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Erscheinung:01.01.2019, Stand:geändert am 11.10.2023 Bewertung der einforderbaren Beträge aus Rückversicherungsverträgen und gegenüber Zweckgesellschaften und Umgang mit Abrechnungsforderungen und –verbindlichkeiten sowie Depotforderungen und - verbindlichkeiten unter Solvency II

Im Rahmen der Solvabilitätsübersicht nach Solvency II werden die versicherungstechnischen Rückstellungen ohne Abzug der aus Rückversicherungsverträgen und von Zweckgesellschaften einforderbaren Beträge berechnet (§ 77 Abs. 4 Versicherungsaufsichts-gesetz (VAG)). Demgegenüber stehen einforderbare Beträge aus Rückversicherungsverträgen und gegenüber Zweckgesellschaften als Aktiva in der Solvabilitätsübersicht.

Bewertung der einforderbaren Beträge aus Rückversicherungsverträgen und gegenüber Zweckgesellschaften und Umgang mit Abrechnungsforderungen und -verbindlichkeiten sowie Depotforderungen und -verbindlichkeiten unter Solvency II

Einleitung

Diese Auslegungsentscheidung befasst sich mit den quantitativen Anforderungen im Aufsichtssystem Solvency II (Richtlinie 2009/138/EG) und richtet sich deshalb an alle inländischen Erst- und Rückversicherungsunternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 7 Nr. 33 und 34 VAG, soweit sie nicht Sterbekassen gemäß § 218 Abs. 1 VAG, Pensionskassen gemäß § 232 VAG oder kleine Versicherungsunternehmen gemäß § 211 VAG sind oder als Rückversicherungsunternehmen ihre Tätigkeit nach § 165 Abs. 1 VAG eingestellt haben.

Sie behandelt die Bewertung der einforderbaren Beträge aus Rückversicherungsverträgen und gegenüber Zweckgesellschaften und den Umgang mit Zahlungsströmen aus Abrechnungsforderungen und -verbindlichkeiten sowie mit Depotforderungen und -verbindlichkeiten, die sich aus Rückversicherungsgeschäft ergeben, unter Solvency II.

Ermittlung der einforderbaren Beträge aus Rückversicherungsverträgen und gegenüber Zweckgesellschaften

Nach § 86 VAG folgt die Berechnung der einforderbaren Beträge aus Rückversicherungsverträgen den Regelungen zur Ermittlung der versicherungstechnischen Rückstellungen unter Solvency II. Weitergehende Regelungen zu den einforderbaren Beträgen ergeben sich aus Art. 41 delegierte Verordnung (EU) 2015/35 (DVO) sowie den EIOPA Leitlinien zur Bewertung von versicherungstechnischen Rückstellungen (EIOPA-BoS-14/166 DE).

Gemäß Art. 41 Abs. 1 DVO werden die aus Rückversicherungsverträgen und von Zweckgesellschaften einforderbaren Beträge im Rahmen der Grenzen der Versicherungs- oder Rückversicherungsverträgen berechnet, auf die sich diese Beträge beziehen. Für die Zwecke der Ermittlung der einforderbaren Beträge werden diejenigen Rückversicherungsverträge berücksichtigt, die zum Stichtag der Bewertung bestehen. Zukünftige Rückversicherungsverträge können berücksichtigt werden, sofern den Vorgaben der Leitlinie 78 genüge getan ist.

Nach § 86 Abs. 1 VAG i.V.m. § 75 Abs. 3 VAG sind die einforderbaren Beträge in homogene Risikogruppen, die zumindest nach Geschäftsbereichen getrennt sind, zu segmentieren. Leitlinie 19 fordert darüber hinaus, dass die Unternehmen die Einheitlichkeit zwischen den homogenen Risikogruppen, die sie zur Bewertung ihrer versicherungstechnischen Rückstellungen ohne Abzug der Rückversicherung verwenden, und den einforderbaren Beträgen sicherstellen.

Art. 41 Abs. 3 DVO spezifiziert darüber hinaus die Zahlungsströme, die in der Ermittlung der einforderbaren Beträge zu berücksichtigen sind. Die Zahlungsströme umfassen nur Zahlungen, die die Regulierung von Versicherungsfällen und nicht regulierte Versicherungsansprüche betreffen. Dazu gehören auch die erwarteten Prämienzahlungen des Vorversicherers an den Rückversicherer im Rahmen des Rückversicherungsvertrags.

