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Thema Marktmanipulation Marktmanipulation

Beitrag aus dem Jahresbericht 2017 der BaFin

Untersuchungen

Die Zahl der neu eingeleiteten Marktmanipulationsuntersuchungen ist im Jahr 2017 im Vergleich zum Vorjahr nahezu stabil geblieben (siehe Tabelle „Marktmanipulationsuntersuchungen“). Der Schwerpunkt lag dabei auf handelsgestützten Manipulationen. Ein weiterer Schwerpunkt war die Untersuchung von Short-Attacken. Hierbei gehen natürliche oder juristische Personen Short-Positionen beispielsweise in Aktien eines Emittenten ein, bevor sie zu diesem negative Stellungnahmen verbreiten. Die Kurse der betroffenen Aktien brachen teilweise binnen Sekunden nach Veröffentlichung solcher Stellungnahmen um mehr als 30 Prozent ein. Eine Marktmanipulation liegt dann etwa vor, wenn in den Stellungnahmen nicht deutlich auf konkrete Interessenkonflikte hingewiesen wird.1

Mehr als die Hälfte der neu eingeleiteten förmlichen Untersuchungen ging auch im Jahr 2017 auf Abgaben der Handelsüberwachungsstellen zurück. Die meisten der übrigen Untersuchungen wurden aufgrund positiver Marktmanipulationsanalysen sowie Anfragen von Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden eingeleitet. Vor allem von Staatsanwaltschaften kamen deutlich mehr Anfragen als im Jahr 2016.

Internationale Zusammenarbeit

Die BaFin arbeitete auch im Jahr 2017 bei Marktmanipulationsfällen mit ausländischen Finanzaufsichtsbehörden zusammen. In 95 Fällen (Vorjahr: 113) schaltete sie Aufsichtsbehörden aus insgesamt 27 Ländern (Vorjahr: 23) ein. Die BaFin selbst wurde in 44 Fällen um internationale Amtshilfe gebeten (Vorjahr: 42). Absender von Amtshilfeersuchen an die BaFin waren Finanzaufsichtsbehörden aus insgesamt 13 Ländern (Vorjahr: 14).

Der Schwerpunkt lag dabei auch 2017 wieder auf dem Austausch mit den Aufsichtsbehörden anderer EU-Mitgliedstaaten, wie beispielsweise Österreich und Großbritannien. Aber auch mit Ländern wie Singapur, Mauritius oder den Bahamas arbeitete die BaFin erfolgreich zusammen. Auch mit den Aufsichtsbehörden in Hong Kong, Kanada und den USA hat die BaFin verstärkt Informationen ausgetauscht –vor allem zu mutmaßlicher Marktmanipulation im Zusammenhang mit der Verbreitung von Stellungnahmen zu Aktien kleinerer Unternehmen. Was derartige Pump and Dump Schemes angeht, konnte die BaFin von den Erkenntnissen und Erfahrungen ihrer ausländischen Kollegen profitieren. Gerade bei der Untersuchung solcher meist komplexen Fälle ist es erforderlich, schnell und effizient mit Aufsichtsbehörden – weltweit – zu kooperieren, um Erkenntnisse zu bündeln und gegebenenfalls ein gemeinsames Vorgehen zu koordinieren.

In 121 Fällen, die im Jahr 2017 abgeschlossen wurden, stellte die BaFin Anhaltspunkte für strafbare Marktmanipulation fest (Vorjahr: 106). Sie zeigte 197 verdächtige Personen (Vorjahr: 275) bei den zuständigen Staatsanwaltschaften an. In sechs weiteren Fällen (Vorjahr: sieben) mit insgesamt sieben betroffenen Personen (Vorjahr: neun) ergaben sich Hinweise auf eine vorliegende Ordnungswidrigkeit. In 56 Fällen führte die Untersuchung nicht zu Anhaltspunkten für einen Verstoß (Vorjahr: 40). Ende 2017 waren noch 441 Untersuchungen offen (Vorjahr: 398).

Tabelle 19 Marktmanipulationsuntersuchungen

Marktmanipulationsuntersuchungen

Diese Tabelle zeigt die Marktmanipulationsuntersuchungen der Jahre 2015 bis 2017. BaFin Marktmanipulationsuntersuchungen

Sanktionen

Vier Personen wurden 2017 nach öffentlicher Hauptverhandlung wegen Marktmanipulation verurteilt (Vorjahr: zehn), 0 Personen wurden freigesprochen (Vorjahr: drei, siehe Tabelle „Abgeschlossene Marktmanipulationsverfahren“). Strafbefehle wurden in 15 Fällen erlassen (Vorjahr: 13).

