BaFin - Navigation & Service

Thema Unternehmensübernahmen Unternehmensübernahmen

Beitrag aus dem Jahresbericht 2017 der BaFin

Angebotsverfahren

Die BaFin prüfte 2017 insgesamt 23 Angebotsunterlagen (Vorjahr: 22). Sie gestattete wie im Vorjahr 22 Fälle; die Veröffentlichung einer Angebotsunterlage musste sie untersagen (siehe Grafik „Angebotsverfahren 2013 bis 2017“).

Grafik 18 Angebotsverfahren 2013 bis 2017

Angebotsverfahren 2013 bis 2017

Dieses Balkendiagramm zeigt die Entwicklung der Angebotsverfahren im Zeitraum von 2013 bis 2017. BaFin Angebotsverfahren 2013 bis 2017

Übernahmeangebote STADA Arzneimittel AG

Die STADA Arzneimittel AG war 2017 Gegenstand von zwei Übernahmeverfahren. Das Scheitern ihres ersten Übernahmeversuchs veröffentlichte die Nidda Healthcare Holding AG am 26. Juni 2017. Die Angebotsunterlage, die am 27. April 2017 veröffentlicht worden war, sah eine Mindestannahmeschwelle vor. Da zu wenige Aktionäre das Angebot annahmen, scheiterte es. Bereits am 19. Juli 2017 unterbreitete die Nidda Healthcare Holding AG den Aktionären der STADA Arzneimittel AG erneut ein Übernahmeangebot. Dies war möglich, weil die BaFin die Nidda Healthcare Holding AG von der Sperrfrist nach § 26 Absatz 1 Satz 2 Wertpapiererwerbs-und Übernahmegesetz (WpÜG) befreit hatte (siehe Infokasten „Sperrfrist“).

Sperrfrist

Untersagt die BaFin ein Angebot nach § 15 Absatz 1 oder 2 Wertpapiererwerbs-und Übernahmegesetz (WpÜG) oder erreicht der Bieter die gewählte Mindestannahmeschwelle nicht, bestimmt § 26 Absatz 1 Satz 1, 2 WpÜG, dass eine einjährige Sperrfrist für ein neues Angebot eintritt. Hiervon kann die BaFin nach § 26 Absatz 2 WpÜG befreien, wenn die Zielgesellschaft der Befreiung zustimmt.

Ausschlaggebend für die Entscheidung der BaFin im Fall STADA war, dass die Nidda Healthcare Holding AG vortrug, kurzfristig ein zweites Angebot abgeben zu wollen. Hierdurch konnte sie ihr sachliches Interesse an der beantragten Entscheidung belegen. Auch die erforderliche Zustimmung der Zielgesellschaft lag vor. Zudem ergab eine Abwägung der gegenseitigen Interessen keine Umstände, die gegen eine Befreiung sprachen. Insbesondere lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Zustimmung der Zielgesellschaft von sachfremden Erwägungen, beispielsweise der Inaussichtstellung einer lukrativen Position für deren Vorstände nach einer erfolgreichen Übernahme, beeinflusst wurde. Daher konnte die BaFin dem Antrag der Nidda Healthcare Holding AG stattgeben. Das erneute Angebot war mit einer Annahmequote von rund 65,28 Prozent erfolgreich.

Übernahmeangebote Pfeiffer Vacuum Technology AG

Auch für die Pfeiffer Vacuum Technology AG gab es im Jahr 2017 zwei Übernahmeverfahren. Am 13. Februar 2017 veröffentlichte die Pangea GmbH ihr erstes Übernahmeangebot. Dieses stand unter verschiedenen Bedingungen. Unter anderem durfte die Zielgesellschaft im Zusammenhang mit dem Angebot keine Hauptversammlung einberufen. Eine solche kündigte der Vorstand der Pfeiffer Vacuum Technology AG allerdings am 7. März 2017 an – und zwar zur Aussprache über das Übernahmeangebot. Damit war dieses Angebot gescheitert. Zwar steht es einem Bieter grundsätzlich frei, bis zu einem Werktag vor Ablauf der Annahmefrist auf Bedingungen zu verzichten. Dies ist jedoch nur vorab möglich. Ein nachträglicher Verzicht auf eine bereits ausgefallene Bedingung ist ausgeschlossen. Die Pangea GmbH konnte ihr Übernahmeangebot daher nicht aufrechterhalten.

Am 12. April 2017 veröffentlichte die Pangea GmbH ein erneutes Übernahmeangebot mit einer Gegenleistung, die über dem ersten Angebot lag. Die Sperrfrist war bei diesem zweiten Angebot nicht zu beachten, da das erste Angebot weder untersagt wurde noch an der Nichterfüllung einer Mindestannahmeschwelle scheiterte. Am 27. Juni 2017 veröffentlichte die Pangea GmbH, dass das Übernahmeangebot für insgesamt 22.828 Aktien der Pfeiffer Vacuum Technology AG (entsprechend 0,23 Prozent des Grundkapitals und der Stimmrechte) angenommen worden sei.

