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Erscheinung:31.12.2020 Allgemeinverfügung zur Durchführung und Abwicklung der grenzüberschreitenden Tätigkeit von Versicherern und EbAV aus UK und GI

Allgemeinverfügung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hinsichtlich der Regelung zur Durchführung und Abwicklung der grenzüberschreitenden Tätigkeit von Versicherungsunternehmen und Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung mit Sitz im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland sowie in Gibraltar

I. Allgemeinverfügung

Mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland (im Folgenden: Vereinigtes Königreich) sowie Gibraltars aus der Europäischen Union (EU) am 31.01.2020 (im Folgenden: „Brexit“) und dem Ende des in Artikel 126 und 127 des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft (ABl. L 29 vom 31.01.2020, S. 7 – im Folgenden „Austrittsabkommen“) vereinbarten Übergangszeitraums am 31.12.2020, sowie ohne Abschluss eines für den versicherungsaufsichtlichen Bereich relevanten umfassenden Handelsabkommens, verlieren Versicherungsunternehmen mit Sitz im Vereinigten Königreich oder in Gibraltar die Rechte aus dem Europäischen Pass nach Artikel 15 Absatz 1 der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) und Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung mit Sitz im Vereinigten Königreich die Rechte aus den Artikeln 11 und 12 der Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV), die es ihnen bislang ermöglichten, grenzüberschreitend im Inland tätig zu sein.

Auf die Versicherungsunternehmen und EbAV aus dem Vereinigten Königreich und aus Gibraltar sind grundsätzlich nur noch Bestimmungen anwendbar, die auch für Drittstaaten gelten. Das heißt, es sind die §§ 67 bis 73 VAG anzuwenden.

Versicherungsunternehmen und EbAV, die in Ausübung der obengenannten Rechte aus den Richtlinien in Deutschland Geschäfte gezeichnet haben (Bestandsgeschäft) wird auf Grundlage dieser Vorschriften erlaubt, dieses Bestandsgeschäft nach den jeweils geltenden vertraglichen Regelungen durchzuführen und abzuwickeln, wobei Erstversicherungsgeschäft im zivilrechtlich möglichen Rahmen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu beenden ist.

Hierzu ordne ich auf Grundlage von §§ 67 Absatz 2 Satz 1, 67 Absatz 4 i.V.m. § 294 Absatz 7, § 298 Absatz 1 Sätze 1 und 2 und Absatz 2, § 294 Abs. 2 Satz 2 VAG Folgendes an:

1.

a) Versicherungsunternehmen mit Sitz im Vereinigten Königreich und Gibraltar, die bis zum Ablauf des 31.12.2020 unter Ausnutzung der Rechte nach Artikel 15 Absatz 1, auch in Verbindung mit den Artikeln 145 bis 161 oder auf Grundlage von Artikel 306 der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II),

sowie

b) EbAV mit Sitz im Vereinigten Königreich, die bis zum Ablauf des 31.12.2020 unter Ausnutzung der Rechte nach den Artikeln 11 und 12 der Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV)

grenzüberschreitend in Deutschland Geschäfte betrieben haben, benötigen für die Fortführung und Abwicklung des Bestandsgeschäfts nach Maßgabe dieser Allgemeinverfügung keine Erlaubnis der Bundesanstalt gemäß § 67 Absatz 1 VAG.

2. Unternehmen gemäß Ziffer 1a) und b) haben

  • ihre bisher abgeschlossenen Erstversicherungsverträge oder Verträge in Bezug auf betriebliche Altersversorgung, sofern und sobald rechtlich zulässig, unverzüglich zu kündigen,
  • die Versicherungsverträge, gekündigten Erstversicherungsverträge oder gekündigte Verträge in Bezug auf betriebliche Altersversorgung auf Grundlage der Vertragsbedingungen vollständig abzuwickeln, sowie
  • bereits am 31.12.2020, 24.00 Uhr beendete Versicherungsverträge oder beendete Verträge in Bezug auf betriebliche Altersversorgung auf Grundlage der Vertragsbedingungen vollständig abzuwickeln.

Die Durchführung des Bestandsgeschäfts bis zur Beendigung der vollständigen Abwicklung ist nur möglich, wenn und solange die Kündigung der Erstversicherungsverträge oder Verträge in Bezug auf betriebliche Altersversorgung zivilrechtlich unzulässig ist.

Für EbAV gilt darüber hinaus Folgendes:

  • Es dürfen keine neuen Versorgungszusagen für Arbeitnehmer eines notifizierten Arbeitgebers übernommen werden.
  • Sofern aufgrund von Verträgen in Bezug auf die betriebliche Altersversorgung noch Beiträge an die EbAV entrichtet werden, sind diese Verträge ab dem 01.01.2021 beitragsfrei zu stellen. Im Falle von bereits beitragsfrei gestellten Verträgen in Bezug auf die betriebliche Altersversorgung darf keine Wiederaufnahme der Beitragszahlung erfolgen.

3. Die Durchführung des Bestandsgeschäfts trotz Kündigungsmöglichkeit bis zum Vollzug einer bis zum Ablauf des 31.12.2020 eingeleiteten Übertragung der Versicherungsverträge auf ein zum Betrieb von Versicherungsgeschäften zugelassenes Unternehmen mit Sitz in Deutschland oder mit Sitz in der EU bzw. dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), das aufgrund der Vorschriften der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) in Deutschland tätig sein darf, oder auf eine in Deutschland zugelassene Drittstaatenniederlassung, ist zulässig.

4. Gestützt auf die Vorschriften der §§ 67 Absatz 2 Satz 1, 67 Absatz 4, 294 Absatz 7, § 305 Absatz 1 Nummer 1 VAG ordne ich ferner jeweils für die gesamte Dauer der Durchführung oder Abwicklung der Versicherungsverträge durch ein Erstversicherungsunternehmen und Verträge in Bezug auf betriebliche Altersversorgung durch eine EbAV die formlose Einreichung folgender Unterlagen/Angaben an:

a) die konkrete Angabe/Aktualisierung des Notfallplans („Contingency Plan“)
(z.B. Bestandsübertragung, reiner Run-off, sonstiges);
b) den Namen und die Kontaktdaten der Person, die innerhalb des Versicherungsunternehmens bzw. der EbAV für die Bearbeitung von Beschwerden im Zusammenhang mit den betroffenen Versicherungsverträgen bzw. Verträgen in Bezug auf die betriebliche Altersversorgung zuständig ist;
c) den voraussichtlichen Zeitraum bis zur endgültigen Beendigung der
Abwicklung sämtlicher Versicherungsverträge oder Versorgungsverhältnisse;
d) die Anzahl der noch abzuwickelnden Versicherungsverträge oder Versorgungsverhältnisse;
e) die Anzahl der betroffenen Versicherungsnehmer bzw. Versorgungsempfänger, deren Versicherungsverträge oder Versorgungsverhältnisse noch abzuwickeln sind;
f) die Höhe der versicherungstechnischen-Brutto-Rückstellungen für noch abzuwickelnde Versicherungsverträge oder Versorgungsverhältnisse;
g) die Höhe der Bruttobeitragseinnahmen (BBE) zum letzten Bilanzstichtag sowie der noch zu erwartenden (geschätzten) BBE, jeweils hinsichtlich der abzuwickelnden Versicherungsverträge oder Versorgungsverhältnisse;
h) die Anzahl der noch offenen Schadenfälle.

