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Erscheinung:17.12.2019 | Geschäftszeichen WA 21-FR 1900-2019/0002 Allgemeinverfügung Nachhandelstransparenz Handelsplätze, die nicht durch eine Börse betrieben werden/Eigenkapitalinstrumente

Bekanntmachung vom 17.12.2019 nach § 41 Absatz 3 und 4 VwVfG in Verbindung mit § 17 Absatz 2 FinDAG zum Zwecke der Bekanntgabe der Allgemeinverfügung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Weiteren: Bundesanstalt) zum 02.01.2020 bezüglich der Nachhandelstransparenzanforderungen für Handelsplätze im Hinblick auf Aktien, Aktienzertifikate, börsengehandelte Fonds, Zertifikate und andere vergleichbare Finanzinstrumente, Artikel 6 Absatz 1, Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 173 vom 12.06.2014, S. 84; L 6 vom 10.01.2015, S. 6; L 270 vom 15.10.2015, S. 4; L 278 vom 27.10.2017, S. 54), die zuletzt durch Verordnung (EU) 2016/1033 (ABl. L 175 vom 30.06.2016, S. 1) geändert worden ist – („MiFIR“), Delegierte Verordnung (EU) 2017/587 der Kommission vom 14. Juli 2016 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates über Märkte für Finanzinstrumente durch technische Regulierungsstandards zu den Transparenzanforderungen für Handelsplätze und Wertpapierfirmen in Bezug auf Aktien, Aktienzertifikate, börsengehandelte Fonds, Zertifikate und andere vergleichbare Finanzinstrumente (ABl. L 87 vom 31.03.2017, L 228 vom 02.09.2017, S. 33 – „RTS 1“).

Allgemeinverfügung:

I. Hiermit gestatte ich nach Artikel 7 Absatz 1 Unterabsatz 1 MiFIR Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 2 Absatz 10 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), die einen Handelsplatz gemäß § 2 Absatz 8 Nr. 8 WpHG betreiben und über eine Genehmigung nach Artikel 7 Absatz 1 Unterabsatz 3 verfügen, Einzelheiten zu Geschäften im Sinne des Artikels 7 Absatz 1 Unterabsatz 2 MiFIR im durch Artikel 7 Absatz 1 MiFIR und Artikel 15 RTS 1 vorgeschriebenen Rahmen zu einem späteren Zeitpunkt als nach Artikel 6 MiFIR vorgeschrieben zu veröffentlichen.

II. Diese Allgemeinverfügung wird mit Wirkung zum 02.01.2020 wirksam.

III. Diese Allgemeinverfügung ist bis zum 01.01.2021 befristet.

IV. Diese Allgemeinverfügung kann von der Bundesanstalt jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden.

Begründung:

I.

Zum 03.01.2018 sind die Regelungen der MiFIR in Bezug auf die Nachhandelstransparenzpflichten in Kraft getreten. Mit Allgemeinverfügung vom 02.01.2018 (Gz. WA 21-FR 1900-2017/0001) und mit Allgemeinverfügung vom 17.12.2018 (Gz. WA 21-FR 1900-2018/0002) hat die Bundesanstalt eine spätere Veröffentlichung von Geschäften mit Eigenkapitalinstrumente an Handelsplätzen, die durch ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen betrieben werden, gestattet. Die geltende Allgemeinverfügung ist bis zum 01.01.2020 befristet.

II.

Die Allgemeinverfügung stützt sich auf Artikel 7 Absatz 1 MiFIR.

Die formellen Voraussetzungen der Allgemeinverfügung sind gegeben. Zuständige Behörde für die Gestattung einer späteren Veröffentlichung nach Artikel 7 Absatz 1 Unterabsatz 2 MiFIR in Bezug auf die Verpflichtungen von Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach Artikel 6 Absatz 1 MiFIR ist nach § 6 Absatz 2 WpHG die Bundesanstalt.

Die materiellen Voraussetzungen der Allgemeinverfügung liegen ebenfalls vor, insbesondere ist sie von Artikel 7 Absatz 1 MiFIR gedeckt.