Insgesamt 373 Ermittlungsverfahren stellten die Staatsanwaltschaften ein (Vorjahr: 310). Für 187 dieser Fälle bestand nach § 170 Absatz 2 Strafprozessordnung (StPO) nicht die notwendige Verurteilungswahrscheinlichkeit (Vorjahr: 166). Weitere 24 Verfahren wurden nach § 154f StPO vorläufig eingestellt, da der Aufenthaltsort der Beschuldigten unbekannt war (Vorjahr: 17). Darüber hinaus beendeten die Staatsanwaltschaften 71 Verfahren (Vorjahr: 49) nach § 153 StPO, da sie das Verschulden des Täters als gering einstuften und kein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung bestand. 56 andere Ermittlungsverfahren wurden nach § 153a StPO eingestellt, nachdem die Beschuldigten eine Geldauflage gezahlt hatten (Vorjahr: 50).

Bei weiteren 30 Verfahren konzentrierten sich die Staatsanwaltschaften auf andere parallele Strafrechtsverbote und stellten die Marktmanipulationsverfahren nach § 154 oder § 154a StPO zugunsten anderer Tatvorwürfe ein, wie zum Beispiel Betrug oder Untreue (Vorjahr: 28).

Tabelle 20 Abgeschlossene Marktmanipulationsverfahren

Abgeschlossene Marktmanipulationsverfahren

Diese Tabelle zeigt die abgeschlossenen Marktmanipulationsverfahren im Zeitraum von 2015 bis 2017. Im Jahr 2017 gab es insgesamt 407 abgeschlossene Verfahren. BaFin Abgeschlossene Marktmanipulationsverfahren

Ausgewählte Sachverhalte

Vermögensverwalter

Das Amtsgericht Stuttgart hat im Januar 2017 gegen den Geschäftsführer einer Vermögensverwaltungsgesellschaft einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe in Höhe von 85 Tagessätzen erlassen, der im November 2017 rechtskräftig wurde. Die Höhe der Tagessätze betrug 90 Euro, was zu einer Gesamtsumme von 7.650 Euro führte. Die BaFin hatte den Sachverhalt im Dezember 2015 bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart angezeigt. Der Vermögensverwalter hatte für Kundendepots gegenläufige Sammelorders in einem illiquiden Optionsschein auf Aktien der Bilfinger SE erteilt. Diese stimmte er über die gewählte Stückzahl, Orderlimitierung und Einstellungszeit so aufeinander ab, dass sie an der Börse Stuttgart unmittelbar gegeneinander ausgeführt werden konnten. Auf diesem Weg erzielte er eine für sich bzw. seine Kunden positive börsliche Preisfestsetzung. Das manipulative Geschäft des Beschuldigten in dem Optionsschein führte zu einem signifikanten Kursanstieg, ohne dass der Kursverlauf des Basiswerts dies gerechtfertigt hätte.

Xing AG

Designated Sponsor

Als Designated Sponsor werden Banken oder sonstige Finanzdienstleister bezeichnet, die im elektronischen Handelssystem XETRA verbindliche An- und Verkaufskurse (Quotes) für Finanzinstrumente veröffentlichen, die sie betreuen. Dabei erklärt sich der Designated Sponsor grundsätzlich bereit, zu den von ihm veröffentlichten Quotes Finanzinstrumente auch selbst am Markt zu kaufen oder zu verkaufen. Dies erhöht die Liquidität in den betreuten Finanzinstrumenten. Durch die Liquiditätsspenden des Designated Sponsors soll gewährleistet werden, dass Finanzinstrumente jederzeit handelbar sind.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main stellte 2017 das Verfahren gegen einen Wertpapierhändler ein, den die BaFin bereits 2014 wegen Marktmanipulation durch wirtschaftlich unbegründete Umsätze in Aktien der Xing AG dort angezeigt hatte. Das Verfahren wurde gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 25.000 Euro gemäß § 153a StPO eingestellt.

Der Wertpapierhändler hatte im März 2013 als Designated Sponsor (siehe Infokasten „Designated Sponsor“) die Preisstellung der Aktien der Xing AG beeinflusst, um Handelsumsätze in den Aktien in die Höhe zu treiben. Jeweils nach einem Geschäftsabschluss gegen die von ihm bestimmte Quotierung veränderte er diese so, dass für den Markt erneut der Anreiz bestand, gegen seine Preisstellung zu handeln. So erhöhte er zum Beispiel seine Preise auf der Kaufseite über die zuvor gestellten Kurse auf der Verkaufsseite. Aus Sicht seiner Kontrahenten bestand damit ein steter Anreiz, zuvor eröffnete Positionen mit Gewinn zu schließen, während der Designated Sponsor systematisch Verluste in Kauf nahm.

