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Erscheinung:19.12.2024 | Geschäftszeichen WA 14-Wp 7410-2024/0001 Anhörung zur Neufestsetzung von Positionslimits für THE natural gas Future Kontrakte

Anhörung zur Neufestsetzung von Positionslimits für THE natural gas Future Kontrakte, § 54 Abs. 1 u. Abs. 5, § 56 Abs. 1 Satz 2 WpHG i.V.m. Art. 16 Buchstabe a der Delegierten Verordnung (EU) 2022/1302 der Kommission vom 20. April 2022 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Anwendung von Positionslimits für Warenderivate – Frist: 10. Januar 2025

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich beabsichtige, die nachfolgend im Entwurf dargestellte Allgemeinverfügung nach § 54 Abs. 1, § 56 Abs. 1 Satz 2 WpHG i.V.m. Art. 16 Buchstabe a Delegierte Verordnung (EU) 2022/1302 der Kommission vom 20. April 2022 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Anwendung von Positionslimits für Warenderivate zu erlassen. Gemäß § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes (VwVfG) gebe ich hiermit vorab Gelegenheit, sich dazu bis zum 10. Januar 2025 (Eingang bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) zu äußern. Nach Ablauf der Frist werde ich über den Erlass der Maßnahme entscheiden.

Entwurf:

„Allgemeinverfügung:

Bekanntmachung einer Allgemeinverfügung – Neufestsetzung von Positionslimits nach §§ 54 Abs. 1, 56 Abs. 1 Satz 2 WpHG i.V.m. Art. 16 Buchstabe a Delegierte Verordnung (EU) 2022/1302 der Kommission vom 20. April 2022 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Anwendung von Positionslimits für Warenderivate

I. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht legt nach §§ 54 Abs. 1, 56 Abs. 1 Satz 2 WpHG in Verbindung mit Art. 16 Buchstabe a Delegierte Verordnung (EU) 2022/1302 der Kommission vom 20. April 2022 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Anwendung von Positionslimits für Warenderivate das Positionslimit für Warenderivatekontrakte der Art THE natural gas Future der European Energy Exchange AG (EEX) auf 15.077.000 MWh für den jeweiligen Spot-Monat und 47.273.000 MWh für die anderen Monate mit Wirkung für die Zukunft neu fest.

II. Diese Allgemeinverfügung wird mit Wirkung zum 10. März 2025 wirksam.

III. Die sofortige Vollziehung von Ziffer I. wird angeordnet.

Begründung:

I.

Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 WpHG haben für kritische oder signifikante Warenderivate, die an deutschen Handelsplätzen gehandelt werden, quantitative Schwellenwerte für die maximale Größe einer Position in diesem Derivat, die eine Person halten darf (Positionslimits), zu gelten. Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 WpHG gilt ein Warenderivat dann als kritisch oder signifikant, wenn die Summe aller Nettopositionen der Halter von Endpositionen (im Folgenden „Open Interest“) durchschnittlich mindestens 300.000 handelbare Einheiten innerhalb von zwölf Monaten beträgt.

Das Positionslimit erstreckt sich auf alle Maturitäten des jeweiligen Kontrakts sowie die Futures und Optionen. Es findet Anwendung auf die aggregierte und genettete Position eines Positionshalters in Handelsplatzpositionen sowie Positionen in ökonomisch gleichwertigen OTC-Kontrakten. Ein Positionslimit findet dabei auf den Spot-Monat Anwendung, d.h. auf den nächst fällig werdenden Kontrakt, und ein Positionslimit auf die anderen Monate.

Bei dem THE natural gas Future der EEX in Leipzig handelt es sich um ein Warenderivat, dessen Underlying die physische Lieferung von Gas im Marktgebiet des Marktgebietsverantwortlichen Trading Hub Europe GmbH (THE) für Lieferzeitpunkte in der Zukunft bildet. Warenderivate auf die Lieferung von Gas im Marktgebiet der THE werden auch an anderen Handelsplätzen angeboten, z.B. an der ICE Endex. Für die THE natural gas Futures werden eine Vielzahl verschiedener Fälligkeiten (die nächsten zwölf Monate, die nächsten elf Quartale, die nächsten elf Jahreszeiten und die nächsten sechs Jahre) angeboten. Es handelt sich um eine Kontraktart mit ausschließlich physischer Erfüllung.

