Erscheinung:17.12.2018 | Geschäftszeichen WA 21-FR 1900-2018/0002 Allgemeinverfügung Nachhandelstransparenz Handelsplätze/Nichteigenkapitalinstrumente
Bekanntmachung vom 17.12.2018 nach § 41 Absatz 3 und 4 VwVfG in Verbindung mit § 17 Absatz 2 FinDAG zum Zwecke der Bekanntgabe der Allgemeinverfügung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Weiteren: Bundesanstalt) zum 02.01.2019 bezüglich der Nachhandelstransparenzanforderungen für Handelsplätze im Hinblick auf Schuldverschreibungen, strukturierte Finanzprodukte, Emissionszertifikate und Derivate nach Artikel 11 Absatz 1 und Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 173 vom 12.06.2014, S. 84; L 6 vom 10.01.2015, S. 6; L 270 vom 15.10.2015, S. 4; L 278 vom 27.10.2017, S. 54), die zuletzt durch Verordnung (EU) 2016/1033 (ABl. L 175 vom 30.06.2016, S. 1) geändert worden ist – („MiFIR“), Delegierte Verordnung (EU) 2017/583 der Kommission vom 14. Juli 2016 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates über Märkte für Finanzinstrumente durch technische Regulierungsstandards zu den Transparenzanforderungen für Handelsplätze und Wertpapierfirmen in Bezug auf Anleihen, strukturierte Finanzprodukte, Emissionszertifikate und Derivate (ABl. L 87 vom 31.03.2017, S. 229; L 276 vom 26.10.2017, S. 78)
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit ergeht folgende
Allgemeinverfügung:
I. Hiermit gestatte ich nach Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 und 2 auch in Verbindung mit Absatz 3 der MiFIR Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 2 Absatz 10 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), die Handelsplätze gemäß § 2 Ab-satz 8 Nr. 8 oder Nr. 9 WpHG betreiben und über eine Genehmigung nach Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 3 MiFIR verfügen, Einzelheiten zu Geschäften im Sinne des Artikels 11 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstaben a) bis c) MiFIR, Artikel 8 Absatz 1 Buchstaben a) bis d) Delegierte Verordnung (EU) 2017/583 zu einem späteren Zeit-punkt als gemäß Artikel 10 MiFIR vorgeschrieben wie folgt zu veröffentlichen.
Diese Gestattung umfasst nach Wahl des Wertpapierdienstleistungsunternehmens folgende Arten der späteren Veröffentlichung: a) die spätere Veröffentlichung des entsprechenden Geschäfts gemäß Artikel 8 Absatz 1 Delegierte Verordnung (EU) 2017/583 oder b) nach Artikel 11 Absatz 3 MiFIR während des gesamten Zeitraumes eines verlängerten Aufschubs eine Veröffentlichung entsprechend der Vorgaben nach Artikel 11 Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstaben b) bis d) MiFIR, auch in Verbindung mit Unter-absatz 2, und Artikel 11 Delegierte Verordnung (EU) 2017/583.
II. Diese Allgemeinverfügung wird mit Wirkung zum 02.01.2019 wirksam.
III. Diese Allgemeinverfügung ist bis zum 01.01.2020 befristet.
IV. Diese Allgemeinverfügung kann von der Bundesanstalt jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden.
Begründung:
I.
Zum 03.01.2018 sind die Regelungen der MiFIR in Bezug auf die Nachhandelstransparenzpflichten in Kraft getreten. Mit Allgemeinverfügung vom 02.01.2018 (Gz. WA 21-FR 1900-2017/0001) hatte die Bundesanstalt eine spätere Veröffentlichung von Geschäften mit Nichteigenkapitalinstrumenten an Handelsplätzen, die durch ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen betrieben werden, gestattet. Diese Allgemeinverfügung ist bis zum 01.01.2019 befristet.
II.
Die Allgemeinverfügung stützt sich auf Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 und 2 auch in Verbindung mit Absatz 3 der MiFIR.
Die formellen Voraussetzungen der Allgemeinverfügung sind gegeben. Zuständige Behörde für die Gestattung einer späteren Veröffentlichung nach Artikel 11 Absatz 1 und Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 11 Absatz 3 MiFIR in Bezug auf die Verpflichtungen von Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach Artikel 10 Absatz 1 MiFIR ist nach § 6 Absatz 2 WpHG die Bundesanstalt.
Die materiellen Voraussetzungen der Allgemeinverfügung liegen ebenfalls vor, insbesondere ist sie von Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 und 2 auch in Verbindung mit Absatz 3 der MiFIR gedeckt.