Delisting-Erwerbsangebot der Zielgesellschaft

Nach der ständigen Verwaltungspraxis der BaFin stellt ein öffentliches Angebot zum Rückerwerb eigener Aktien durch eine Zielgesellschaft kein Angebot im Sinne des WpÜG dar. Diese Verwaltungspraxis gilt jedoch nicht, wenn eine Zielgesellschaft ein Angebot im Sinne von § 39 Absatz 2 BörsG (Delisting-Erwerbsangebot) abgeben möchte.

Am 12. September 2017 veröffentlichte erstmals eine Zielgesellschaft ein Delisting-Erwerbsangebot an ihre eigenen Aktionäre. Bieterin und Zielgesellschaft war die Vermögensverwaltungsgesellschaft Rheintex Verwaltungs AG (vormals Rheinische Textilfabriken AG).

Die Verpflichtung der Bieterin, ein Delisting-Erwerbsangebot an alle Aktionäre der Zielgesellschaft zu richten, kollidierte mit den aktienrechtlichen Beschränkungen, die gelten, wenn Bieter und Zielgesellschaft identisch sind. Die Bieterin musste – neben den Vorgaben des § 71 Absatz 1 AktG – unbedingt die Höchstgrenze von zehn Prozent des Grundkapitals des § 71 Absatz 2 Satz 1 AktG einhalten. Hierfür vereinbarte die Bieterin mit fünf Aktionären mit einem Stimmrechtsanteil von zusammen 90,051 Prozent Nichtannahmevereinbarungen. Zudem verpflichteten sich diese Aktionäre, Depotsperrvereinbarungen mit ihren Banken abzuschließen. Damit die BaFin solche Vereinbarungen als eine Finanzierungsmaßnahme akzeptiert, müssen diese einen einredefreien Schadensersatzanspruch zugunsten der Bieterin vorsehen, falls für die entsprechenden Aktien – trotz entgegenstehender Vereinbarungen – das Angebot angenommen werden soll.

Die Annahmequote des ersten Delisting-Erwerbsangebots einer Zielgesellschaft an ihre eigenen Aktionäre lag bei 1,05 Prozent des Grundkapitals und der Stimmrechte der Zielgesellschaft.

Befreiungsverfahren

Die BaFin erhielt 45 Anträge auf Befreiung oder Nichtberücksichtigung (Vorjahr: 44). In 29 Fällen beantragten Stimmrechtsinhaber die Nichtberücksichtigung der Stimmrechte nach § 36 WpÜG (Vorjahr: 21), bei den übrigen 16 Anträgen handelte es sich um Befreiungsanträge gemäß § 37 WpÜG (Vorjahr: 21). Die BaFin gab 35 Anträgen statt. Drei Anträge wurden zurückgenommen, 19 Fälle waren Ende 2017 noch in Bearbeitung.

Kein Drittschutz im WpÜG

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/Main hat in seinem Beschluss vom 8. Januar 20181 seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, dass das WpÜG keinen Drittschutz gewährt. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung unter anderem aktuelle zivilgerichtliche Rechtsprechung zu übernahmerechtlichen Ansprüchen eines Zivilsenates des OLGs Frankfurt/Main2 und des Bundesgerichtshofs3 und die Entstehungsgeschichte und die folgenden Änderungen des WpÜG berücksichtigt.

Entsprechend der Entscheidung des OLGs Frankfurt/Main muss Aktionären nachträglich kein verwaltungsrechtlicher Drittschutz gewährt werden. Dies gelte auch, wenn Aktionäre ein Übernahmeangebot nicht angenommen haben und diese keine zivilgerichtlichen Ansprüche wegen zu geringen Gegenleistungen im Übernahmeangebot geltend machen können. Damit stellt das OLG Frankfurt/Main klar, dass die vorangegangenen zivilrechtlichen Entscheidungen keine Auswirkungen auf das verwaltungsrechtliche Verfahren der BaFin haben.

Zudem lehnte das Gericht die Auffassung der Beschwerdeführerin ab, Drittschutz zugunsten der Aktionäre, die das Übernahmeangebot ablehnen, könne aus der ursprünglichen Gesetzesbegründung zu § 50 WpÜG oder den späteren Änderungen des WpÜGs hergeleitet werden.

Fußnoten:

  1. 1 Az. WpÜG 1/17.
  2. 2 Vgl. Urteil vom 19.1.2016, Az. 5 U 2/15.
  3. 3 Vgl. Urteil vom 7.11.2017, Az. II ZR 37/16.

Fanden Sie den Beitrag hilfreich?

Wir freuen uns über Ihr Feedback

Es hilft uns, die Webseite kontinuierlich zu verbessern und aktuell zu halten. Bei Fragen, für deren Beantwortung wir Sie kontaktieren sollen, nutzen Sie bitte unser Kontaktformular. Hinweise auf tatsächliche oder mögliche Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Vorschriften richten Sie bitte an unsere Hinweisgeberstelle.

Wir freuen uns über Ihr Feedback