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Erscheinung:28.06.2019, Stand:geändert am 28.06.2019 | Geschäftszeichen R 1-AZB 1134-2019/0001 | Thema Makroaufsicht, Eigenmittel Allgemeinverfügung zur Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers nach § 10d KWG

Nach § 10d Absatz 3 KWG wird im Einklang mit der Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität vom 27. Mai 2019 die Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers mit Wirkung zum 01. Juli 2019 auf 0,25 Prozent des nach Artikel 92 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 ermittelten Gesamtforderungsbetrags festgesetzt.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht erlässt folgende

Allgemeinverfügung

1. Die Quote für den inländischen antizyklischen Kapitalpuffer wird mit Wirkung zum 01. Juli 2019 auf 0,25 Prozent des nach Artikel 92 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 ermittelten Gesamtforderungsbetrags erhöht.

2. Die unter Ziffer 1 genannte Quote muss ab dem 01. Juli 2020 zur Berechnung des institutsspezifischen antizyklischen Kapitalpuffers angewendet werden.

3. Die Allgemeinverfügung richtet sich an Institute im Sinne des § 1 Absatz 1b des Gesetzes über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz – KWG) sowie an Institutsgruppen, Finanzholding-Gruppen und gemischte Finanzholding-Gruppen, denen mindestens ein Institut angehört, das die Anforderung in § 10d Absatz 1 Satz 1 KWG auf Einzelinstitutsebene erfüllen muss, und für Institute im Sinne des Artikels 22 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013. Ausgenommen sind die in § 2 Absatz 9c und 9e KWG genannten Unternehmen sowie die in § 2 Absatz 9g und 9h KWG genannten Unternehmen unter den dort genannten Voraussetzungen.

4. Die Allgemeinverfügung gilt an dem auf die Veröffentlichung folgenden Tag als bekannt gegeben.

Gründe

I.

Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über die Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRD IV-Umsetzungsgesetz) wurde die Regelung des § 10d KWG zum antizyklischen Kapitalpuffer mit Wirkung zum 01. Januar 2014 eingeführt. Hiermit wurden Vorgaben der Artikel 130, 135 bis 140 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG Text von Bedeutung für den EWR (Capital Requirements Directive - CRD) in deutsches Recht umgesetzt.

Am 18. Juni 2014 hat der Europäische Ausschuss für Systemrisiken eine Empfehlung zu Orientierungen zur Festlegung der Quote für den antizyklischen Kapitalpuffer erlassen (ESRB/2014/1).

Im Jahr 2015 haben die Deutsche Bundesbank und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden: Bundesanstalt) unter dem Titel „Der antizyklische Kapitalpuffer in Deutschland – Analytischer Rahmen zur Bestimmung einer angemessenen inländischen Pufferquote“ (im Folgenden: Methodenpapier) unter Berücksichtigung der Empfehlung ESRB/2014/1 ein Methodenpapier zur Bestimmung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers veröffentlicht. Dieses Methodenpapier sieht zur Festlegung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers zunächst die Berechnung eines Puffer-Richtwerts vor, der auf der Abweichung des Verhältnisses der im Inland gewährten Kredite zum Bruttoinlandsprodukt (Kredite-BIP-Verhältnis) vom langfristigen Trend basiert und in der Regel größer null ist, wenn das Kredite-BIP-Verhältnis mehr als zwei Prozentpunkte vom langfristigen Trend abweicht.

Der Puffer-Richtwert kann hierbei unterschiedlich berechnet werden. Zum einen besteht die Möglichkeit, den Puffer-Richtwert nach der standardisierten Methode zu berechnen. Dies entspricht einem Vorschlag des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision – BCBS) zur Berechnung der Abweichung des Kredite-BIP-Verhältnisses vom langfristigen Trend (Kredit/BIP-Lücke, vgl. auch die Definition in Abschnitt 2 1. 1. d) ESRB/2014/1). Daneben kann der Puffer-Richtwert auch nach der in dem Methodenpapier näher beschriebenen nationalen Methode berechnet werden, die sich durch einen engeren Kreditbegriff und einer Anpassung der Umrechnungsformel für den Pufferrichtwert von der standardisierten Methode unterscheidet. Die nationale Methode zeigt dabei vorteilhaftere Ergebnisse als die standardisierte Methode (vgl. S. 18 f. des Methodenpapiers).

Der Puffer-Richtwert bildet nach dem Methodenpapier als „regelbasierte Komponente“ einen Indikator für die Festsetzung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers, führt jedoch nicht zu einer mechanischen Festsetzung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers. Die Festsetzung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers erfolgt in einer Gesamtschau, in der neben dem Puffer-Richtwert unterstützende Indikatoren berücksichtigt werden, die wichtige Aspekte der Finanzstabilität erfassen, sowie gegebenenfalls weitere Informationen.

Mit Wirkung zum 01. Januar 2016 hat die Bundesanstalt die Quote für den inländischen antizyklischen Kapitalpuffer auf 0 Prozent festgesetzt. Hierzu wird auf die Allgemeinverfügung betreffend die Festlegung der Quote für den Antizyklischen Kapitalpuffer gemäß § 10d Absatz 3 Satz 2 Kreditwesengesetz (KWG) vom 28. Dezember 2015, Geschäftszeichen BA 51-AZB 1130-2015/0009, verwiesen. Diese Quote wird seitdem entsprechend den Vorgaben des § 10d Absatz 3 Satz 2 KWG vierteljährlich bewertet. Bei der Bewertung berücksichtigt die Bundesanstalt Abweichungen des Verhältnisses der Kredite zum Bruttoinlandsprodukt von seinem langfristigen Trend und etwaige Empfehlungen des Ausschusses für Finanzstabilität (§ 10d Absatz 3 Satz 3 KWG).

Zum dritten Quartal betrug der nach Maßgabe des § 33 Absatz 1 der Verordnung zur angemessenen Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen, Finanzholding-Gruppen und gemischten Finanzholding-Gruppen (Solvabilitätsverordnung – SolvV) und des Methodenpapiers berechnete Puffer-Richtwert 0 Prozent. Die dem Puffer-Richtwert zugrundeliegende Kredit/BIP-Lücke hat sich seit dem zweiten Quartal 2018 wie folgt entwickelt (Angabe in Prozentpunkten):

2. Quartal 20183. Quartal 20184.Quartal 20181. Quartal 2019
Kredit/BIP-Lücke national-2,00-1,43-0,85-0,22
Kredit/BIP-Lücke standardisiert-1,20-0,980,57nicht verfügbar

Die Kredit/BIP-Lücke nach der nationalen Methode liegt auf Basis der letzten vorliegenden Zahlen für das erste Quartal 2019 damit bei einem Wert von -0,22 Prozentpunkten.1 Die Kredit/BIP-Lücke hat sich nach -0,85 Prozentpunkten im vierten Quartal 2018 und -1,43 Prozentpunkten im dritten Quartal 2018 in Richtung der Auslöseschwelle bewegt.

Nach der standardisierten Methode (basierend auf dem Vorschlag aus den Orientierungen des BCBS zur Berechnung der Kredit/BIP-Lücke) ergibt sich für das letzte verfügbare Quartal eine Kredit/BIP-Lücke von 0,57 Prozentpunkten (viertes Quartal 2018) nach -0,98 Prozentpunkten im dritten Quartal 2018.

Die längerfristige Entwicklung der Kredit/BIP-Lücken nach nationaler und standardisierter Methode stellt sich wie folgt dar:

Kredit/BIP-Lücken

Kredit/BIP-Lücken Die Abbildung zeigt die Kredit/BIP- Lücke nach der nationalen und der standardisierten Methode. Die Auslöseschwelle beschreibt den Wert, ab der in der Regel ein positiver Pufferrichtwert folgen würde. BaFin Kredit/BIP-Lücken

Diese Abbildung zeigt, dass trotz der Unterschiede bei der Berechnung der Kredit/BIP-Lücke nach der standardisierten und der nationalen Methode im Detail die Entwicklung ähnlich verläuft und sich der Trend in beiden Fällen regelmäßig deckt.

Am 17. Mai 2019 hat der Internationale Währungsfonds eine Abschlusserklärung zu seiner „2019 Article IV Mission“ veröffentlicht. Hierin kommt er zu dem Schluss, dass in Deutschland zyklische systemische Risiken bestehen und empfiehlt die Erhöhung des antizyklischen Kapitalpuffers, um die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems zu stärken.2

In der Ausschusssitzung vom 27. Mai 2019 hat der Ausschuss für Finanzstabilität darüber hinaus folgende Empfehlung verabschiedet:

„Der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht […] wird empfohlen, gemäß § 10d Absatz 3 Satz 2 des Kreditwesengesetzes (KWG) die Quote für den inländischen antizyklischen Kapitalpuffer in Höhe von 0,25 Prozent des nach Artikel 92 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 ermittelten Gesamtforderungsbetrags ab dem 3. Quartal 2019 festzulegen.“

Dieser Empfehlung liegt eine Analyse und Bewertung der Risikolage für das deutsche Bankensystem des Ausschusses für Finanzstabilität mit dem Ergebnis zugrunde, dass zyklische systemische Risiken bestehen, welche die Finanzstabilität in Deutschland beeinträchtigen können.

In der Erläuterung zur Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität wird zu den Hintergründen der Empfehlung im Detail ausgeführt (die Fußnoten aus der Empfehlung wurden jeweils in eckigen Klammern im Fließtext ergänzt):

