was das E-Geld angeht, sind die oben beschriebenen Aufsichtslücken gefährlich, da nach vorliegenden Erkenntnissen in den vergangenen Jahren die Zahl der Fälle, in denen E-Geld zu Geldwäschezwecken missbraucht wurde, in Deutschland rapide gestiegen ist. Besonders problematisch sind in diesem Zusammenhang anonyme E-Geld-Produkte ausländischer Anbieter, die über ein Vertriebsnetz von Einzelhändlern in Deutschland gegen Barzahlung erworben werden können.

Darauf hat der deutsche Gesetzgeber bereits im vergangenen Jahr reagiert und die Vertriebshelfer1) von deutschen wie auch ausländischen E-Geld-Emittenten in den Katalog der Verpflichteten nach § 2 Absatz 1 Nr. 2b und 2c Geldwäschegesetz (GwG) aufgenommen. Damit unterliegen in Deutschland ansässige Vertriebshelfer von E-Geld-Emittenten grundsätzlich sämtlichen Pflichten aus dem GwG.

Mit Wirkung zum 29. Dezember 2011 ist zusätzlich durch das Gesetz zur Optimierung der Geldwäscheprävention (GWPräOptG) die neue Vorschrift des § 25i in das Kreditwesengesetz (KWG) eingefügt worden, die die Sorgfalts- und Organisationspflichten beim E-Geld-Geschäft regelt. Diese Pflichten gelten nicht nur für die Emittenten von E-Geld, sondern gemäß § 3 Absatz 2 Satz 3 und 4 GwG in Verbindung mit § 25i Absatz 2, 4 und 5 KWG auch für deren Vertriebshelfer.

Einführung einer Produktaufsicht über E-Geld

Laut Gesetzesbegründung verschafft § 25i KWG der BaFin die Möglichkeit, über die Beaufsichtigung des einzelnen Instituts bzw. Vertriebshelfers hinaus eine geldwäscherechtliche Aufsicht über die am Markt eingesetzten E-Geld-Produkte zu betreiben. Diese Produktaufsicht ist verankert in den Absätzen 2, 4 und 5 des § 25i KWG.

Hierdurch werden der BaFin zum einen weitreichende Befugnisse bis hin zur Untersagung des Einsatzes eines bestimmten E-Geld-Produkts eingeräumt, sofern Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieses Produkt ein erhöhtes Risiko im Zusammenhang mit Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder sonstiger strafbarer Handlungen birgt. Zum anderen kann die BaFin in Fällen, in denen lediglich ein geringes Geldwäscherisiko besteht, weitreichende Ausnahmen und Befreiungen von geldwäscherechtlichen und sonstigen Pflichten gewähren. Im Ergebnis bedeutet dies, dass Art und Umfang der geldwäscherechtlichen Pflichten der Herausgeber und Vertriebshelfer von E-Geld-Produkten für jedes Produkt individuell festgelegt werden und sich von Produkt zu Produkt je nach Risikobewertung erheblich voneinander unterscheiden können.

Die Regelungen der Absätze 2, 4 und 5 des § 25i KWG gelten auch für E-Geld-Agenten, die E-Geld-Produkte ausländischer Emittenten vertreiben. Damit wurde für die BaFin eine effektive Rechtsgrundlage geschaffen, um auch Maßnahmen gegen auf diesem Wege vertriebene risikobehaftete E-Geld-Produkte ergreifen zu können.

