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Erscheinung:17.02.2006 | Geschäftszeichen BA 37 - GS 3371 - 2006/0001 | Thema Eigenmittel Bildung von Kreditnehmereinheiten nach § 19 Abs. 2 KWG

Auf Wunsch der Kreditwirtschaft wird nachfolgende Entscheidung zur Bildung von Kreditnehmereinheiten bei Private Equity Geschäften aus dem Jahr 2006 veröffentlicht. Die Veröffentlichung enthält Auszüge aus einem Schreiben der BaFin an die Deutschen Bundesbank.

Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 24.10.2005, mit dem Sie mir Ihre Auffassung zur Bildung von Kreditnehmereinheiten im Private Equity Geschäft mitgeteilt haben.

Ihre Meinung zur Bildung von Kreditnehmereinheiten teile ich im Wesentlichen. In der nachfolgenden Auseinandersetzung konzentriere ich mich auf die Darstellung der Kreditnehmereinheiten, die bei der Geschäftsstruktur, die mir zur Beurteilung vorliegt, zu bilden sind.

1.) Grundkonstruktion
Anmerkung: Nachfolgend ist hier der Sachverhalt des Falles, der dieser Entscheidung zugrunde lag, anonymisiert dargestellt.

Ziel der Private Equity Gesellschaften (PEG) ist es, eine möglichst hohe Kapitalrendite für ihre Kunden zu erzielen. Dafür werden gebündelte Kundengelder als Eigenkapital in dritte Unternehmen (sog. Beteiligungsunternehmen) einer wachstumsstarken Branche investiert. Steigt deren Unternehmenswert anschließend erheblich an, ist das Geschäftsziel der PEG erreicht. Hierzu sichert sich die PEG u. a. Einflussnahmemöglichkeiten auf die Geschäftsführung des Beteiligungsunternehmens (BU) und trifft gegenüber ihren Kunden (Investoren) eigenständige Investitionsentscheidungen. Beim Private Equity Fonds handelt es sich im Ergebnis um eine Variante einer kollektiven Vermögensanlage in ein BU.
Dazu übernehmen die einzelnen Kunden gegen Zahlung von (Eigen-) Kapital Gesellschaftsanteile an einer Limited Partnership (Gesellschaft, die hinsichtlich der Haftungsverhältnisse der Kommanditgesellschaft entspricht) und werden dadurch zu Limited Partnern, was der grundsätzlichen Haftungssituation eines Kommanditisten entspricht. In diesen neu gegründeten Limited Partnerships werden die Kunden- bzw. Investorengelder gebündelt. Die Limited Partnerships bilden zusammen den Private EquityFonds“. Die PEG selbst wird in jeder Limited Partnership der General Partner und erhält dadurch die Haftungsstellung eines persönlich haftenden Gesellschafters. Der General Partner übernimmt die Geschäftsführung und Vertretung der Limited Partnerships. Die Limited Partner (Investoren bzw. Kunden) haben das Recht, mit 75 % des Kapitals, die vom PEG als General Partner gestellten Geschäftführer der LP-Gesellschaft abzuwählen.
Nachdem sich die PEG zur Investition in ein BU entschieden hat, gründen mehrere Limited Partnerships (LP) zusammen eine Beteiligungsholding, die über eine zwischengelagerte 100%ige Tochtergesellschaft (sog. Beteiligungs-GmbH) maßgebliche Anteile an dem BU erwirbt. Indem mehrere LPs zusammen eine Holding gründen, wird eine klare Mehrheitsbeteiligung nur einer LP vermieden. Zusammen halten grundsätzlich die LPs die Mehrheit der Gesellschaftsanteile der Holding und damit auch mittelbar an deren Tochterunternehmen und an dem BU. Die PEG bestimmt zusätzlich den Vorstand der Holding und legt die strategischen Ziele und Entscheidungen der BU fest.
Abweichungen im Einzelfall sind denkbar und müssen danach überprüft werden, ob sie Einfluss auf die Entscheidung zur Bildung von Kreditnehmereinheiten haben.


2.) Kreditnehmereinheiten
Die Bildung folgender Kreditnehmereinheiten kommt in Betracht:

a)Mehrheitsbeteiligung
Soweit die Holding unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit der Anteile am BU hält, ist dieses zusammen mit dem BU - und mit dem die Anteile am BU vermittelnden Tochterunternehmen - zu einer Kreditnehmereinheit zusammen zu fassen. Der Besitz der Mehrheit der Anteile an einer Gesellschaft (hier: Beteiligungsgesellschaft) vermittelt grundsätzlich dem Mehrheitseigner die Möglichkeit, einen beherrschenden Einfluss auf diese Gesellschaft auszuüben. Neben dem Zusammenfassungstatbestand nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 KWG sind zusätzlich die Regelfälle „Mehrheitsbeteiligung“ und „Konzern“ nach § 19 Abs. 2 Satz Nr. 1 KWG gegeben.

