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Thema Verbraucherschutz Nachhaltige Geldanlage: Pflichtabfrage im Beratungsgespräch

Wenn Sie Ihr Geld nachhaltig anlegen wollen, können Sie ein Beratungsgespräch mit dem Anlageberater Ihrer Bank, Ihrer Sparkasse oder Ihres Finanzdienstleisters führen. Möchten Sie Ihr Geld in ein Anlageprodukt eines Versicherers investieren, können Sie sich an das Versicherungsunternehmen, einen Versicherungsvermittler oder -berater wenden. Bei der Beratung muss nach Ihren Nachhaltigkeitspräferenzen gefragt werden und es dürfen nur solche Produkte empfohlen werden, die Ihren Präferenzen entsprechen.

Geld anlegen und damit einen positiven Beitrag für den Klimaschutz, die Umwelt, ethische und soziale Aspekte leisten, gleichzeitig aber eine gute Rendite erzielen. Das umzusetzen, ist alles andere als einfach. Die Zahl von Finanzprodukten1, die als „ökologisch“, „sozial“, „grün“ und „klimafreundlich“ beworben werden, ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. In diesem Dschungel der nachhaltigen Anlagemöglichkeiten den Durchblick zu haben, ist gar nicht so einfach. Ein Beratungsgespräch kann Sie dabei unterstützen, die passenden Produkte zu finden. Bevor Sie sich zur nachhaltigen Geldanlage beraten lassen, könnten Sie für sich klären, was Ihnen in Sachen Nachhaltigkeit besonders wichtig ist.

Was fragt der Berater bzw. die Beraterin im Gespräch?

Im Beratungsgespräch werden Sie nach Ihren Nachhaltigkeitspräferenzen gefragt und es werden Ihnen Informationen zu den entsprechenden Nachhaltigkeitsmerkmalen gegeben. Dazu sind Beraterinnen und Berater2 seit dem 2. August 2022 gesetzlich verpflichtet3. Sie werden auch nach Ihren sonstigen Anlagezielen befragt, nämlich Ihrer gewünschten Anlagedauer, Ihrer Risikotoleranz und Ihrem Anlagezweck.

Um Ihre Nachhaltigkeitspräferenzen zu identifizieren, werden Sie im Beratungsgespräch gefragt, ob Sie Interesse an nachhaltigen Anlagemöglichkeiten haben.
Um das für Sie passende Produkt zu finden, können Sie festlegen, welche der nachfolgenden Aspekte Ihnen bei einer Investition wichtig sind:

  1. Das Produkt hat einen Mindestanteil an ökologisch-nachhaltigen Investitionen (EU-Taxonomie-Verordnung).
  2. Das Produkt hat einen Mindestanteil an nachhaltigen Investitionen (EU-Offenlegungsverordnung / Sustainable Finance Disclosure Regulation – SFDR).
  3. Das Produkt berücksichtigt die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren (Principal Adverse Impact – PAI).

Sie können auch entscheiden, dass das Finanzprodukt3, das Ihnen der Berater bzw. die Beraterin vorschlägt, mehrere oder alle drei Kriterien erfüllen soll.

1) Sie entscheiden sich für ein Produkt, das ökologisch-nachhaltige Investitionen tätigt:

Wenn Sie sich für ein Finanzprodukt entscheiden, das ökologisch-nachhaltige Investitionen tätigt, wird Ihr Berater Ihnen ein Produkt vorgeschlagen, das in Wirtschaftsaktivitäten investiert, die dazu beitragen, Umweltziele der EU-Taxonomie zu erreichen. Dabei wird sichergestellt, dass das Produkt bestimmte soziale Mindeststandards erfüllt und andere Umweltziele nicht erheblich beeinträchtigt. Die sechs Umweltziele der EU-Taxonomie sind:

  • Klimaschutz,
  • Anpassung an den Klimawandel,
  • nachhaltige Nutzung und Schutz der Wasser und -Meeresressourcen,
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  • Vermeidung und Verringerung von Umweltverschmutzung sowie
  • Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme.

Die EU-Taxonomie gibt einen Rahmen vor, um umweltfreundliche wirtschaftliche Tätigkeiten innerhalb der EU allgemeingültig zu klassifizieren. Die wirtschaftlichen Tätigkeiten können dabei aus verschiedenen Sektoren kommen – zum Beispiel Energie und Verkehr. Gleichzeitig soll sie die Umstellung hin zu einer emissionsarmen ressourcenschonenden Wirtschaft fördern und beschleunigen.