Grundsätzlich veröffentlichen Wertpapierfirmen, die einen Handelsplatz betreiben, nach Artikel 10 Absatz 1 Satz 1 MiFIR Kurs, Volumen und Zeitpunkt der Geschäfte, die auf dem Gebiet der Schuldverschreibungen, strukturierten Finanzprodukte, Emissionszertifikate und Derivate, die an einem Handelsplatz gehandelt werden, getätigt wurden. Marktbetreiber und Wertpapierfirmen, die einen Handelsplatz betreiben, veröffentlichen gemäß Artikel 10 Absatz 1 Satz 2 MiFIR die Einzelheiten zu sämtlichen Geschäften so nah in Echtzeit wie technisch möglich.
Nach Artikel 11 Absatz 3 MiFIR können die zuständigen Behörden Wertpapierfirmen gestatten, bei Vorliegen der entsprechend Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 2 MiFIR in Verbindung mit den in Artikel 8 Absatz 1 Delegierte Verordnung (EU) 2017/583 festgelegten Voraussetzungen eine spätere Veröffentlichung in der Variante des Artikels 11 Absatz 1 oder in den in Artikel 11 Absatz 3 MiFIR in Verbindung mit den jeweiligen technischen Standards geltenden Varianten vorzunehmen.
Die Allgemeinverfügung richtet sich an die richtigen Adressaten, denn Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die einen Handelsplatz betreiben, sind Wertpapierfirmen im Sinne der Ermächtigungsgrundlage.
Für die Definition des Begriffes Wertpapierfirma verweist Artikel 2 Absatz 1 Nr. 1 MiFIR auf die Vorschrift des Artikels 4 Absatz 1 Nr. 1 Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.06.2014, S. 349; L 74 vom 18.03.2015, S. 38; L 188 vom 13.07.2016, S. 28; L 273 vom 08.10.2016, S. 35; L 64 vom 10.03.2017, S. 116), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2016/1034 (ABl. L 175 vom 30.06.2016, S. 8) geändert worden ist („MiFID 2“), die in § 2 Absatz 10 WpHG umgesetzt wurde.
Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 2 Absatz 10 WpHG sind demgemäß vom Anwendungsbereich von Artikel 11 Absatz 1 MiFIR erfasst.
Das nach Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 und 2 und Absatz 3 MiFIR eröffnete Ermessen übe ich im Sinne des Erlasses der vorliegenden Allgemeinverfügung aus. Diese Allgemeinverfügung dient den von Artikel 11 MiFIR geschützten Zwecken und ist verhältnismäßig.
Die Pflicht zur Veröffentlichung von Geschäften mit Finanzinstrumenten dient dem Ziel der umfassenden und zeitnahen Transparenz des Marktgeschehens. Sie ist im Rahmen des von Artikel 11 Absatz 1 und 3 MiFIR eingeräumten Ermessens mit den Interessen der an den Geschäften Beteiligten und der Öffentlichkeit an einer marktschonenden Abwicklung des Geschäfts und der Vermeidung möglicher Fehlsignale und nachteiliger Auswirkungen auf die Liquidität der jeweiligen Finanzinstrumente abzuwägen.
Die Gestattung der verzögerten Veröffentlichung im Rahmen dieser Allgemeinverfügung stellt ein geeignetes Mittel dar, um das Informationsinteresse und das Ziel einer umfassenden Transparenz einerseits und die berechtigten Interessen der an den Geschäften Beteiligten und der Öffentlichkeit an einer marktschonenden Abwicklung des Geschäfts andererseits in Einklang zu bringen.
Es ist kein anderes Mittel ersichtlich, das in gleicher oder besserer Weise geeignet ist, die Interessen der Öffentlichkeit an maximaler Transparenz einerseits und der marktschonenden Abwicklung des Geschäfts andererseits in Einklang zu bringen. Würde die Bundesanstalt keinen Gebrauch von ihrer Gestattungsmöglichkeit in dieser Form machen, wären nachteilige Folgen für die Effizienz des Finanzmarktes möglich, da sonst auch solche Marktinformationen veröffentlicht werden müssten, bei denen nach unveränderter Einschätzung eine erhebliche Gefahr falscher Schlussfolgerungen und unverhältnismäßiger Marktreaktionen besteht, die die effiziente Preisbildung beeinträchtigen. Daneben könnte eine uneingeschränkte Transparenzpflicht zu Nachteilen für bestimmte Transaktionen führen und deren Verlagerung in andere Jurisdiktionen verursachen.