Blue Cap AG

Die Staatsanwaltschaft München I hat 2017 mit Strafbefehl in Höhe von 160 Tagessätzen ein Ermittlungsverfahren abgeschlossen, bei dem es um den Handel in Aktien der Blue Cap AG über einen Zeitraum von drei Jahren ging. Die Höhe der Tagessätze belief sich auf 80 Euro, die Gesamtstrafe lag damit bei 12.800 Euro. Ausgelöst hatte das Verfahren eine im Februar 2017 erstattete Strafanzeige der BaFin.

Der Beschuldigte besaß im Tatzeitraum von 2014 bis 2017 umfassende Vollmachten für die Gesellschaftsdepots von zwei Beteiligungsgesellschaften. Er handelte zudem über zwei Wertpapierdepots, die zwar auf seinen Namen liefen, aber bei unterschiedlichen Kreditinstituten geführt wurden. Diese Depots nutze er und erteilte über einen mehrjährigen Zeitraum an den Börsen Düsseldorf, München und Stuttgart in insgesamt 48 Fällen aufeinander abgestimmte gegenläufige Kauf- und Verkaufsaufträge, die dann auch unmittelbar gegeneinander ausgeführt wurden. Auf diese Weise hat der Beschuldigte auf die Preis- und die Umsatzentwicklung der Aktien der Blue Cap AG eingewirkt.

Die Untersuchung der BaFin erfolgte in enger Zusammenarbeit mit den Handelsüberwachungsstellen der Wertpapierbörsen in Düsseldorf, München und Stuttgart. Der Strafbefehl des Amtsgerichts München ist seit November 2017 rechtskräftig.

Mologen AG

Im April 2017 wurde in einem Verfahren, das auf eine Anzeige der BaFin zurückgeht, die Geldstrafe rechtskräftig. Die BaFin hatte im März 2016 bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart Strafanzeige wegen des Verdachts der Marktmanipulation in Form abgesprochener Geschäfte erstattet. Angezeigt wurden fünf Geschäftsabschlüsse in Aktien der Mologen AG an der Börse Stuttgart. Diese hatte der Tatverdächtige bewirkt, indem er gegenläufige Wertpapieraufträge für sein Wertpapierdepot und das Wertpapierdepot seiner Ehefrau erteilte, über das er Vollmacht besaß. Die Geschäfte erfolgten am letzten Handelstag des Kalenderjahrs 2013. Der Tatverdächtige wählte bei seinen Ordererteilungen schrittweise ansteigende Kauf- und Verkaufslimits. Aufgrund der manipulativen Geschäftsabschlüsse wurde der Börsenpreis der Aktie zum Jahresultimo sukzessive erhöht.

Das Amtsgericht Stuttgart erließ im Juni 2016 einen Strafbefehl über eine Geldstrafe in Höhe von 15.000 Euro (150 Tagessätze zu 100 Euro). Der Beschuldigte legte dagegen Einspruch ein. Daraufhin bestimmte das Amtsgericht Stuttgart den Termin zur Hauptverhandlung, zu dem der Beschuldigte jedoch nicht erschien. Das Gericht wies den Einspruch durch Urteil ab. Auch dagegen ging der Beschuldigte in Berufung, die das Landgericht Stuttgart jedoch verwarf. Auch eine vom Beschuldigten eingelegte Revision gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart hatte letztlich keinen Erfolg, so dass die Geldstrafe rechtskräftig wurde.

Grit International Inc.

2017 erhielt die BaFin von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf die Mitteilung, dass ein Verfahren, das auf eine Anzeige der Aufsicht zurückging, mit einer Geldauflage nach § 153a StPO in Höhe von 70.000 Euro geendet hatte. Bereits im Jahr 2011 hatte die BaFin bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf Strafanzeige wegen mutmaßlicher Marktmanipulation gestellt. Es bestand der Verdacht, dass ein kanadischer Staatsbürger in Zusammenarbeit mit einem Vertriebsnetzwerk die Aktien der Grit International Inc. zunächst in den Börsenhandel in Deutschland einbeziehen und dann bewerben ließ.