2) Sie entscheiden sich für ein Produkt, mit dem nachhaltige Investitionen getätigt werden:

Wenn Sie sich für ein Finanzprodukt entscheiden, durch das nachhaltige Investitionen getätigt werden, wird Ihr Berater bzw. Ihre Beraterin Ihnen ein Produkt vorschlagen, mit dem in wirtschaftliche Aktivitäten investiert wird, die wesentlich zur Erreichung eines Umweltziels oder eines sozialen Ziels beitragen und bei dem das Unternehmen, in welches investiert wird, die Verfahrensweisen einer guten Unternehmensführung (Good Governance) anwendet.

Dabei gelten diese Investitionen nur als nachhaltig im Sinne der EU-Offenlegungsverordnung, wenn sie keines dieser Ziele erheblich beeinträchtigen.

Diese Ziele können als ESG-Ziele (Environment, Social, Governance) beschrieben werden:

  • Umweltziele sind zum Beispiel eine ressourceneffiziente Nutzung von Energien, Rohstoffen, Wasser und Boden, mehr biologische Vielfalt und eine Kreislaufwirtschaft.
  • Unter soziale Ziele fallen beispielsweise die Bekämpfung von Ungleichheit sowie die Förderung des sozialen Zusammenhalts und der sozialen Integration.
  • Die Unternehmen, in welche investiert wird, müssen außerdem die Ansprüche von „Good Governance“ erfüllen. Da geht es etwa um Einhaltung von Gesetzen und Regelwerken (Compliance), die Einhaltung der Steuervorschriften und Chancengleichheit für Positionen.

Was eine nachhaltige Investition im Sinne der EU-Offenlegungsverordnung ausmacht, wird dort in Artikel 2 Nr. 17 definiert. Die EU-Offenlegungsverordnung verpflichtet bestimmte Unternehmen dazu, transparent zu machen, welche Nachhaltigkeitsmerkmale ein Finanzprodukt aufweist und welche Ziele es in Sachen Nachhaltigkeit verfolgt. Dadurch sollen Verbraucherinnen und Verbraucher leichter erkennen, ob ein Finanzprodukt ihren individuellen Anforderungen entspricht, und entsprechende Finanzprodukte vergleichen können.

Die EU-Offenlegungsverordnung legt Transparenzpflichten für Finanzprodukte mit unterschiedlicher nachhaltiger Zielsetzung fest. Obwohl hierbei von sogenannten Artikel-6-, Artikel-8- und Artikel-9-Produkten gesprochen wird, handelt es sich nicht um allgemeingültige Label für „nachhaltige Produkte“. Die einzelnen Artikel machen vielmehr klar, welche Nachhaltigkeitsangaben das jeweilige Produkt erfüllen muss. Die Unternehmen müssen kontrollieren, ob mit einem Produkt beispielsweise ökologische oder soziale Merkmale beworben (Art. 8 SFDR) oder nachhaltige Investitionen angestrebt werden (Art. 9 SFDR). Die entsprechenden Informationen müssen die Unternehmen dann mitteilen.

3) Sie entscheiden sich für ein Produkt, das die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigt:

Wenn Sie in ein Finanzprodukt investieren möchten, dass die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren (PAI) berücksichtigt, kann Ihnen Ihr Berater bzw. Ihre Beraterin zum Beispiel ein Produkt vorschlagen, das negative Auswirkungen auf die Umwelt verhindert, indem es ausschließlich in Unternehmen investiert, die zum Beispiel ihren CO2-Ausstoß langfristig verringern oder langfristig keine Investitionen in bestimmte umweltschädliche Sektoren mehr tätigen wollen.

Bei den PAIs handelt es sich um die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren in den Bereichen Umwelt, Soziales und Beschäftigung, Achtung der Menschenrechte und Bekämpfung von Korruption und Bestechung. Die EU-Offenlegungsverordnung definiert Kriterien zur Messung dieser Auswirkungen, die sog. PAI-Indikatoren.

Sie können vorab festlegen, welche PAI durch das von Ihnen ausgewählte Produkt berücksichtigt werden sollen. Diese sind über alle ESG-Kategorien verteilt und umfassen übergeordnet beispielsweise Treibhausgas-Emissionen, Biodiversität, Abfall, Wasser, soziale Themen und Arbeitnehmerbelange.

Und wenn Ihnen kein Produkt angeboten werden kann, das Ihren Nachhaltigkeitspräferenzen entspricht?

Aktuell befindet sich der Rechtsrahmen noch in der Entwicklung. Es wird fortlaufend darüber nachgedacht, welche wirtschaftlichen Aktivitäten tatsächlich als nachhaltig einzustufen sind. Auch die Daten, die den Unternehmen zur Verfügung stehen, um die „Nachhaltigkeit“ einer Investition zu beurteilen, werden erst mit der Zeit weiter ausgebaut.

