BaFin - Navigation & Service

Erscheinung:04.12.2020 | Geschäftszeichen WA 12-Wp 7410-2020/0001 | Thema OTC-Derivate Anhörung zur Einstufung der Phelix DE/AT OTF Baseload Future Kontrakte als illiquide

Anhörung zur Einstufung der Phelix DE/AT OTF Baseload Future Kontrakte als illiquide, §§ 54 Abs. 1 u. Abs. 5, 56 Abs. 1 Satz 2 WpHG i.V.m. Art. 15 Abs. 1 Buchstabe a der Delegierten Verordnung (EU) 2017/591 der Kommission vom 1. Dezember 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Anwendung von Positionslimits für Warenderivate - Frist: 17. Dezember 2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich beabsichtige, die nachfolgend im Entwurf dargestellte Allgemeinverfügung nach §§ 54 Abs. 1 u. 5, 56 Abs. 1 Satz 2 WpHG i.V.m. Art. 15 Abs. 1 Buchstabe a Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 der Kommission vom 1. Dezember 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Anwendung von Positionslimits für Warenderivate zu erlassen. Gemäß § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes (VwVfG) gebe ich hiermit vorab Gelegenheit, sich dazu bis zum 17. Dezember 2020 (Eingang bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) zu äußern. Nach Ablauf der Frist werde ich über den Erlass der Maßnahme entscheiden.

Entwurf:

„Allgemeinverfügung:

Bekanntmachung einer Allgemeinverfügung – Neufestsetzung eines Positionslimits nach §§ 54 Abs. 1 u. Abs. 5, 56 Abs. 1 Satz 2 WpHG i.V.m. Art. 15 Abs. 1 Buchstabe a Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 der Kommission vom 1. Dezember 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Anwendung von Positionslimits für Warenderivate

I. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hebt nach §§ 54 Abs. 1 u. Abs. 5, 56 Abs. 1 Satz 2 WpHG die Allgemeinverfügung vom 24. April 2018 (WA 12-Wp 7410-2018/0004) zur Festlegung von Positionslimits für Warenderivatekontrakte der Art Phelix DE/AT OTF Baseload Future der European Energy Exchange AG (EEX) mit Wirkung für die Zukunft auf.

II. Diese Allgemeinverfügung wird mit Wirkung zum 21. Dezember 2020 wirksam, so dass ab diesem Tag die Allgemeinverfügung vom 3. Januar 2018 (Geschäftszeichen WA 12-Wp 7410-2017/0009) anwendbar ist, wonach für jeden in Deutschland gelisteten Warenderivatekontrakt ein Positionslimit von 2.500 handelbaren Einheiten, vorliegend also 1.800.000 MWh, sowohl für den Spot-Monat als auch die anderen Monate gilt, sofern ein anderes, individuell festgelegtes Positionslimit keine Anwendung findet.

III. Die sofortige Vollziehung von Ziffer I. wird angeordnet.

Begründung:

I.

Nach §§ 54 ff. WpHG haben für alle Warenderivate, die an deutschen Handelsplätzen gehandelt werden, quantitative Schwellenwerte für die maximale Größe einer Position in diesem Derivat, die eine Person halten darf (Positionslimits), zu gelten. Das Positionslimit erstreckt sich auf alle Maturitäten des jeweiligen Kontrakts. Es findet Anwendung auf die aggregierte und genettete Position eines Positionshalters in Handelsplatzpositionen sowie Positionen in ökonomisch gleichwertigen OTC-Kontrakten. Ein Positionslimit findet dabei auf den Spot-Monat Anwendung, d.h. auf den nächst fällig werdenden Kontrakt, und ein Positionslimit auf die anderen Monate.

