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Erscheinung:25.03.2020, Stand:geändert am 17.03.2022AUSGELAUFEN: Muss eine einzelfallbezogen gestundete Verbindlichkeit (z.B. eine Stundung einer Annuität) als ausgefallen gezählt werden? Wann führt eine einzelfallbezogene Stundung zu einem Abzug vom Eigenkapital und ist sie vereinbar mit den MaRisk?

Wenn eine Verbindlichkeit einzelfallbezogen, d.h. nicht im Rahmen eines allgemeinen Zahlungsmoratoriums, gestundet wird, aber auf die gestundeten Beträge eine Verzinsung zu den ursprünglich vereinbarten Konditionen („zum ursprünglichen Effektivzins“) vereinbart ist, bewirkt dies für sich genommen nicht, dass der Schuldner als ausgefallen gilt.

Eine solche Stundung bewirkt nämlich zum einen, dass die Verbindlichkeit innerhalb des mitgeteilten Limits bleibt, so dass keine „überfällige wesentliche Verbindlichkeit“ nach Art. 178 (1) b) CRR entsteht. Zum anderen gilt bei einer solchen Stundung die finanzielle Verpflichtung des Schuldners nicht als verringert, so dass keine „krisenbedingte Restrukturierung“ nach Art. 178 (3) d) CRR vorliegt. Auch im Fall einer solchen Stundung kann das Institut es jedoch als unwahrscheinlich ansehen, dass der Schuldner seine Verbindlichkeiten gegenüber dem Institut vollständig begleichen wird, so dass der Schuldner dann aus diesem Grund nach Art. 178 (1) a) CRR als ausgefallen gilt.

Hintergrund: Nach der Konkretisierung der Ausfalldefinition, die einige Institute schon umgesetzt haben und die übrigen Institute bis 31.12.2020 umsetzen werden, gilt eine finanzielle Verpflichtung dann als nicht wesentlich verringert, wenn der Barwert der erwarteten ausstehenden Zahlungen, gerechnet zum ursprünglichen Effektivzinssatz des Kunden, um nicht mehr als 1% sinkt. (BaFin-Rundschreiben 3/2019 (BA) in Verbindung mit EBA/GL/2016/17, Rn 51). In Ermangelung anderer Kriterien nimmt die Aufsicht dies unabhängig vom jeweiligen Implementierungsstand des jeweiligen Instituts als Benchmark für die Einschätzung, ob durch die Stundung ein relevanter Barwertverlust entsteht.

Die Regelung des Art. 178 CRR gilt auch für den Prudential Backstop (Art. 47a ff. CRR) und ist auch Maßstab für den NPL-Kapitalabzug. Mit anderen Worten fällt dieser Fall unter „living forbearance“ und damit nicht unter den Prudential Backstop. Gleiches gilt für den EZB NPL Calendar, der für bedeutende Institute (Significant Institutions – SIs) Anwendung findet.

Im Übrigen stehen auch die MaRisk einer solchen pauschalen Ratenstundung nicht grundsätzlich entgegen. Sie regeln insbesondere nicht, nach welchen Kriterien und unter welchen Voraussetzungen eine einzelfallbezogene Stundung zugunsten eines Kreditnehmers oder Leasingnehmers überhaupt erfolgen darf. Dies muss ein Institut im Rahmen branchenüblicher Sorgfaltspflichten in eigener geschäftspolitischer Verantwortung entscheiden. Daran, was noch als branchenüblich gelten darf, sind im Fall einer solchen singulären Krise gewiss andere Maßstäbe anzulegen als in Normalzeiten. Dies wird auch bei späteren Prüfungen berücksichtigt.

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