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Erscheinung:27.11.2002 | Geschäftszeichen I 3 - 236 - 6/2001 | Thema Eigenmittel KWG-rechtlichen Behandlung von Kreditkartenlimits

(§ 19 Abs. 1 Satz 3 Nr. 14 KWG)

In Ihrem Schreiben bitten Sie mich um Überprüfung meiner Auffassung zur rechtlichen Behandlung von Kreditkartenlimits, die ich bereits mit Schreiben[1] vom 21. September 2000, I 3 - 236 - 5/2000, gegenüber der Deutschen Bundesbank dargelegt habe.

  1. Sie schildern die vertragliche Ausgestaltung der von Ihren Instituten angebotenen Kreditkarten wie folgt:

    Der Kunde erhält die EUROCARD, indem er durch Vermittlung seines Instituts mit der Firma Eurokartensysteme einen Vertrag schließt. Nach Eingang des von dem Kunden unterschriebenen Kartenantrags räumt das Institut dem Kunden einen Kreditrahmen ein. Dieser wird dem Kunden nicht mitgeteilt, sondern auf dem Antragsformular, unterhalb der Unterschrift des Kunden, eingetragen.

    Die Zahlungen des Kunden mittels der EUROCARD werden zunächst von der Gesellschaft für Zahlungssysteme (GZS) vorfinanziert. Erst am Monatsende wird der Umsatz für den gesamten Monat der Firma Eurokartensysteme belastet und gleichzeitig dem Institut eine Kreditkartenabrechnung übermittelt. Das Institut muss innerhalb von fünf Geschäftstagen der Firma Eurokartensysteme den Abrechnungsbetrag bis zur Höhe des Kreditkartenlimits überweisen.

    Innerhalb des Kreditrahmens ist eine Rückgabe mangels Deckung nicht möglich. Das Kontokorrentkonto des Kunden wird entsprechend belastet.

    Die VISA-Charge-Card ist vertraglich der EUROCARD entsprechend ausgestaltet, mit dem Unterschied, dass auf den Kreditkartenabrechnungen für den Kunden ein Verfügungsrahmen vermerkt ist.

    Im Falle der VISA-Credit-Card richtet das Institut ein Kreditkartenkonto ein. Dem Kunden wird für dieses Konto ein Kreditrahmen eingeräumt und auch genannt. Alle Kreditkartenumsätze werden direkt dem Kreditkartenkonto belastet.

    Jede Zahlung, die der Kunde mit der VISA-Debit-Card leistet, wird direkt seinem Kontokorrentkonto bei dem Institut belastet. Zwar räumt das Institut weder seinem Kunden noch VISA eine Kreditlinie ein, das Institut ist jedoch gegenüber VISA verpflichtet, Zahlung zu leisten. Eine Rückgabe mangels Deckung ist unzulässig.

  2. 2. Rechtlicher Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Kreditkartenlimits ist § 19 Abs. 1 Satz 3 Nr. 14 KWG.

    Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 KWG sind Kredite im Sinne der §§ 13 bis 14 Bilanzaktiva, Derivate mit Ausnahme der Stillhalterpositionen von Optionsgeschäften sowie die dafür übernommenen Gewährleistungen und andere außerbilanzielle Geschäfte.

    Als andere außerbilanzielle Geschäfte im Sinne des Satzes 1 sind gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 Nr. 14 KWG noch nicht in Anspruch genommene Kreditzusagen, welche eine Ursprungslaufzeit von bis zu einem Jahr haben oder jederzeit fristlos und vorbehaltlos von dem Institut gekündigt werden können, anzusehen.

    Unter Berücksichtigung bankaufsichtsrechtlicher Gesichtspunkte komme ich zu dem Ergebnis, dass die EUROCARD, die VISA-Charge-Card und die VISA-Credit-Card vertraglich so ausgestaltet sind, dass sie Kreditzusagen im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 3 Nr. 14 KWG beinhalten. Lediglich die Vertragsgestaltung der VISA-Debit-Card fällt nicht unter die vorgenannte Vorschrift.