Dadurch kann es passieren, dass Ihr Berater bzw. Ihre Beraterin über kein Finanzprodukt verfügt, das Ihren Nachhaltigkeitspräferenzen entspricht. Das ist insbesondere dann möglich, wenn Sie einen sehr hohen Anteil an ökologisch-nachhaltigen Investitionen im Sinne der EU-Taxonomie-Verordnung bzw. nachhaltigen Investitionen im Sinne der EU-Offenlegungsverordnung wünschen.

Wenn Ihr Berater oder Ihre Beraterin Ihnen kein Finanzprodukt zu Ihren persönlichen Nachhaltigkeitspräferenzen anbieten kann, werden Sie von ihm oder ihr über die Gründe hierfür informiert. Er bzw. sie gibt Ihnen dann die Möglichkeit, Ihre Nachhaltigkeitspräferenzen anzupassen. Sie können frei entscheiden, ob Sie dies tun möchten. Der Berater oder die Beraterin darf auf Ihre Entscheidung keinen Einfluss nehmen.

BaFin-Erhebung: Mehrheit der Befragten kennt nachhaltige Finanzprodukte

65 Prozent der Befragten gaben an, dass sie Finanzprodukte kennen, die als nachhaltig oder grün gekennzeichnet sind oder ESG-Kriterien aufweisen. ESG steht für Environment, Social und Governance, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. 15 Prozent besitzen bereits solche Produkte und 8 Prozent haben nachhaltige Produkte in den vergangenen zwei Jahren erworben.

Die Teilnehmer wurden auch zu ihren Einstellungen zu nachhaltigen Investments befragt: Es ist den meisten wichtiger, in Unternehmen zu investieren, die Gewinne erzielen, statt in Unternehmen, die eine geringstmögliche Umweltbelastung, die Verbesserung ihrer sozialen Standards oder ihrer Governance-Standards anstreben.

Hintergrund

Diese Daten beruhen auf einer Befragung, die das Internationale Netzwerk zur Finanziellen Bildung (International Network on Financial Education – INFE) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for European Economic Cooperation and Development – OECD) entwickelt und koordiniert hat. Ziel ist es, eine international vergleichbare Datenbasis zur finanziellen Bildung und finanziellen Inklusion zu schaffen.

Die Befragungen finden derzeit in einem Abstand von drei Jahren statt. Bislang gab es vier Befragungen, die vorletzte 2019. Die BaFin koordiniert seitdem die Datenerhebung für Deutschland. Die aktuellste Erhebung fand im September und Oktober 2022 statt. Dabei führte ein Marktforschungsinstitut 1.000 computergestützte Telefoninterviews mit Erwachsenen zwischen 18 und 79 Jahren durch. Die BaFin wertet diese Daten auch selbst aus und nutzt die Erkenntnisse, um ihr Mandat im kollektiven Verbraucherschutz auszuüben.

Die umfangreiche Befragung umfasste neben dem Finanzwissen weitere Themen, wie beispielsweise die Einstellungen der Befragten zu Geld und Finanzen, ihre Probleme mit Finanzprodukten oder -dienstleistungen oder ihr Vertrauen in das Finanzsystem. Länderübergreifende Ergebnisse der internationalen Studie wurden von der OECD am 14. Dezember 2023 veröffentlicht. Die BaFin hat die Daten für Deutschland in Bezug auf die Themen finanzielle Resilienz, Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Finanzwissen ausgewertet.

Fußnoten:

  1. 1 „Finanzprodukte“ in diesem Kontext sind nicht nur Finanzprodukte im Sinne von Art. 2 Nr. 1 EU-Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation – SFDR). Diese Formulierung wird für die Zwecke dieses Beitrags als Überbegriff für diverse Anlageprodukte verwendet.
  2. 2 Beraterin und Berater wird in diesem Beitrag als Sammelbegriff für alle beratend tätigen Personengruppen verwendet, die die Nachhaltigkeitspräferenzen von Kundinnen und Kunden in ihre Beratung einbeziehen müssen.
  3. 2 Das gilt im Versicherungssektor nur beim Vertrieb eines Versicherungsanlageprodukts.
  4. 3 Aus Gründen der Einfachheit wird in diesem Beitrag der Begriff „Finanzprodukt“ verwendet. Die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen ist für alle „Finanzinstrumente“ relevant. Finanzinstrumente sind im Kreditwesengesetz (KWG) unter § 1 Absatz 11 Sätze 1 bis 5 definiert. Darunter fallen etwa Aktien, Vermögensanlagen, Schuldtitel, Anteile an Investmentvermögen, Geldmarktinstrumente, Derivate, Kryptowerte.

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