Die Angaben/Aktualisierungen unter a) und b) sind erstmalig bis spätestens 27.02.2021 und laufend bei Änderungen des Notfallplans einzureichen.

Die Angaben/Unterlagen zu c), d), e), f), g) und h) sind einmal jährlich innerhalb von drei Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres einzureichen. Eine davon abweichende unterjährige Einreichung auf gesonderte Anordnung behalte ich mir ausdrücklich vor. Von Versicherungsunternehmen sind diese Angaben/Unterlagen außerdem aufgegliedert nach Sparten gem. Sparteneinteilung der Anhänge I und II der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) einzureichen.

Die Angabe zu h) ist nicht für EbAV einzureichen.

5. Diese Allgemeinverfügung wird am 01.01.2021, 0.00 Uhr, wirksam. Sie gilt für die betroffenen Versicherungsunternehmen und EbAV jeweils bis zur vollständigen Beendigung der Verträge.

6. Diese Allgemeinverfügung ergeht unter dem Vorbehalt des Widerrufs nach § 36 Absatz 2 Nummer 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Der Widerruf kann auch gegenüber einzelnen Adressaten dieser Allgemeinverfügung erfolgen.

7. Die Bekanntmachung dieser Allgemeinverfügung erfolgt am 31.12.2020. Sie gilt am Tage nach ihrer Bekanntmachung, also am 01.01.2021, als bekannt gegeben (§ 41 Absatz 4 Satz 4 VwVfG).

II. Begründung

Diese Verfügung beruht auf §§ 67 Absatz 2 Satz 1, 67 Absatz 4 i.V.m. § 294 Absatz 7, § 298 Absatz 1 Sätze 1 und 2 und Absatz 2, § 294 Abs. 2 Satz 2, § 305 Absatz 1 Nummer 1 VAG.

1. Sachverhalt und Einleitung

Am 29. März 2017 unterrichtete das Vereinigte Königreich den Europäischen Rat von seiner Absicht, aus der EU auszutreten, und leitete damit offiziell das Verfahren nach Artikel 50 EUV ein. Somit hätte die Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs in der EU mit Ablauf der in Artikel 50 Absatz 3 EUV genannten Zweijahresfrist zum 30. März 2019 (0.00 Uhr) geendet. Aufgrund des Beschlusses (EU) 2019/476 des Europäischen Rates vom 22. März 2019 (ABl. L 80I vom 22. März 2019, S. 1) im Einvernehmen mit dem Vereinigten Königreich zur Verlängerung der Austrittsfrist nach Artikel 50 Absatz 3 EUV wurde diese Frist verlängert. Danach endete die Mitgliedschaft mit Ablauf des 12. April 2019, weil das britische Unterhaus dem Austrittsabkommen mit der Europäischen Union (vgl. Artikel 50 Absatz 2 Satz 2 EUV) nicht bis zum 29. März 2019 zugestimmt hatte. Mit der Ratifizierung des Austrittsabkommens durch das britische Unterhaus und die EU (Beschluss (EU) 2020/135 des Rates vom 30. Januar 2020 über den Abschluss des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft, ABl. L 29 vom 31.1.2020, S. 1) sind das Vereinigte Königreich und Gibraltar zum 31.01.2020 aus der Europäischen Union ausgetreten. Aufgrund des Austrittsabkommens nach Artikel 50 Absatz 2 Satz 2 EUV, galt für einen Übergangszeitraum bis zum 31.12.2020 im Verhältnis zum Vereinigten Königreich und im Vereinigten Königreich einschließlich Gibraltar grundsätzlich weiterhin Unionsrecht, so dass das Vereinigte Königreich bis 31.12.2020 weiterhin Teil des EU-Binnenmarktes war. Mangels einer Verständigung auf ein umfassendes Handelsabkommen, dass auch die Behandlung der Durchführung und/oder Abwicklung der unter Ausnutzung der Rechte nach Artikel 15 Absatz 1, auch in Verbindung mit den Artikeln 145 bis 161 oder auf Grundlage von Artikel 306 der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) sowie unter Ausnutzung der Rechte nach den Artikeln 11 und 12 der Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) abgeschlossenen Versicherungsverträge und Verträge in Bezug auf betriebliche Altersversorgung regelt, ist es insoweit zu einem sogenannten „ungeregelten“ oder „harten“ Ausscheiden des Vereinigten Königreichs und Gibraltars aus dem EU-Binnenmarkt gekommen. Auf Versicherungsunternehmen und EbAV aus dem Vereinigten Königreich und Gibraltar sind grundsätzlich nur noch die Regelungen anwendbar, die für Unternehmen mit Sitz in Drittstaaten gelten. Daher haben Unternehmen aus dem Vereinigten Königreich und Gibraltar, die in Deutschland bislang über eine Niederlassung oder im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs tätig waren, ihr Marktzutrittsrecht nach Deutschland verloren, auch wenn die zuvor von ihnen abgeschlossenen Geschäfte so gestaltet sind, dass die vertraglichen Verpflichtungen und Wirkungen über den Zeitpunkt des Brexit hinausreichen.

Aufgrund des Memorandum of Understanding zwischen der britischen The Prudential Regulation Authority (PRA) und der Bundesanstalt richtet sich die Aufsichtskompetenz für die Finanzaufsicht über Versicherungsunternehmen auch nach dem Ausscheiden des Vereinigten Königreichs und Gibraltars aus dem EU-Binnenmarkt weiterhin nach Artikel 30 der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II).

2. Voraussetzungen der §§ 67 Absatz 2 Satz 1, 67 Absatz 4 i.V.m. § 294 Absatz 7, § 298 Absatz 1 Sätze 1 und 2 und Absatz 2, § 294 Abs. 2 Satz 2 VAG

a) Die Voraussetzungen der §§ 67 Absatz 2 Satz 1, 67 Absatz 4 i.V.m. § 294 Absatz 7, § 298 Absatz 1 Sätze 1 und 2 und Absatz 2, § 294 Abs. 2 Satz 2 VAG liegen vor.

Durch das Ausscheiden des Vereinigten Königreichs und Gibraltars aus dem EU-Binnenmarkt sind das Vereinigte Königreich und Gibraltar nunmehr Drittstaaten im Sinne von § 7 Nummer 34 VAG geworden. Gemäß § 1 Absatz 1 Nummer 1 i.V.m. § 7 Nummer 34 VAG unterliegen den Vorschriften des VAG Erst- oder Rückversicherungsunternehmen, die ihren Sitz in einem Drittstaat haben und eine behördliche Zulassung gemäß Artikel 14 Absatz 1 der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) benötigen würden, wenn sie ihren Sitz in einem Staat innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums hätten. Für EbAV ergibt sich dies aus § 67 Absatz 4 VAG.