Umgang mit Abrechnungsforderungen und Abrechnungsverbindlichkeiten

Abrechnungsforderungen stellen nach dem Handelsgesetzbuch einen Aktivposten in der Bilanz eines Versicherers dar, der die sich aus den laufenden Abrechnungen mit den Vor- und Rückversicherern und den Rückversicherungsmaklern ergebenden Forderungssalden aus dem in Rückdeckung übernommenen und in Rückdeckung gegebenen Versicherungsgeschäft ausweist. Ergibt der Saldo eine Verbindlichkeit, wird ein Passivposten (sog. Abrechnungsverbindlichkeit) gebildet. Die Bilanz nach dem Handelsgesetzbuch sieht einen gesonderten Ausweis dieser Salden vor.

Die Solvabilitätsübersicht unter Solvency II berücksichtigt die Positionen Forderungen bzw. Verbindlichkeiten gegenüber Versicherungen und Vermittlern (Zellen C0010/R0360 bzw. C0010/R0820 in Meldebogen S.02.01) sowie die Positionen Forderungen bzw. Verbindlichkeiten gegenüber Rückversicherern (Zellen C0010/R0370 bzw. C0010/R0830 in Meldebogen S.02.01). Ein separater Ausweis von Abrechnungsforderungen und –Verbindlichkeiten ist hingegen nicht vorgesehen.

Umgang mit Bardepotforderungen und -verbindlichkeiten

Wurde für Zahlungsströme zwischen dem Rückversicherer und dem Vorversicherer ein Bardepot angesetzt, so führt dies in der Handelsbilanz zu einer Depotforderung beim Rückversicherer und zu einer Depotverbindlichkeit beim Vorversicherer.

Eine Depotforderung des Rückversicherers ist auch im Rahmen der Solvabilitätsübersicht unter Solvency II auszuweisen. Eine Saldierung mit den korrespondierenden versicherungstechnischen Rückstellungen ist unzulässig.

Auch eine Depotverbindlichkeit des Vorversicherers ist im Rahmen der Solvabilitätsübersicht unter Solvency II anzusetzen. Art. 41 Abs. 3 DVO legt fest, dass in dem Fall, dass für Zahlungsströme ein Depot angelegt wurde, die einforderbaren Beträge entsprechend angepasst werden, damit die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten auf die sich das Depot bezieht, nicht doppelt gezählt werden. Die einforderbaren Beträge sind um den Wert der Depotverbindlichkeit zu erhöhen, um eine Doppelzählung von Verbindlichkeiten zu vermeiden.

Für die Zwecke der Anpassung der einforderbaren Beträge um das Gegenparteiausfallrisiko nach § 86 Abs. 3 VAG regelt Art. 42 Abs. 4 DVO die Ermittlung des durchschnittlichen Verlustes aufgrund des Ausfalls einer Gegenpartei. Als durchschnittlicher Verlust sind demnach mindestens 50% der einforderbaren Beträge ohne Berücksichtigung der Anpassung für das Gegenparteiausfallrisiko anzusetzen, es sei denn, es besteht eine zuverlässige Grundlage für eine andere Bewertung. In dem Fall, dass ein Depot angelegt wurde und die einforderbaren Beträge um den Wert der Depotverbindlichkeit angepasst wurden, bestimmt sich die Höhe des durchschnittlichen Verlustes nach Art. 42 Abs. 4 DVO auf der Grundlage der einforderbaren Beträge ohne Berücksichtigung der Anpassung um das Depot.

Berücksichtigung von Depotverbindlichkeiten in der SCR Standardformel

Im Rahmen des Gegenparteiausfallrisikomoduls in der Standardformel gemäß § 96 VAG ist der Verlust bei Ausfall gemäß Art. 192 DVO zu ermitteln. Wurde ein Depot angelegt und die einforderbaren Beträge beim Vorversicherer entsprechend angepasst, so ist diese Depotverbindlichkeit im Kontext der Ermittlung des Verlustes bei Ausfall nach Art. 192 Abs. 1 DVO für den Vorversicherer nicht zu berücksichtigen. Die Höhe der einforderbaren Beträge nach Abs. 2 (a) ermittelt sich in diesem Fall vor Berücksichtigung der Anpassung der einforderbaren Beträge um das Depot.

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