Aufgrund von Änderungen in der Gasnetzzugangsverordnung wurden die ursprünglich von THE betriebenen zwei deutschen Gasmarktgebiete Gaspool (GPL) und NetConnect Germany (NCG) zu einem einheitlichen deutschen Gasmarktgebiet zusammengeführt. Seit 1. Oktober 2021 existiert daher nur noch ein einheitliches nationales Marktgebiet für die Bundesrepublik Deutschland, genannt Trading Hub Europe (THE), für das die Trading Hub Europe GmbH die Verantwortung als Marktgebietsverantwortliche trägt.

Diese Änderung spiegelt sich auch im Terminmarkt wider. Seit dem 1. Oktober 2021 werden für das Liefergebiet Deutschland an der EEX nur noch einheitlich THE natural gas Future Produkte gehandelt.

Als handelbare Einheiten für Futures auf Gas gelten Monatskontrakte, da Kontrakte mit monatlicher Laufzeit die in dieser Kontraktart kleinste handelbare Wareneinheit darstellen. Da es sich bei Gaskontrakten um Derivate handelt, denen eine durchgängig zu liefernde Ware zu Grunde liegt, werden handelbare Einheiten und Positionslimits in MWh angegeben. Die Handelseinheit von einem Monatskontrakt besteht dementsprechend aus 720 MWh (30d x 24MWh).

Beim THE natural gas Future der EEX handelt es sich um einen signifikanten Kontrakt im Sinne von § 54 Abs. 1 WpHG. Die Summe aller Nettopositionen der Halter von Endpositionen, berechnet nach den Vorgaben des § 54 Abs. 1 WpHG und des Art. 14 der Delegierten Verordnung (EU) 2022/1302 der Kommission vom 20. April 2022 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Anwendung von Positionslimits für Warenderivate und für Verfahren für Anträge auf Ausnahmen von Positionslimits (im Folgenden „Del. VO (EU) 2022/1302“), unter Zugrundelegung eines Zwölfmonatszeitraums beträgt nämlich durchschnittlich mindestens 216.000.000 MWh und damit mehr als 300.000 handelbare Einheiten in Form von Monatskontrakten. Damit sind die Voraussetzungen für die Festlegung von Positionslimits auf Derivate auf nichtlandwirtschaftliche Erzeugnisse, in diesem Fall Gas, erfüllt. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) greift für die vorliegende Allgemeinverfügung auf eigene Meldedaten zurück. Als Grundlage der Berechnung dienen die nach § 57 WpHG gemeldeten Nettopositionen der einzelnen Positionshalter. Die Methodik der Berechnung erfolgt dabei nach einem europaweit abgestimmten Muster, um ein europaweit einheitliches Level Playing Field zu gewährleisten.

Die Bundesanstalt hatte mit Allgemeinverfügung vom 25.11.2021 ursprünglich sämtliche Positionslimits auf Gaskontrakte in ihrem Zuständigkeitsbereich aufgehoben, da das Open Interest der betroffenen Produkte unterhalb der Schwelle von durchschnittlich 300.000 handelbaren Einheiten lag. Mittlerweile ist jedoch an der EEX sowohl das Open Interest für den TTF-Gaskontrakt als auch das Open Interest für den THE-Gaskontrakt über den Schwellenwert von durchschnittlich 300.000 handelbaren Einheiten gestiegen. Für den TTF-Gaskontrakt gelten daher seit 1. Juli 2024 die Positionslimits der niederländischen AFM (siehe Meldung vom 25. Juni 2024 unter BaFin - Aktuelles - TTF-Gaskontrakt: Niederländische Finanzaufsicht führt Positionslimit …) als zentraler zuständiger Behörde im Sinne von § 55 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 WpHG. Für den nur an der EEX signifikanten THE-Gaskontrakt hat mit Überschreiten des Schwellenwerts die BaFin nun nach § 54 Absatz 1 WpHG Positionslimits festzulegen.