Die Börsenbriefe, die er hierfür einsetzte und mit denen er Kurssteigerungen in dreistelliger Prozenthöhe in wenigen Monaten versprach, wiesen jedoch pflichtwidrig nicht auf bestehende Interessenkonflikte hin. Den Anlegern blieb also verborgen, dass der Verdächtige ein eigenes finanzielles Interesse an der Entwicklung der Aktien hatte. Zum Zeitpunkt der Werbeaktionen hielt der Verdächtige auf einem Bankdepot in Liechtenstein mehrere Hunderttausend Aktien der Gesellschaft, deren Veräußerung er beabsichtigte.

Entsprechend nutzte der Verdächtige die aufgrund der Bewerbung der Aktien entstandene Nachfrage, um seine zuvor eingegangene Position zu veräußern. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf erhob wegen des Verdachts auf Marktmanipulation im Jahr 2013 Anklage beim Landgericht Düsseldorf. Dem Angeschuldigten wurde im Rechtshilfeweg rechtliches Gehör gewährt, er wurde in Kanada polizeilich vernommen. Zwar kam eine Auslieferung des kanadischen Staatsbürgers nicht in Betracht, erreicht werden konnte jedoch, wie oben erwähnt, eine Geldauflage in Höhe von 70.000 Euro.

LetsBuyIt Group AG

Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat im November 2017 in einem Strafbefehlsverfahren, das auf eine Anzeige der BaFin im Dezember 2014 zurückging, eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verhängt. Die Strafe richtete sich gegen einen in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässigen Beschuldigten. Daneben ordnete das Gericht die Einziehung von rund 61.000 Euro an. Der Strafbefehl ist rechtskräftig.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main klagte den Beschuldigten an, durch eine Vielzahl von Kauf- und Verkaufsaufträgen in Aktien der LetsBuyIt Group AG Geschäftsabschlüsse bewirkt zu haben, die nicht der Umsetzung einer legitimen Handelsstrategie dienten, sondern allein der Generierung von Umsätzen in der Aktie. In mehr als 200 Fällen veräußerte der Beschuldigte Aktien der LetsBuyIt Group AG, um diese dann umgehend wieder zurück zu erwerben. Dabei nahm der Beschuldigte auch Verluste in Kauf, da er die Aktien regelmäßig zu einem niedrigeren Preis veräußerte, als er für den nachfolgenden Rückerwerb der Aktien zahlen musste.

Die künstlich erhöhten Handelsumsätze sollten bei Anlegern Interesse an den Aktien wecken. Der Beschuldigte handelte dabei im Auftrag von Personen, die durch den Verkauf eigener Positionen von erhöhten Handelsumsätzen in Aktien der LetsBuyIt Group AG profitieren wollten.

Rechtskräftige Bußgeldbescheide

Gegen den Vorsitzenden des Vorstands einer Aktiengesellschaft, deren Aktien in den Freiverkehrshandel der Frankfurter Wertpapierbörse einbezogen sind, setzte die BaFin im Jahr 2017 eine Geldbuße in Höhe von 42.000 Euro fest, weil er unrichtige kursrelevante Angaben zu dem Unternehmen gemacht hatte.2

Der Betroffene hatte Ende 2014 in einem Aktionärsbrief Angaben zur Höhe des erwarteten Jahresüberschusses gemacht, die zu diesem Zeitpunkt objektiv nicht mehr vertretbar waren. Diese Angaben wiederholte der Betroffene auch in einem später veröffentlichten Interview mit einer lokalen Tageszeitung. Entgegen der kundgegebenen Einschätzung des Betroffenen, wonach ein Gewinn in Höhe des Vorjahres zu erwarten sei, erlitt die Gesellschaft im Vergleich zum vorangegangenen Geschäftsjahr tatsächlich einen Gewinneinbruch in Höhe von 90 Prozent.

Die vom Vorstandsvorsitzenden wiederholt gemachten Angaben zur Höhe des erwarteten Jahresüberschusses waren zum einen bewertungserheblich und zum anderen geeignet, auf den Preis der Aktien der betroffenen Gesellschaft einzuwirken. Tatsächlich wirkten sie jedoch nicht auf den Börsenpreis der Aktien der betroffenen Gesellschaft ein. Daher wurde der Sachverhalt nicht als Straftat bewertet, sondern als Ordnungswidrigkeit geahndet.

Fußnoten:

  1. 1 Vgl. BaFinJournal Mai 2017, Seite 26 ff.
  2. 2 Vgl. hierzu Sanktionen.

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