Grundsätzlich veröffentlichen Wertpapierfirmen, die einen Handelsplatz betreiben, nach Artikel 6 Absatz 1 MiFIR den Preis, das Volumen sowie den Zeitpunkt der Geschäfte im Hinblick auf Aktien, Aktienzertifikate, börsengehandelte Fonds, Zertifikate und andere vergleichbare Finanzinstrumente, die an dem Handelsplatz gehandelt werden. Marktbetreiber und Wertpapierfirmen, die einen Handelsplatz betreiben, veröffentlichen die Einzelheiten zu sämtlichen Geschäften so nah in Echtzeit wie technisch möglich.

Nach Artikel 7 Absatz 1 Unterabsatz 2 MiFIR in Verbindung mit Artikel 15 RTS 1 können die zuständigen Behörden insbesondere eine spätere Veröffentlichung bei Geschäften gestatten, die im Vergleich zum marktüblichen Geschäftsumfang bei der betreffenden Aktie, dem betreffenden Aktienzertifikat, börsengehandelten Fonds, Zertifikat oder einem anderen vergleichbaren Finanzinstrument bzw. der Kategorie einer Aktie, eines Aktienzertifikats, eines börsengehandelten Fonds, eines Zertifikats oder eines anderen vergleichbaren Finanzinstruments ein großes Volumen aufweisen.

Die Allgemeinverfügung richtet sich an die richtigen Adressaten, denn Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die einen Handelsplatz betreiben, sind Wertpapierfirmen im Sinne der Ermächtigungsgrundlage.
Für die Definition des Begriffes Wertpapierfirma verweist Artikel 2 Absatz 1 Nr. 1 MiFIR auf die Vorschrift des Artikels 4 Absatz 1 Nr. 1 Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.06.2014, S. 349; L 74 vom 18.03.2015, S. 38; L 188 vom 13.07.2016, S. 28; L 273 vom 08.10.2016, S. 35; L 64 vom 10.03.2017, S. 116), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2016/1034 (ABl. L 175 vom 30.06.2016, S. 8) geändert worden ist („MiFID 2“), die in § 2 Absatz 10 WpHG umgesetzt wurde.

Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 2 Absatz 10 WpHG sind demgemäß vom Anwendungsbereich von Artikel 7 Absatz 1 MiFIR erfasst.

Das nach Artikel 7 Absatz 1 MFIR eröffnete Ermessen übe ich im Sinne des Erlasses der vorliegenden Allgemeinverfügung aus. Diese Allgemeinverfügung dient den von Artikel 7 MiFIR geschützten Zwecken und ist verhältnismäßig.

Die Pflicht zur Veröffentlichung von Geschäften mit Finanzinstrumenten dient dem Ziel der umfassenden und zeitnahen Transparenz des Marktgeschehens. Sie ist im Rahmen des von Artikel 7 Absatz 1 Unterabsatz 2 MiFIR eingeräumten Ermessens mit den Interessen der an den Geschäften Beteiligten und der Öffentlichkeit an einer marktschonenden Abwicklung des Geschäfts und der Vermeidung möglicher Fehlsignale und nachteiliger Auswirkungen auf die Liquidität der jeweiligen Finanzinstrumente abzuwägen.

Die Gestattung von bestimmten Ausnahmen stellt ein geeignetes Mittel dar, um das Informationsinteresse und das Ziel einer umfassenden Transparenz einerseits und die berechtigten Interessen der an den Geschäften Beteiligten und der Öffentlichkeit an einer marktschonenden Abwicklung des Geschäfts in Einklang zu bringen.

Es ist kein anderes Mittel ersichtlich, das in gleicher oder besserer Weise geeignet ist, die Interessen der Öffentlichkeit an maximaler Transparenz einerseits und der marktschonenden Abwicklung des Geschäfts andererseits in Einklang zu bringen. Würde die Bundesanstalt keinen Gebrauch von ihrer Gestattungsmöglichkeit in dieser Form machen, wären nachteilige Folgen für die Effizienz des Finanzmarktes möglich, da sonst auch solche Marktinformationen veröffentlicht werden müssten, bei denen nach unveränderter Einschätzung eine erhebliche Gefahr falscher Schlussfolgerungen und unverhältnismäßiger Marktreaktionen besteht, die die effiziente Preisbildung beeinträchtigen. Daneben könnte eine uneingeschränkte Transparenzpflicht zu Nachteilen für bestimmte Transaktionen führen und deren Verlagerung in andere Jurisdiktionen verursachen.

