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Erscheinung:07.09.2020 | Geschäftszeichen GW 4-GW 2000-2018/0001 | Thema Geldwäschebekämpfung Anhörung zur geplanten Allgemeinverfügung zur Anordnung der Speicherung von Daten in einem Dateisystem gemäß § 24c Abs. 1 KWG durch Kreditinstitute bei der Ausgabe von internationalen Bankkontonummern (IBAN) mit der Länderkennung DE an Zahlungsdienstleistungsunternehmen zur Weitergabe an deren Endkunden gemäß § 6 Abs. 3 i.V.m. § 24c Abs. 1 KWG

Anhörung zur geplanten Allgemeinverfügung gegenüber Kreditinstituten, in der gemäß § 6 Abs. 3 i.V.m. § 24c Abs. 1 KWG die Speicherung der oben bezeichneten virtuellen IBAN in das Dateisystem gemäß § 24c Abs. 1 KWG angeordnet wird.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich beabsichtige, eine Allgemeinverfügung gegenüber Kreditinstituten zu erlassen, in der gemäß § 6 Abs. 3 i.V.m. § 24c Abs. 1 KWG die Speicherung der oben bezeichneten virtuellen IBAN in das Dateisystem gemäß § 24c Abs. 1 KWG angeordnet wird.

Gemäß § 28 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes (VwVfG) gebe ich hiermit Gelegenheit, sich dazu bis zum

2. Oktober 2020

schriftlich bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu äußern. Die von mir beabsichtigte Maßnahme hat folgenden Wortlaut:

„Allgemeinverfügung:

Hiermit ordne ich gemäß § 6 Abs. 3 i.V.m. § 24c Abs. 1 KWG gegenüber Kreditinstituten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 GwG, die IBAN mit der Länderkennung DE an Zahlungsdienstleistungsunternehmen zur Weitergabe an deren Kunden (Endkunden) zur Nutzung (nachfolgend: virtuelle IBAN) ausgeben, ausgegeben haben oder noch ausgeben werden, im Wege der Allgemeinverfügung an:

1. Diese Allgemeinverfügung richtet sich an Kreditinstitute im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 GwG (im Folgenden: „Kreditinstitute“).

2. Die Kreditinstitute haben ab sofort jede virtuelle IBAN, die sie direkt oder indirekt an ein Unternehmen geben, das Zahlungsdienste im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 ZAG im Inland, EWR-Ausland oder einem Drittstaat erbringt, ohne dass jeder dieser Dienste unter eine Ausnahme nach § 2 Abs. 1 ZAG fällt, oder das E-Geld im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 3 ZAG ausgibt (im Folgenden: „Zahlungsdienstleistungsunternehmen“) unverzüglich, richtig und vollständig im Dateisystem gemäß § 24c Abs. 1 KWG zu erfassen, wobei der Endkunde als Verfügungs- und wirtschaftlich Berechtigter aufzunehmen ist.

3. Die virtuellen IBAN, die die Kreditinstitute bei Inkrafttreten dieser Allgemeinverfügung bereits ausgegeben haben, haben sie innerhalb von drei Monaten ab Bekanntgabe dieser Allgemeinverfügung richtig und vollständig im Dateisystem gemäß § 24c Abs. 1 KWG -wie unter 2. erläutert- nachzuerfassen. Soweit ihnen die Nacherfassung nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig möglich ist, haben sie die Konten des Zahlungsdienstleistungsunternehmens, über die die virtuellen IBAN abgewickelt werden, unverzüglich zu kündigen oder anderweitig sicherzustellen, dass die bereits an diese Zahlungsdienstleister ausgegebenen virtuellen IBAN nicht weiter genutzt werden können.

