BaFin - Navigation & Service

BaFin-Rundschreiben

Beitrag aus dem Jahresbericht 2018 der BaFin

Versicherungsaufsichtliche Anforderungen an die IT (VAIT)

Im Juli 2018 veröffentlichte die BaFin die Versicherungsaufsichtlichen Anforderungen an die IT (VAIT)1.Die VAIT2 tragen der besonderen Bedeutung der Informationstechnik (IT) bei den Versicherungsunternehmen Rechnung.3 Das Rundschreiben enthält Hinweise zur Auslegung der Vorschriften über die Geschäftsorganisation im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), soweit sie sich auf die technisch-organisatorische Ausstattung der Unternehmen beziehen.

Ziel der VAIT ist es, der Geschäftsleitung der Unternehmen einen flexiblen und praxisnahen Rahmen für die Ausgestaltung der IT vorzugeben, insbesondere für das Management der IT-Ressourcen und für das IT-Risikomanagement. Das Rundschreiben findet Anwendung auf alle Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds, die der Aufsicht der BaFin unterliegen. Es gilt nicht für Versicherungszweckgesellschaften im Sinne des § 168 VAG sowie die Sicherungsfonds im Sinne des § 223 VAG.

Gängige IT-Standards

Das Rundschreiben adressiert Themenbereiche, welche die BaFin derzeit als besonders wichtig erachtet. Diese sind nach Regelungstiefe und -umfang nicht abschließender Natur.

Jedes Unternehmen bleibt folglich auch jenseits der Konkretisierungen durch die VAIT verpflichtet, grundsätzlich auf gängige IT-Standards abzustellen sowie den Stand der Technik zu berücksichtigen. Die prinzipienorientierten Anforderungen des Rundschreibens tragen dem Proportionalitätsprinzip Rechnung.

Für Unternehmen, die dem Anwendungsbereich des Aufsichtssystems Solvency II unterliegen, bleiben die in den Mindestanforderungen an die Geschäftsorganisation (MaGo) enthaltenen Anforderungen unberührt. Die VAIT sind modular aufgebaut. Dies ermöglicht es der BaFin, flexibel auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren.

Vertriebsrundschreiben

Infolge der Umsetzung der europäischen Richtlinie zum Versicherungsvertrieb4 hat die BaFin im Jahr 2018 ihr bisheriges Vertriebsrundschreiben 10/2014 grundlegend überarbeitet. Vorausgegangen war die Überführung der Richtlinie in deutsches Recht durch das Umsetzungsgesetz vom 20. Juli 2017.5 Daraus ergaben sich neue Anforderungen unter anderem für den Direktvertrieb, das Produktfreigabeverfahren, die Weiterbildungspflicht sowie für die Vertriebsvergütung. Als nationale Besonderheiten regelt das VAG außerdem das Verbot von Sondervergütungen, insbesondere das Provisionsabgabeverbot, sowie die Durchleitung eines Großteils der Kosten für die Versicherungsvermittlung, wenn ein Versicherungsberater tätig wird (Durchleitungsgebot).

In ihrem neuen Rundschreiben 11/2018 zur Zusammenarbeit mit Versicherungsvermittlern sowie zum Risikomanagement im Vertrieb vom 17. Juli 2018 und einem Begleitschreiben gibt die Aufsicht Hinweise, wie die neuen Vertriebsvorgaben praktisch anzuwenden sind, und formuliert zugleich ihre Erwartungen an die Versicherungsbranche. Das Rundschreiben lässt viele Hinweise aus dem Vorgängerrundschreiben unberührt, setzt aber Akzente bei den Themen Provisionsabgabeverbot sowie Vertriebsvergütung, Anreize und Interessenkonflikte.

Das Provisionsabgabeverbot, das früher vorwiegend in Rechtsverordnungen geregelt war, ist seit dem 29. Juli 2017 im VAG und seit dem 23. Februar 2018 auch in der Gewerbeordnung (GewO) gesetzlich festgeschrieben. Auslegungsfragen stellten sich insbesondere bei den beiden Ausnahmetatbeständen, die zum einen geringwertige Zuwendungen5 und zum anderen eine dauerhafte Prämienreduzierung des vermittelten Vertrags6 betreffen.

Viel Diskussionsstoff bot der zweite Ausnahmetatbestand, und zwar vor allem für Provisionsabgaben durch Versicherungsvermittler. Hierzu stellte die BaFin frühzeitig klar, dass nach dem Wortlaut von § 48b Absatz 4 Satz 1 VAG neben einer Vereinbarung zwischen einem Versicherungsvermittler und dessen Kunden eine Mitwirkung durch das Versicherungsunternehmen erfolgen muss.7 Nur so ist gewährleistet, dass es nicht nur wirtschaftlich, sondern auch im Versicherungsvertrag selbst abgesichert zu einer dauerhaften Prämienreduzierung im Interesse des Kunden kommt, die zudem unabhängig von der Bonität des Versicherungsvermittlers ist. Diese Auffassung hat das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main im Rahmen eines Eilverfahrens bestätigt.8 Die Beschwerde des antragstellenden Versicherungsmaklers gegen die erstinstanzliche Entscheidung wurde vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen, ohne dass sich dieser allerdings inhaltlich mit dem Provisionsabgabeverbot auseinandergesetzt hat.9