Außerdem würde eine Rückführung des Transparenzsystems bis hin zum Regelfall der Veröffentlichung so nah in Echtzeit wie möglich vor dem Hintergrund weiterer Diskussionen auf europäischer Ebene bezüglich der Umsetzung des Transparenzregimes in der EU und als nationale Einzelmaßnahme nachteilige Wirkungen hinsichtlich des Ziels eines besser funktionierenden Binnenmarktes für Finanzinstrumente entfalten. Ebenso können andere Faktoren der Marktentwicklung und Wechselwirkungen im europäischen Binnenmarkt Auswirkungen auf die von der Allgemeinverfügung geregelten Sachverhalte ausüben. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund der weiterhin nicht in ihrer ganzen Tragweite absehbaren Folgen des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union.

Entsprechend ist es weiterhin angezeigt, den Rahmen zur Möglichkeit der Gestattung einer späteren Veröffentlichung auszuschöpfen. Die Verfügung ist damit auch erforderlich.

Sie ist auch angemessen, da die in Artikel 7 Absatz 1 Unterabsatz 2 MiFIR in Verbindung mit den Voraussetzungen gemäß Artikel 15 RTS 1 bestimmten Bedingungen für die Gestattung einer späteren Veröffentlichung von Geschäften zum momentanen Zeitpunkt ein ausgewogenes und abgestuftes System zur Verfügung stellen, das sowohl den Interessen des Marktes an einer umgehenden Kenntnis abgeschlossener Geschäfte als auch die entgegenstehenden Interessen der Geschäftsteilnehmer und der Öffentlichkeit in Einklang und in ein abgestimmtes Verhältnis bringt.

Die Befristung und der Widerrufsvorbehalt dieser Allgemeinverfügung werden in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens angeordnet.

Hierbei ist insbesondere das gesetzgeberische Ziel der MiFIR, die Erhöhung der Transparenz, eines der gemeinsamen Prinzipien bei der Stärkung des Finanzsystems (siehe Erwägungsgrund 1 der MiFIR), zu berücksichtigen. Diesem Ziel hat auch diese Allgemeinverfügung Rechnung zu tragen.

Grundsätzlich geht der Gesetzgeber von einer Veröffentlichung von Geschäften so nah in Echtzeit wie technisch möglich aus. In Abweichung von diesem Grundsatz sieht der Gesetzgeber Ausnahmen unter bestimmten Voraussetzungen vor. Davon macht die Bundesanstalt aus den oben genannten Gründen Gebrauch. Mit der Befristung soll sichergestellt werden, dass die Ausgestaltung des Rahmens für die Nachhandelstransparenz auf den Regelfall einer größtmöglichen Transparenz zurückgeführt wird.

Durch die Befristung bis zum 01.01.2021 wird die Maßnahme dabei so gestaltet, dass die Bundesanstalt die Möglichkeit erhält, Wirkweisen der Transparenzanforderungen zu analysieren und auf dieser Grundlage über weitere Schritte zu entscheiden.

Darüber hinaus gibt der Widerrufsvorbehalt der Bundesanstalt die Möglichkeit, auch innerhalb des Befristungszeitraums flexibel auf kurzfristige Entwicklungen zu reagieren.

Entsprechend wird die Bundesanstalt weiterhin regelmäßig beobachten, ob neue Sachverhalte vorliegen, aufgrund derer sie ihr Ermessen dahingehend ausübt, die gestattete spätere Veröffentlichung von Geschäften nach dieser Verfügung ganz oder in Teilen zu widerrufen.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Bonn oder Frankfurt am Main erhoben werden.

Elisabeth Roegele

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