4. Diese Allgemeinverfügung tritt am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft.

Begründung

I.
Kreditinstitute im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 GwG stellen Zahlungsdienstleistungsunternehmen so genannte virtuelle IBAN mit der Länderkennung DE zur Weitergabe an deren Endkunden zur Verfügung. Diese virtuellen IBAN sind Konten i.S.d. § 154 Abs. 2 Abgabenordnung (AO). Im Hintergrund der virtuellen IBAN besteht eine tatsächliche, für jeden Endkunden geführte Rechnung. In dieser werden Zu- und Abgänge von Vermögensgegenständen erfasst und damit ein der virtuellen IBAN zugeordnetes Konto geführt. Dieses Konto wird auch – insbesondere in Verbindung mit E-Geld-Konten von Prepaid-Kreditkarten – von dem Endkunden unter Verwendung der virtuellen IBAN des ausgebenden Instituts im Außenverhältnis als solches genutzt. Solche Konten sind daher auch dem IBAN-ausgebenden Institut zuzurechnen; andernfalls liefe die durch die IBAN grundsätzlich gewährleistete Zuordnungsmöglichkeit eines Zahlungskontos zu einem bestimmten Rechtsraum und zu einem bestimmten Institut leer. Dies widerspräche dem Gebot der Kontenwahrheit und Kontenklarheit (vgl. § 154 Abs. 1 AO). Teilnehmer am Rechtsverkehr müssen sich darauf verlassen können, dass sie auf ein Zahlungskonto leisten, welches die Anforderungen der der Länderkennung entsprechenden nationalen rechtlichen Vorgaben erfüllt und bei dem Institut geführt wird, dessen Bankleitzahl in der IBAN verschlüsselt ist. Zu den nationalen Vorgaben, die in Verbindung mit einer im Zahlungsverkehr genutzten DE-Länderkennung eingehalten werden müssen, gehört auch die Pflicht zur Speicherung der genutzten virtuellen IBAN in einem Dateisystem gemäß § 24c Abs. 1 KWG. Das ausgebende Kreditinstitut muss sich die Führung eines Kontos als eigene Kontoführung im Sinne des § 154 AO zurechnen lassen, wenn auf dem Konto unter Nutzung einer IBAN, in der die eigene Bankleitzahl verschlüsselt ist, Zahlungen erfolgen können. Damit sind die betroffenen Kreditinstitute zur Speicherung der die Nutzung dieser virtuellen IBAN betreffenden Daten in einem Dateisystem gemäß § 24c Abs. 1 KWG verpflichtet.

In die Kontenabrufdatei gemäß § 24c Abs. 1 KWG werden diese virtuellen IBAN bislang von den betroffenen Kreditinstituten nicht in jedem Fall oder nicht vollständig eingestellt.

Zuletzt verdichteten sich Hinweise auf eine große Zahl von missbräuchlichen Nutzungen dieser virtuellen IBAN. Neben einer Vielzahl von Verdachtsfällen in Zusammenhang mit verschiedenen Betrugsfällen wie der unberechtigten Vereinnahmung von Corona-Soforthilfen und der Verkürzung von Umsatzsteuer, steht auch die verstärkte Nutzung virtueller IBAN zur Terrorismusfinanzierung zu befürchten. Durch die Nichtvornahme der gemäß § 24c Abs. 1 KWG erforderlichen Speicherung der den Nutzern der virtuellen IBAN zuzuordnenden Informationen wird die Bekämpfung und Verfolgung vorgenannter und anderer Straftaten erheblich erschwert und der Missbrauch von virtuellen IBAN mit DE-Länderkennung und der verschlüsselten Bankleitzahl fortwährend ermöglicht. Wird den Ermittlungsbehörden im Zuge von Ermittlungen zu Straftaten eine virtuelle IBAN bekannt, erhalten diese im Rahmen des Kontendatenabrufs zu dieser IBAN keinen Treffer, wenn die virtuelle IBAN nicht ordnungsgemäß in die Kontenabrufdatei eingestellt ist.

II.

1.