Ein weiterer für die Praxis bedeutsamer Themenkomplex betrifft die Vergütung von Versicherungsvermittlern. Für alle Versicherungsprodukte gilt, dass die Vertriebsvergütung von Versicherungsunternehmen und deren Angestellten nicht mit deren Pflicht kollidieren darf, stets im bestmöglichen Interesse der Kunden zu handeln.10 Dabei besteht weiterhin ein Nebeneinander von provisionsbasiertem Vertrieb, erfolgsunabhängiger Vergütung – insbesondere des angestellten Außendienstes – und Honorarberatung. Wichtige Aussagen trifft die BaFin in ihrem Rundschreiben auch zu Vermittlerketten, Zuwendungen an Dritte, die mit dem Versicherungsvermittler wirtschaftlich verbunden sind, sowie zu Kriterien für die Provisionsbemessung, zu Gruppenversicherungsverträgen und zur Vermittlung von Nettoprodukten.

Versicherungsmathematische Gutachten

Im Januar 2018 hat die BaFin „Hinweise für die Aufstellung versicherungsmathematischer Gutachten bei Pensionskassen“ als Rundschreiben (2/2018) veröffentlicht. Es ersetzt das Rundschreiben 9/2008 (VA).

Die BaFin hat die Gesetzesverweise des Rundschreibens an den aktuellen Stand des VAG bzw. die darauf aufbauenden Verordnungen angepasst. Sie berücksichtigt des Weiteren die Informationspflichten, welche die Möglichkeit für deregulierte Pensionskassen betrifft, einen kollektiven Teil der Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) nach § 140 Absatz 4 VAG zu bilden.

Außerdem aktualisierte die BaFin durch das Rundschreiben 3/2018 ihre Hinweise, wie versicherungsmathematische Gutachten bei Pensionsfonds aufzustellen sind.

Die im Jahr 2016 erlassene Pensionsfonds-Aufsichtsverordnung machte eine Überarbeitung des bisherigen Rundschreibens 8/2009 (VA) erforderlich. Darüber hinaus wurden die Informationspflichten hinsichtlich der für Pensionsfonds bestehenden Möglichkeit erweitert, einen kollektiven Teil der RfB sowie des Abschlusses von Zusagen gemäß § 236 Absatz 2a VAG (nicht versicherungsförmiger Rentenbezug) aufzubauen. Daneben sind künftig zusätzliche Informationen für Zusagen nach § 236 Absatz 2 VAG (klassisches nicht versicherungsförmiges Geschäft) erforderlich.

Finanzkonglomerate-Solvabilität

Am 20. Februar 2018 veröffentlichte die BaFin ihr Rundschreiben 04/2018 (VA) zur Meldung der Finanzkonglomerate-Solvabilität. Es befasst sich mit der zusätzlichen Aufsicht über Finanzkonglomerate, was deren angemessene Eigenmittelausstattung angeht. In den Anwendungsbereich fallen alle Unternehmen eines Finanzkonglomerats, die nach § 18 Absatz 1 Finanzkonglomerate-Aufsichtsgesetz (FKAG) in die Berechnung der Eigenmittel einzubeziehen sind.

Das Rundschreiben konkretisiert insbesondere, welche Anforderungen an die Angaben bestehen, um eine angemessene Eigenmittelausstattung auf Ebene eines Finanzkonglomerats nachzuweisen.

Für die Berechnung der Finanzkonglomerate-Solvabilität sind drei mögliche Methoden vorgegeben: Dies ist einmal die „Berechnung auf der Grundlage des konsolidierten Abschlusses“ (Methode 1), dann die „Abzugs- und Aggregationsmethode“ (Methode 2) und schließlich die „Kombinationsmethode“ (Methode 3), welche wiederum die Methoden 1 und 2 kombiniert. Die Berechnung der Finanzkonglomerate-Solvabilität müssen die Unternehmen einmal jährlich bei der BaFin und der Deutschen Bundesbank einreichen, für signifikante bankgeführte Konglomerate zusätzlich bei der Europäischen Zentralbank (EZB).

Fußnoten:

  1. 1 Rundschreiben 10/2018 – Versicherungsaufsichtliche Anforderungen an die IT (VAIT).
  2. 2 Vgl. IT-Risiken bei Banken und Versicherern.
  3. 3 Vgl. BaFinJournal Juli 2018, Seite 4.
  4. 4 RL (EU) 2016/97/EU, Abl. EU L 26/19.
  5. 5 BGBl. I 2017, Seite 2789.
  6. 6 § 48b Absatz 2 VAG.
  7. 7 § 48b Absatz 4 Satz 1 VAG.
  8. 8 Vgl. BaFinJournal Oktober 2017, Seite 22.
  9. 9 VG Frankfurt, Beschluss vom 28. September 2018 (7 L 3307/18.F).
  10. 10 § 48a Absatz 1 Satz 1 VAG.

Fanden Sie den Beitrag hilfreich?

Wir freuen uns über Ihr Feedback

Es hilft uns, die Webseite kontinuierlich zu verbessern und aktuell zu halten. Bei Fragen, für deren Beantwortung wir Sie kontaktieren sollen, nutzen Sie bitte unser Kontaktformular. Hinweise auf tatsächliche oder mögliche Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Vorschriften richten Sie bitte an unsere Hinweisgeberstelle.

Wir freuen uns über Ihr Feedback