Die Bundesanstalt geht in ihrer Entscheidung von einer lieferbaren Menge in Höhe von durchschnittlich 301.535.301 MWh für den Kalendermonat aus. Sie stützt sich dabei auf Zahlen von ENTSO-G (Verband Europäischer Fernleitungsnetzbetreiber für Gas „European System of Transmission System Operators for Gas“), GIE (Verband der europäischen Gasinfrastrukturbetreiber „Gas Infrastructure Europe“) und Eurostat für den Betrachtungszeitraum Juni 2023 – Mai 2024. Zugrunde gelegt wurden im Rahmen der Berechnung

  • die Entnahmekapazität hinsichtlich Gasspeichern im THE Liefergebiet,
  • die inländische Produktionskapazität,
  • die Importe über Pipelineverbindungen sowie
  • die Importe über LNG-Infrastrukturen.

Im Gegensatz zu vorangegangenen Verfügungen zu Positionslimits zieht die Bundesanstalt für die Berechnung der lieferbaren Menge mittels Pipelinie- und LNG-Infrastrukturen nicht mehr die Lieferkapazität, sondern die tatsächlichen Importe im Betrachtungszeitraum heran. Damit wird dem Ausfall der russischen Gaslieferungen Rechnung getragen. Der rein technischen Import-Kapazität, etwa über die Nordstream 2 – Pipeline, kommt dagegen keine Aussagekraft mehr zu.

Die Bundesanstalt legt ihrer Entscheidung außerdem offene Kontraktpositionen in Höhe von 236.366.277 MWh für alle Fälligkeiten zugrunde. Sie stützt sich dabei auf eigene Meldedaten zur Höhe der offenen Kontraktpositionen für die Monate Juni 2023 bis Mai 2024. Aus den angegebenen Werten für die einzelnen Handelstage wurde ein Durchschnitt gebildet.

Der deutsche Gasmarkt ist einer der größten Märkte in der Europäischen Union und auf der Angebotsseite durch eine sehr hohe Importquote gekennzeichnet. Erdgas stellt nach Mineralöl immer noch den zweitwichtigsten Primärenergieträger im deutschen Energiemix dar. Die Nachfrage wird im Wesentlichen durch den industriellen Bedarf und durch das Wetter (v.a. Heizen) bestimmt. Darüber hinaus ist Deutschland auch wichtiger Transitmarkt für Tschechien, die Niederlande und Österreich.

Infolge des Überfalls Russlands auf die Ukraine hat der deutsche Gasmarkt seit dem Jahr 2022 einen tiefgreifenden Wandel durchgemacht. Stellte Russland im Jahr 2021 mit einem Anteil von 52% an allen Gasimporten noch das wichtigste Lieferland dar, so ist dieser Anteil mittlerweile auf nahezu Null zurückgegangen1. Eine Versorgungskrise konnte in der Folge zwar durch Ersatzlieferungen mit norwegischem Pipelinegas und LNG-Importen vermieden werden, doch stiegen die Preise bis August 2022 auf bis dahin nicht gekannte Höhen, ausgelöst durch eine angespannte Versorgungslage und eine starke Nachfrage2. Am 23. Juni 2022 hatte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bereits die sog. „Alarmstufe“ des Notfallplans Gas ausgerufen. Grundlage hierfür war die Verordnung (EU) 2017/1938 über Maßnahmen der sicheren Gasversorgung (sog. „SoS-Verordnung“). Im Rahmen der Alarmstufe stellen zwar weiterhin die Gasversorgungsunternehmen die Erdgasversorgung sicher, doch haben die Marktakteure Berichtspflichten gegenüber der BNetzA zu erfüllen und das Erreichen bestimmter Mindestfüllstände in den Gasspeichern sicherzustellen. Mittlerweile hat sich die Lage deutlich entspannt, was insbesondere einem Ausbau der LNG-Importinfrastruktur in Deutschland und stabilen Gasbezügen aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien zu verdanken ist. Gleichwohl ist die Alarmstufe bislang noch nicht aufgehoben worden, sondern weiterhin in Kraft. Die Angebotsseite und damit der Gasmarkt insgesamt steht damit also immer noch unter der besonderen Beobachtung der Regulierungsbehörden.