b)Beherrschung durch die PEG
In die unter a) dargestellte Kreditnehmereinheit ist die PEG gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 KWG grundsätzlich mit einzubeziehen.
Die PEG hat die Möglichkeit, auf die Holding einen beherrschenden Einfluss auszuüben. Dies gilt ebenfalls in Bezug auf die Tochterunternehmen der Holding, zu denen in dieser Fallkonstellation das BU gehört.
Die Möglichkeit der Beherrschung wird insbesondere durch den Umstand vermittelt, dass die PEG der General Partner in allen LPs, die zusammen die Mehrheit der Anteile an der Holding halten, ist. Die PEG übernimmt kraft dieser Gesellschafterstellung in allen LPs die Geschäftsführung und vertritt die jeweilige Gesellschaft nach außen. In jeder einzelnen LP hat damit die PEG die Möglichkeit im Rahmen der laufenden Geschäftsführung zu bestimmen, ob und wie die Rechte aus den Anteilen an der Holding auszuüben sind. Die PEG erhält daher vermittelt durch die Gesamtheit ihrer General-Partner-Positionen an der Holding faktisch die Rechte gleich einem Mehrheitsgesellschafter und damit die Möglichkeit, auf diese selbst und deren Tochterunternehmen einen beherrschenden Einfluss auszuüben.
Es entspricht auch dem eingangs beschriebenen Geschäftszweck des Private Equity Fonds, dass die Geschäftsführungsentscheidungen in den einzelnen LPs bewusst und willentlich einheitlich und damit koordiniert getroffen und umgesetzt werden. Nur so kann garantiert werden, dass die PEG die Möglichkeit hat, die Geschäftsführung nicht nur der Holding, sondern insbesondere des Beteiligungsunternehmens mitzubestimmen. Diese Möglichkeit ist für die Erreichung des Geschäftsziels des Private Equity Fonds von wesentlicher Bedeutung.

Soweit sich die PEG unabhängig von der bisher beschriebenen gesellschaftsrechtlichen Konstruktion, die ihr bereits die maßgebliche Möglichkeit des beherrschenden Einflusses einräumt, zusätzlich vertraglich die Rechte zusichert, z. B. den Vorstand der Holding autonom zu bestimmen, die Investitionsentscheidungen zu treffen, die strategische Ausrichtung und strategischen Entscheidungen des BU zu bestimmen, wird ihre beherrschende Stellung noch weitergehender verfestigt.

Die Möglichkeit der Limited Partner, mit einer ¾ Mehrheit die von der PEG bestimmten Geschäftsführer, sei es in der PEG selbst, in der Holding oder im BU, abzuberufen, hat keinen Einfluss auf die beschriebenen faktischen Beherrschungsverhältnisse. Sie ist aufgrund der hohen Mehrheitsanforderung weder ein adäquates Druckmittel auf die Geschäftsführer, noch beeinflusst dieses Druckmittel die Beherrschungsmöglichkeit der juristischen Person „PEG“, die letztlich ihren eigenen neuen Geschäftsführer bzw. den neuen Geschäftsführer der Holding bzw. des BU bestimmen kann.

c)Keine Anwendung der Ausnahme zu Wertpapier- und Geldmarktfonds nach dem Investmentgesetz
Ich teile Ihre Auffassung, dass hier die von Ihnen zitierte Ausnahmeregelung zu „Anlagen in Investmentfonds“ (siehe „Merkblatt für die Abgabe der Groß- und Millionenkreditanzeigen nach §§ 13 bis 14 KWG“; Teil III Ziffer 1.1.5) nicht übernommen werden kann. Hierbei handelt es sich um eine eng anzuwendende Ausnahmeregelung, deren Anwendungsbereich nicht auf Private Equity Fonds ausgedehnt werden kann, weil hier die Anwendung des Investmentgesetztes gar nicht erst in Betracht kommt.

d)Kumulation
Die Kreditnehmereinheiten bestehend aus der Holding, deren Töchter (darunter das BU) und der PEG sind nur dann zu kumulieren, wenn tatsächlich ein Risikogleichlauf zwischen ihnen besteht. Typische Sachverhaltssituationen, die nach der Lebenserfahrung zu einem Risikogleichlauf führen, sind meines Erachtens jedoch dem Private Equity Geschäft nicht immanent. Im Gegenteil kann es nicht dem Interesse der Investoren entsprechen, dass Vermögensverschiebungen zur Unterstützung eines BU zu Lasten eines anderen BU erfolgen. Daher kann hier nicht, wie von Ihnen angenommen, grundsätzlich von einer Kumulationssituation ausgegangen werden.

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