„[…]
B. Erläuterung
Der Ausschuss kommt in seiner Analyse und Bewertung der Risikolage für das deutsche Bankensystem zu dem Ergebnis, dass zyklische systemische Risiken bestehen, welche die Finanzstabilität in Deutschland beeinträchtigen können. Aufgrund dieser zyklischen systemischen Risiken ist es nach Einschätzung des Ausschusses erforderlich, die Verlusttragfähigkeit des deutschen Bankensystems zu stärken. So soll vermieden werden, dass es im Fall einer Stressphase zu negativen Rückkopplungen zwischen dem Finanzsystem und der Realwirtschaft kommt. Dies wäre insbesondere der Fall, wenn Banken ihrer Kreditvergabefunktion nicht mehr in einem von der Realwirtschaft benötigten Umfang nachkommen können. Um die Auswirkungen eines Eintritts derartiger Risiken und der damit verbundenen volkswirtschaftlichen Konsequenzen zu reduzieren, empfiehlt der Ausschuss in Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben gemäß § 2 Absatz 2 Nr. 5 FinStabG die Erhöhung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers (Countercyclical Capital Buffer: CCyB).
I. Makroökonomisches und finanzielles Umfeld in Deutschland
Die deutsche Wirtschaft befindet sich im längsten Aufschwung seit der Wiedervereinigung. [Fußnote 1: „Siehe Deutsche Bundesbank (2018).“] Die Zinsen sind seit mehreren Jahren außergewöhnlich niedrig, die Vermögenspreise sind hoch. Darüber hinaus ist die Volatilität an den Finanzmärkten vergleichsweise gering. Die deutsche Wirtschaft ist ungeachtet der aktuellen konjunkturellen Eintrübung weiterhin auf Wachstumskurs und weist einen überdurchschnittlichen Auslastungsgrad auf. Durch die günstige Entwicklung am Arbeitsmarkt werden Einkommen und Konsum der privaten Haushalte gestärkt. Die hohe Kapazitätsauslastung und die Verknappungen an den Arbeitsmärkten im Euroraum stützen die Erwartung mittelfristig steigender Verbraucherpreise sowie eines langsam steigenden Zinsniveaus. Gleichzeitig haben sich jedoch geopolitische Unsicherheiten erhöht und Handelskonflikte verschärft. Der vom Vereinigten Königreich angestrebte EU-Austritt birgt weiteres makroökonomisches Rückschlagpotenzial.
II. Gefahr für die Finanzstabilität
Die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems ist von zentraler Bedeutung für die realwirtschaftliche Entwicklung. Finanzstabilität bezeichnet dabei einen Zustand, in dem das Finanzsystem jederzeit in der Lage ist, seine Funktionen zu erfüllen. Die zentralen Funktionen umfassen sowohl die Allokation der finanziellen Mittel und Risiken als auch die Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Ein stabiles Finanzsystem kann somit beständig sowohl finanz- als auch realwirtschaftliche Schocks absorbieren – und zwar auch in Stresssituationen und strukturellen Umbruchphasen. Eine ausreichende Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems, das heißt, die Fähigkeit, auch Verluste aus unerwarteten Entwicklungen abzufedern, kann Ansteckungs- oder Rückkopplungseffekte zwischen den Finanzmarktakteuren untereinander sowie zwischen der Finanzindustrie und der Realwirtschaft verhindern. Das Finanzsystem sollte einen gesamtwirtschaftlichen Abschwung weder verursachen noch verstärken.
Die Vorbeugung gegen Gefahren für die Finanzstabilität ist Aufgabe der makroprudenziellen Überwachung. Im Gegensatz zur mikroprudenziellen Aufsicht und Regulierung, die auf die Stabilität einzelner Banken abzielt, ist die makroprudenzielle Überwachung auf die Stabilität des Finanzsystems als Ganzes ausgerichtet. Gefahren für die Finanzstabilität ergeben sich aus systemischen Risiken. Systemische Risiken liegen beispielsweise vor, wenn die Schieflage eines oder mehrerer Marktteilnehmer die Funktionsfähigkeit des gesamten Systems gefährdet.
Der Ausschuss hat in seiner makroprudenziellen Strategie festgelegt, dass seine Maßnahmen darauf ausgerichtet sind, die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems zu stärken und unter anderem dem zyklischen Aufbau systemischer Risiken entgegenzuwirken. [Fußnote 2: “Vgl.: Ausschuss für Finanzstabilität (2014), S. 42 ff.“] Deshalb sind makroprudenzielle Maßnahmen im Sinne einer präventiven Politik unter anderem darauf ausgerichtet, die Widerstandsfähigkeit der Darlehensgeber gegen unerwartete negative Entwicklungen („Schocks“) zu stärken. Solche Maßnahmen setzen typischerweise an der Schockabsorptionsfähigkeit an, also an der Eigenkapitalausstattung der Kreditgeber. Ziel des Ausschusses ist ausdrücklich nicht die Feinsteuerung der Volkswirtschaft oder der Kreditvergabe.
1. Gefährdungslage
Der Ausschuss kommt zu der Einschätzung, dass sich im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld durch den Aufbau zyklischer Systemrisiken eine Gefährdungslage für die Finanzstabilität ergeben hat. Sollten diese zyklischen Systemrisiken eintreten, bestünde die Gefahr, dass die Banken daraus resultierende Verluste nur durch eine Einschränkung der Finanzierung der Realwirtschaft tragen könnten. In der Folge kann es zu negativen Rückkopplungen zwischen dem Finanzsystem und der Realwirtschaft kommen, da insbesondere die Banken in ihrer Kreditvergabefunktion betroffen wären.
Die Gefährdungslage ergibt sich aus folgenden Risikofeldern: (i) Risiken aus der wirtschaftlichen Entwicklung, die in der mikroprudenziellen Messung von Kreditrisiken nicht umfassend abgebildet werden („Konjunkturrisiko“); (ii) Risiken aus der Immobilienfinanzierung („Immobilienrisiko“) und (iii) Zinsrisiken, wenn die Zinsen noch über längere Zeit an der Nullzinsgrenze verbleiben („Niedrigzinsumfeld“) oder stark steigen („Zinsänderungsrisiken“). Die Gefährdungslage folgt insbesondere aus dem gleichzeitigen Auftreten der verschiedenen Risiken.
(i) Konjunkturrisiko
Die mit der guten konjunkturellen Lage einhergehend gesunkenen Kreditrisiken spiegeln sich in einer niedrigen Risikovorsorge der Banken und einem Rückgang der risikogewichteten Aktiva für Marktrisiken wider. Dies steht im Einklang mit den im Durchschnitt verbesserten Bilanzkennziffern der Unternehmen. Allerdings liefern Analysen der Bundesbank und des IWF bis zum Jahre 2015 bzw. 2016 Hinweise, dass die Ausweitung der Kreditvergabe mit Allokationsrisiken verbunden war. [Fußnote 3: „Vgl.: Deutsche Bundesbank (2018) und Internationaler Währungsfond (2018a).“] Im Analysezeitraum haben Banken Kredite vermehrt an im Quervergleich finanziell schwächer aufgestellte Unternehmen vergeben. [Fußnote 4: „Vgl.: Deutsche Bundesbank (2018), S. 78ff.“] Das bedeutet, dass Kredite vermehrt an jene Unternehmen vergeben wurden, die im Vergleich zu anderen Unternehmen eher schwächere Bilanzkennziffern aufwiesen, obwohl sich die Bilanzkennziffern aller Unternehmen im Durchschnitt verbessert hatten.
Diese Schwächen zeigen sich sowohl im Hinblick auf die Eigenkapital- als auch auf die Zinsdeckungsquote dieser Unternehmen. In einem wirtschaftlichen Abschwung könnte sich die Bonität insbesondere dieser Unternehmen soweit verschlechtern, dass es zu einem Anstieg der Kreditausfälle käme. Banken wären gezwungen, ihre Risikovorsorge kurzfristig und gegebenenfalls umfangreich auszubauen. Szenarioanalysen auf der Grundlage bankaufsichtlicher Meldungen zeigen, dass die Eigenkapitalquoten stark unter Druck geraten würden, wenn die Wertberichtigungsquoten und damit die Risikovorsorge wieder steigen oder sich sogar aufgrund eines zyklischen Abschwungs über das Normalmaß hinaus erhöhen. [Fußnote 5: „Vgl.: Deutsche Bundesbank (2018), S. 84.“] In stresstestbasierten Analysen wird deutlich, dass Banken in einem Szenario mit unerwartet hohen Verlusten aus den genannten Risikofeldern zumindest teilweise mit einem Abbau ihrer Aktiva reagieren dürften, um ihre Kernkapitalquote zu stabilisieren. [Fußnote 6: „Vgl.: Deutsche Bundesbank (2018), S. 85.“] Aufgrund der damit verbundenen bilanziellen Auswirkungen ist damit zu rechnen, dass es in diesem Szenario zu einer übermäßigen Einschränkung der Kreditvergabe und deshalb auch zu negativen Auswirkungen auf die Realwirtschaft kommt.
Das hier beschriebene Szenario betrifft alle Banken. Bei Banken, die den Kreditrisikostandardansatz (KSA-Banken) zur Berechnung ihrer Eigenkapitalanforderung nutzen, können die Eigenkapitalanforderungen durch die Migration von Krediten hinein in Klassen mit höheren Risikogewichten steigen. Bei Banken mit internen Risikomodellen zur Berechnung ihrer Eigenkapitalanforderungen (IRBA-Banken) treten die beschriebenen Effekte aufgrund der höheren Risikosensitivität interner Modelle tendenziell verstärkt auf. Gemessen am Durchschnitt der vergangenen neun Jahre befinden sich die IRBA-Risikogewichte aktuell auf einem niedrigen Niveau. In Folge eines konjunkturellen Einbruchs könnten diese deutlich ansteigen. Dies wäre aus makroprudenzieller Sicht problematisch, weil insbesondere potenziell systemgefährdende Institute (PSIs) interne Modelle nutzen (IRBA-PSI). Zu den IRBA-PSI gehören Banken, die den IRBA nutzen und als potenziell systemgefährdende Institute gemäß § 20 Absatz 1 Satz 3 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes (SAG) eingestuft sind. Hierunter fallen insbesondere anderweitig systemrelevante Institute (ASRI) gemäß § 10g KWG sowie jene, bei denen keine vereinfachten Anforderungen bei der Sanierungsplanung gemäß den Kriterien nach § 19 Absatz 2 SAG festgesetzt werden können. Sowohl die Einstufung als ASRI, als auch die Gewährung von vereinfachten Anforderungen bei der Sanierungsplanung erfolgt auf Grundlage einer gemeinsamen Methode der Bundesanstalt und der Bundesbank. Die Methode beruht auf Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority: EBA) und einer Delegierten Verordnung der Europäischen Kommission. Die Gruppe der IRBA-PSI ist von besonderer Bedeutung für das deutsche Bankensystem, da sie für einen Großteil der inländischen Kreditvergabe an den nichtfinanziellen Privatsektor verantwortlich ist (rund 40 %) und den überwiegenden Anteil der aggregierten Bilanzsumme des deutschen Bankensystems auf sich vereint (circa 54 %).
Die Kapitalreserven der IRBA-PSI im Verhältnis zur Bilanzsumme, einschließlich der Kapitalpuffer sowie des darüber hinaus gehaltenen Überschusskapitals, sind im Vergleich zu kleinen und mittelgroßen Banken gering. Im Stresstest zeigt sich wiederum, dass Banken, deren Kernkapitalquote näher am regulatorischen Minimum liegt, ihre Aktiva überdurchschnittlich stark reduzieren. [Fußnote 7: „Vgl.: Deutsche Bundesbank (2018), S. 85.“] Somit besteht bei den IRBA-PSI ein erhöhtes Risiko, dass sie nicht in der Lage wären, Verluste aus unerwarteten makroökonomischen Entwicklungen mit den vorhandenen Eigenkapitalreserven abzufedern. Damit besteht bei dieser für das Finanzsystem wichtigen Bankengruppe ein erhöhtes Deleveraging-Risiko (d. h. eine kollektive Bilanzverkürzung) und somit die Gefahr der prozyklischen Verschärfung eines möglichen Wirtschaftsabschwungs.
(ii) Immobilienrisiko
Seit 2010 befindet sich der deutsche Wohnimmobilienmarkt in einem deutlichen Aufschwung. Die geschätzten Überbewertungen in den Städten lagen im Jahr 2018 wie im Jahr 2017 zwischen 15 % und 30 %. [Fußnote 8: „Vgl.: Deutsche Bundesbank (2019), S. 57.“] Zusätzliche Indikatoren zur Beurteilung von Immobilienpreisen, wie zum Beispiel das Verhältnis von Kaufpreisen zu Jahresmieten, stützen die Einschätzung, dass die Bewertungsniveaus in den Städten weiter hoch waren. [Fußnote 9: „Vgl.: Deutsche Bundesbank (2018), S. 48 und Deutsche Bundesbank (2019), S. 55ff.“] Durch die im vergangenen Jahrzehnt stark gestiegenen Immobilienpreise (im Zeitraum von 2010 bis 2018 stiegen die Wohnimmobilienpreise in Deutschland insgesamt um rund 59 % und in den sieben größten deutschen Städten um etwa 98 %) [Fußnote 10: „Berechnungen der Deutschen Bundesbank auf Basis von Daten der bulwiengesa AG.“] sowie geschätzte regionale Preisübertreibungen bei Wohnimmobilien steigt die Wahrscheinlichkeit einer auch deutlich ausfallenden Preiskorrektur. Ein unerwarteter starker Rückgang der Immobilienpreise, insbesondere in Verbindung mit einem konjunkturellen Einbruch, kann zu Verwerfungen auf den Immobilienmärkten führen. So kann es zu vermehrten Ausfällen bei Wohnimmobilienkrediten und steigenden Verlustquoten bei der Verwertung der Immobiliensicherheiten insbesondere dann kommen, wenn sich die Einkommenssituation privater Haushalte deutlich verschlechtert und gleichzeitig die Immobilienpreise sinken.
Verwerfungen auf dem Immobilienmarkt würden das deutsche Bankensystem in der Breite treffen. Bei Sparkassen und Kreditgenossenschaften sind im vierten Quartal 2018 über 50 % der Kredite an inländische private Haushalte und Unternehmen Wohnungsbaukredite an private Haushalte. Bei Kreditbanken sind es gut 37 %. Die Ergebnisse eines Wohnimmobilien-Stresstests zeigen, dass die geschätzten erwarteten Verluste bei den Banken im Zuge eines dreijährigen Stressszenarios, in dem unter anderem die Wohnimmobilienpreise um insgesamt 30 % zurückgehen, deutlich ansteigen. [Fußnote 11: „Vgl.: Deutsche Bundesbank (2018), S. 64 ff.“] Von den steigenden Verlusten wären zudem sowohl jüngere als auch ältere Kreditjahrgänge betroffen. Die Verlustrisiken im Kreditbestand werden durch die bedeutende Aufwertung der als Kreditsicherheiten dienenden Wohnimmobilien aufgrund vergangener Preissteigerungen somit nicht eliminiert.
Im Gegensatz zu den hinreichend gut nachweisbaren Bestandsrisiken erschweren Datenlücken eine umfassende Analyse der Risiken aus dem Neugeschäft mit Wohnimmobilienkrediten. Aktuell vorliegende Indikatoren zeigen keine so substanziell erhöhten Finanzstabilitätsrisiken an, die derzeit auf einen makroprudenziellen Handlungsbedarf schließen lassen.
Sollten sich zudem die Finanzierungsbedingungen abrupt verschlechtern (siehe Abschnitt B.II.1.iii zu Zinsrisiken auf S. 6), könnte verstärkt auch der Gewerbeimmobilienmarkt unter Druck geraten, da er durch kurzfristigere und stärker zinsvariable Finanzierungen gekennzeichnet ist. Erschwerend kommt hinzu, dass die Banken im derzeitigen Umfeld dynamisch steigender Immobilienpreise den Wert von als Kreditsicherheiten hereingenommenen Immobilien über- und damit das Risiko ihrer Kreditengagements unterschätzen könnten.
