Erscheinung:01.03.2012 00:00 Uhr |
Thema Investmentfonds
Genehmigungspflicht der Kostenregelungen von Investmentfonds
Inhalt
Durch das OGAW-IV-Umsetzungsgesetz1) sind seit dem 1. Juli 2011 sämtliche neuen Kostenregelungen in den Vertragsbedingungen von inländischen Investmentvermögen sowie deren Änderungen von der BaFin zu genehmigen. Damit wurde die Ausnahme von der Genehmigungspflicht nach § 43 Absatz 2 Satz 1 Investmentgesetz (InvG) aufgehoben, die bis zu jenem Zeitpunkt für die Beschreibung der Kostenregelungen in den Vertragsbedingungen2) bestand.
Die Einführung dieser formalen Prüfungspflicht der Bundesanstalt erfolgte im Rahmen der Umsetzung der OGAW-IV-Richtlinie in das InvG. Zeitnah hierzu berichteten auch die Medien zunehmend über das Thema, unter anderem die Zeitschrift „Finanztest“. Die gesteigerte Sensibilität in diesem Bereich erklärt sich möglicherweise auch damit, dass in den vergangenen Jahren immer mehr Investmentfonds eine zusätzliche erfolgsabhängige Vergütung (Performance-Fees) eingeführt haben. Kritisiert wird zum einen die mangelnde Transparenz bei den verwendeten Kostenregelungen. Zum anderen stellt sich gerade bei der Einführung zusätzlicher erfolgsabhängiger Vergütungen die Frage, ob solche Regelungen angemessen sind.
Bestandsschutz
Die bis zum 1. Juli 2011 in den Vertragsbedingungen verankerten Kostenregelungen genießen grundsätzlich Bestandsschutz nach § 144 Absatz 6 Investmentgesetz (InvG). Dies bedeutet, dass keine nachträgliche Genehmigung mehr erforderlich ist. Die BaFin kann jedoch auf Grundlage des § 5 Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit § 9 Absatz 3 Satz 2 InvG im Rahmen der Missstandsaufsicht gegen solche Regelungen vorgehen, wenn beispielsweise Kostenregelungen verwendet wurden, die als unangemessen im Sinne des § 9 Absatz 3 Satz 2 InvG anzusehen sind.
Genehmigungsverfahren
Ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 43 Absatz 2 Satz 1 InvG kann die BaFin bei der Genehmigung von Vertragsbedingungen sowie deren Änderung seit dem 1. Juli 2011 prüfen, ob dem Anleger unangemessene Kosten und Gebührenstrukturen auferlegt werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Festlegung der Höhe der Verwaltungsvergütung, die die Kapitalanlagegesellschaft dem Fondsvermögen für ihre Verwaltungstätigkeit in Rechnung stellt, eine rein wirtschaftliche Entscheidung bleibt, die keiner aufsichtsrechtlichen Kontrolle durch die Bundesanstalt unterliegt. Als möglicherweise interessenwidrig für den Anleger werden an dieser Stelle aber ausdrücklich bestimmte Gestaltungen der Performance-Fees genannt.
Um diese allgemein gefassten Prüfungsmaßstäbe zu konkretisieren, hat die BaFin Musterbausteine für Kostenregelungen entwickelt. Sie sollen in die mit dem Bundesverband Investment und Asset Management e.V. (BVI) abgestimmten Mustervertragsbedingungen für die unterschiedlichen Arten von Sondervermögen integriert werden. Der Formulierung der Musterbausteine ist im September 2011 ein öffentliches Konsultationsverfahren vorausgegangen.
Allgemeine Kriterien
Als allgemeines Kriterium wurde für die Kostenregelung festgelegt, dass verstärkt auf eine hohe Transparenz zu achten ist, das heißt, die verwendeten Kostenklauseln müssen klar und verständlich sein. Auch müssen allgemeine Kostenpositionen einem bestimmten Sondervermögen eindeutig zugeordnet werden können.
Besonderes Augenmerk wurde zudem auf eine klare Differenzierung zwischen Vergütungen einerseits und den übrigen Aufwendungen andererseits gerichtet. Denn die Höhe der Vergütungen und die Art ihrer Berechnung sind in den Vertragsbedingungen genau anzugeben, wohingegen bei den Aufwendungen eine solche Bezifferung nicht erfolgen kann, da sie anlassbezogen entstehen und in gewisser Weise eine Blackbox für die Anleger darstellen. Je mehr Kostenpositionen in den Vertragsbedingungen konkretisiert werden, desto besser kann der Anleger die Kosten einschätzen. Deshalb sollen die Fondsgesellschaften dazu angehalten werden, Vergütungen auch als solche zu deklarieren und die in den Vertragsbedingungen verwendeten Aufwendungspositionen eng zu fassen und restriktiv zu verwenden.