Bei den Phelix DE/AT OTF Baseload Futures, angeboten am organisierten Handelssystem (Organised Trading Facility - OTF) der EEX in Leipzig, handelt es sich um finanziell erfüllbare Warenderivate, deren Underlying der durchschnittliche Spot-Preis für Strom in den Liefergebieten Deutschland und Österreich für Lieferzeitpunkte in der Zukunft bildet. Im Unterschied zu den anderen Phelix-Kontrakten wird dieser Kontrakt am OTF der EEX gehandelt. Bei einem OTF handelt es sich gemäß § 2 Abs. 8 Nr. 9 WpHG um ein multilaterales System, bei dem es sich nicht um einen organisierten Markt oder ein multilaterales Handelssystem handelt und das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf u.a. von Derivaten innerhalb des Systems auf eine Weise zusammenführt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt.

Als handelbare Einheiten für Stromkontrakte gelten dabei Monatskontrakte, da Kontrakte mit monatlicher Fälligkeit die in diesem Segment gebräuchlichste Wareneinheit darstellen. Da es sich bei Stromkontrakten um Warenderivate handelt, denen eine durchgängig zu liefernde Ware zugrunde liegt, werden handelbare Einheiten und Positionslimits in MWh angegeben. Eine handelbare Einheit besteht daher aus 720 MWh.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) hat bereits mit Wirkung zum 25. April 2018 Positionslimits für Kontrakte der Art Phelix DE/AT OTF Baseload Futures der EEX erlassen. Während für diese Allgemeinverfügung die Zahl offener Kontraktpositionen (Open Interest) i.H.v. 52.020.521 MWh noch anhand der vom Handelsplatz zur Verfügung gestellten Informationen ermittelt wurde, greift die Bundesanstalt für die vorliegende Allgemeinverfügung auf eigene Meldedaten zurück. Als Grundlage der Berechnung dienen die nach § 57 WpHG gemeldeten Nettopositionen der einzelnen Positionshalter. Die Methodik der Berechnung erfolgt dabei nach einem europaweit abgestimmten Muster, um ein europaweit einheitliches Level Playing Field zu gewährleisten.

Diese Berechnung führt zu einer erheblich geringeren Anzahl offener Kontraktpositionen, weil das dieser Allgemeinverfügung zu Grunde gelegte Open Interest, im Gegensatz zum früheren Open Interest, eine Verrechnung gegenläufiger Positionen auf Halterebene berücksichtigt. Nach § 54 Abs. 5 WpHG hat die Bundesanstalt aufgrund der sich ergebenden, erheblichen Änderungen die Positionslimits neu festzusetzen.

Die Bundesanstalt legt ihrer Entscheidung nun offene Kontraktpositionen in Höhe von 76.453 MWh für alle Fälligkeiten zugrunde. Sie stützt sich dabei auf eigene Meldedaten zur Höhe der offenen Kontraktpositionen im ersten Halbjahr 2020. Aus den angegebenen Werten für die einzelnen Handelstage wurde ein Durchschnitt gebildet.

II.

Die Allgemeinverfügung stützt sich auf §§ 54 Abs. 1 u. Abs. 5, 56 Abs. 1 Satz 2 WpHG i.V.m. Art. 15 Abs. 1 Buchstabe a Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 der Kommission vom 1. Dezember 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Anwendung von Positionslimits für Warenderivate (nachfolgend Delegierte Verordnung (EU) 2017/591), wonach für Warenderivate, die an einem inländischen Handelsplatz gehandelt werden, ein Positionslimit festzulegen ist. Ändert sich die Zahl der offenen Kontraktpositionen in erheblichem Umfang, so ist nach § 54 Abs. 5 WpHG ein bestehendes Positionslimit entsprechend anzupassen.

Die formellen Voraussetzungen der Allgemeinverfügung sind gegeben. Die Bundesanstalt ist die zuständige Behörde. Sie legt nach § 54 Abs. 1 WpHG für jedes Warenderivat, das an einem inländischen Handelsplatz gehandelt wird, ein Positionslimit fest, soweit – wie hier – keine andere zentrale zuständige Behörde im Sinne des § 55 WpHG zuständig ist.

Darüber hinaus sind die Voraussetzungen von § 54 Abs. 5 WpHG erfüllt, da die Anzahl offener Kontraktpositionen erheblich niedriger als in der vorangegangenen Allgemeinverfügung vom 24. April 2018 anzusetzen ist. Diese Allgemeinverfügung ist somit aufzuheben, da sie auf Basis einer wesentlich höheren Anzahl offener Kontraktpositionen ergangen ist.