(iii) Zinsrisiken
Die Zinsrisiken betreffen ebenfalls alle Banken. Wegen der hohen Bedeutung des zinstragenden Geschäfts für ihre Gesamterträge sind Zinsrisiken vor allem für kleine und mittelgroße Banken relevant. Dauerhaft niedrige Zinsen belasten die Erträge aus dem Zinsgeschäft und somit in der längeren Frist auch die Solvenz der Banken. Eine schwache Ertragslage der Banken führt zu einem Anreiz, aufgrund geringer Zinsmargen Erträge über eine verstärkte Risikonahme und eine Ausweitung der Kreditvergabe zu erzielen. Ein abrupter Anstieg der Zinsen würde zudem die Refinanzierung kurz- bis mittelfristig verteuern und zu einem Wertverfall vor allem der zinstragenden Aktiva mit festgelegtem Zins führen. Im Fall einer Zinserhöhung können auch die Kreditrisiken steigen, wenn die Zinslast der Kreditnehmer ansteigt. Die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems gegenüber Zinsrisiken ist deswegen von besonderer Bedeutung.
2. Unzureichende Schockabsorptionsfähigkeit
Der Ausschuss hat Bedenken, ob das Bankensystem ohne Einschränkung seiner realwirtschaftlichen Funktion mögliche unerwartete Schocks aus dem Eintritt der beschriebenen zyklischen Systemrisiken abfedern kann. Hierzu bezieht sich der Ausschuss auf Analysen, wonach im Fall eines Eintritts der zyklischen systemischen Risiken das Bankensystem zumindest teilweise zu einem Bilanzabbau gezwungen wäre. Stresstestbasierte Analysen zeigen, dass Banken im Stressfall die aggregierte Bilanzsumme in materiellem Umfang abbauen würden, um ausreichend Eigenkapital zur Erfüllung aufsichtlicher oder vom Markt gestellter Forderungen an das Eigenkapital aufrechtzuerhalten. Ein erhebliches Deleveraging bei Eintritt der oben dargestellten Risiken wird bei der gegenwärtigen Kapitalausstattung der deutschen Banken als hinreichend wahrscheinlich angesehen. Dies gilt vor allem für die IRBA-PSI, die im Vergleich zu anderen Banken nur über geringes Überschusseigenkapital verfügen. In der Folge wäre unter anderem mit einer erheblichen Einschränkung der Kreditvergabe an die Realwirtschaft zu rechnen. Damit könnte das Bankensystem seine Funktionen gegenüber der Realwirtschaft nicht mehr im erforderlichen Maße erfüllen. Deshalb müssen die Widerstandsfähigkeit und die damit verbundene Verlustabsorptionsfähigkeit des Bankensystems präventiv gestärkt werden.
3. Beeinträchtigung der Finanzstabilität
In der Summe ergeben die drei beschriebenen und teilweise interdependenten Risiken ein Szenario eines zyklischen systemischen Risikos. Jedes der Risiken kann für sich, sowie alle drei in Kombination können bei unzureichender Verlusttragfähigkeit der Banken zu unerwünschten Anpassungsreaktionen führen. Zudem besteht die Möglichkeit, dass das Bankensystem auf den Eintritt des Risikoszenarios gleichgerichtet reagiert.
Da nicht auszuschließen ist, dass in solchen Situationen eine Erhöhung des Eigenkapitals im Wege einer Gewinnthesaurierung oder durch die Aufnahme von Kapital am Markt nur eingeschränkt möglich ist, bliebe nur eine Bilanzverkürzung beziehungsweise ein Abbau der risikogewichteten Aktiva. Wenn Banken Verluste aus makroökonomischen Schocks nicht durch über die regulatorischen Anforderungen hinausgehendes Eigenkapital auffangen können, sind sie gezwungen, ihre Eigenkapitalquoten durch bilanzielle Maßnahmen (Kapitalaufbringung, Reduzierung der Aktiva) zu stabilisieren. Eine Stabilisierung der Eigenkapitalquoten durch einen kollektiven Bilanzabbau, beispielsweise in Form einer reduzierten Kreditvergabe, würde einen wirtschaftlichen Abschwung verstärken (Prozyklizität) und negative Auswirkungen auf die Realwirtschaft haben. Daraus folgt ein erhebliches Verlustpotenzial für die Volkswirtschaft, sollten sich die dargestellten Risikoszenarien realisieren.
Aus dem langanhaltenden Aufschwung ergibt sich ein makroökonomisches Rückschlagpotenzial zum Beispiel in Form gleichzeitig und abrupt zunehmender Kreditausfälle durch eine sinkende Wirtschaftsleistung, höhere Verlustrisiken durch fallende Immobilienpreise oder steigender Risikogewichte. Gemessen daran ist die Verlusttragfähigkeit des deutschen Bankensystems gering. Hierin sieht der Ausschuss eine Gefahr für die Finanzstabilität. Durch die Umsetzung dieser Empfehlung soll die Widerstandsfähigkeit der Banken gegenüber den Auswirkungen eines Eintritts der zyklischen Systemrisiken erhöht werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Stärkung der Widerstandsfähigkeit durch makroprudenzielle Maßnahmen ausschließlich präventiv erfolgt.
Bei der Auswahl und Kalibrierung der makroprudenziellen Instrumente zur Abwehr der hier dargestellten Beeinträchtigung der Finanzstabilität werden die verbleibenden Unsicherheiten sowohl hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der beschriebenen Risiken als auch der Höhe möglicher zu erwartender Schäden berücksichtigt.
Bei der Auswahl und Kalibrierung der makroprudenziellen Instrumente zur Abwehr der hier dargestellten
III. Der antizyklische Kapitalpuffer als Maßnahme zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegenüber Gefahren für die Finanzstabilität
Der Ausschuss hält die Festlegung einer Quote für den CCyB nach § 10 d KWG ab dem 3. Quartal 2019 in Höhe von 0,25 Prozent für geeignet und erforderlich, um der dargelegten Gefahr für die Finanzstabilität zu begegnen. Die Eigenkapitalausstattung der Banken und die damit verknüpfte Verlusttragfähigkeit der Banken entsprechen zwar dem aktuell guten wirtschaftlichen Umfeld (mikroprudenzielle Dimension). Sie deckt aber unerwartete, negative systemische Entwicklungen nur unzureichend ab (makroprudenzielle Dimension). Die Festlegung einer Quote für den CCyB stärkt die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems und verringert so die Wahrscheinlichkeit prozyklischer Reaktionen des Bankensystems in einem wirtschaftlichen Abschwungszenario. Andere weniger einschneidende, aber gleichermaßen wirksame Mittel zur Abwehr der Gefahr für die Finanzstabilität stehen nach Ansicht des Ausschusses nicht zur Verfügung. Banken haben zwölf Monate Zeit, um den Puffer aufzubauen. Auch während dieser Einführungsphase wird die Angemessenheit der Höhe des antizyklischen Kapitalpuffers -– insbesondere vor dem Hintergrund der BIP- und Kreditentwicklung – vierteljährlich überprüft und gegebenenfalls angepasst.
1. Eignung des CCyB
Aufgrund der zyklischen systemischen Risikolage und den daraus resultierenden Gefahren für die Finanzstabilität ergibt sich das Erfordernis, mit einem makroprudenziellen Puffer die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems zu stärken. Der CCyB wurde geschaffen, um die Widerstandsfähigkeit gegenüber zyklischen systemischen Risiken zu erhöhen. In der Phase eines Anstiegs zyklischer systemischer Risiken, die sich im Vorfeld vergangener Finanzkrisen oft in einer übermäßig hohen Kreditvergabe an den privaten nicht-finanziellen Sektor gezeigt haben, soll die Verlustabsorptionsfähigkeit der Banken durch den Aufbau zusätzlicher Kapitalreserven gestärkt werden. Wenn sich Risiken im Abschwung materialisieren, kann der Puffer sofort herabgesetzt beziehungsweise zur Verlustdeckung in Anspruch genommen werden. Dies soll letztlich die Kreditvergabe stabilisieren, da Banken durch einen Rückgriff auf den CCyB nicht gezwungen wären, zur Verlustdeckung Aktiva abzubauen. [Fußnote 12: „Vgl.: Basel Committee on Banking Supervision (2010) und European Systemic Risk Board (2014).“] Demnach ist der CCyB ökonomisch geeignet und zielgenau einsetzbar, um die Prozyklizität des Finanzsystems einzuschränken.
Vorliegen der Voraussetzungen für den CCyB
Aus Sicht des Ausschusses sind die Voraussetzungen für die Aktivierung des CCyB gegeben. Auch wenn die Kredit/Bruttoinlandsprodukt (BIP)-Lücke derzeit noch keinen positiven Pufferrichtwert (Referenzwert, der sich aus der Kredit/BIP-Lücke ableitet) für die Festlegung einer Quote für den CCyB indiziert, weisen weitere Indikatoren auf die Erforderlichkeit einer Aktivierung hin. Hinzu kommen die zuvor beschriebenen zyklischen systemischen Risiken.
Aufbauend auf der rechtlichen Grundlage haben Bundesanstalt und Bundesbank einen methodischen Rahmen für die Anwendung des CCyB und insbesondere für die Entscheidung über die angemessene Höhe des CCyB festgelegt. Nach dem methodischen Rahmen werden bei der Festlegung der Höhe des CCyB zwei Komponenten berücksichtigt. [Fußnote 13: „Vgl.: Deutsche Bundesbank (2015), im Folgenden „Methodenpapier“.“] Ausgangspunkt ist die regelgeleitete Komponente auf Basis der Abweichung der Kredit/BIP-Relation von ihrem langfristigen Trend (Kredit/BIP-Lücke). Hieraus wird ein Referenzwert für die CCyB-Quote berechnet (Pufferrichtwert). Ein Pufferaufbau wird nahegelegt, wenn die Kredit/BIP-Lücke zwei Prozentpunkte überschreitet. Eine strikte Regelbindung an diesen Richtwert besteht nicht. Im Rahmen der diskretionären Komponente werden weitere quantitative und qualitative Indikatoren für zyklische systemische Risiken herangezogen. In einer Gesamtbetrachtung der Informationen aus der regelgeleiteten und diskretionären Komponente wird die CCyB-Quote festgelegt.
(i) Regelgeleitete Komponente
Die Kredit/BIP-Lücke entsprechend der nationalen Methode ist der zentrale Indikator in der regelgeleiteten Komponente. Sie liegt im vierten Quartal 2018 bei -0,84 Prozentpunkten. Seit 20 Quartalen bewegt sich die Lücke in Richtung des positiven Bereichs. In die Lücke nach nationaler Methode fließen Kredite inländischer Monetärer Finanzinstitute (MFI) an den inländischen privaten nicht-finanziellen Sektor ein. Neben der nationalen Methode wird zu internationalen Vergleichszwecken die Kredit/BIP-Lücke nach Baseler Methode herangezogen. Diese Methode nutzt einen breiteren Kreditbegriff, worin auch Kredite ausländischer Kreditgeber sowie Kredite durch Nichtbanken enthalten sind. Die Kredit/BIP-Lücke nach Baseler Methode beträgt im dritten Quartal 2018 -0,42 Prozentpunkten. Die Pufferrichtwerte basierend auf nationaler und Baseler Methode liegen damit beide bei 0 %.
Zusätzlich zum aktuellen Wert berücksichtigt der Ausschuss auch die Dynamik der Entwicklung der Kredit/BIP-Lücke. Nur durch einen frühzeitigen Pufferaufbau lässt sich gewährleisten, dass Kapitalpuffer in einer Krise oder einem konjunkturellen Abschwung auch tatsächlich zur Verfügung stehen. Die Kredit/BIP-Lücken sowohl nach nationaler als auch nach Baseler Methode haben sich über die letzten Quartale in Richtung des positiven Bereichs bewegt (Abbildung 1 im Anhang zur nationalen Lücke). Der Ausschuss gelangt aufgrund von Prognosen zu der Einschätzung, dass bei Fortsetzung dieser Entwicklung die Kredit/BIP-Lücke absehbar in einem Bereich liegen wird, der eine Erhöhung des Puffers anzeigt. Für eine Fortsetzung der Dynamik spricht, dass die Komponenten der Kredit/BIP-Lücke (Kredite, BIP, Trend) sich langsam bewegen und statistische Merkmale bei der Berechnung des Trends persistente Entwicklungen fördern. Damit deutet die Dynamik der Kredit/BIP-Lücke darauf hin, dass sie zukünftig oberhalb des zwei Prozentpunkte-Schwellenwerts liegen wird. [Fußnote 14: „Entwickeln sich die vierteljährlichen Kreditwachstumsraten entsprechend des durchschnittlichen langfristigen Kreditwachstums (im vierten Quartal 2018 1,44 % seit 1968) und das nominale BIP entsprechend der langfristigen Prognose des Internationalen Währungsfonds, wäre der zwei Prozentpunkte-Schwellenwert entsprechend einer Analyse für die Kredit/BIP-Lücke im zweiten Quartal 2020 überschritten. Bei einem anhaltenden Kreditwachstum entsprechend der Wachstumsrate im dritten Quartal 2018 (1,01 %), würde die Kredit/ BIP-Lücke diesen Wert Anfang 2022 erreichen.“] Aktuell liegt die Kredit/BIP-Lücke bereits über dem langfristigen Durchschnitt.
(ii) Diskretionäre Komponente
Bereits in Artikel 136 Absatz 3 lit. c) Kapitaladäquanzrichtlinie (Capital Requirements Directive: CRD) IV ist vorgesehen, dass bei der Festlegung des CCyB weitere Variablen zu berücksichtigen sind, die die benannte Behörde für die Erkennung zyklischer systemischer Risiken (zyklischer Systemrisiken) für wesentlich hält.
Vor allem aufgrund der Unsicherheit hinsichtlich der Prognosekraft der Kredit/BIP-Lücke spielen die ergänzenden Indikatoren eine wichtige Rolle für die Entscheidung über die angemessene Höhe des CCyB. [Fußnote 15: „Vgl.: Deutsche Bundesbank (2015).“] Dabei sind die im Methodenpapier genannten Indikatoren nicht abschließend. Entsprechend der rechtlichen Vorgaben ist bereits im Methodenpapier die Möglichkeit angelegt, den analytischen Rahmen zu überprüfen und zu ergänzen. [Fußnote 16: „Auch Basel Committee on Banking Supervision (2010) und European Systemic Risk Board (2014) legen dar, dass es sich bei der Kredit/ BIP-Relation um ein rein statistisches Maß handelt und Informationen daraus irreführend sein können. In der Folge könnte ein automatisches Umsetzen des auf der Lücke basierenden Pufferrichtwerts bei irreführenden Signalen zu keiner Pufferaktivierung bei gleichzeitigem Risikoaufbau (Fehler 1. Art) bzw. Pufferaktivierung ohne gleichzeitigen Risikoaufbau (Fehler 2. Art) führen.“] Weitere Informationen neben dem Indikatorenset, die auf einen Aufbau zyklischer systemischer Risiken hindeuten, können somit genutzt werden, da die begrenzten Erfahrungen mit der Anwendung des CCyB gegen einen starren analytischen Rahmen sprechen.