Zum Betrieb des Versicherungsgeschäfts zählt auch die Abwicklung der Versicherungsverträge. Damit unterliegt die Abwicklung von bestehenden Versicherungsverträgen in Eigenregie (sog. „Run-off“) meiner Aufsicht. Dass meine umfassende Aufsichtspflicht über die Versicherungsunternehmen und EbAV erst beginnt, wenn die Versicherungsunternehmen und die EbAV bereits ihren deutschen Teilbestand abwickeln, steht der Aufsichtspflicht nicht entgegen. Somit unterliegen auch diejenigen Versicherungsunternehmen und EbAV mit Sitz im Vereinigten Königreich oder Gibraltar, die nach dem 31.12.2020 kein Neugeschäft in Deutschland zeichnen wollen, sondern das Bestandsgeschäft, das sie unter dem bisherigen Passportrecht abgeschlossen haben, lediglich durchführen oder abwickeln, der Versicherungsaufsicht nach dem VAG.

Nach § 294 Absatz 7 VAG, der aufgrund der Regelung in §§ 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 VAG entsprechend anwendbar ist, erstreckt sich die Aufsicht auch auf die Abwicklung der bestehenden Versicherungsverträge und der Verträge in Bezug auf die betriebliche Altersversorgung, wenn der Geschäftsbetrieb untersagt, freiwillig eingestellt oder die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb widerrufen wird. Zweck der Vorschrift ist es, sogenannte Vorratserlaubnisse zu vermeiden. Da die von der Allgemeinverfügung begünstigten Unternehmen keinen Neuabschluss von Versicherungsverträgen und Verträgen in Bezug auf die Altersversorgung tätigen wollen, müsste eine nach § 67 Absatz 1 VAG erteilte Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb nach § 304 Absatz 2 VAG spätestens nach 12 Monaten widerrufen werden. Unternehmen, die kein Neugeschäft zeichnen wollen, werden keine Anstrengungen, die auf den Abschluss von Versicherungsverträgen oder Verträgen in Bezug auf die Altersversorgung abzielen, unternehmen und somit keinen Gebrauch von der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb machen. Die Durchführung eines Erlaubnisverfahrens, bei dem bereits bei Beginn des Verfahrens feststeht, dass von der Erlaubnis kein Gebrauch gemacht werden wird und diese zu widerrufen ist, ist ein reiner Formalismus. Damit greift die Abwicklungsaufsicht nach § 294 Absatz 7 VAG.

§ 298 VAG ist aufgrund der Regelung in §§ 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 VAG entsprechend anwendbar.
Demnach können auf Grundlage von § 298 Absatz 1 VAG Maßnahmen gegenüber Erstversicherungsunternehmen aus dem Vereinigten Königreich und Gibraltar sowie auf Grundlage von § 298 Absatz 2 VAG Maßnahmen gegenüber Rückversicherungsunternehmen aus dem Vereinigten Königreich und Gibraltar getroffen werden. Mangels einer europarechtlichen oder nationalen Regelung in Bezug auf Versicherungsverträge, die vor dem Austritt eines Mitgliedstaates durch ein Versicherungsunternehmen mit Sitz in diesem Mitgliedstaat mit Vertragspartnern in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat geschlossen wurden, sind Regelungen in Bezug auf die zukünftige Aufsicht bzw. die eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen im speziellen Fall der Versicherungsunternehmen aus dem Vereinigten Königreich und Gibraltar zu treffen. In Bezug auf Versicherungsunternehmen erfolgt die Regelung zur Sicherstellung der Einhaltung der für den Betrieb des Erst- und Rückversicherungsgeschäfts geltenden Gesetze.
Mit dem 31.12.2020 verlieren die Unternehmen die in den jeweils einschlägigen Richtlinien verankerten Rechte aus dem Europäischen Pass. Damit ist den Unternehmen die Möglichkeit genommen, Versicherungsgeschäfte auf dieser Grundlage in Deutschland zu betreiben. Zum Betrieb des Versicherungsgeschäfts und der Geschäfte von EbAV zählt auch die Durchführung und Abwicklung der Verträge.

Mit der Allgemeinverfügung wird den Unternehmen aus dem Vereinigten Königreich und Gibraltar das Aufsichtsregime, unter dem die Durchführung und Abwicklung der Verträge nach dem 31.12.2020 möglich ist, aufgezeigt. Es verpflichtet die Versicherungsunternehmen und die EbAV in erster Linie dazu, die bestehenden Verträge vertragskonform abzuwickeln. Dazu müssen die Erstversicherungsunternehmen und EbAV Erstversicherungsverträge oder Verträge in Bezug auf betriebliche Altersversorgung, soweit und sobald rechtlich zulässig kündigen. Ist eine Kündigung zivilrechtlich nicht möglich, so wird klargestellt, dass die Durchführung dieser Verträge im Umfang dieser Allgemeinverfügung der Aufsicht der Bundesanstalt unterliegt. Schließlich legt die Allgemeinverfügung fest, wie mit den bis zum Ablauf des 31.12.2020 eingeleiteten Bestandsübertragungen umgegangen wird.

Da die Unternehmen für die Abwicklung des Bestandes der Aufsicht der Bundesanstalt unterliegen, bedarf es der Mitteilung des Rahmens, in dem die Durchführung und Abwicklung erfolgen kann. Grundsätzlich müssen die Unternehmen davon ausgehen, dass sie ab dem 01.01.2021 vollumfänglich den VAG-Vorschriften und den hierzu erlassenen Verordnungen, insbesondere den §§ 67 ff. VAG, unterliegen. Dadurch, dass die Bundesanstalt nach §§ 294 Absatz 7, 296 VAG zu einer den Umstand berücksichtigenden Aufsicht, dass die Versicherungsverhältnisse lediglich bis zur vollständigen Abwicklung durchgeführt werden, und zu einer dem Grundsatz der Proportionalität entsprechenden Anwendung der VAG-Vorschriften verpflichtet ist, folgt, dass die Bundesanstalt die für die Durchführung und Abwicklung geltenden Regeln mit Augenmaß anzuwenden hat. Mit der Allgemeinverfügung gibt die Bundesanstalt gegenüber den Unternehmen bekannt, in welchem Umfang sie von der ihr nach § 294 Absatz 7 VAG eingeräumten Befugnis zur Abwicklungsaufsicht Gebrauch machen möchte. Um einerseits Verstöße gegen die gesetzlichen Regeln, die entsprechend dem ebenfalls gesetzlich verankerten Grundsatz der Proportionalität anzuwenden sind, zu vermeiden, und andererseits Nachteile für die Versicherten zu vermeiden, wird diese Allgemeinverfügung erlassen.

In den Fällen, in denen eine Kündigung zivilrechtlich nicht möglich ist, wird mit der Regelung in der Allgemeinverfügung der Sachlage Rechnung getragen, dass die Unternehmen ansonsten entweder mit einer rechtswidrigen Kündigung gegen Vertragsrecht oder bei vertragsrechtlich konformer Fortführung der Verträge mangels Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb nach § 67 Absatz 1 VAG gegen das Versicherungsaufsichtsrecht verstoßen würden.

Die Allgemeinverfügung ist geeignet, den betroffenen Unternehmen den zukünftig einzuhaltenden rechtlichen Rahmen für die Durchführung und Abwicklung zur Kenntnis zu bringen. Sie ist erforderlich, um Verstöße dieser Unternehmen gegen die geltenden VAG-Vorschriften und zudem Nachteile der Versicherten durch vertragswidrige Kündigungen zu vermeiden.