Außerdem sind die konkreten Entwicklungen und Reaktionen der Märkte aufgrund der neuen Regulierung nach wie vor noch nicht vollständig abzusehen. Ebenso können andere Faktoren der Marktentwicklung und Wechselwirkungen im europäischen Binnenmarkt Auswirkungen auf die von der Allgemeinverfügung geregelten Sachverhalte ausüben. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund der derzeit noch nicht in ihrer ganzen Tragweite absehbaren Folgen des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union.
Entsprechend ist es weiterhin angezeigt, den Rahmen zur Möglichkeit der Gestattung einer späteren Veröffentlichung auszuschöpfen. Die Verfügung ist damit auch erforderlich.
Sie ist auch angemessen, da die in Artikel 11 Absatz 1, Unterabsatz 2 Buchstaben a), b) und c) und Absatz 3 MIFIR bestimmten Bedingungen für die Gestattung einer späteren Veröffentlichung von Geschäften sowie die Möglichkeiten der Reichweite einer späteren Veröffentlichung zum momentanen Zeitpunkt ein ausgewogenes und abgestuftes System zur Verfügung stellen, das sowohl den Interessen des Marktes an einer umgehenden Kenntnis abgeschlossener Geschäfte als auch die entgegenstehenden Interessen der Geschäftsteilnehmer und der Öffentlichkeit in Einklang und in ein abgestimmtes Verhältnis bringt. Den Wertpapierdienstleistungsunternehmen soll deshalb freigestellt werden, für welche der geregelten Varianten sie sich entscheiden. Dies entspricht auch der Wertung des Verordnungsgebers, der mit Artikel 11 MiFIR gerade die hier gestatteten Konstellationen als Regelbeispiele für eine mögliche Gestattung der späteren Veröffentlichung vorsieht.
Um die genannte Wahlfreiheit der Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu erhalten, verzichtet die Bundesanstalt darauf, in Verbindung mit der Gestattung der späteren Veröffentlichung die Veröffentlichung nur weniger Einzelheiten zu einem Geschäft oder die Veröffentlichung der Einzelheiten zu mehreren Geschäften in aggregierter Form oder eine Kombination von beidem während des Zeitraums des gewährten Aufschubs im Sinne von Artikel 11 Absatz 3 Buchstabe a) MiFIR, Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe a) Unterabsatz i) und ii) Delegierte Verordnung (EU) 2017/583 zu fordern.
Die Befristung und der Widerrufsvorbehalt dieser Allgemeinverfügung werden in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens angeordnet.
Hierbei ist insbesondere das gesetzgeberische Ziel der MiFIR, die Erhöhung der Transparenz, eines der gemeinsamen Prinzipien bei der Stärkung des Finanzsystems (siehe Erwägungsgrund 1 der MiFIR), zu berücksichtigen. Diesem Ziel hat auch diese Allgemeinverfügung Rechnung zu tragen.
Grundsätzlich geht der Gesetzgeber von einer Veröffentlichung von Geschäften so nah in Echtzeit wie technisch möglich aus. In Abweichung von diesem Grundsatz sieht der Gesetzgeber Ausnahmen unter bestimmten Voraussetzungen vor. Davon macht die Bundesanstalt aus den oben genannten Gründen Gebrauch. Mit der Befristung soll sichergestellt werden, dass die Ausgestaltung des Rahmens für die Nachhandelstransparenz auf den Regelfall einer größtmöglichen Transparenz zurückgeführt wird.
Durch die Befristung bis zum 01.01.2020 wird die Maßnahme dabei so gestaltet, dass die Bundesanstalt die Möglichkeit erhält, Wirkweisen der Transparenzanforderungen zu analysieren und auf dieser Grundlage über weitere Schritte zu entscheiden.
Darüber hinaus gibt der Widerrufsvorbehalt der Bundesanstalt die Möglichkeit, auch innerhalb des Befristungszeitraums flexibel auf kurzfristige Entwicklungen zu reagieren.
Entsprechend wird die Bundesanstalt weiterhin regelmäßig beobachten, ob neue Sachverhalte vorliegen, aufgrund derer sie ihr Ermessen dahingehend ausübt, die gestattete spätere Veröffentlichung von Geschäften nach dieser Verfügung ganz oder in Teilen zu widerrufen.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Bonn oder Frankfurt am Main erhoben werden.
Elisabeth Roegele