Neben dem Wachstum der aggregierten Kreditvergabe sind auch die Struktur und die Konzentration der Kreditvergabe für die Entstehung systemischer Risiken relevant. Das reale Wachstum der MFI-Kredite an nicht-finanzielle Unternehmen liegt im vierten Quartal 2018 bei 5,14 % im Vergleich zum Vorjahresquartal und seit zehn Quartalen über dem Durchschnitt seit 1991 (1,97 %). Neben dem überdurchschnittlichen Wachstum der Kredite an nichtfinanzielle Unternehmen sind zudem bei Banken, die interne Modelle zur Berechnung ihrer Eigenkapitalanforderungen nutzen, die Risikogewichte für Unternehmenskredite über die letzten neun Jahre im Median von 57 % auf knapp 37 % gesunken. [Fußnote 17: „Diese Veränderung ist nicht ausschließlich Folge von konjunkturellen Entwicklungen.“] Da insbesondere große Banken interne Modelle nutzen, ist ein signifikanter Anteil der aggregierten Kreditvergabe an den nicht-finanziellen Privatsektor von dem Rückgang der Risikogewichte betroffen. Somit müssen Risikopositionen aus der Kreditvergabe auch nur mit entsprechend geringerem Eigenkapital unterlegt werden.
Bei den Wohnimmobilienindikatoren zeigt sich vor allem bei der Preis-entwicklung ein anhaltender Aufbau von Risiken. Wenn sich die langanhaltend hohen Preise von den fundamental gerechtfertigten Preisen entfernen, könnten die Bewertungen der Sicherheiten nicht nachhaltig sein. Aktuell liegt das Wachstum der Wohnimmobilienpreise im Vergleich zum Vorjahresquartal seit 18 Quartalen über dem Durchschnitt seit 1991 (2,8 %). Im Ausschnitt der letzten vier Quartale lagen die Wachstumsraten jeweils über 5 %. Gleichzeitig befindet sich das reale Wachstum der Wohnungsbaukredite [Fußnote 18: „Vgl.: Deutsche Bundesbank (2015), S. 47. Wachstum (p.a.) der Kredite für den Wohnungsbau an private Haushalte und Unternehmen. Gläubiger sind inländische monetäre Finanzinstitute. Das Kreditwachstum wird mit dem Verbraucherpreisindex bereinigt. Die Berechnung der durchschnittlichen Wachstumsraten basiert auf dem geometrischen Mittel.“] mit 3,01 % im vierten Quartal 2018 über dem langfristigen Durchschnitt seit dem ersten Quartal 1991 (2,29 %). [Fußnote 19: „Die nominale Wachstumsrate der Wohnungsbaukredite an private Haushalte, also ohne Unternehmen, lag Ende des dritten Quartals 2018 bei 4,46 %.“]
Die Kreditvergabestandards wurden gemäß den Ergebnissen der vom Eurosystem vierteljährlich durchgeführten Umfrage zum Kreditgeschäft der Banken (The euro area bank lending survey: BLS) in Deutschland in mehreren aufeinander folgenden Quartalen gelockert, am aktuellen Rand haben sie sich nur geringfügig verschärft (BLS-Ergebnisse im ersten Quartal 2019, Stand der Analysen für den deutschen CCyB im zweiten Quartal 2019). Da in Deutschland keine standardisierten Daten zu Kreditvergabestandards wie zum kreditfinanzierten Teil der Immobilie (Loan-to-value: LTV) oder zur Einkommensbelastung der Haushalte durch ihren gesamten Schuldendienst (Debt-service-to-income: DSTI) gemeldet werden, ist die Einschätzung zu den Vergabe¬standards mit Unsicherheit behaftet. Insgesamt deuten die Wohnimmobilienindikatoren im Indikatorenset des CCyB jedoch auf einen Risikoaufbau hin. Da die Wohn-immobilienfinanzierung eine wichtige Säule des deutschen Bankengeschäfts ist, bedarf dieser Bereich besonderer Aufmerksamkeit. [Fußnote 20: „Vgl.: Deutsche Bundesbank (2015), S. 23 und die dort zitierte Literatur.“]
In der Gesamtbetrachtung zeigen die Dynamik der Kredit/BIP-Lücke (aggregierte Kreditvergabe), die Wachstumsraten der MFI-Kredite an nichtfinanzielle Unternehmen bei gleichzeitig geringen Risikogewichten und geringer Risikovorsorge (Verteilung der Kreditvergabe) sowie die Preis-entwicklung bei Wohnimmobilien (mögliche Überbewertung von Kreditsicherheiten) einen Aufbau zyklischer systemischer Risiken, der die Risikofelder reflektiert, an. Daher ist aus Sicht des Ausschusses ein CCyB abweichend vom aktuellen Pufferrichtwert gerechtfertigt.
Geeigneter Zeitpunkt für die Festlegung
Der Zeitpunkt für die erstmalige Festlegung einer positiven Quote für den CCyB ist angesichts des wirtschaftlichen Umfelds geeignet. Damit würde er in der aktuell noch günstigen Wirtschaftslage dem präventiven Charakter makroprudenzieller Politik im Allgemeinen und des CCyB im Besonderen entsprechen. So soll ein günstiges makroökonomisches Umfeld genutzt werden, damit das Bankensystem genügend Eigenkapital in Form von Puffern konservieren und/oder aufbauen kann, um im Fall eintretender Risiken hinreichend widerstandsfähig zu sein. [Fußnote 21: „Vgl.: Erwägungsgrund 80 der CRD IV.“] Auch sprechen die aktuellen Daten, wie etwa zur Kreditvergabe an Unternehmen oder die Preissteigerungen bei Wohnimmobilien, nicht für ein Ende des Risikoaufbaus. Zuletzt wies zudem das Financial Stability Board darauf hin, dass insbesondere in den entwickelten Volkswirtschaften das (noch) gute wirtschaftliche Umfeld zum Kapitalpufferaufbau genutzt werden sollte. [Fußnote 22: „Quelle: http://www.fsb.org/2018/10/fsb-reviews-financial-vulnerabilities-and-deliverables-for-g20-summit/“] Auch der Internationale Währungsfonds empfiehlt angesichts der sich eintrübenden Wirtschaftsentwicklungen eine aktivere Nutzung des CCyB in Erwägung zu ziehen. [Fußnote 23: „Vgl.: International Monetary Fund (2018b), S. 31. Im Europäischen Wirtschaftsraum haben aktuell (erstes Quartal 2019) zwölf von 31 Ländern einen positiven CCyB eingeführt bzw. eine Einführung angekündigt.“]
Angemessene Höhe des CCyB
Unter Berücksichtigung der verbleibenden Unsicherheiten hinsichtlich der Eintrittswahrscheinlichkeit der hier beschriebenen Gefährdungslage und der Höhe der damit verbundenen volkswirtschaftlichen Konsequenzen hält der Ausschuss die erstmalige Erhöhung des CCyB um 0,25 Prozentpunkte ab dem 3. Quartal 2019 für angemessen. Die Umsetzungsfrist beträgt zwölf Monate. Die Banken müssen den Puffer somit spätestens ab dem 3. Quartal 2020 vollständig aufgebaut haben.
Laut Einschätzung des Ausschusses erhöht der CCyB die Widerstandsfähigkeit des deutschen Bankensystems gegenüber einem unerwarteten starken Wirtschaftseinbruch. Somit wird das Prozyklizitätsrisiko bei gleichzeitig geringen volkswirtschaftlichen Kosten des Pufferaufbaus vermindert. Entsprechend einer Kapitalbedarfsanalyse können die deutschen Banken einen CCyB von 0,25 % überwiegend aus vorhandenem Überschusseigenkapital bedienen. Im Aggregat ist deswegen weder mit einem kurzfristigen Bilanzabbau noch mit damit verbundenen Verwerfungen zu rechnen. Die zwölfmonatige Implementierungsfrist ermöglicht den wenigen Banken mit Kapitalbedarf, über den Verlauf des Kapitalaufbaus innerhalb dieser Frist zu entscheiden. Die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems erhöht sich insofern, als der CCyB kurzfristig bereits vorhandenes Überschusskapital konserviert und mittelfristig den Banken einen Anreiz zum zusätzlichen Kapitalaufbau gibt. [Fußnote 24: „Selbst wenn der Puffer ausschließlich durch Überschusskapital erfüllt würde, verbessert sich die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems, indem durch Ausschüttungsbeschränkungen Kapital für den Krisenfall konserviert wird. Banken haben einen Anreiz, ihr ursprüngliches Überschusseigenkapital wieder aufzubauen, um ihre geschäftspolitische Flexibilität zu stärken.“]
Die Erhöhung des CCyB führt bei überschaubaren Kosten für das Bankensystem zu einem hohen Nutzen für die Allgemeinheit, da das Bankensystem besser für die Auswirkungen zyklischer systemischer Risiken gerüstet ist. Dadurch werden die oben beschriebenen negativen Auswirkungen für die Allgemeinheit – etwa aufgrund des zu erwartenden Deleveraging – reduziert. Selbst wenn Banken ihren Puffer vollständig durch die Neuaufnahme von Eigenkapital füllen würden, zeigen Schätzungen nur geringe Effekte auf die Refinanzierungskosten und die Kreditzinsen.
Der erstmaligen Aktivierung des CCyB mit 0,25 Prozentpunkten liegt ein Basisszenario zugrunde, das durch die aufgezeigten Unsicherheiten umgeben wird. Die jeweilige Angemessenheit ist unter Berücksichtigung zukünftiger Entwicklungen im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen quartalsweisen Bewertung der Höhe des CCyB zu prüfen. In diese Prüfung fließen die oben genannten, regelgeleiteten und diskretionären Komponenten ein. Ein wesentliches Merkmal des CCyB ist, dass er entgegen dem Kreditzyklus eingesetzt und in einer Stressphase herabgesetzt werden kann.
2. Erforderlichkeit des CCyB
Die Festlegung einer positiven Quote für den CCyB ist erforderlich. Nach Einschätzung des Ausschusses stehen andere, weniger einschneidende, aber gleichermaßen wirksame Mittel zur Abwehr der Gefahr für die Finanzstabilität nicht zur Verfügung. Maßgeblich für diese Einschätzung ist, dass makroprudenzielle Puffer wie der CCyB eine grundlegend andere Funktion erfüllen als mikroprudenzielle Mindesteigenkapitalanforderungen. Während Mindesteigenkapitalanforderungen jederzeit erfüllt werden müssen und deren Unterschreiten unmittelbar aufsichtliche Maßnahmen bis hin zu einem Lizenzentzug bedingen, dürfen makroprudenzielle Puffer unter bestimmten Umständen unterschritten werden („atmende Puffer“). Damit können sie – im Gegensatz zu mikroprudenziellen Mindesteigenkapitalanforderungen – zur Verlustabsorption im laufenden Geschäftsbetrieb der Bank (going concern) genutzt werden. Die Möglichkeit der Herabsetzung verschafft den Banken unmittelbar finanziellen Spielraum und reduziert somit mögliche vom Bankensystem ausgehende negative Effekte in einem konjunkturellen Abschwung.
Die Gesamtrisikolage impliziert durch die derzeit geringe Verlusttragfähigkeit zyklische Systemrisiken, in deren Folge im Krisenfall eine kollektive Bilanzverkürzung droht. Mikroprudenziellen Anforderungen fehlt hierbei nicht nur die den makroprudenziellen Puffern innewohnende atmende und verlustabsorbierende Funktion. Eine Erhöhung der mikroprudenziellen Mindestanforderungen könnte dem Systemrisiko zudem nicht zielgenau begegnen. Eine Erhöhung der Mindestanforderungen über Artikel 124 und 164 Kapitaladäquanzverordnung (Capital Requirements Regulation: CRR) (Säule 1, Risikogewichtsanpassung bei Immobilienkrediten) oder im Rahmen von Säule 2-Anforderungen (Pillar 2 Requirements, P2R) erhöht das zyklische Risiko kurzfristig, da Eigenkapital aus Mindestanforderungen bei Eintritt der zyklischen Systemrisiken nicht ausreichend nutzbar ist, sondern für die mikroprudenzielle Verlustdeckung genutzt werden soll. Verglichen mit Kapitalpuffern erzeugt eine Anpassung sektoraler Risikogewichte zudem einen aufsichtlich nicht beabsichtigten Anreiz zur Verlagerung der Kreditvergabe. Schließlich ermöglicht eine deutliche Abgrenzung zwischen mikro- und makroprudenziellen Anforderungen eine Abgrenzung der Wirkungsweise hinsichtlich Evaluierung und Zeitpunkt der Aktivierung beziehungsweise Deaktivierung der Maßnahme. Darüber hinaus hat die laufende Überprüfung der Erlaubnis zur Verwendung interner Ansätze nach Artikel 101 CRD IV ergeben, dass die für den IRBA verwendeten Daten aus mikroprudenzieller Sicht repräsentativ und angemessen sind. Tendenziell decken die den Banken zur Verfügung stehenden Daten jedoch in makroprudenzieller Hinsicht keinen vollständigen Finanzzyklus ab und sind zudem infolge des längsten Aufschwungs seit der Wiedervereinigung weniger geeignet, die Prognose eines makroökonomischen Schocks zu ermöglichen.
Eine Erfassung der zyklischen Systemrisiken über einen institutsspezifischen Säule 2-Zuschlag (Pillar 2 Guidance: P2G), welcher auf eine Erhöhung der Verlusttragfähigkeit für Institute mit ähnlichen Risikoprofil abstellen kann, wäre ebenfalls nicht zielführend. Das identifizierte Risiko trägt eine zusätzliche Finanzstabilitätskomponente in sich, die nicht über eine ausschließlich institutsspezifische Maßnahme wie den Säule 2-Puffer erfasst werden kann. Da das zu adressierende zyklische Systemrisiko makroprudenziell ist, kann ausgeschlossen werden, dass es im Rahmen der P2G erfasst ist. Maßnahmen nach § 10 Absatz 3 KWG, welche erhöhte Anforderungen an die vorzuhaltende Liquidität auf Einzelinstitutsebene stellen, sind ebenfalls ungeeignet, weil das Systemrisiko nicht auf ein kollektives Liquiditätsproblem zurückzuführen ist.
Der Puffer für anderweitig systemrelevante Institute gemäß § 10g KWG ist hinsichtlich seiner Wirkungsweise ungeeignet, die identifizierten Risiken zu adressieren. Die Risiken haben ihre Grundlage nicht allein in der Systemrelevanz der einschlägigen Institute entsprechend der A-SRI Bestimmung, sondern in der zyklisch gesunkenen Risikovorsorge des deutschen Bankensystems. Die Aktivierung des Puffers für systemische Risiken gemäß § 10e KWG erfordert das Vorliegen eines langfristigen, strukturellen makroprudenziellen Risikos. Die zyklische Eigenschaft des identifizierten Risikos schließt die Anwendung dieser Maßnahme somit aus. Die makroprudenzielle Erhöhung des Kapitalerhaltungspuffers über § 48t KWG ist zielgenau und grundsätzlich geeignet, das identifizierte Risiko zu adressieren. Dieser Aufschlag wirkt ähnlich wie der antizyklische Kapitalpuffer, wobei eine höhere Kapitalwirkung erzielt wird, da der Puffer sich auf alle Forderungen bezieht anstatt wie beim CCyB nur auf die inländischen. Gleichzeitig könnte eine Variation des Kapitalerhaltungspuffers nur vorgenommen werden, wenn der CCyB seinerseits ungeeignet wäre, das identifizierte Risiko zu adressieren. Dies ist hier nicht der Fall.
Kreditnehmerbezogene Instrumente (Obergrenze für die Darlehensvolumen-Immobilienwert-Relation und (Mindest-) Amortisationsanforderung, § 48u KWG) betreffen alle neu vergebenen Kredite zum Bau oder Erwerb von Wohnimmobilien im Inland. Sie sind ungeeignet, dem identifizierten Gesamtrisiko zu begegnen, da im Kreditbestand bereits bestehende Risiken nicht adressiert werden können. Schließlich zeigen auch die verfügbaren Indikatoren keinen erhöhten Risikoaufbau für die Finanzstabilität aus dem Neugeschäft mit Wohnimmobilienkrediten an, die eine Aktivierung der kreditnehmerbezogenen Instrumente nach § 48u KWG rechtfertigen können. Darüber hinaus handelt es sich beim Wohnimmobilienkreditgeschäft lediglich um einen Ausschnitt des identifizierten Gesamtrisikos.“