    Eine Kreditzusage[2] im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 3 Nr. 14 KWG ist die rechtsverbindliche Verpflichtung eines Instituts gegenüber einem Kunden, einen Kredit zu gewähren. Die Kreditzusage kann sich sowohl auf Bilanzaktiva als auch auf außerbilanzielle Geschäfte beziehen. Weiterhin ist erforderlich, dass die Kreditzusage gegenüber dem Kunden abgegeben wurde. Lediglich intern festgelegte Kreditlinien sind nicht in den Ausweis einzubeziehen, da sie keine verbindliche Verpflichtung gegenüber dem Kunden darstellen und insoweit auch kein Kreditrisiko in Form einer drohenden Inanspruchnahme besteht.

    Im Fall der VISA-Debit-Card verpflichtet sich das Institut weder gegenüber seinem Kunden noch gegenüber VISA, Kreditkartenzahlungen bis zum Erreichen einer bestimmten Kreditlinie einzulösen. Da für das Institut kein Delkredere-Risiko in Höhe einer bestimmten offenen Kreditlinie besteht, ist diese Kreditkartengestaltung bankaufsichtsrechtlich nicht von § 19 Abs. 1 Satz 3 Nr. 14 KWG erfasst.

    Die vertragliche Ausgestaltung der VISA-Credit-Card ist rechtlich anders zu beurteilen. Hier verpflichtet sich das Institut rechtsverbindlich gegenüber seinen Kunden, Zahlungen mittels der Kreditkarte bis zum vereinbarten Kreditlimit einzulösen. Die Einräumung des Kreditrahmens stellt eine Kreditzusage dar und fällt mithin unter § 19 Abs. 1 Satz 3 Nr. 14 KWG.

    Ähnlich fällt die rechtliche Beurteilung der VISA-Charge-Card aus. Durch die Mitteilung des Verfügungsrahmens auf den Kreditkartenabrechnungen des Kunden, verpflichtet sich das Institut rechtsverbindlich nicht nur gegenüber VISA, sondern auch gegenüber seinem Kunden, die Kreditkartenzahlungen bis zum Erreichen des Limits einzulösen. Es handelt sich hierbei nicht nur um eine interne Kreditlinie, sondern auch um eine offene Kreditzusage, bei der das Institut das Delkredere-Risiko trägt.

    Die Beurteilung der vertraglichen Ausgestaltung der EUROCARD kann bankaufsichtsrechtlich zu keinem anderen Ergebnis führen.

    Sinn und Zweck der Definition des Kredits in § 19 KWG ist es, alle Geschäfte, die mit einem Ausfallrisiko für das Institut behaftet sind, zu erfassen. Das Institut teilt seinem Kunden dessen Kreditlinie zwar nicht mit, es verpflichtet sich jedoch rechtsverbindlich gegenüber der Firma Eurokartensysteme, für die Zahlungen seines Kunden bis zum Erreichen des Kreditkartenlimits einzustehen. Die interne Einlösungszusage gilt insofern auch im Verhältnis des Instituts zu seinem Kunden. Das Delkredere-Risiko stellt sich für das Institut bei der Ausgabe der EUROCARD im Ergebnis genauso dar, wie bei der Ausgabe der VISA-Charge-Card. Die unterschiedliche formelle Behandlung der Kreditrahmen kann unter bankaufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten keine Ungleichbehandlung rechtfertigen.

    Unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 19 KWG stellt die Angabe des Verfügungsrahmens gegenüber der Firma Eurokartensysteme eine offene Kreditzusage im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 3 Nr. 14 KWG dar und nicht lediglich eine interne Kreditlinie.

    Da die Kreditlimits "bis auf weiteres" gewährt werden, handelt es sich bei den Kreditzusagen um solche des § 19 Abs. 1 Satz 3 Nr. 14 KWG.

Ich sehe daher keine Veranlassung, vom Inhalt meines Schreibens an die Deutsche Bundesbank abzuweichen.

Dennoch bin ich bereit, nur Verstöße gegen die Berücksichtigung von Kreditkartenlimits im Großkreditregime zu rügen, die nach dem 31. März 2003 stattfinden.



[1]

Dieses Schreiben ist nicht veröffentlicht und geht inhaltlich nicht über das an dieser Stelle veröffentlichte Schreiben vom 27.11.2002 hinaus. Der Hinweis auf das Schreiben an die Deutsche Bundesbank ist lediglich redaktioneller Art.

[2]

Vergl. Boos/ Fischer/ Schulte-Mattler (Hrsg.): Kreditwesengesetz, Kommentar zu KWG und Ausführungsvorschriften, München 2000, BFS-KWG/Bock, § 19 Rn. 61 f..

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