Dann, wenn das Warenderivat für einen Zeitraum von drei aufeinanderfolgenden Monaten im Spot-Monat und in anderen Monaten offene Kontraktpositionen von durchschnittlich nicht mehr als 10.000 handelbaren Einheiten aufweist, hat die zuständige Behörde immer ein Positionslimit von 2.500 handelbaren Einheiten festzulegen. Ein derartiger Fall liegt hier vor. Kontrakte der Art Phelix DE/AT OTF Baseload Future weisen mittlerweile nur noch Werte von durchschnittlich 106 offenen Kontraktpositionen auf.

Dadurch kommt die Allgemeinverfügung vom 3. Januar 2018 zur Anwendung, wonach für solche Warenderivate, für die kein individuell bestimmtes Positionslimit Anwendung findet, ein Positionslimit von 2.500 handelbaren Einheiten sowohl im Spot-Monat als auch in den anderen Monaten zur Anwendung kommt, was 1.800.000 MWh entspricht.

Es ist kein anderes Mittel ersichtlich, das in gleicher oder besserer Weise geeignet ist, den Ausgleich dieser Interessen herzustellen. Die Verfügung ist damit auch erforderlich.

III.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist für sämtliche Teile der Anordnung nach Ziffer I. des Tenors im öffentlichen Interesse notwendig, weil der europäische Gesetzgeber angeordnet hat, dass mit der Umsetzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und Rates in nationales Recht in den Mitgliedsstaaten einheitliche Positionslimits festzulegen sind, um Marktmissbrauch zu verhindern und zu geordneten Preisbildungs- und Abwicklungsbedingungen beizutragen. Daher hat die Bundesanstalt mit Geltung des § 54 WpHG Positionslimits zu setzen.

Die verpflichtend festzulegenden Positionslimits sollen insbesondere verhindern, dass marktverzerrende Positionen entstehen können, und eine Konvergenz zwischen den Preisen von Derivaten im Monat der Lieferung und den Spotpreisen für die zugrundeliegende Ware sicherstellen, ohne dass die Preisbildung am Markt für die zugrundeliegende Ware davon berührt wird. Diese abzuwehrenden Gefahren betreffen den gesamten Markt. Eine Entscheidung über mögliche Rechtsbehelfe kann daher nicht abgewartet werden. Das öffentliche Interesse an der Verhinderung der genannten Gefahren überwiegt das Interesse des einzelnen Positionshalters, die Geltung der Positionslimits erst nach einer rechtskräftigen Entscheidung hinzunehmen, weil das Interesse der Allgemeinheit an geordneten Preisbildungsmechanismen an den Märkten und am Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Märkte das Partikularinteresse des Einzelnen, unbeschränkt Positionen in Warenderivaten einzugehen, jedenfalls überwiegt. Nach § 54 WpHG muss in jedem Fall ein Positionslimit gelten, sodass ein öffentliches Interesse daran besteht, dass das von der Bundesanstalt gesetzte Positionslimit unmittelbar gilt.“

Die Bundesanstalt weist darauf hin, dass sie nach § 54 Abs. 5 WpHG befugt ist, von der Möglichkeit des Widerrufs dieser Allgemeinverfügung Gebrauch zu machen, um gegebenenfalls flexibel auf neue Tatsachen reagieren zu können, die eine Anpassung des Positionslimits rechtfertigen oder notwendig machen.

Elisabeth Roegele

Fanden Sie den Beitrag hilfreich?

Wir freuen uns über Ihr Feedback

Es hilft uns, die Webseite kontinuierlich zu verbessern und aktuell zu halten. Bei Fragen, für deren Beantwortung wir Sie kontaktieren sollen, nutzen Sie bitte unser Kontaktformular. Hinweise auf tatsächliche oder mögliche Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Vorschriften richten Sie bitte an unsere Hinweisgeberstelle.

Wir freuen uns über Ihr Feedback