Die Bundesanstalt stimmt den Ausführungen in der Erläuterung zur Empfehlung zu und macht sich diese zu eigen.

Zu der Entwicklung der Kredit/BIP-Lücken und den unterstützenden Indikatoren liegen der Bundesanstalt neuere Daten vor, als die in der Erläuterung zur Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität genannten. Die jeweils neusten Zahlen sind auf der Internetseite der Bundesanstalt veröffentlicht.

Die Bundesanstalt hat die Ausführungen des Ausschusses für Finanzstabilität zum zyklischen Systemrisiko auf Plausibilität und möglichst hohe Aktualität hin überprüft und insgesamt für richtig eingestuft. Dabei sind die einzelnen Aspekte grundlegend überprüft und hinterfragt worden und auf ihre Richtigkeit und korrekte Zusammenführung der Argumente geachtet worden.

Darüber hinaus hat die Bundesanstalt auf Grundlage der aktuellsten Datenlieferung der Deutschen Bundesbank zum antizyklischen Kapitalpuffer die weitere Gültigkeit der Risikoeinschätzung des Ausschusses für Finanzstabilität vom 27. Mai 2019 überprüft. Die Risikoeinschätzung erachtet die Bundesanstalt für weiterhin richtig.

Ergänzend hat die Bundesanstalt die möglichen Auswirkungen aus der Einführung des antizyklischen Kapitalpuffers auf die Kapitalausstattung der Institute analysiert auf Grundlage der COREP-Meldungen zum 31. Dezember 2018. In der Gesamtschau ergibt sich für den deutschen Bankensektor eine zusätzliche Kapitalanforderung durch einen deutschen antizyklischen Kapitalpuffer von 5,3 Mrd. €. Dabei divergiert die institutsindividuelle Belastung zwischen 0,02 Prozentpunkten und 0,25 Prozentpunkten der Gesamtkapitalanforderungen. Insgesamt ist die Maßnahme für den Bankensektor gut darstellbar.

Zu der beabsichtigten Allgemeinverfügung hat die Bundesanstalt vom 11. Juni 2019 bis zum 25. Juni 2019 ein Anhörungsverfahren durchgeführt, in dem sie den betroffenen Instituten Gelegenheit gegeben hat, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Die Anhörung wurde am 11. Juni 2019 auf der Internetseite der Bundesanstalt veröffentlicht.

Zur Anhörung sind Stellungnahmen eingegangen.

Aus den Stellungnahmen ergab sich insbesondere folgendes Vorbringen:

Die konjunkturelle Lage sei ungünstiger, als vom Ausschuss für Finanzstabilität dargestellt, die Aktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers komme damit zu spät. Ein Aufbau systemischer Risiken habe darüber hinaus nicht in dem vom Ausschuss für Finanzstabilität geschilderten Umfang stattgefunden. Und die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems sei besser als vom Ausschuss für Finanzstabilität unterstellt.