Diese Allgemeinverfügung richtet sich an jedes Kreditinstitut, das Verpflichteter im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 GwG ist. Das betrifft grundsätzlich jedes Kreditinstitut, das nach § 32 Abs. 1 KWG für den Betrieb von Bankgeschäften in Deutschland zugelassen ist, einschließlich der Zweigstellen ausländischer Kreditinstitute im Sinne des § 53 KWG, sowie die Kreditinstitute aus anderen Staaten des EWR, die im Inland nach den Regeln des Europäischen Passes Bankgeschäfte betreiben dürfen (§ 53b KWG).

2.

Der Verfügungstenor unter Nr. 2 bestimmt, dass die Kreditinstitute ab sofort (d.h. ab dem ersten Tage nach der Bekanntmachung der Allgemeinverfügung) jede virtuelle IBAN, die sie direkt oder indirekt an ein Unternehmen geben, das Zahlungsdienste im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 ZAG im Inland, EWR-Ausland oder einem Drittstaat erbringt, ohne unter eine Ausnahme nach § 2 Abs. 1 ZAG zu fallen, oder E-Geld im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 3 ZAG ausgibt (im Folgenden:

„Zahlungsdienstleistungsunternehmen“) unverzüglich, richtig und vollständig im Dateisystem gemäß § 24c Abs. 1 KWG einschließlich der Angabe des Endkunden zu erfassen haben. Die Regelung erfasst dabei insbesondere Zahlungsinstitute und E-Geld-Institute im Sinne des ZAG sowie Kreditinstitute im Sinne des KWG und knüpft damit an die materielle Institutsdefinition in beiden Gesetzen an. Es ist damit unerheblich, ob das Unternehmen, an das das nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 GwG verpflichtete

Kreditinstitut eine virtuelle IBAN direkt oder indirekt gibt, seinen Sitz im Inland, im EWR-Ausland oder in einem Drittstaat hat, von wo aus es sein Geschäft betreibt, wo sich seine Kunden aufhalten und welches Geschäft es sonst noch betreibt. Für die Eröffnung des sachlichen Anwendungsbereichs dieser Allgemeinverfügung für Zahlungsdienstleistungsunternehmen ist es nicht entscheidend, ob das Unternehmen berechtigt ist, Zahlungsdienste in einem Staat des EWR zu erbringen oder ob es im Staat seiner Hauptniederlassung eine entsprechende Berechtigung hat. Entscheidend ist allein, dass das Unternehmen, an das das nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 GwG verpflichtete Kreditinstitut die virtuelle IBAN gibt, Zahlungsdienste erbringt oder E-Geld ausgibt.

Der Katalog der Zahlungsdienste wird in § 1 Abs. 1 Satz 2 ZAG abschließend festgelegt. Erbringt das Unternehmen einen Zahlungsdienst, der nicht von einer Ausnahme nach § 2 Abs. 1 ZAG gedeckt ist, oder gibt es E-Geld aus, fällt die Weitergabe von erhaltenen virtuellen IBAN an seine Endkunden in den sachlichen Anwendungsbereich dieser Allgemeinverfügung. Für die Einbeziehung eines Unternehmens als Zahlungsdienst-leistungsunternehmen in den sachlichen Anwendungsbereich dieser Allgemeinverfügung reicht, dass es mit seinem Angebot an den Markt tritt. Es genügt, dass es auch nur den Anschein eines solchen Geschäfts erweckt.

Der Begriff des Zahlungsdienstleistungsunternehmens schließt für die Zwecke dieser Allgemeinverfügung auch die privilegierten Zahlungsdienstleister ein, die in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 5 ZAG geregelt werden.

3.

Gemäß Nr. 3 des Verfügungstenors erhalten die nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 GwG pflichtigen Kreditinstitute drei Monate Zeit, die virtuellen IBAN, die sie bei Inkrafttreten dieser Allgemeinverfügung bereits ausgegeben haben, richtig und vollständig im Dateisystem gemäß § 24c Abs. 1 KWG einschließlich der Angabe der jeweiligen Endkunden nachzuerfassen.

4.