Erfolgsabhängige Vergütungen
Um zu Rahmenbedingungen für erfolgsabhängige Vergütungen zu gelangen, die für die Industrie akzeptabel und zugleich für die Anleger angemessen sind, hat die BaFin nicht nur bestehende Performance-Fee-Regelungen ausgewertet, sondern sich zudem mit Vertretern der Wissenschaft sowie Experten aus dem Spezialfondsbereich ausgetauscht. Als ein zentrales Kriterium wurde in diesem Prozess festgelegt, dass Performance-Fees Anreize für eine langfristige Wertsteigerung setzen und nicht kurzfristige Leistungen entlohnen sollen. Dies soll beispielsweise über die Festlegung von Mindestfristen für Abrechnungsperioden, Verlustvortragsregelungen und die Vereinbarung von Höchststandsregelungen (High-Water-Mark-Regelungen) erreicht werden. Wird die Zusatzleistung erreicht, profitieren mithin sowohl der Portfoliomanager als auch der Anleger: der Manager über die erfolgsabhängige Vergütung, der Anleger über eine nachhaltige Steigerung des Anteilwertes.
Für die Musterkostenbausteine der Performance-Fees entwickelte die BaFin zwei Modelle: eines, das die Leistung des Managements im Verhältnis zu einem Vergleichsindex misst, und ein anderes, das die Leistung im Sinne einer absoluten Wertsteigerung beim Anteilwert misst, gegebenenfalls zuzüglich eines vereinbarten zusätzlichen Schwellenwertes. Die beiden Modelle können abhängig von der Gestaltung der Anlagestrategie in den Vertragsbedingungen verwendet werden.
Vergütung für die Durchführung der Wertpapierleihe
Schwerpunkt der Arbeiten der BaFin war auch die Regelung einer angemessenen Vergütung für die Durchführung der Wertpapierleihe. Bei der Wertpapierleihe darf die Kapitalanlagegesellschaft für Rechnung des Sondervermögens gegen ein marktgerechtes Entgelt auf bestimmte oder unbestimmte Zeit Wertpapiere an einen Dritten (Wertpapierdarlehensnehmer) übertragen, wenn dieser der Kapitalanlagegesellschaft für Rechnung des Sondervermögens Wertpapiere von gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten hat (§ 54 Absatz 1 Satz 1 InvG). Die Vertragsbedingungen müssen zudem vorsehen, dass dieses Geschäft durchgeführt wird.
Bei der Wertpapierleihe handelt es sich um ein Zusatzgeschäft, das die Kapitalanlagegesellschaften für die Sondervermögen erbringen. Um den hohen Aufwand zu kompensieren, der für die Durchführung dieser Geschäfte betrieben wird, erheben die Kapitalanlagegesellschaften regelmäßig eine zusätzliche Vergütung.
Hier stellte sich insbesondere die Frage, ob diese Tätigkeit nicht bereits von der allgemeinen Verwaltungsvergütung abgedeckt sein sollte. Die BaFin hält die Erhebung einer separaten Vergütung jedoch für angemessen, wenn sichergestellt ist, dass für die Anleger durch die Erbringung des Zusatzgeschäftes immer ein positiver Ertrag erwirtschaftet wird. Hinsichtlich der Verteilung der Erträge, die durch die Durchführung der Wertpapierleihe vereinnahmt werden und aus denen die Kapitalanlagegesellschaften ihre Vergütungen entnehmen, erwartet die BaFin, dass diese mehrheitlich beim Anleger verbleiben.
Praktische Auswirkungen
Die Verwendung der Musterkostenklauseln durch die Kapitalanlagegesellschaften dient, wie die Verwendung der Mustervertragsbedingungen in den übrigen Bereichen, durch die schon vorweggenommene Abstimmung in der Regel der Vereinfachung und Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens.
Aus Sicht der BaFin ist außerdem zu erwarten, dass die Verwendung der Musterkostenklauseln dazu führen wird, dass Anleger die Produkte besser vergleichen können. Die gestiegenen Anforderungen an die Klarheit und Verständlichkeit der Regelungen dienen ebenso dem Anlegerinteresse – gleichzeitig fördern sie aber auch die Akzeptanz von angemessenen Kostenregelungen.
Hinweis
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1) BGBl. I 2011, Seite 1126; OGAW: Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren.
2) Angaben nach § 41 Absatz 1 Satz 1 InvG