Im Detail wird kritisiert, dass die konjunkturelle Lage weiter fortgeschritten sei, als vom Ausschuss für Finanzstabilität angenommen, und die Einführung eines antizyklischen Kapitalpuffers damit potentiell prozyklisch wirke. Darüber hinaus wird angeführt, dass bereits die Eigenmittelzielkennziffer (Pillar 2 Guidance – P2G) positive Auswirkungen auf die Finanzstabilität habe, da diese auf alle Institute angewendet werde. Ein tatsächliches „zyklisches“ Atmen der Eigenkapitalanforderungen sei auch mit dem antizyklischen Kapitalpuffer nicht gewährleistet, da hiermit Eigenkapitalanforderungen in einer Stresssituation nicht gesenkt werden könnten. Die Bundesanstalt habe ferner die Ergebnisse einer von der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank durchgeführten Umfrage zu Kreditvergabestandards abwarten müssen, bevor sie die Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers erhöht. Es bestünden auch keine Zinsrisiken, die eine Erhöhung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers rechtfertigten. Die Ausführungen zur Schockabsorptionsfähigkeit seien rein hypothetischer Natur und seien nicht belegt. Schließlich wird angeführt, die regelgeleitete Komponente der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers – die Kredit/BIP-Lücke – indiziere keine Erhöhung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers.

II.

Zu Ziffer 1

Die Voraussetzungen für die Erhöhung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers auf 0,25 Prozent des nach Artikel 92 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 ermittelten Gesamtforderungsbetrags liegen vor.

1. Voraussetzung für die Erhöhung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers nach § 10d Absatz 3 Satz 2 KWG ist das Vorliegen eines zyklischen Systemrisikos. Dies ergibt sich nicht explizit aus den nationalen Regelungen, sondern aus der Auslegung der Regelungen im KWG und in der SolvV.

Die Festlegung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers richtet sich nach § 10d Absatz 3 Satz 2 KWG, § 33 Absatz 1 SolvV. Danach berücksichtigt die Bundesanstalt bei der Festlegung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers die Abweichung des Verhältnisses der im Inland gewährten Kredite zum langfristigen Trend und etwaige Empfehlungen des Ausschusses für Finanzstabilität. Daneben berücksichtigt die Bundesanstalt gemäß § 7d KWG, § 33 Absatz 2 SolvV Empfehlungen des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken. Explizite weitere Vorgaben zur Bestimmung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers enthalten die nationalen Regelungen nicht.

Die Auslegung des nationalen Rechts unter Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben legt das Tatbestandsmerkmal „zyklische Systemrisiko“ offen. Die nationalen Regelungen zum antizyklischen Kapitalpuffer setzen die Vorgaben aus Artikel 130, 135 bis 140 CRD um, welche wiederum auf Vorgaben aus Vorschriften des Basler Ausschusses der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich („Basel III“) basieren.3 Hintergrund der Regelungen ist die Annahme, dass durch exzessives Kreditwachstum systemweite Risiken entstehen können. Folgt der Phase exzessiven Kreditwachstums ein Abschwung, können im Bankensektor hohe Verluste entstehen, die den Banksektor destabilisieren können. Diesem Risiko sollte begegnet werden, indem Banken einen antizyklischen Kapitalpuffer aufbauen, den sie in Krisenzeiten abschmelzen können.4

Nähere Bestimmungen zur Festlegung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers enthält Artikel 136 CRD, der daher bei der Beantwortung der Frage maßgeblich ist, welche Voraussetzungen für die Festlegung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers vorliegen müssen. Artikel 136 Absatz 3 Buchstabe a) bis c) CRD sieht vor, dass zur Festsetzung der Quote des antizyklischen Kapitalpuffers drei Punkte berücksichtigt werden:

  • Der gemäß den Vorgaben des Artikel 136 Absatz 2 CRD berechnete Puffer-Richtwert (die Vorgaben zur Berechnung wurden im nationalen Recht mit § 10d Absatz 3 KWG und § 33 Absatz 1 SolvV i. V. m. §§ 10d Absatz 5, 10 Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 a) KWG umgesetzt),
  • alle etwaigen Orientierungshilfen des ESRB gemäß Artikel 135 Absatz 1 Buchstaben a, c und d CRD IV und etwaige Empfehlungen des ESRB zur Festsetzung einer Pufferquote (die Vorgabe zur Berücksichtigung der Empfehlungen des ESRB wurde im nationalen Recht mit § 7d KWG i. V. m. § 33 Absatz 1 Satz 4 Nr. 2, Absatz 2 SolvV umgesetzt).
  • andere Variablen, die die benannte Behörde für wesentlich hält, um das zyklische Systemrisiko abzuwenden.

Die Formulierung „andere“ Variablen in Artikel 136 Absatz 3 Buchstabe c) CRD zeigt, dass der europäische Normgeber den Puffer-Richtwert als Unterfall der wesentlichen Variable zur Abwendung des zyklischen Systemrisikos ansieht. Damit ist das „zyklische Systemrisiko“ der Oberbegriff. Unter Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben und der Entstehungsgeschichte müssen auch die nationalen Regelungen dahingehend ausgelegt werden, dass das zyklische Systemrisiko maßgeblich für die Festsetzung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers ist.

2. Ein solches zyklisches Systemrisiko liegt vor.

a. Der Begriff „zyklisches Systemrisiko“ ist gesetzlich nicht explizit definiert, bezeichnet aber nach dem Vorgesagten das Risiko einer Störung des Finanzsystems mit möglicherweise schwerwiegenden negativen Auswirkungen auf das Finanzsystem und die Realwirtschaft, die auf einer zyklischen Komponente beruht (z.B. wirtschaftlicher Abschwung).

Gemäß Artikel 3 Absatz 1 Nr. 10 CRD bezeichnet der Begriff „Systemrisiko“ „das Risiko einer Störung des Finanzsystems mit möglicherweise schwerwiegenden negativen Auswirkungen auf das Finanzsystem und die Realwirtschaft“.

Hinzukommen muss ein zyklischer Bezug der in der CRD nicht näher definiert wird. Eine Auslegung des Begriffs ergibt allerdings, dass ein Systemrisiko dann ein zyklisches Systemrisiko ist, wenn sich die Risiken aufgrund einer zyklischen Komponente wie beispielsweise einem wirtschaftlichen Abschwung realisieren können. Denn der antizyklische Kapitalpuffer dient dazu, in Zeiten wirtschaftlichen Wachstums eine ausreichende Eigenmittelbasis zu bilden, die in schwierigen Zeiten die Absorption von Verlusten ermöglicht.5

Ein übermäßiges Kreditwachstum ist dabei keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen eines zyklischen Systemrisikos. Zwar soll der antizyklische Kapitalpuffer dem Risiko, das ein übermäßiges Kreditwachstum für den Bankensektor mit sich bringt, angemessen Rechnung tragen.6 Zudem bauen sich gerade in Phasen übermäßigen Kreditwachstums zyklische Systemrisiken auf, da ein Wirtschaftsabschwung in diesen Fällen zu erheblichen Verlusten im Bankensektor führen und negative Rückkopplungseffekte auslösen kann.7 Das Vorliegen eines übermäßigen Kreditwachstums ist daher nach den Erfahrungen in der Vergangenheit ein guter Indikator für ein zyklisches Systemrisiko. Da dieser Indikator jedoch der Berechnung des Puffer-Richtwerts zugrunde liegt und daneben weitere Faktoren berücksichtigt werden sollen, die wesentlich sind, um das zyklische Systemrisiko abzuwenden, ist es nicht alleine maßgeblich.

b. Das zyklische Systemrisiko wird auf Grundlage des unter I. beschriebenen Methodenpapiers der Deutschen Bundesbank und der Bundesanstalt ermittelt.

Die Entscheidung über die Festsetzung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers basiert danach auf der Analyse verschiedener Indikatoren. Hauptindikator ist die Entwicklung der Kredit/BIP-Lücke, das heißt, die Abweichung des Verhältnisses Kreditvergabe zum Bruttoinlandsprodukt von seinem langfristigen Trend. Zusätzlich wird eine Reihe weiterer unterstützender Indikatoren zur Bewertung des zyklischen systemischen Risikos herangezogen. Schließlich können weitere Informationen berücksichtigt werden, etwa quantitative und qualitative Markt- und bankaufsichtliche Informationen sowie Erkenntnisse aus Stresstests. Die Festsetzung der Höhe der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers erfolgt schließlich nach Würdigung der Gesamtschau.

aa) Die gemäß § 10d Absatz 3 Satz 3 KWG zu berücksichtigenden Abweichungen des Verhältnisses der im Inland gewährten Kredite zum langfristigen Trend indizieren bei einer isolierten Einzelbetrachtung kein für eine Erhöhung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers ausreichendes zyklisches Systemrisiko.

Wie oben dargestellt schließt sich die Kredit/BIP-Lücke seit einiger Zeit kontinuierlich. Lag sie im zweiten Quartal 2018 noch bei -2,00 Prozentpunkten, ist sie bis zum ersten Quartal 2019 auf -0,22 Prozentpunkte gestiegen. Zwar kann die Kredit/BIP-Lücke grundsätzlich ein zyklisches Systemrisiko indizieren (arg. e. Artikel 136 Absatz 3 Buchstabe c) CRD, vgl. oben). Die Kredit/BIP-Lücke bildet jedoch zunächst nur die Basis für die Berechnung eines Puffer-Richtwerts nach Maßgabe der Vorgaben des § 10d KWG, § 33 SolvV und der Empfehlung ESRB/2014/1, die in der im Methodenpapier beschriebenen Methode umgesetzt wurden. Aufgrund der im Methodenpapier im Detail dargestellten Berechnungsmodalitäten führt erst eine Kredit/BIP-Lücke von 2,00 Prozentpunkten zu einem positiven Puffer-Richtwert. Auf Basis des derzeitigen Werts der Kredit/BIP-Lücke beträgt der Puffer-Richtwert aktuell 0 Prozent des nach Artikel 92 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 ermittelten Gesamtforderungsbetrags. Er bietet daher für sich genommen keine Indikation für eine Erhöhung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers.

bb) Nach dem Methodenpapier und nach Empfehlung C Nr. 2 ESRB/2014/1 zu berücksichtigende weiteren Variablen deuten aber auf ein zyklisches Systemrisiko hin.

Neben den Abweichungen des Verhältnisses der im Inland gewährten Kredite zum langfristigen Trend werden bestimmte weitere Variablen beobachtet, die nach dem Methodenpapier als unterstützende Indikatoren bezeichnet werden und die im Detail auf Seite 13 des Methodenpapiers aufgelistet werden. Die Entwicklung der Indikatoren wird quartalsweise bewertet. Die Liste kann, wie oben ausgeführt, auf der Internetseite der Bundesanstalt abgerufen werden.

Bei Betrachtung dieser Indikatoren zeigt sich, dass die Preissteigerung im Bereich der Wohnimmobilien zwar von zuletzt 4,58 Prozent im vierten Quartal 2018 gegenüber dem Vorquartal (5,12 Prozent im dritten Quartal 2018) gesunken ist, nunmehr aber seit 19 Quartalen über dem langfristigen Durchschnitt seit 1991 in Höhe von 2,87 Prozent liegt.

Zudem ist das Wachstum der Wohnungsbaukredite von 3,17 Prozent im vierten Quartal 2018 auf aktuell 3,51 Prozent im ersten Quartal 2019 gestiegen. Damit liegt das Wachstum für Wohnungsbaukredite auf dem höchsten Wert seit 2001.

Das reale Wachstum der Kredite an nicht-finanziellen Unternehmen liegt im ersten Quartal 2019 mit 4,68 Prozent zwar unter dem Wert des Vorquartals (5,14 Prozent), jedoch seit nunmehr 11 Quartalen über dem langfristen Durchschnitt seit 1991 in Höhe von 1,99 Prozent.

