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Thema Verbraucherschutz Bessere Liquiditätssteuerung bei Fonds

Mit Wirkung zum 28. März 2020 sind im Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) neue Instrumente in Kraft getreten, mit denen Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) die Liquidität der von ihnen verwalteten offenen Investmentvermögen besser steuern können.

Durch die Gesetzesänderungen können KVGen nun für einen breiteren Bereich von offenen Investmentvermögen, zum Beispiel OGAW als klassischen Wertpapierfonds, flexible Instrumente wie etwa Rückgabefristen, Rücknahmebeschränkungen und Swing Pricing nutzen – insbesondere bei Liquiditätsengpässen. Für Anleger bedeutet dies zwar möglicherweise Einschränkungen, die sie bei ihrer Finanzplanung berücksichtigen müssen. Die neuen Maßnahmen sollen jedoch verhindern, dass KVGen die Anteilscheinrücknahme vollständig aussetzen müssen – das würde die Anleger noch stärker belasten. Denn bislang bestand lediglich die Möglichkeit, die Rücknahme der Anteilscheine auszusetzen, wenn die KVG bei dem Investmentvermögen nicht über eine ausreichende Liquidität verfügte, um alle Rücknahmeverlangen zu bedienen. Dies bedeutete, dass der Anleger seine Anteile an dem Investmentvermögen bis auf weiteres überhaupt nicht mehr zurückgeben konnte.

Die Liquiditätsmaßnahmen im Einzelnen:

Rückgabefristen

Rückgabefristen bestimmen den zeitlichen Vorlauf, mit dem Anleger ihre Anteile an die KVG zurückgeben können. Es handelt sich hierbei um eine dauerhafte Maßnahme; die Rückgabefrist gilt für jedes Rückgabeverlangen des Anlegers. Bei offenen Publikumsinvestmentvermögen beträgt die gesetzliche Höchstdauer der Frist einen Monat, wobei die KVG innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens nach pflichtgemäßem Ermessen für das jeweilige Investmentvermögen eine individuelle Rückgabefrist festlegt.

Beispiel: Sofern der Anleger seine Fondsanteile zurückgeben möchte und die KVG eine Rückgabefrist von einem Monat vorsieht, muss er sein Rückgabeverlangen der KVG gegenüber einen Monat vorher erklären.

Rücknahmebeschränkungen

KVGen können die Rücknahme von Anteilen pro Rückgabetag beschränken. Die gesetzlich festgelegte Höchstdauer für eine Rücknahmebeschränkung beträgt 15 Arbeitstage. Hierdurch soll eine klare Trennlinie zur Aussetzung der Anteilsrücknahme gezogen werden. Bei offenen Publikumsinvestmentvermögen müssen KVGen auf ihrer Internetseite mitteilen, wenn sie Rücknahmebeschränkungen aktivieren oder aufheben.

Die Rücknahmebeschränkung dient KVGen dazu, beim Investmentvermögen kurze Liquiditätsengpässe aufgrund von erhöhten Rückgabeverlangen der Anleger überbrücken und dadurch eine Aussetzung der Anteilsrücknahme vermeiden zu können. Als milderes Mittel zur Aussetzung der Anteilsrücknahme ist die Möglichkeit der Rücknahmebeschränkung mithin grundsätzlich im Interesse der Anleger des jeweiligen Investmentvermögens.

Beispiel: Ein Anleger möchte 100 Fondsanteile mit einem Gesamtwert von 5.000 Euro zurückgeben. Die KVG nimmt aufgrund einer Rücknahmebeschränkung lediglich 50 Rücknahmeverlangen pro Rückgabetag an. Dies bedeutet, dass der Anleger zunächst auch lediglich diese ersten 50 Fondsanteile mit einem Gesamtwert von 2.500 Euro zurückgeben kann. Im Hinblick auf die übrigen 50 Fondsanteile muss der Anleger am Folgetag gegebenenfalls einen neuen Auftrag abgeben, sofern er an deren Rückgabe festhalten möchte.

Swing Pricing

Beim Swing Pricing handelt es sich um eine Methode zur verursachergerechten Verteilung der durch Anteilsrücknahmen oder Anteilsausgaben verursachten Kosten bei der Berechnung des Nettoinventarwertes (NAV) eines Investmentvermögens. Es kann entweder als Dauermaßnahme angewandt werden, so dass bei einem Netto-Überschuss an Rückgaben oder Ausgaben für jeden An- oder Verkauf von Anteilen ein modifizierter NAV verwendet wird – das nennt sich „vollständiges Swing Pricing“. Das „teilweise Swing Pricing“ tritt hingegen erst bei Überschreiten eines zuvor festgelegten Schwellenwerts des Netto-Überschusses in Kraft. Mit dem Swing Pricing steht den KVGen ein modernes Instrument der Anlegergleichbehandlung zur Verfügung.

Beispiel: Eine KVG erhält ein sehr großes Rücknahmeverlangen und ist zu einem Verkauf von Vermögensgegenständen gezwungen, um dieses erfüllen zu können. Sie stellt die hierdurch entstehenden Kosten nunmehr ausschließlich dem zurückgebenden Anleger in Rechnung – und zwar über einen entsprechend reduzierten Anteilspreis. Die in dem Investmentvermögen verbleibenden Anleger haben mit den Kosten aus dieser Transaktion nichts zu tun.

Arbeitskreis zur Implementierung der Liquiditätsmaßnahmen

Damit die Liquiditätsmaßnahmen möglichst schnell umgesetzt werden können, hat sich die BaFin dafür ausgesprochen, dass sich die KVGen mit der Implementierung der Liquiditätsmaßnahmen intensiv auseinandersetzen. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesverband Investment und Asset Management e.V. (BVI) zusammen mit der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) bereits Anfang April 2020 einen Arbeitskreis ins Leben gerufen, an dem auch die BaFin teilnimmt. Der Fokus des Arbeitskreises liegt auf der technischen Implementierung, dem Vertrieb und der Vertragsgestaltung.

Bewertung aus Verbrauchersicht

Die neuen Instrumente zur Liquiditätssteuerung sind auf europäischer Ebene bereits vielfach implementiert. Sie sind sozusagen Notfallkonzepte für Zeiten, in denen sich ein Investmentvermögen in einer angespannten Liquiditätssituation befindet. Kommen sie zum Einsatz, so dient dies der Vermeidung belastenderer Maßnahmen für die Anleger wie beispielsweise der vollständigen Aussetzung der Rücknahme von Anteilsscheinen über einen längeren Zeitraum.

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