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Erscheinung:14.07.2010 | Geschäftszeichen BA 4-AZB 3100-10190032-2009/0003 | Thema Compliance Maßstäbe für die Zurechnung von Warengeschäften zum Handelsbuch

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Rechtsgrundlage

㤠1a KWG

Handelsbuch und Anlagebuch

(1) Dem Handelsbuch eines Instituts im Sinne dieses Gesetzes sind zum Zweck der Ermittlung und der Anrechnung von Handelsbuch-Risikopositionen folgende Positionen zuzurechnen:

  1. Finanzinstrumente im Sinne des Absatzes 3 und Waren, die das Institut zum Zweck des kurzfristigen Wiederverkaufs im Eigenbestand hält oder die von dem Institut übernommen werden, um bestehende oder erwartete Unterschiede zwischen den Kauf- und Verkaufspreisen oder Schwankungen von Marktkursen, -preisen, -werten oder -zinssätzen kurzfristig zu nutzen, damit ein Eigenhandelserfolg erzielt wird (Handelsabsicht),
  2. Finanzinstrumente im Sinne des Absatzes 3 sowie Waren zur Absicherung von Marktrisiken des Handelsbuchs und damit im Zusammenhang stehende Refinanzierungsgeschäfte,
  3. Pensions- und Darlehensgeschäfte auf Positionen des Handelsbuchs sowie Geschäfte, die mit Pensions- und Darlehensgeschäften auf Positionen des Handelsbuchs vergleichbar sind,
  4. Aufgabegeschäfte sowie
  5. Forderungen in Form von Gebühren, Provisionen, Zinsen, Dividenden und Einschüssen, die mit den Positionen des Handelsbuchs unmittelbar verknüpft sind. Finanzinstrumente und Waren, die nach Satz 1 Nr. 1 oder nach Satz 1 Nr. 2 dem Handelsbuch zugerechnet werden, dürfen entweder keinerlei einschränkenden Bestimmungen in Bezug auf ihre Handelbarkeit unterliegen oder müssen ihrerseits absicherbar sein.

(2) Das Anlagebuch bilden alle Geschäfte eines Instituts, die nicht dem Handelsbuch zuzurechnen sind. ...“

Erläuterungen:

Nach § 1a Abs. 1 Satz 1 KWG können sowohl Positionen in Finanzinstrumenten als auch Positionen in Waren dem Handelsbuch zugerechnet werden. Für die Zurechnung beider Arten von Positionen zum Handelsbuch gelten die gleichen Vorschriften. Insbesondere kommt es für die Zurechnung von Positionen in Waren zum Handelsbuch nicht darauf an, ob ein Institut etwa eine gemischtwirtschaftlich tätige Genossenschaftsbank oder ein anderes im Handel mit Waren aktives Institut ist.

Die typische Geschäfts- und Risikostrategie von gemischtwirtschaftlichen Genossenschaftsbanken für ihr Warengeschäft erlaubt es jedoch die nachfolgende hinreichende Bedingung dafür zu formulieren, um für Geschäfte in Waren eine Handelsabsicht des Instituts zu verneinen. Soweit also die Geschäfte eines Instituts in Waren die folgende hinreichende Bedingung erfüllen, sind die Positionen in Waren, die sich aus diesen Geschäften ergeben, dem Anlagebuch nach § 1a Abs. 2 KWG zuzurechnen.

Hinreichende Bedingungen für die Verneinung einer Handelsabsicht

Ein Institut verfolgt keine Handelsabsicht mit Geschäften in einer Warengattung,

  1. wenn die Geschäfte des Instituts in der Warengattung für das Institut wertmäßig unbedeutend sind und das Institut zudem kein derivatives Geschäft im Bestand hat, dem Bestände oder Geschäfte in der betreffende Warengattung zu Grunde liegen oder
  2. soweit sämtliche der folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
    a. Die Geschäftsstrategie und die Risikostrategie eines Instituts für die betreffenden Warengeschäfte muss sich adäquat durch die Gegenüberstellung jeweils kumulierter kontrahierter Ein- und Verkaufsmengen von Waren in der betreffenden Gattung abbilden lassen. (Als kontrahiert gilt dabei ein Einkauf oder Verkauf einer Ware dabei mit dem Zeitpunkt, zu dem der Preis fixiert wird.) Dabei müssen sich die kumulierten kontrahierten physischen Ein- und Verkaufsmengen vor der Berücksichtigung von derivativen Geschäften, in plausibler Weise mit den Vegetationszyklen decken.
    b. Soweit ein Institut derivative Geschäfte auf Waren abschließt, muss der Einsatz der derivativen Geschäfte tendenziell dazu führen, dass die kumulierten kontrahierten Einkaufs- und Verkaufsmengen als Funktionen der Zeit enger beieinander liegen als die kumulierten kontrahierten physischen Ein- und Verkaufsmengen. Der Einsatz der derivativen Geschäfte muss also tendenziell die direktionalen Risiken des Instituts reduzieren, d. h. die potenziellen Verluste, die das Institut für eine gegebene Änderung der Warenpreise erleiden kann. Als Derivate gelten alle Geschäfte nach § 19 Abs. 1a KWG, d. h. es kommt insbesondere nicht darauf an, ob das derivative Geschäft an einer Börse abgeschlossen wurde.
    c. Das Institut darf in der betreffenden Warengattung keine wesentlichen Risiken eingehen in Form
    •von für Optionsgeschäfte typischen Risiken (Gamma-Risiken, Vega-Risiken) oder
    •von Basisrisiken (etwa bezogen auf die „Carry“ als Unterschied zwischen Kassa- und Terminpreis innerhalb einer Warengattung oder bezogen auf Preisunterschiede zwischen substitutionsnahen Warengattungen, etwa verschiedene
    substitutionsnahe Arten von Dünger).

Anwendungshinweise:

Das Institut dokumentiert als Teil seiner Geschäfts- und Risikostrategie, wie es die Erfüllung der o. a. hinreichenden Bedingung operationalisiert (z. B. Kennzahl) und gewährleistet (z. B. Grenzwert, dessen Einhaltung das Institut laufend überwacht).

Der Jahresabschlussprüfer beurteilt, inwieweit die Geschäfts- und Risikostrategie eines Instituts für eine Warengattung die Einhaltung der o. a. Bedingung erlaubt und überprüft die tatsächliche Einhaltung der entsprechenden internen Vorgaben des Instituts. Er berichtet hierüber im Jahresabschlussprüfungsbericht.

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