Eine Vielzahl von Bankenkrisen ist auf Fehlentwicklungen am Immobilienmarkt zurückzuführen; so zum Beispiel die Subprimekrise. Steigende Immobilienpreise sind ein guter Frühwarnindikator für zukünftige Bankenkrisen.8 Steigende Immobilienpreise gepaart mit historisch gesehen hohem Wachstum der Wohnungsbaukredite erhöhen die Wahrscheinlichkeit von zukünftigen Preiskorrekturen. Sollten die Immobilienpreise stark einbrechen und die Haushalte Einkommenseinbußen aufgrund eines wirtschaftlichen Abschwungs erfahren, kann dies zu vermehrten Kreditausfällen und höheren Verlustquoten bei den Banken führen.

Ein historisch gesehen hohes Wachstum der Kredite an nicht-finanzielle Unternehmen kann auf ein übermäßiges Wachstum bzw. Fehlentwicklungen in diesem Bereich hindeuten. In einem wirtschaftlichen Abschwung mit vermehrten Ausfällen bei Unternehmenskrediten würde dies zu steigenden Verlusten bei den Banken führen.

cc) Darüber hinaus belegt in der Erläuterung der Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität vorgenommene Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung weiterer Variablen, das Vorliegen eines zyklischen Systemrisikos. Dieser Gesamtbetrachtung schließt sich die Bundesanstalt an.

Die Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität vom 27. Mai 2019 stellt selber zwar weder eine wesentliche Variable zur Abwendung des zyklischen Systemrisikos dar noch führt sie zu einer zwingenden Erhöhung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers. Die Empfehlung muss jedoch gemäß § 10d Absatz 3 Satz 3 KWG bei der Festlegung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers berücksichtigt werden.

Die Bundesanstalt hat die Empfehlung sowie die Ausführungen in der Erläuterung nachvollzogen und diese auch unter Berücksichtigung von Daten bewertet, die erst nach Verabschiedung der Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität vom 27. Mai 2019 verfügbar waren. Zu den Details wird auf die Ausführungen in den Gründen unter I. dieser Allgemeinverfügung verwiesen.

Inhaltlich schließt sich die Bundesanstalt daher den Ausführungen in der Erläuterung zur Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität unter dem Punkt B. II. vollumfänglich an und macht sich diese Ausführungen zu eigen. Auch nach Ansicht der Bundesanstalt ergibt die Gesamtbetrachtung aller vorliegenden Variablen, dass ein zyklisches Systemrisiko zum aktuellen Zeitpunkt vorliegt:

Bereits die isolierte Betrachtung der Entwicklung der Kredit/BIP-Lücke deutet darauf hin, dass sich ein zyklisches Systemrisiko aufbaut, auch wenn die Kredit/BIP-Lücke aktuell noch nicht die Schwelle erreicht, bei der auf Basis der gesetzlichen Vorgaben ein positiver Puffer-Richtwert eine Erhöhung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers indiziert. Die Kredit/BIP-Lücken nach nationaler und standardisierter Methode bewegen sich dynamisch in Richtung des Schwellenwertes in Höhe von zwei Prozentpunkten. Für Details wird auf die Darstellung unter I. verwiesen. Ab einem Schwellenwert von zwei Prozentpunkten ergibt sich in der Regel ein positiver Pufferrichtwert.

Bezüglich der nationalen Methode gilt hierbei: Unterstellt man ein Kreditwachstum in Höhe des aktuellen vierteljährlichen Kreditwachstum (1,14 Prozent) und eine nominale BIP Entwicklung entsprechend der Prognose des Internationalen Währungsfonds9, dann würde dies nach nationaler Methode zu einem positiven Pufferrichtwert im dritten Quartal 2020 führen. Bei einer Entwickelung des Kreditwachstums entsprechend des durchschnittlichen langfristigen Kreditwachstums (1,44 Prozent - Durchschnitt seit 1968) würde im zweiten Quartal 2020 ein positiver Pufferrichtwert angezeigt werden.

Nach der standardisierten Methode würde bereits sogar im nächsten Quartal (viertes Quartal 2019) ein positiver Pufferrichtwert folgen, wenn man nach der standardisierten Methode ein aktuelles vierteljährliches Kreditwachstum (1,74 Prozent) oder ein durchschnittlich langfristiges Kreditwachstum (1,40 Prozent - Durchschnitt seit 1968) und eine nominale BIP Entwicklung entsprechend der Prognose des Internationalen Währungsfonds unterstellt. Die Unterschiede im Kreditwachstum im Vergleich zur nationalen Methode liegen insbesondere darin begründet, dass bei der standardisierten Methode ein breites Kreditaggregat verwendet wird, um die Verschuldung des inländischen privaten nichtfinanziellen Sektors abzubilden. Des Weiteren liegt das aktuellste Kreditaggregat für die standardisierte Methode für das vierte Quartal 2018 vor, wohingegen das Kreditaggregat für die nationale Methode bereits für das erste Quartal 2019 verfügbar ist.10

Soweit in der Anhörung Kritik daran geäußert wurde, dass die aktuellen Berechnungen zur Kredit/BIP-Lücke nicht zu einem positiven Pufferrichtwert führen würden, ist anzumerken, dass hieraus nicht folgt, dass eine Erhöhung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers nicht erfolgen kann. Die Entscheidung über die Festlegung der Quote des antizyklischen Kapitalpuffers folgt vielmehr – wie oben ausgeführt – dem Grundsatz des regelgeleiteten Ermessens (wie auch vom Europäischen Ausschuss für Systemrisiken empfohlen, Empfehlung ESRB 2014/1). Neben der Entwicklung der Kredit/BIP-Lücke werden sowohl weitere unterstützende Indikatoren als auch andere gegenwärtig als relevant erachtete Informationen bei der Entscheidung berücksichtigt. Das bedeutet, die Entscheidung über die Festlegung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers basiert gerade nicht nur auf der regelgeleiteten Komponente. In der Europäischen Union werden auch in verschiedenen anderen Ländern antizyklische Kapitalpuffer erhoben, ohne dass die regelgeleitete Komponente dies anzeigt.

Darüber hinaus sprechen auch weitere in der Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität ausgeführte Punkte für das Vorliegen eines zyklischen Systemrisikos: Es besteht das Risiko, dass die Banken die Kreditrisiken unterschätzen. Die gute konjunkturelle Entwicklung in den vergangenen Jahren führte zu sinkenden Kreditrisiken, welche mit einem Rückgang der Risikovorsorge und der risikogewichteten Aktiva für Marktrisiken einhergingen. In einem wirtschaftlichen Abschwung könnte es zu einem Anstieg der Kreditausfälle kommen. In diesem Szenario würden sowohl die Risikovorsorge als auch die risikogewichteten Aktiva steigen und die Eigenkapitalquoten der Banken belasten.

Hinzu kommt, dass die Wohnimmobilienpreise seit geraumer Zeit steigen und nach Einschätzung der Deutschen Bundesbank erhebliche Überbewertungen in Städten vorliegen. Hier besteht die Gefahr, dass es zu einer Überschätzung der Kreditsicherheiten gekommen ist. Ein wirtschaftlicher Abschwung kann zu Ausfällen bei Wohnimmobilienkrediten und steigenden Verlustquoten bei Verwertung der Wohnimmobiliensicherheiten führen und so die Eigenkapitalquoten der Banken belasten.

Entgegen dem Vorbringen in der Anhörung erfolgt die Festsetzung des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers explizit nicht auf Basis von Vermutungen über aufweichende Kreditvergabestandards. Der Ausschuss für Finanzstabilität argumentiert in seiner Erläuterung zur Empfehlung vom 27. Mai 2019 ausschließlich mit Bestandsrisiken. Bestandsrisiken resultieren aus zurückliegenden deutlichen Preissteigerungen, die nach Einschätzung der Deutschen Bundesbank11 zu erheblichen Überbewertungen in Städten geführt haben. Hieraus ergeben sich substanzielle Rückschlagspotenziale. Ein allgemeiner wirtschaftlicher Rückgang und steigende Arbeitslosigkeit können zu Kreditausfällen führen. Banken, die angesichts der oben genannten Überbewertungen Kreditsicherheiten zu hoch angesetzt haben, drohen in einem solchen Szenario Verluste, da die Verwertungserlöse aus den Kreditsicherheiten möglicherweise nicht hinreichend sind, um ausgefallene Kredite glattstellen zu können. Dieses Teilrisiko wird durch die Erhöhung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers präventiv mit adressiert. Die in der Anhörung angesprochene Umfrage zielt dagegen ganz vorrangig auf die Verbesserung der aufsichtlichen Datenlage zu den Vergabestandards. Die Verfügbarkeit der Daten aus der Umfrage ist daher für die Begründung der Bestandsrisiken und den Einsatz kapitalbasierter Maßnahmen nach Auffassung der Bundesanstalt nicht maßgeblich.

Schließlich tragen die langanhaltend niedrigen Zinsen zur Risikolage bei. Hierzu zählen einerseits Belastungen für Erträge der Institute und ein Anreiz zur erhöhten Risikonahme sowie andererseits Risiken in Folge von abrupten Zinsanstiegen bei Refinanzierungskosten und Wertentwicklungen zinstragender Positionen.

Soweit in der Anhörung angeführt wurde, dass keine Zinsrisiken bestünden, die eine Erhöhung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers rechtfertigten, teilt die Bundesanstalt diese Auffassung nicht. In der Erläuterung der Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität wird ausgeführt, dass die Summe der beschriebenen und teilweise interdependenten Risiken ein Szenario eines zyklischen systemischen Risikos ergibt.

In der Erläuterung der Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität werden hierbei zwei mögliche Zinsszenarien beschrieben, die in Kombination mit den anderen Risiken ein zyklisches Systemrisiko begründen. Zum einen wird das Szenario eines abrupten Zinsanstieges, zum anderen das Szenario eines langanhaltend niedrigen Zinsumfeldes erläutert. Wie oben erläutert belasten langanhaltend niedrige Zinsen die Erträge aus dem Zinsgeschäft und somit auf längere Sicht auch die Solvenz der Banken. Des Weiteren setzt eine schwache Ertragslage für die Banken einen Anreiz, aufgrund geringer Zinsmargen, Erträge über eine verstärkte Risikonahme und eine Ausweitung der Kreditvergabe zu erzielen. Ein solches Szenario erhöht die Gefahren für die Finanzstabilität. Bei einem Szenario eines abrupten Zinsanstiegs verteuert sich kurz- bis mittelfristig die Refinanzierung und kann zu einem Wertverfall vor allem der zinstragenden Aktiva mit festgeschriebenem Zins führen.

Die Bundesanstalt ist aufgrund der in der Erläuterung der Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität beschriebenen Risiken der Auffassung, dass zyklische Systemrisiken bestehen, die die Finanzstabilität beeinträchtigen können. Die Erhöhung des antizyklischen Kapitalpuffers ist eine präventive Maßnahme, basierend auf der Abwägung aller vorliegenden Informationen in der Gesamtschau. Wie auch in der Erläuterung zur Empfehlung dargestellt, sollen makroprudenzielle Maßnahmen im Allgemeinen präventiv wirken und so die Widerstandsfähigkeit der Darlehensgeber gegen unerwartete negative Entwicklungen („Schocks“) stärken. Der antizyklische Kapitalpuffer hat damit den Charakter einer Absicherung für den Fall, dass die beschriebenen Risiken eintreten, mit dem Ziel, dass die Widerstandsfähigkeit der Banken erhöht wird.

Die oben aufgeführten und teilweise interdependenten Risiken zeigen, dass ein zyklisches Systemrisiko vorliegt.

Sofern ein wirtschaftlicher Abschwung eintritt, besteht bei unzureichender Verlusttragfähigkeit der Banken die Gefahr, dass diese mit bilanziellen Maßnahmen reagieren. Stehen keine ausreichenden Überschusseigenmittel zur Verfügung und ist eine Kapitalisierung durch einbehaltene Gewinne oder Kapitalerhöhungen nicht möglich, sind Einschränkungen bei der Kreditvergabe an die Realwirtschaft nicht auszuschließen. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Vielzahl von betroffenen Instituten gleichgerichtet agiert.