Um der Bundesanstalt die Ausübung der Abwicklungsaufsicht über das Bestandsgeschäft zu ermöglichen, werden unter 4. auf Grundlage von § 305 Absatz 1 VAG regelmäßige Auskunfts- und Vorlagepflichten über Geschäftsaktivitäten in Deutschland angeordnet.
Die Allgemeinverfügung gilt nicht für den Abschluss von Neugeschäft. Unternehmen, die den Abschluss von Neugeschäft auch nach dem 01.01.2021 beabsichtigen, bedürfen hierzu meiner Erlaubnis nach §§ 67 ff. VAG.

b) Die Allgemeinverfügung ist als Handlungsform in § 35 Satz 2 VwVfG, § 17 Absatz 2 FinDAG ausdrücklich vorgesehen.

Eine Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet.

Diese Allgemeinverfügung richtet sich an die Versicherungsunternehmen und EbAV, wie sie Ziffer 1 a) und b) definiert. Damit ist der Personenkreis bestimmbar. Auch wenn die Namen und Adressen der betroffenen Unternehmen der Bundesanstalt bekannt sind, kann ein Verwaltungsakt in Form der Allgemeinverfügung ergehen.

Aufgrund der Eilbedürftigkeit der Regelung ist einer Allgemeinverfügung der Vorzug gegenüber Einzelverwaltungsakten zu geben.

Der Erlass von Einzelverwaltungsakten gemäß §§ 67 Absatz 2 Satz 1, 67 Absatz 4 i.V.m. § 294 Absatz 7, § 298 Absatz 1 Sätze 1 und 2 und Absatz 2, § 294 Absatz 2 Satz 2 VAG ist wegen der Vielzahl der betroffenen Unternehmen und des sehr knappen Zeitraums zwischen der Beendigung der Gespräche über ein Handelsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich, die sich weit bis in die zweite Dezemberhälfte hingezogen haben, und der notwendigen individuellen Bekanntgabe der Verwaltungsakte bis zum Ende des Übergangszeitraums nicht praktikabel.

3. Ermessen

Da die Voraussetzungen der §§ 67 Absatz 2, 67 Absatz 4 Satz 1 i.V.m. § 294 Absatz 7, § 298 Absatz 1 Sätze 1 und 2 und Absatz 2, § 294 Abs. 2 Satz 2 VAG vorliegen, kann ich eine entsprechende Anordnung erlassen. Das heißt, mir kommt insoweit ein Ermessen zu. Dieses Ermessen übe ich pflichtgemäß durch Erlass dieser Allgemeinverfügung entsprechend dem Zweck und im Rahmen der gesetzlichen Grenzen aus. Der Erlass einer Allgemeinverfügung mit dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang entspricht Sinn und Zweck des Gesetzes.

Mit der Allgemeinverfügung wird ein Verstoß gegen das VAG vermieden. Zugleich wird sichergestellt, dass die Belange der Versicherten nicht durch vertragswidrige Kündigungen beeinträchtigt werden.

Nach § 294 Absatz 1 VAG liegt das Hauptziel der Beaufsichtigung im Schutz der Versicherungsnehmer und der Begünstigten von Versicherungsleistungen. Die Regelung vermeidet Nachteile für die Versicherungsnehmer und die Begünstigten von Versicherungsverträgen sowie die Versorgungsberechtigten aus Verträgen in Bezug auf betriebliche Altersversorgung und inländische Zedenten, indem sie für die betroffenen Unternehmen aus dem Vereinigten Königreich und deren Kunden Rechtssicherheit für die Durchführung, der eingeleiteten Bestandsübertragungen und Abwicklung der grenzüberschreitend abgeschlossenen Versicherungsverträge und Verträge in Bezug auf betriebliche Altersversorgung schafft.

Die Anordnung zu Ziffer 3 ist beschränkt auf die bis zum Ablauf des 31.12.2020 eingeleitete Übertragung von Versicherungsverträgen auf ein zum Betrieb von Versicherungsgeschäften zugelassenes Unternehmen mit Sitz in Deutschland oder mit Sitz in der EU bzw. dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), das aufgrund der Vorschriften der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) in Deutschland tätig sein darf, oder auf eine in Deutschland zugelassene Drittstaatenniederlassung. Der Bundesanstalt liegen keine Erkenntnisse vor, nach denen eine Übertragung durch die von dieser Allgemeinverfügung betroffenen EbAV beabsichtigt ist.

4. Verhältnismäßigkeit der Anordnungen zu 1., 2. und 3.

Die Allgemeinverfügung beruht auf den §§ 67 Absatz 2, 67 Absatz 4 Satz 1 i.V.m. § 294 Absatz 7, 298 Absatz 1 Sätze 1 und 2 und Absatz 2, § 294 Abs. 2 Satz 2 VAG und ist bezüglich der Anordnungen zu 1., 2. und 3. verhältnismäßig.

Mit der Allgemeinverfügung wird festgelegt, in welchem Umfang die Bundesanstalt von ihrer Befugnis zur Abwicklungsaufsicht Gebrauch macht. Den Unternehmen wird aufgezeigt, wie sie bei der Durchführung und Beendigung der Verträge nach dem 31.12.2020 Gesetzesverstöße vermeiden.

a) Geeignetheit

Die durch die Allgemeinverfügung getroffenen Maßnahmen sind geeignet, um Missstände in Form von Gesetzesverstößen zu vermeiden und den Hauptzweck der Beaufsichtigung, den Schutz der Versicherungsnehmer und Begünstigten von Versicherungsleistungen, auch zukünftig zu erfüllen.

Mit der Allgemeinverfügung wird klargestellt, dass die Unternehmen soweit und sobald rechtlich möglich, das Bestandsgeschäft kündigen müssen.

Ist eine Kündigung zivilrechtlich nicht möglich, dürfen die Unternehmen die Verträge weiter durchführen, bis eine vor dem 01.01.2021 eingeleitete Bestandsübertragung vollzogen ist.
Die Durchführung der zivilrechtlich unkündbaren Verträge ist, sofern eine Bestandsübertragung nicht erfolgt, bis zur vollständigen Beendigung möglich. Damit wird den Unternehmen die rechtlich zulässige Möglichkeit gewährt, im Rahmen des zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Rechts abgeschlossene Verträge bis zur vollständigen Beendigung durchzuführen.

Hinsichtlich der EbAV wird zur Durchführung des Bestandsgeschäfts angeordnet, dass

  • keine neuen Versorgungszusagen für Arbeitnehmer eines notifizierten Arbeitgebers übernommen werden dürfen und
  • sofern aufgrund von Verträgen in Bezug auf die betriebliche Altersversorgung noch Beiträge an die EbAV entrichtet werden, diese Verträge ab dem 01.01.2021 beitragsfrei zu stellen sind. Im Falle von bereits beitragsfrei gestellten Verträgen in Bezug auf die betriebliche Altersversorgung darf keine Wiederaufnahme der Beitragszahlung erfolgen.