Kritik aus den Reihen der E-Geld-Branche

Der deutsche Gesetzgeber ist mit seiner Maßnahme, Vertriebshelfer von E-Geld-Emittenten unter Geldwäscheaufsicht zu stellen, zunächst auf Kritik aus der nationalen und europäischen E-Geld-Branche gestoßen. Insbesondere ausländische Emittenten ohne Zweigstelle in Deutschland verkaufen ihre E-Geld- Produkte wie zum Beispiel Prepaidkarten über inländische Vertriebshelfer – häufig Einzelhändler, Tankstellen oder Kioske – an Kunden in Deutschland. Einige Anbieter von E-Geld befürchten, dass die geldwäscherechtlichen Pflichten ihre Vertriebshelfer überfordern bzw. sie selbst die Einhaltung dieser Pflichten durch die Vertriebshelfer nicht sicherstellen können. Ihrer Ansicht nach besteht die Gefahr, dass nicht genügend Vertriebshelfer bereit oder in der Lage sind, die geldwäscherechtlichen Anforderungen zu erfüllen. Dadurch könne ihr Vertriebsnetz und damit ein erheblicher Teil ihres Umsatzes in Deutschland wegbrechen, argumentieren die Anbieter.

Dem wirtschaftlichen Interesse der E-Geld-Branche steht das berechtigte staatliche Interesse an einer effektiven Geldwäscheprävention entgegen. Das neue Konzept der geldwäscherechtlichen Produktaufsicht ermöglicht es der deutschen Finanzaufsicht, das Ermessen, das Artikel 11 Absatz 5 der Dritten Geldwäscherichtlinie den EU-Mitgliedstaaten eingeräumt hat, flexibel und am konkreten Geldwäscherisiko des einzelnen Produkts orientiert auszuüben. Die BaFin kann auf Basis der neuen gesetzlichen Regelungen eine Verwaltungspraxis etablieren, die einerseits keine unzumutbaren Hindernisse für die Emittenten aufstellt, aber andererseits eine effektive Prävention gewährleistet und die Risiken von E-Geld-Produkten im Zusammenhang mit Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und sonstigen strafbaren Handlungen in Deutschland spürbar reduziert.

Interesse an deutschen Erfahrungen

Die kommenden Monate werden zeigen, wie sich das neue Konzept der geldwäscherechtlichen Produktaufsicht in der Praxis bewährt. Dabei sollten sich alle Beteiligten der Tatsache bewusst sein, dass die Entwicklungen auf dem deutschen Markt auch auf europäischer und globaler Ebene aufmerksam beobachtet werden. Denn obwohl die Zweite E-Geld-Richtlinie der EU eigentlich bis zum 30. April 2011 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen, steht diese Umsetzung in etwa einem Drittel der EU-Mitgliedstaaten noch aus.2) Des Weiteren steht bereits eine Revision dieser Richtlinie sowie der Dritten Geldwäsche-Richtlinie durch die EU-Kommission bevor. Die Erfahrungen, die jetzt auf dem deutschen Markt gemacht werden, werden daher von anderen Mitgliedstaaten und dem europäischen Gesetzgeber bei ihren künftigen Entscheidungen berücksichtigt werden.

Auch auf globaler Ebene dürfte das Konzept der geldwäscherechtlichen Produktaufsicht auf Interesse stoßen: Nachdem die Financial Action Task Force (FATF) in einem Typologienbericht über neue Zahlungsmethoden im Oktober 2010 tatsächlich einen Missbrauch von E-Geld-Produkten zu Geldwäschezwecken und entsprechenden Handlungsbedarf festgestellt hatte, erarbeitet sie derzeit ein Best-Practice-Papier für die Anwendung eines risikoorientierten Ansatzes auf E-Geld-Produkte. Auch in diesem Rahmen wird Deutschland seine Erfahrungen mit der E-Geld-Produktaufsicht einbringen.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Fußnoten

  1. 1) Der Begriff „Vertriebshelfer“ umfasst im Folgenden sowohl E-Geld-Agenten im Sinne von § 1a Absatz 6 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (geldwäscherechtlich Verpflichtete nach § 2 Absatz 1 Nr. 2b Geldwäschegesetz) als auch Unternehmen und Personen, die E-Geld vertreiben oder rücktauschen (geldwäscherechtlich Verpflichtete nach § 2 Absatz 1 Nr. 2c Geldwäschegesetz).
  2. 2) Von Deutschland termingerecht umgesetzt.
Autor: Jan Noll, BaFin

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