3. Bezüglich der Kalibrierung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers auf 0,25 Prozent des nach Artikel 92 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 ermittelten Gesamtforderungsbetrags schließt sich die Bundesanstalt den Ausführungen in der Erläuterung zur Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität unter dem Punkt B. III. an und macht sich diese Ausführungen zu eigen.

4. Die Erhöhung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers mit Wirkung zum 01. Juli 2019 (für die Berechnung der institutsspezifischen antizyklischen Kapitalpuffer-Quote anzuwenden ab dem 01. Juli 2020) auf 0,25 Prozent des nach Artikel 92 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 ermittelten Gesamtforderungsbetrags ist auch verhältnismäßig.

Wie oben ausgeführt dient die Erhöhung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers mittelbar der Stärkung der Eigenmittelbasis der Kreditinstitute in Zeiten des wirtschaftlichen Wachstums, um diesen in schwierigen Zeiten durch die zusätzlichen Mittel die Absorption von Verlusten zu ermöglichen und so die Realisierung systemweiter Risiken zu verhindern.12

Hierzu ist die Erhöhung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers mit Wirkung zum 01. Juli 2019 auf 0,25 Prozent des nach Artikel 92 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 ermittelten Gesamtforderungsbetrags geeignet.

Zu Recht hat der Ausschuss für Finanzstabilität in der Erläuterung der Empfehlung festgestellt, dass insbesondere die Erhöhung mikroprudenzieller Mindestkapitalanforderungen zur Abwehr der Gefahr für die Finanzstabilität nicht in Betracht kommen. Mikroprudenzielle Mindesteigenkapitalanforderungen können anders als makroprudenzielle Puffer wie der antizyklische Kapitalpuffer nicht zur Verlustabsorption im laufenden Geschäftsbetrieb der Bank (going concern) genutzt werden und sind daher zur Erreichung des Zwecks nicht geeignet.

Die Bundesanstalt schließt sich auch der Aussage in der Erläuterung der Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität vom 27. Mai 2019 an, dass eine Erhöhung der mikroprudenziellen Mindestanforderungen nicht geeignet ist, um dem zyklischen Systemrisiko zu begegnen. Möglich wäre zwar eine Anpassung sektoraler Risikogewichte zumindest für den Immobilienbereich über Artikel 124 und Artikel 164 CRR. Dies würde aber das zyklische Systemrisiko – wie in der Erläuterung der Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität vom 27. Mai 2019 richtig ausgeführt – kurzfristig erhöhen und zudem Fehlanreize zur Verlagerung der Kreditvergabe schaffen.

Ferner macht sich die Bundesanstalt die Ausführungen in der Erläuterung der Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität vom 27. Mai 2019 zu eigen, dass eine Erfassung der zyklischen Systemrisiken über einen institutsspezifischen Säule-2-Zuschlag nicht möglich ist. Denn hierbei handelt es sich um ein mikroprudenzielles Instrument und kein makroprudenzielles Instrument. Dieses stellt als solches nicht auf zyklische Systemrisiken ab. Vielmehr wird bei einem institutsspezifischen Säule-2-Zuschlag auf die institutsspezifischen Umstände abgestellt.

Die Erhöhung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers mit Wirkung zum 01. Juli 2019 auf 0,25 Prozent des nach Artikel 92 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 ermittelten Gesamtforderungsbetrags ist darüber hinaus auch zur Zweckerreichung erforderlich. In Übereinstimmungen mit den Ausführungen in der Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität vom 27. Mai 2019 sieht die Bundesanstalt keine milderen, gleich wirksamen Mittel.

Selbst wenn die oben dargestellten Ansätze geeignet wären, um dem zyklischen Systemrisiko zu begegnen, würden sie die betroffenen Unternehmen insgesamt nicht weniger stark belasten. Um dem zyklischen Systemrisiko mit mikroprudenziellen Maßnahmen in ähnlicher Weise zu begegnen wie mit makroprudenziellen Maßnahmen, müsste auch in diesem Fall die Eigenkapitalbasis entsprechend gestärkt werden, so dass die mikroprudenziellen Anforderungen insgesamt in gleicher Höhe kalibriert werden müssten. Außerdem sind die Folgen einer Verletzung einer solchen Kapitalanforderung potentiell gravierender, als die Unterschreitung einer Kapitalpuffer-Anforderung.

In der Anhörung wurde darüber hinaus die Auffassung geäußert, dass bereits die Eigenmittelzielkennziffer positive Auswirkungen auf die Finanzstabilität habe, da diese auf alle Institute angewendet werde. Soweit dies als Einwand dahingehend gemeint ist, dass eine Erhöhung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers nicht erforderlich ist, schließt sich die Bundesanstalt dieser Auffassung nicht an.

Bei der Eigenmittelzielkennziffer handelt es sich um eine weiche, mikroprudenzielle Kapitalanforderung, die keine unmittelbare Rechtswirkung entfaltet. Die Ermittlung dieser Kapitalanforderung erfolgt institutsindividuell und sollte daher nicht mit einer pauschal erhobenen makroprudenziell Maßnahme verwechselt werden. Darüber hinaus gehört der antizyklische Kapitalpuffer zur kombinierten Kapitalpuffer-Anforderung (§ 10i KWG) und hat damit unmittelbare Rechtswirkungen. So greifen zum Beispiel bei Unterschreitung der kombinierten Kapitalpuffer-Anforderung automatisch Ausschüttungssperren.

Die Erhöhung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers ist auch nicht deswegen nicht erforderlich, weil die zukünftig zusätzlichen Anforderungen bei der Eigenkapitalausstattung von vielen Unternehmen bereits aus Überschusskapital bedient werden kann. Wie im Vorabsatz ausgeführt, gehört der antizyklischen Kapitalpuffer zur kombinierten Kapitalpuffer-Anforderung nach § 10i KWG. Demgegenüber kann die Vorhaltung von Eigenkapital über die rechtlich normierten Eigenmittelanforderungen hinaus aufsichtsrechtlich nicht ohne Weiteres durchgesetzt werden.

Auch im Übrigen sind keine milderen, gleich wirksamen Mittel erkennbar, um dem zyklischen Systemrisiko zu begegnen.

Schließlich ist die Erhöhung der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers auch angemessen. Zwar werden die betroffenen Institute durch die Maßnahme mittelbar belastet, da die Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers zur Berechnung der institutsspezifischen antizyklischen Kapitalpuffer-Quote nach § 10d Absatz 2 KWG angewendet werden muss und die betroffenen Institute hierdurch zusätzliche Eigenmittelanforderungen erfüllen müssen. Allerdings werden nach Erkenntnissen der Bundesanstalt die betroffenen Institute nicht übermäßig belastet. Wie in den Ausführungen in den Gründen unter I. dieser Allgemeinverfügung ausgeführt wird, hat die Bundesanstalt hierzu Berechnungen vorgenommen, die ergeben haben, dass die zusätzlichen Eigenmittelanforderungen von den betroffenen Instituten insgesamt getragen werden können, zumal diese nach Erlass der Allgemeinverfügung zwölf Monate Zeit haben, etwaig notwendige Vorkehrungen zur Einhaltung der zusätzlichen Eigenmittelanforderungen zu treffen. Der Belastung der Institute steht zudem die Abwehr schwerwiegender Gefahren für das Finanzsystem als Ganzes gegenüber.

Der Angemessenheit der Maßnahme stehen auch die in der Anhörung geäußerten Bedenken nicht entgegen, dass die Maßnahme prozyklisch wirken könne. Wie in der Erläuterung zur Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität erläutert wird, befindet sich die deutsche Wirtschaft ungeachtet der aktuellen konjunkturellen Eintrübung weiterhin auf Wachstumskurs. Des Weiteren wird in der Erläuterung dargelegt, dass der antizyklische Kapitalpuffer vierteljährlich auf seine Angemessenheit hin überprüft und gegebenenfalls angepasst wird. Dies gilt auch für die zwölfmonatige Einführungsphase des antizyklischen Kapitalpuffers. Daraus folgt, dass die Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers quartalsweise angepasst werden und so kurzfristig auf mögliche negative Entwicklungen reagiert werden kann.

Die Bundesanstalt ist allerdings weiterhin der Auffassung, dass die Erhöhung des antizyklischen Kapitalpuffers die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems erhöht und so die Wahrscheinlichkeit prozyklischer Reaktionen des Bankensystems in einem wirtschaftlichen Abschwungszenario verringert wird. In der momentanen Situation ist nicht ersichtlich, dass der Aufbau zusätzlichen Eigenkapitals negative prozyklische Effekte entfaltet.

Zu Ziffer 2

Die Bestimmung des erstmaligen Anwendungszeitpunkts erfolgt auf Grundlage des § 10d Absatz 4 Satz 1 KWG. Die Frist von 12 Monaten ergibt sich dabei aus § 10d Absatz 4 Satz 2 KWG.

Zu Ziffer 3

Der Adressatenkreis ergibt sich aus § 10d Absatz 1 KWG, § 2 Absätze 9c, 9e, 9g, 9h KWG.

Zu Ziffer 4

Der Bekanntgabezeitpunkt beruht auf § 17 Absatz 2 des Gesetzes über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz - FinDAG) i. V. m. § 41 Absatz 4 Satz 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG).

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Bonn oder Frankfurt am Main erhoben werden.

Raimund Röseler

Fußnoten

  1. 1 Bei der nationalen Methode zur Berechnung der Kredit/BIP-Lücke werden zum einen nur Kredite inländischer MFIs (Banken und Geldmarktfonds) an den nichtfinanziellen Sektor berücksichtigt und zum anderen wird der Pufferrichtwert nicht erhöht, wenn die Jahreswachstumsrate des Bruttoinlandprodukts negativ ist (eine Rezession vorliegt). Der Grund für die erste Anpassung ist eine lange Historie der MFI-Kredit-Zeitreihe (bis 1968) sowie das Vorliegen von für statistische Brüche (bspw. Wiedervereinigung) bereinigten Daten. Die Idee der zweiten Anpassung ist, den Pufferrichtwert nicht in einem ökonomischen Abschwung zu erhöhen und damit die Kreditvergabe in einer solchen Phase zu dämpfen. Die nationale Methode weicht damit von der standardisierten Methode nach Basel ab.
  2. 2 IWF Mission Concluding Statement 17. Mai 2019
  3. 3 vgl. "Basel III: Ein globaler Regulierungsrahmen für widerstandsfähigere Banken und Bankensysteme", Rn. 136 ff.; der Antizyklische Kapitalpuffer wird dort in der deutschen Übersetzung als "Antizyklisches Kapitalpolster" bezeichnet.
  4. 4 vgl. "Basel III: Ein globaler Regulierungsrahmen für widerstandsfähigere Banken und Bankensysteme", Rn. 136; Erwägungsgründe 79 bis 82 CRD.
  5. 5 vgl. Erwägungsgrund 80 CRD
  6. 6 vgl. Erwägungsgrund 81 CRD
  7. 7 vgl. auch Erwägungsgrund 1 ESRB/2014/1
  8. 8 Vgl. z.B. Mian und Sufi (2014), House of Debt, University of Chicago Press. Detken et al. (2014), Operationalising the Countercyclical Capital Buffer: Indicator Selection, Threshold Identification and Calibration Options, ESRB Occasional Paper Series, Nr. 5, Juni 2014. Roy und Kemme (2011), What is Really Common in the Run-up to Banking Crises? Economics Letters, Vol. 113, S. 211-214. Barrell et al. (2010), Bank Regulation, Property Prices and Early Warning Systems for Banking Crises in OECD Countries, Journal of Banking and Finance, Vol. 34, S. 2255–2264.
  9. 9 IMF World Economic Outlook Database, April 2019
  10. 10 vgl. Methodenpapier S. 15
  11. 11 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Februar 2019, S. 57
  12. 12 vgl. hierzu auch Erwägungsgrund 80 CRD

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