Die Verfügung tritt mit dem Tag, der auf die Bekanntmachung folgt, in Kraft. § 41 Abs. 4 Satz 4 VwVfG lässt eine solche Regelung ausdrücklich zu.

III.

Rechtsgrundlage für die Allgemeinverfügung ist § 6 Abs. 3 i.V.m. § 24c Abs. 1 KWG. Danach kann die BaFin im Rahmen der mir gesetzlich zugewiesenen Aufgaben gegenüber den Instituten Anordnungen treffen, die geeignet und erforderlich sind, um Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Bestimmungen zu verhindern oder zu unterbinden.

Die ordnungsgemäße Durchführung der Bankgeschäfte durch die betroffenen Institute ist angesichts der vorliegenden Nichterfüllung der Pflicht zur vollständigen Führung eines Dateisystems gemäß § 24c Abs. 1 KWG gefährdet.

Die betroffenen Institute sind dazu verpflichtet, die Informationen zu den von ihnen ausgegebenen virtuellen IBAN vollumfänglich in einem Dateisystem gemäß § 24c KWG zu speichern. Vor allem vor dem Hintergrund des zunehmenden Missbrauchs der über Zahlungsdienstleister vergebenen virtuellen IBAN wird deutlich, dass eine fortdauernde Unterlassung der Speicherung den Zweck des Kontenabrufverfahrens nach § 24c KWG konterkariert. Hierdurch soll es gerade erleichtert werden, die Geldwäsche und das unerlaubte Betreiben von Bankgeschäften bzw. Finanzdienstleistungen zu bekämpfen sowie Transaktionen im Zahlungsverkehr, die der Logistik des Terrorismus dienen und somit Verbindungen zur Geldwäsche aufweisen, zu erkennen (Regierungsbegründung 4. FinFöG, BT-Drucks. 14/8017, S. 122).

Die Anordnung ist geeignet, das damit verfolgte Ziel der Schaffung von Transparenz hinsichtlich der tatsächlichen Nutzer der über Zahlungsdienstleister weitergegebenen virtuellen IBAN herzustellen. Die Schaffung dieser Transparenz dient insbesondere auch dem Schutz der Allgemeinheit, da der tatsächliche Inhaber des betroffenen Kontos jederzeit ermittelt werden kann. Eine nicht dem vorgesehenen Zweck entsprechende Verwendung auf missbräuchliche Art wird unterbunden.

Sie ist auch erforderlich, um zu gewährleisten, dass die betroffenen Institute ihrer gesetzlich bestehenden Verpflichtung gerade im Lichte der aktuell erhöhten Risikolage vollumfänglich und effektiv nachkommen. Ferner handelt es sich bei der Anordnung zur Einstellung in die Kontenabrufdatei nach § 24c KWG zunächst um eine weniger schwere Maßnahme als die unmittelbare Aussprache eines vollständigen Verbots der Ausgabe von virtuellen IBAN an Zahlungsdienstleistungsunternehmen. Eine derart weitgehende Regelung ist indes nicht erforderlich, da die Anordnung zur Einstellung in die Kontenabrufdatei nach § 24c KWG grundsätzlich ausreicht, um insbesondere in der aktuellen Lage dem Ziel des Gesetzgebers Rechnung zu tragen.

Die Angemessenheit der Anordnung ergibt sich aufgrund der durch die Nichtspeicherung der virtuellen IBAN bestehenden erheblichen Risiken, welche aufgrund der aktuellen Vorkommnisse ein konkretisierendes Eingreifen notwendig machen, um den für die Allgemeinheit ausgehenden Gefahren in Form von gegenwärtig bestehenden Missbrauchsmöglichkeiten entgegen zu treten. Das Geschäftsinteresse von einzelnen Kreditinstituten muss hinter diesem schutzwürdigeren Interesse der Allgemeinheit zurück treten.

Die Anordnung in Form der Allgemeinverfügung ist geboten, um einen einheitlichen Rechtsrahmen für alle betroffenen Kreditinstitute herzustellen.

Dr. Thorsten Pötzsch

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