Darüber hinaus gilt seit dem 1. Februar 2023 für Geschäfte im preisbildenden TTF-Kontrakt der sog. Marktkorrekturmechanismus der Verordnung (EU) 2022/2578 des Rates vom 22. Dezember 2022. Steigt der Preis im TTF-Derivatehandel über eine Schwelle von 180 Euro pro MWh, so wird der Handel angehalten.

II.

Die Allgemeinverfügung stützt sich auf § 54 Abs. 1, § 56 Abs. 1 Satz 2 WpHG i.V.m. Art. 16 Buchstabe a Delegierte Verordnung (EU) 2022/1302, wonach für kritische und signifikante Warenderivate, die an einem inländischen Handelsplatz gehandelt werden, Positionslimits im Rahmen eines gesetzlich festgelegten Bewertungsrahmens festzulegen sind.

Die formellen Voraussetzungen der Allgemeinverfügung sind gegeben. Die Bundesanstalt ist die zuständige Behörde. Sie legt nach § 54 Abs. 1 WpHG für jedes kritische und signifikante Warenderivat, das an einem inländischen Handelsplatz gehandelt wird, ein Positionslimit fest, soweit – wie hier – keine andere zentrale zuständige Behörde im Sinne des § 55 WpHG zuständig ist.

Die materiellen Voraussetzungen der Allgemeinverfügung liegen ebenfalls vor, insbesondere ist sie von § 54 Absatz 1 und 2, § 56 Abs. 1 Satz 2 WpHG i.V.m. Art. 16 Buchstabe a Delegierte Verordnung (EU) 2022/1302 gedeckt. Beim Kontrakt der Art THE natural gas Future der EEX handelt es sich außerdem um ein signifikantes Warenderivat.

Nach § 54 Abs. 2 WpHG dient das Positionslimit dazu, Marktmissbrauch im Sinne des Art. 1 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 zu verhindern und zu geordneten Preisbildungs- und Abwicklungsbedingungen beizutragen. Zu geordneten Preisbildungs- und Abwicklungsbedingungen trägt es insbesondere bei, indem es marktverzerrende Positionen verhindert und eine Konvergenz zwischen dem Preis des Derivats im Monat der Lieferung und dem Preis für die zugrundeliegende Ware an den entsprechenden Spotmärkten sicherstellt, ohne dass die Preisbildung am Markt für die zugrundeliegende Ware davon berührt wird.

Um diesen Zweck zu erfüllen, sehen Art. 11 ff. Delegierte Verordnung (EU) 2022/1302 eine bestimmte Methodologie zur Berechnung des Positionslimits durch die zuständige Behörde vor. Zunächst hat die zuständige Behörde einen Richtwert in Höhe von 25% der lieferbaren Menge für den Spot-Monat und 25% der offenen Kontraktpositionen am Handelsplatz für die anderen Monate zu ermitteln. Anschließend hat die Behörde weitere in den Art. 16 bis 21 Delegierte Verordnung (EU) 2022/1302 aufgelistete individuelle Faktoren bei ihrer Entscheidung darüber zu berücksichtigen, ob sie von den Richtwerten innerhalb einer Spanne von 5% - 35% abweicht.

Als Spot-Monat wird vorliegend der jeweils nächste Kalendermonat zu Grunde gelegt.