Mit diesen Anordnungen wird der Rahmen der Abwicklungsaufsicht nach § 294 Absatz 7 VAG unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Bestandsgeschäft abgewickelt wird und unter Berücksichtigung des Proportionalitätsgrundsatzes, konkretisiert und der Entstehung von Missständen entgegengewirkt.

Der Erlass der Allgemeinverfügung erfolgt auch gemäß dem Hauptzweck der Beaufsichtigung, um die Versicherungsnehmer und die Begünstigten von Versicherungsverträgen sowie die Versorgungsberechtigten aus Verträgen in Bezug auf betriebliche Altersversorgung und inländischen Zedenten zu schützen. Durch die Möglichkeit der (begrenzten) Fortführung, der angeordneten Verpflichtung zur Beendigung und der vertragskonformen Abwicklung der Verträge im Rahmen der geltenden zivilrechtlichen Regelungen wird die Kontinuität der Verträge beziehungsweise deren Abwicklung unter Wahrung der vertraglichen Ansprüche der Versicherungsnehmer, der Versorgungsberechtigten aus Verträgen in Bezug auf betriebliche Altersversorgung und inländischen Zedenten ermöglicht.

Mit Blick darauf, dass diese Allgemeinverfügung durch ein Memorandum of Understanding zwischen der britischen The Prudential Regulation Authority (PRA) und der Bundesanstalt begleitet wird, richtet sich die Aufsichtskompetenz für die Finanzaufsicht über Versicherungsunternehmen auch nach dem Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus dem EU-Binnenmarkt weiterhin nach Artikel 30 der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II). Damit sind die Versicherungsnehmer aufsichtsrechtlich weiterhin so gestellt, wie sie stünden, wenn es den „ungeregelten“ oder „harten“ Brexit und das „ungeregelte“ oder „harte“ Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus dem EU-Binnenmarkt nicht gegeben hätte. Ihre im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bewusste Entscheidung für einen Vertragsschluss mit einem grenzüberschreitend tätigen Versicherungsunternehmen und der damit verbundenen Teilung der Aufsichtszuständigkeiten bleibt gewahrt.

Mit den Anordnungen zu 1.,2. und 3. bezüglich der Kündigung beziehungsweise der ausnahmsweisen, teilweise zeitlich begrenzten Durchführung des Bestandsgeschäfts ohne eine Zulassung der Bundesanstalt nach § 67 Absatz 1 VAG, wird den zivilrechtlichen Schranken einer sofortigen Vertragsbeendigung ausreichend Rechnung getragen. Auf einseitigen Gestaltungsmöglichkeiten der Versicherten beruhende Vertragsänderungen, welche sich aus den zuvor abgeschlossenen Versicherungsverträgen oder Verträgen in Bezug auf betriebliche Altersversorgung ergeben, sind jedoch weiterhin möglich. Damit bleiben den Versicherungsnehmern die vertraglich bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten erhalten.

Die Allgemeinverfügung ist auch in Hinblick auf die betroffenen Versicherungsunternehmen und EbAV geeignet, der bei Abschluss der Versicherungsverträge und der Verträge in Bezug auf betriebliche Altersversorgung bestehenden Rechtslage Rechnung zu tragen. Bei Abschluss der Verträge besaßen die betroffenen Unternehmen auf Grund der Passportrechte das Recht, Versicherungsverträge und Verträge in Bezug auf betriebliche Altersversorgung abzuschließen. Bei der Behandlung dieser Verträge ist daher auch zu berücksichtigen, dass diese im Rahmen eines ausreichenden Marktzutrittsrechts abgeschlossen wurden. Somit berücksichtigt die Allgemeinverfügung in geeigneter Form die Interessen der Versicherungsunternehmen und der EbAV mit Sitz im Vereinigten Königreich und Gibraltar.

b) Erforderlichkeit

Die Allgemeinverfügung ist auch erforderlich, da kein milderes bzw. alternatives Mittel ersichtlich ist, welches in gleichem Maße geeignet ist, den beschriebenen möglichen Konsequenzen eines ungeregelten Ausscheidens des Vereinigten Königreichs aus dem EU-Binnenmarkt (für den Bereich Versicherungen und betriebliche Altersversorgung) zu begegnen. Entsprechend dem Regelungsgehalt des § 294 Absatz 7 VAG gelten grundsätzlich die gesamten Vorschriften des VAG. Diese sind jedoch im Hinblick darauf, dass diese Vorschriften grundsätzlich für Unternehmen geschaffen wurden, die ihren Geschäftsbetrieb fortführen, indem sie (auch) Neugeschäft zeichnen, auf die besondere Situation der Unternehmen mit Sitz im Vereinigten Königreich und Gibraltar, die lediglich ihre Versicherungsverträge und Verträge in Bezug auf die betriebliche Altersversorgung abwickeln, die sie zuvor im Wege des Europäischen Passes und einer erfolgten Notifizierung grenzüberschreitend in Deutschland abgeschlossen haben, anzupassen. Nach § 296 Absatz 1 VAG habe ich die Vorschriften des VAG so anzuwenden, dass die Anwendung der Art, dem Umfang und der Komplexität der Risiken, die mit der Tätigkeit der beaufsichtigten Unternehmen verbunden sind, angemessen ist. Dies bedeutet, dass ich von der Einhaltung bestimmter Vorschriften ganz oder teilweise absehen kann, solange der Schutz der Versicherungsnehmer und der Begünstigten von Versicherungsleistungen, der Versorgungsberechtigten aus Verträgen in Bezug auf betriebliche Altersversorgung und inländischen Zedenten gewährleistet ist. Zurzeit gewährleistet der rechtliche Rahmen für die Aufsicht über Versicherungsunternehmen im Vereinigten Königreich und Gibraltar eine ausreichende Finanz- und Rechtsaufsicht.

Daher ist es gerechtfertigt, wie geschehen, durch das Memorandum of Understanding zwischen der Bundesanstalt und der PRA die bis zum 31.12.2020 bestehende Kompetenzverteilung hinsichtlich der Finanzaufsicht und der Rechtsaufsicht über die im Zeitablauf immer weniger werdenden Versicherungsverträge auch über den 31.12.2020 hinaus beizubehalten. Dadurch wird insbesondere eine kostenträchtige Anpassung der Vertragsgrundlagen an die nationalen Besonderheiten des deutschen Versicherungsaufsichtsgesetzes, soweit eine solche Anpassung denn überhaupt vertragsrechtlich möglich ist, vermieden. Damit wird eine negative Beeinträchtigung der laufenden Verträge, insbesondere solcher mit einem Sparprozess und ggfls. einer Überschussbeteiligung, im Interesse der Versicherungsnehmer vermieden. Sofern die Aufsichtsstandards im Vereinigten Königreich [und Gibraltar] keine adäquate Aufsicht mehr gewährleisten, ist eine Beendigung des Memorandum of Understanding durch Kündigung möglich. In diesem Fall behalte ich mir ferner ausdrücklich vor, für die restliche Zeit der Abwicklung bzw. der Durchführung der Versicherungsverträge zu einer eigenständig durchgeführten Aufsicht über Drittstaaten-Versicherungsunternehmen unter vollumfänglicher, unmittelbarer Anwendung der §§ 67 ff. VAG zurückzukehren. Gleiches gilt im Übrigen für den Fall der fehlenden Bereitschaft der zuständigen Sitzlandaufsichtsbehörde zur kooperativen aufsichtlichen Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt.

