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Erscheinung:06.06.2012 00:00 Uhr | Thema Verbraucherschutz

Verfahren mit Tradition: Beschwerdebearbeitung bei der BaFin

Kunden von Kreditinstituten, Finanzdienstleistern und Versicherern können Beschwerden und Anfragen an die BaFin richten. Mit ihrer Gründung im Mai 2002 wurden auch die Beschwerdeverfahren der Vorgängerbehörden BAKred (Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen) und BAV (Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen) unter einem Dach zusammengeführt und vereinheitlicht.

Damit änderte sich insbesondere das Verfahren für Beschwerden im Bankenbereich: Wurde das BAKred nur tätig, wenn Fehler zu vermuten waren, hat die Aufsicht seitdem nur dann von einem Verfahren abzusehen, wenn die Sache von vornherein unbegründet erscheint. Dieses Vorgehen war im BAV bereits etabliert.

Die BaFin ist für die beaufsichtigten Unternehmen die zuständige Stelle im Sinne des verfassungsrechtlich gewährleisteten Petitionsrechts (Artikel 17 Grundgesetz). Laut Gesetz wird sie aber nur im öffentlichen Interesse tätig.

Entwicklung der Eingaben seit 2002

Entwicklung der Eingaben seit 2002 BaFin Entwicklung der Eingaben seit 2002

*Beschwerden, Anfragen ohne Beschwerdehintergrund, Petitionen sowie Eingaben, die nicht in die Zuständigkeit der BaFin fielen.

Keine Einzelfallentscheidungen oder Rechtsberatung

Anders als die außergerichtlichen Schlichtungsstellen der Verbände und die Gerichte kann die BaFin nicht über die Ansprüche einzelner Kunden entscheiden. Sie kann auch im Einzelfall keine Rechtsberatung betreiben. Dennoch ist die Beschwerdebearbeitung von erheblichem Nutzen sowohl für die Kunden als auch für die Aufsicht – und manchmal auch für die beaufsichtigten Unternehmen.

Die BaFin prüft die Eingaben und leitet sie bei einem möglichen Fehlverhalten des beaufsichtigten Unternehmens an dieses weiter. Das Unternehmen hat dann Gelegenheit, seine Entscheidung zu erläutern und gegebenenfalls zu revidieren.

Korrigiert das Unternehmen seine Entscheidung im Interesse des Kunden oder ist das Verhalten des Instituts aufsichtsrechtlich nicht zu beanstanden, erhält der Kunde eine Kopie der Stellungnahme. Die BaFin erläutert zudem, warum sie das Verfahren nicht fortführt. Eine sorgfältig verfasste Stellungnahme kann, selbst wenn sie die Erwartungen des Kunden nicht erfüllt, durchaus unangebrachtes Misstrauen ausräumen.

Vermittlerrolle

Geben die Stellungnahme oder der Sachverhalt Anlass zu weiteren Erläuterungen seitens der Parteien, kann die BaFin bei beiden ergänzende Auskünfte einholen. Hat die BaFin eine andere Rechtauffassung als das Unternehmen, legt sie ihm diese dar. Hält das Unternehmen trotz schwerwiegender Bedenken der BaFin an seiner Rechtsauffassung fest, kann die BaFin den Kunden über diese Bedenken informieren. Sie tut es allerdings erst – und sehr selten –, nachdem sie dies dem Institut angekündigt und ihm Gelegenheit zu einer nochmaligen Prüfung gegeben hat.

Häufen sich Beschwerden über einen bestimmten Sachverhalt, prüft die BaFin, ob möglicherweise ein Missstand im aufsichtsrechtlichen Sinn (zum Beispiel § 6 Absatz 2 Kreditwesengesetz – KWG) vorliegt, der ein Einschreiten der Aufsicht erfordern würde. So wandte sich das BAKred seinerzeit an die Verbände der Kreditwirtschaft, weil zahlreiche Institute Vorfälligkeitsentschädigungen forderten, die weit höher waren als der Zinsausfall, der ihnen durch die vorzeitige Rückzahlung von Festzinsdarlehen entstehen konnte. Diese Banken berechneten daraufhin die Vorfälligkeitsentschädigungen für die Kunden günstiger, noch bevor der Bundesgerichtshof in seinen Urteilen vom 1. Juli 1997 (XI ZR 197/96 und XI ZR 198/96) verbindliche Maßstäbe für die Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung setzte.

Wenn ein Unternehmen einem Kunden nicht entgegenkommt, dieser aber für seine Position gute Gründe hat und eine Entscheidung im Einzelfall gefragt ist, verweist die BaFin auf die Schlichtungsstelle des zuständigen Verbands. Sie tut dies auch dann, wenn der Kunde nach einem für ihn erfolglosen Verfahren bei der BaFin fragt, an welche Stelle er sich noch wenden könne, es sei denn, die Einschaltung der Schlichtungsstelle erscheint aussichtslos oder gar mutwillig.

Lange Tradition

Die Bearbeitung von Beschwerden über Versicherungsunternehmen geht bis auf das Kaiserliche Aufsichtsamt für Privatversicherungen zurück, das in einer Veröffentlichung aus dem Jahre 1903 ausführte, „auf die Beschwerden […] in geeigneten Fällen näher einzugehen, darauf kann um deswillen nicht verzichtet werden, weil einmal die Beschwerdeführer zu der Erwartung berechtigt sind, dass Missstände, welche durch die Beschwerden bloßgelegt werden, von den Aufsichtsbehörden nicht ignoriert werden, und weil die auf die erhobenen Beschwerden hin geführten Verhandlungen besonders geeignet sind, einen Einblick in die Geschäftsführung der Unternehmen zu gewähren und die im Gebrauch befindlichen Versicherungsbedingungen in ihrer praktischen Anwendung beurteilen, vielfach auch in ihrer Mangelhaftigkeit und Verbesserungsbedürftigkeit erkennen zu lassen.“

Diese Aussage ist nach wie vor aktuell. Rechtsgrundlage für die Bearbeitung von Beschwerden über Versicherungsunternehmen ist neben dem Petitionsrecht die in § 81 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) festgelegte Aufgabe, die Belange der Versicherten zu wahren. Ebenso wenig wie § 6 KWG räumt § 81 VAG einem Kunden ein subjektives Recht auf ein Einschreiten der Aufsichtsbehörde ein.

Information der Öffentlichkeit

Die BaFin informiert über die Bearbeitung von Beschwerden in ihrem Jahresbericht. Was Versicherer angeht, ist die BaFin zudem seit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Berlin vom 25. Juli 1995 (8 B 16/94, VerBAV 1994 S. 331) gehalten, den Medien Auskünfte über die Beschwerdezahlen je Versicherer mit Nennung des Unternehmens und aufgeteilt nach den Sparten Lebens-, Kranken-, Haftpflicht-, Kraftfahrtversicherung und Allgemeine Unfallversicherung zu erteilen. Die BaFin stellt den Beschwerdezahlen die jeweiligen Bestandsgrößen gegenüber, also die Zahl der Verträge.

Die Kundenbeschwerden sind eine wichtige Erkenntnisquelle für die Aufsichtstätigkeit der BaFin. Die Diskussionen über kritische Fälle können nicht nur für den einzelnen betroffenen Kunden von Vorteil sein, sondern auch für andere Kunden, wenn ein Institut ein problematisches Verhalten einstellt.

Der vorliegende Beitrag ist eine erweiterte und aktualisierte Fassung eines Gastbeitrages von Wilfried Rink für den Jahresbericht 2008 des Ombudsmanns der Öffentlichen Banken Deutschlands.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Autor: Wilfried Rink, BaFin

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