Diese Allgemeinverfügung dient den von § 54 Abs. 2 WpHG geschützten Zwecken, die Positionslimits berücksichtigen die Auswirkungen der in § 56 Abs. 1 Satz 2 WpHG in Verbindung mit den Art. 16 bis 21 Delegierte Verordnung (EU) 2022/1302 genannten Faktoren und sind in ihrer Höhe verhältnismäßig.

Für das Spot-Monat-Limit ist ein Richtwert von 75.383.825 MWh anzusetzen, also 25% der lieferbaren Menge. Die Bundesanstalt berücksichtigt zunächst, dass es sich um einen regulierten Markt handelt, dessen Hauptakteure, wie z.B. der Marktgebietsverantwortliche, die Bilanzkreisverantwortlichen und die Speicherbetreiber, einer engen Kontrolle unterliegen, was nach Art. 21 Abs. 2 Buchstabe d Delegierte Verordnung (EU) 2022/1302 zu berücksichtigen ist. Gleichzeitig hat jedoch auch die dem Markt innewohnende Volatilität nach Art. 21 Abs. 2 Buchstabe c Delegierte Verordnung (EU) 2022/1302 in die Beurteilung mit einzufließen. Energiemärkte wie Strom und Gas neigen nämlich in besonderem Maße zu Volatilität, da bei ihnen die Nachfrage in der Regel unelastisch ist, wohingegen das Angebot von physischer Infrastruktur und der Verfügbarkeit von Ressourcen abhängt, d.h. elastisch ist. Im August 2022 ist dies besonders deutlich geworden, als eine konstant hohe Nachfrage nach Gas auf ein wesentlich verknapptes Angebot traf. Durch den mittlerweile forcierten Aufbau von LNG-Infrastruktur konnten die Bezugsquellen für Gas mittlerweile erweitert werden. LNG-Preise tendieren jedoch dazu, stärker Entwicklungen an den Weltmärkten unterworfen zu sein, als dies bei Pipelineverbindungen der Fall ist. Daher ist auch langfristig von einer höheren Volatilität auszugehen als dies vor dem Jahr 2022 der Fall gewesen ist. Auch der Umstand, dass die sog. Alarmstufe des Notfallplans Gas weiterhin in Kraft ist, spricht für die spezielle Situation dieses Marktes. Die vorgenannten Erwägungen treffen sowohl für den Spot- als auch den hier in Rede stehenden Terminmarkt zu.

Neigt ein Markt zu Volatilität, so ist das Positionslimit grundsätzlich abzusenken. Positionslimits dienen gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 2 WpHG nämlich u.a. dazu, durch die Verhinderung marktverzerrender Positionen zu geordneten Preisbildungs- und Abwicklungsbedingungen beizutragen. Hohe Konzentrationen einzelner Marktteilnehmer verstärken das Risiko extremer Preisbewegungen, da sie mangels geeigneter Gegenparteien oft nur schwer aufgelöst werden können und ihre Halter im Falle unerwarteter Margin-Nachforderungen hohem wirtschaftlichem Druck ausgesetzt sind. Schließlich ist nach Art. 18 Satz 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2022/1302 dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die lieferbare Menge des THE Liefergebiets auch als lieferbare Menge für weitere Warenderivate dient, etwa dem THE-Kontrakt an der ICE Endex. Das Positionslimit im Spot-Monat ist demnach abzusenken.

Insgesamt und nach Abwägung aller vorgenannten Faktoren erachtet die Bundesanstalt daher ein Positionslimit von 5 % der lieferbaren Menge für den Spot-Monat als angemessen. Dies entspricht 15.077.000 MWh.

Für das Andere-Monate-Limit ist ein Richtwert von 59.091.569 MWh anzusetzen, also 25% der offenen Kontraktpositionen. Auch für das Andere-Monate-Limit gilt die grundsätzliche Einschätzung, dass viele Akteure am Gasmarkt der Regulierung und engen Überwachung unterliegen. Auch bei der Berechnung des Positionslimits für die anderen Monate ist jedoch die dem Markt innewohnende Volatilität nach Art. 21 Abs. 2 Buchstabe c Delegierte Verordnung (EU) 2022/1302 zu berücksichtigen. Darüber hinaus hat auch hier die Entscheidung der Ausrufung der Alarmstufe des Notfallplans Gas in die Entscheidung einzufließen. Grundsätzlich ist das Positionslimit daher unter den Richtwert abzusenken.