Für EbAV entspricht derzeit der rechtliche Rahmen für die Aufsicht im Vereinigten Königreich und Gibraltar den in der Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) niedergelegten Grundsätzen. Hinsichtlich der EbAV ist zu beachten, dass mit § 67 Absatz 4 VAG, der die entsprechende Anwendung der Vorschriften über Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Drittstaat anordnet, ein Wechsel des Aufsichtsregimes verbunden ist. Unterliegen EbAV mit Sitz im Vereinigten Königreich gegenwärtig dem Aufsichtsregime nach der Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV), so unterfallen sie zukünftig dem Aufsichtsregime für Versicherungsunternehmen, das heißt der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II). Damit wären einschneidende Änderungen (vollständiger Wechsel des Aufsichtsregimes) für die EbAV verbunden, die durch die angeordneten Maßnahmen vermieden werden.

Die Anordnung sorgt dafür, dass Versicherungsunternehmen oder EbAV, die das Neugeschäfts eingestellt haben, bestehende Verträge, soweit rechtlich zulässig, kündigen und abwickeln. Können die Verträge nicht gekündigt werden, besteht die Möglichkeit, die Verträge in einem beschränkten Rahmen fortzuführen. Damit wird den zivilrechtlichen Grundlagen der Versicherungsverträge im erforderlichem Umfang Rechnung getragen.

Die Option, durch Bestandsübertragung auf ein zum Geschäftsbetrieb in Deutschland befugtes Unternehmen die Durchführung des Vertrages zu gewährleisten, setzt voraus, dass die Bestandsübertragung vor dem Ende des Übergangszeitraums am 31.12.2020 eingeleitet wurde, und eine Bestandsübertragung eine realistische, voraussichtlich genehmigungsfähige Option darstellt. Damit handele ich im Einklang mit einer Empfehlung von EIOPA für den Versicherungssektor im Hinblick auf den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union. In der Empfehlung Nummer 5 wird den zuständigen Aufsichtsbehörden nahegelegt, Bestandsübertragungen von britischen Versicherungsunternehmen an Versicherungsunternehmen in den EU-27-Mitgliedstaaten zum Abschluss zu bringen, sofern diese bereits vor dem Austrittsdatum eingeleitet wurden. Von der Einleitung der Bestandsübertragung ist auszugehen, wenn die Einleitung der Bestandsübertragung von den britischen Aufsichtsbehörden den betroffenen Aufsichtsbehörden in den Mitgliedstaaten der EU mitgeteilt wurde und das britische Versicherungsunternehmen der/den Aufsichtsbehörde(n) im Vereinigten Königreich und in Gibraltar die aufsichtsrechtliche Transaktionsgebühr gezahlt und einen unabhängigen Sachverständigen für die Übertragung bestellt hat. Zwar erfolgte der Austritt des Vereinigten Königreichs mit Ablauf des 31.01.2020. Zum 31.12.2020 wird er faktisch vollzogen. Die Anwendung von Unionsrecht endet dann, so dass dieses Datum der maßgebliche Zeitpunkt ist. Mit der Einleitung des Bestandsübertragungsverfahrens haben die Unternehmen mit Sitz im Vereinigten Königreich und Gibraltar alles unternommen, was in ihrem Handlungsrahmen rechtlich notwendig ist, um eine rechtskonforme Fortführung des Bestandsgeschäfts auch nach dem Ende des Übergangszeitraums zu ermöglichen. Da eine Bestandsübertragung von grenzüberschreitend gezeichnetem Geschäft von mehreren Faktoren, die außerhalb der Rechtssphäre der Unternehmen liegen, abhängig ist, bedarf es einer Regelung, wie vor Ablauf der Übergangsfrist eingeleitete Bestandsübertragungen behandelt werden.

Sofern ein betroffenes Versicherungsunternehmen aus dem Vereinigten Königreich oder Gibraltar im Rahmen eines Verfahrens zur Erlangung der Erlaubnis zum Betrieb des Versicherungsgeschäfts in Deutschland über eine Drittstaatenniederlassung dieser Niederlassung die im Rahmen der bisherigen rechtlichen Möglichkeiten gezeichneten Versicherungsverträge zuordnet, bedarf es keiner weiteren Genehmigung einer „Übertragung“ des Versicherungsbestandes. Die erteilte Zulassung für die Drittstaatenniederlassung mit dem intern zugeordneten Versicherungsbestand reicht aus.

c) Angemessenheit

Die Allgemeinverfügung ist darüber hinaus auch angemessen. Mit dem Vereinigten Königreich tritt erstmalig ein Mitgliedstaat der EU aus der EU aus. Bei den Unternehmen und ihren Kunden kann es daher zu Rechtsunsicherheiten kommen, wie mit dieser Situation umzugehen ist. Die Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) enthält keine Regelung zum grenzüberschreitenden Geschäft aus Drittstatten in einen EU/EWR-Staat hinein. Europarechtlich geregelt sind in der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) nur die Fälle eines grenzüberschreitenden Geschäftsbetriebs von Versicherungsunternehmen innerhalb der EU-Staaten und von einem Drittstaat aus in einen EU-Staat hinein. Eine europäische Regelung, die sich mit dem Ausscheiden eines Mitgliedstaats aus der EU und dem damit verbundenen Wegfall der Rechte aus dem Europäischen Pass und in der Folge mit einer geregelten Abwicklung der rechtmäßig unter dem Europäischen Pass und einer Notifikation eingegangenen Verbindlichkeiten befasst, existiert nicht. Mangels eines umfassenden Handelsabkommens, das Regelungen für den Umgang mit dem Bestandsgeschäft enthält, besteht für dieses Problem auch keine Lösung. Dieser Lücke im europäischen Recht wird mit dieser Allgemeinverfügung Rechnung getragen. Bislang sind Irritationen zwischen Unternehmen und deren Kunden im Hinblick auf den Brexit auch deshalb vermieden worden, weil die Marktteilnehmer durch die europäischen und nationalen Aufsichtsbehörden aufgefordert wurden, sich auf die Konsequenzen eines Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU, ohne das ein umfassendes Handelsabkommen abgeschlossen wird, einzustellen und ihre Kunden über die ergriffenen Maßnahmen zu informieren. Die gemachten Erfahrungen haben gezeigt, dass die ergriffenen Maßnahmen nicht alle rechtzeitig vor dem Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der EU umgesetzt werden können, da diese auch von externen Genehmigungen, auf deren zeitgerechten Erlass die Unternehmen keinen Einfluss haben, abhängen. Die Allgemeinverfügung schafft eine rechtssichere Basis für das Abwicklungsregime des Bestandsgeschäftes der betreffenden Unternehmen aus dem Vereinigten Königreich und Gibraltar und vermeidet somit Missstände.