Für das Andere-Monate-Limit hat nach Artikel 19 Abs. 3 der Del. VO (EU) 2022/1302 allerdings in die Bewertung miteinzufließen, dass die zur Berechnung heranzuziehende Anzahl offener Kontraktpositionen niedriger ist als die lieferbare Menge. Zwar ist die Gesamtheit der offenen Positionen nicht „bedeutend" niedriger als die lieferbare Menge, doch sind Positionen in den anderen Monaten regelmäßig wesentlich höher als im Spot-Monat. Langlaufende Jahres- und Quartalskontrakte fließen für diesen Zeitraum in die Berechnung der Positionen mit ein, wohingegen im Spot-Monat nur einzelne Monatskontrakte die Netto-Position ausmachen. Das Spot-Monat-Positionslimit und das Positionslimit in den anderen Monaten müssen daher in absoluten Zahlen in einem angemessenen Verhältnis zueinanderstehen.

Die Bundesanstalt sieht daher unter Abwägung der relevanten Kriterien ein Positionslimit von 20% der offenen Kontraktpositionen als angemessen an, was 47.273.000 MWh entspricht.

Es ist kein anderes Mittel ersichtlich, das in gleicher oder besserer Weise geeignet ist, den Ausgleich dieser Interessen herzustellen. Die Verfügung ist damit auch erforderlich.

III.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist für sämtliche Teile der Anordnung nach Ziffer I. des Tenors im öffentlichen Interesse notwendig, weil der europäische Gesetzgeber angeordnet hat, dass mit der Umsetzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und Rates in nationales Recht in den Mitgliedstaaten einheitliche Positionslimits festzulegen sind, um Marktmissbrauch zu verhindern und zu geordneten Preisbildungs- und Abwicklungsbedingungen beizutragen. Daher hat die Bundesanstalt mit Geltung des § 54 WpHG Positionslimits zu setzen.

Die verpflichtend festzulegenden Positionslimits sollen insbesondere verhindern, dass marktverzerrende Positionen entstehen können und eine Konvergenz zwischen den Preisen von Derivaten im Monat der Lieferung und den Spotpreisen für die zugrundeliegende Ware sichergestellt ist, ohne dass die Preisbildung am Markt für die zugrundeliegende Ware davon berührt wird. Diese abzuwehrenden Gefahren betreffen den gesamten Markt. Eine Entscheidung über mögliche Rechtsbehelfe kann daher nicht abgewartet werden. Das öffentliche Interesse an der Verhinderung der genannten Gefahren überwiegt das Interesse des einzelnen Positionshalters, die Geltung der Positionslimits erst nach einer rechtskräftigen Entscheidung hinzunehmen, weil das Interesse der Allgemeinheit an geordneten Preisbildungsmechanismen an den Märkten und am Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Märkte das Partikularinteresse des Einzelnen, unbeschränkt Positionen in Warenderivaten einzugehen, jedenfalls überwiegt. Nach § 54 WpHG muss in jedem Fall ein Positionslimit gelten, sodass ein öffentliches Interesse daran besteht, dass das von der Bundesanstalt gesetzte Positionslimit unmittelbar gilt.“

Die Bundesanstalt weist darauf hin, dass sie nach § 54 Abs. 5 WpHG befugt ist, von der Möglichkeit des Widerrufs dieser Allgemeinverfügung Gebrauch zu machen, um gegebenenfalls flexibel auf neue Tatsachen reagieren zu können, die eine Anpassung des Positionslimits rechtfertigen oder notwendig machen.

Dr. Thorsten Pötzsch

Fußnoten:

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