Soweit die laufenden Verträge unter Einhaltung der Kündigungsfristen beendet werden, treten die Folgen der Kündigung zu unterschiedlichen Zeitpunkten, je nach Abschluss und Laufzeit der Verträge, ein. Für das auf Grund der Natur der eingegangenen Verbindlichkeit nur langfristig abzuwickelnde Geschäft ist eine Befristung der Regelung unangemessen. Im Einklang mit dem Hauptziel der Beaufsichtigung, nämlich den Schutz der Versicherungsnehmer und der Begünstigten von Versicherungsverträgen sowie der Versorgungsberechtigten aus Verträgen in Bezug auf betriebliche Altersversorgung und der inländischen Zedenten, muss die Bundesanstalt eine der Natur und der jeweiligen Besonderheit der eingegangenen Verpflichtungen angemessene Aufsicht nach den Regeln des VAG ausüben.

Eine vollumfängliche Anwendung der Vorschriften des VAG, insbesondere der §§ 67 ff. VAG auf die Unternehmen, die sich vom deutschen Markt zurückziehen wollen, indem sie zukünftig kein Neugeschäft mehr zeichnen, sondern die eingegangenen Verpflichtungen lediglich gemäß den vertraglichen Grundlagen durchführen und abwickeln wollen, ist auch angesichts des geringen und sich im Zeitablauf sukzessive reduzierenden Umfangs des betroffenen Bestandsgeschäfts nicht angemessen.

Im Rahmen der Ausübung der Rechte aus den eingangs genannten Richtlinien waren die Versicherungsunternehmen verpflichtet beim Abschluss und der Durchführung von Versicherungsverträgen deutsche Rechtsvorschriften insoweit anzuwenden, sofern diese als sog. Vorschriften des Allgemeininteresses „General Good Requirements“ für diese Versicherungsunternehmen verpflichtend zu beachten waren. Zu diesen Vorschriften zählten die §§ 67 ff. VAG, soweit sie die Geschäftstätigkeiten von Unternehmen aus Drittstaaten regeln, gerade nicht. Vielmehr waren diese Vorschriften aufgrund der speziellen Vorschriften über die Tätigkeit von Versicherungsunternehmen und EbAV mit Sitz in einem Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), d.h. durch die §§ 61 bis 66a, 169, 243 bis 243b VAG, nicht anzuwenden. Durch den Austritt des Vereinigten Königreichs und Gibraltar aus der EU und dem EWR finden nunmehr jedoch die §§ 67 bis 73 VAG statt der §§ 61 bis 66a, 169, 243 bis 243b VAG Anwendung. Dies hat zur Folge, dass die Unternehmen deutsches Recht nicht mehr nur ausschnittsweise im Rahmen der Vorschriften des Allgemeininteresses zu beachten haben. Ggfls. bedingt diese Ausweitung des nationalen Rechtsrahmens eine Anpassung der Rahmenbedingungen für die Vertragsdurchführung.

Für EbAV würde die vollumfängliche Anwendung der Vorschriften der §§ 67 ff. VAG nicht nur zu einem Wechsel der Aufsichtsregimes führen, vielmehr entfiele damit auch die Überwachung der Einhaltung des deutschen Arbeits- und Sozialrechts.
Sofern eine Durchführung der Verträge im Rahmen der nationalen versicherungsvertraglichen und -aufsichtsrechtlichen Besonderheiten nach einer rechtlich erforderlichen Anpassung überhaupt möglich ist, besteht die Möglichkeit, dass die Angleichung der Verträge an diese nationalen Besonderheiten den Interessen der Versicherungsnehmer und Begünstigten von Versicherungsleistungen, der Versorgungsberechtigten aus Verträgen in Bezug auf betriebliche Altersversorgung und inländischen Zedenten weniger gerecht wird, als die mit dieser Allgemeinverfügung getroffenen Regelungen.

Bei Abschluss der Verträge besaßen die betroffenen Unternehmen auf Grund der Passportrechte und der Notifikation das Recht, Versicherungsverträge und Verträge in Bezug auf betriebliche Altersversorgung abzuschließen. Bei der Behandlung dieser Verträge ist daher auch zu berücksichtigen, dass die Unternehmen berechtigt waren, den Betrieb von Versicherungsgeschäften bzw. Geschäfte über die betriebliche Altersversorgung rechtmäßig im Inland auszuüben. Zum Betrieb dieser Geschäfte gehört auch die vertragskonforme Durchführung der abgeschlossenen Verträge während des Haftungszeitraums der Unternehmen bis zur vollständigen Beendigung mit Ende der Abwicklung. Die betroffenen Unternehmen haben grundsätzlich ein berechtigtes Interesse, die eingegangenen Verpflichtungen vertragskonform zu beenden. Diesem berechtigten Interesse wird dadurch Rechnung getragen, dass die Unternehmen einem Aufsichtsregime – und im Bereich der EbAV gewissen Vertragsanpassungen in Bezug auf die Beitragszahlung - unterworfen werden. Dadurch werden diese Interessen angemessen berücksichtigt und somit auf die durch den Brexit entstandene Sondersituation entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in § 296 VAG reagiert. Die Berücksichtigung der Interessen der betroffenen Unternehmen beeinträchtigt auch nicht das Hauptziel der Beaufsichtigung, nämlich den Schutz der Versicherungsnehmer und der Begünstigten von Versicherungsleistungen, der Versorgungsberechtigten aus Verträgen in Bezug auf betriebliche Altersversorgung und inländischen Zedenten.

Insofern ist die Allgemeinverfügung angemessen.

5. Voraussetzungen der §§ 67 Absatz 2 Satz 1, 67 Absatz 4 i.V.m. § 294 Absatz 7, i.V.m. § 305 Absatz 1 Nummer 1 VAG

Die Voraussetzungen der §§ 67 Absatz 2 Satz 1, 67 Absatz 4 i.V.m. § 294 Absatz 7, i.V.m. § 305 Absatz 1 Nummer 1 VAG liegen vor.

Nach § 305 Absatz 1 Nummer 1 VAG ist die Bundesanstalt befugt, von den Versicherungsunternehmen, den Mitgliedern ihrer Organe, ihren Beschäftigten sowie den die Unternehmen kontrollierenden Personen Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten sowie Vorlage oder Übersendung aller Geschäftsunterlagen zu verlangen.

Mit der angeordneten formlosen Vorlage von Unterlagen und Angaben werden die Unternehmen verpflichtet, der Bundesanstalt bestimmte Angaben bezüglich des Bestandsgeschäfts, zu übermitteln.

6. Ermessen

Da die Voraussetzungen der §§ 67 Absatz 2, 67 Absatz 4 Satz 1 i.V.m. § 294 Absatz 7, i.V.m. § 305 Absatz 1 Nummer 1 VAG vorliegen, kann ich eine entsprechende Anordnung erlassen, das heißt, mir kommt insoweit ein Ermessen zu. Dieses Ermessen übe ich pflichtgemäß durch Erlass dieser Allgemeinverfügung entsprechend dem Zweck und im Rahmen der gesetzlichen Grenzen aus. Der Erlass einer Allgemeinverfügung mit dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang entspricht Sinn und Zweck des Gesetzes. Mit der Befugnis Auskünfte und die Vorlage von Unterlagen zu verlangen, soll die Bundesanstalt in die Lage versetzt werden, sich einen umfassenden Überblick über die Geschäftsangelegenheiten der Unternehmen zu verschaffen. Das Auskunfts- und Vorlageersuchen entspricht auch dem Zweck des Gesetzes. Nach § 294 Absatz 1 VAG liegt das Hauptziel der Beaufsichtigung im Schutz der Versicherungsnehmer und der Begünstigten von Versicherungsleistungen.

Mit der angeordneten Vorlage von Unterlagen und Angaben erhält die Bundesanstalt die notwendigen Informationen über das Bestandsgeschäft. Damit wird sie in die Lage versetzt, zu prüfen, ob im Rahmen der Abwicklung oder beschränkten Durchführung das Hauptziel der Beaufsichtigung eingehalten wird.

7. Verhältnismäßigkeit der Anordnung zu 4.

Im Interesse des Schutzes der Versicherungsnehmer und der Begünstigten von Versicherungsverträgen sowie der Versorgungsberechtigten aus Verträgen in Bezug auf betriebliche Altersversorgung und der inländischen Zedenten muss die Bundesanstalt eine der Natur und der jeweiligen Besonderheit der eingegangenen Verpflichtungen angemessene Aufsicht nach den Regeln des VAG ausüben. Der Angemessenheit der Aufsicht wird durch die beschränkte Anwendung der VAG-Vorschriften Rechnung getragen. Eine solche Beschränkung ist jedoch nur hinnehmbar, wenn dadurch der Schutz der Versicherungsnehmer und der Begünstigten von Versicherungsleistungen sowie der Versorgungsberechtigten aus Verträgen in Bezug auf betriebliche Altersversorgung und der inländischen Zedenten nicht beeinträchtigt wird. Um ein Mindestmaß an Informationen über den Stand der Abwicklung, die voraussichtliche Laufzeit, die Höhe der Verpflichtungen und die voraussichtliche Abwicklungsdauer der Verträge zu erhalten, sind die angeordneten Vorlagepflichten verhältnismäßig.

a) Geeignetheit

Die Anordnung der Vorlage von Unterlagen und bestimmten Angaben ist geeignet, der Bundesanstalt die wesentlichen Informationen über den Stand der Abwicklung, die voraussichtliche Laufzeit, die Höhe der Verpflichtungen und die voraussichtliche Abwicklungsdauer der Verträge zukommen zu lassen. Damit kann die Bundesanstalt sich ein Urteil darüber bilden, ob die Allgemeinverfügung gegenüber einem bestimmten Versicherungsunternehmen oder allgemein weiterhin Bestand haben kann. Außerdem ermöglicht die Vorlagepflicht der Bundesanstalt, ggfls. bei der PRA oder der britischen The Pensions Regulator (TPR) zu intervenieren, um eine mögliche Beeinträchtigung des Schutzes der Versicherungsnehmer und der Begünstigten aus den Versicherungsverträgen sowie der Versorgungsberechtigten aus Verträgen in Bezug auf betriebliche Altersversorgung zu vermeiden. Damit ist die Anordnung auch geeignet, das Hauptziel der Beaufsichtigung zu erreichen.

b) Erforderlichkeit

Die Vorlagepflicht ist erforderlich, da die entsprechenden Daten bezogen auf die jeweiligen Versicherungsverträge bezüglich eines in Deutschland belegenen Risikos zwar bei den Versicherungsunternehmen vorhanden sind, jedoch in dieser Form nicht bei der Bundesanstalt und bei der PRA oder der TPR. Ein milderes Mittel, die benötigten Informationen zu erhalten, ist nicht ersichtlich.

c) Angemessenheit

Die Angemessenheit ergibt sich daraus, dass ohne eine solche Auskunfts- und Vorlagepflicht die vereinbarte Arbeitsteilung bezüglich der Aufsicht über den fortzuführenden bzw. abzuwickelnden Bestand an Versicherungsverträgen sowie Verträgen in Bezug auf die betriebliche Altersversorgung nicht möglich ist. Stattdessen müsste eine umfassende Berichtspflicht von den Unternehmen mit Sitz im Vereinigten Königreich und Gibraltar an die Bundesanstalt nach den Grundsätzen der für die anderen Versicherungsunternehmen aus Drittstaaten geltenden Berichtspflichten nach der Verordnung über die Berichterstattung von Versicherungsunternehmen gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BerVersV) eingerichtet werden. Diese wäre viel umfangreicher und würde die Versicherungsunternehmen aus dem Vereinigten Königreich und Gibraltar stärker belasten und die Kosten für die Bestandsverwaltung ggfls. zu Lasten der Versicherungsnehmer erhöhen.

8. Widerrufsmöglichkeit

Die Widerrufsmöglichkeit gemäß Tenor Ziffer 4. ergibt sich daraus, dass die Ermächtigungsgrundlagen in § §§ 67 Absatz 2 Satz 1, 67 Absatz 4 i.V.m § 294 Absatz 7, § 298 Absatz 1 Sätze 1 und 2 und Absatz 2, § 294 Abs. 2 Satz 2 sowie 305 Absatz 1 Nummer 1 i.V.m §§ 297 Absatz 1 VAG der Bundesanstalt Ermessen einräumen und beruht auf § 310 Absatz 1 i.V.m. § 36 Absatz 2 Nummer 3 VwVfG. Sie zielt in inhaltlicher Hinsicht auf möglichst flexible Reaktionsmöglichkeiten der Bundesanstalt, die ggfs. auch nur einzelne Adressaten dieser Allgemeinverfügung betreffen können.

9. Öffentliche Bekanntmachung

Die Bekanntmachung der Allgemeinverfügung erfolgt am 31.12.2020 durch öffentlichen Aushang und auf der Internetseite der Bundesanstalt. Die Bekanntgabe der Allgemeinverfügung erfolgt in öffentlicher Form, weil diese Bekanntgabe ausdrücklich vorgesehen ist (vgl. § 41 Absatz 3 Satz 1 VwVfG i.V.m.§ 17 Absatz 2 FinDAG). Die Möglichkeit der öffentlichen Bekanntmachung im Sinne von § 41 Absatz 4 Satz 1 VwVfG auf der Internetseite der Bundesanstalt ergibt sich aus § 17 Absatz 2 Satz 2 FinDAG.

10. Keine Anhörung

Von der Anhörung der von der Allgemeinverfügung betroffenen Adressaten wird nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 28 Absatz 2 Nummern 1 und 4 VwVfG abgesehen. Die Durchführung der grundsätzlich vor Erlass eines Verwaltungsaktes erforderlichen Anhörung war aufgrund der bis weit in die zweite Dezemberhälfte 2020 andauernden Verhandlungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich über ein Handelsabkommen sowie der Notwendigkeit, ein unmittelbar an das Ende des Übergangszeitraums anschließendes Aufsichtsregime und damit für die betroffenen Unternehmen eine rechtssichere Basis für den zukünftigen Umgang mit dem Bestandsgeschäft zu schaffen, unter Wahrung einer angemessenen Anhörungsfrist nicht möglich. Zudem wird durch die Allgemeinverfügung nur geringfügig in die Rechte der Adressaten eingegriffen; vielmehr dürften die hiermit getroffenen Regelungen weitgehend in deren Interesse liegen.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Bonn oder Frankfurt am Main erhoben werden.

Im Auftrag

gez. Elke Washausen-Richter

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