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EMIR-Diskussion über Änderung

Beitrag aus dem Jahresbericht 2017 der BaFin

Bei der Überarbeitung der europäischen Marktinfrastrukturverordnung (European Market Infrastructure RegulationEMIR) sind 2017 wesentliche Fortschritte erzielt worden (siehe Infokasten „EMIR“).1 Im Mai hat die EU-Kommission zwei Entwürfe zu Änderungen der EMIR öffentlich gemacht. Im ersten Entwurf geht es vor allem um Anpassungen bei der Aufsicht über zentrale Gegenparteien, die aus einem Drittstaat heraus Dienstleistungen für den EU-Markt anbieten. Über diese Änderungen wird vor allem im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Brexit diskutiert (EMIR 2). Der zweite Entwurf setzt sich zum Ziel, die Vorschriften für Derivate einfacher und effizienter zu gestalten. Vor allem sollen für kleinere Marktteilnehmer Erleichterungen geschaffen werden. Hintergrund dieser Bemühungen ist das „Regulatory Fitness and Performance“-Programm (REFIT) der EU-Kommission, das sicherstellen soll, dass die Ziele europäischer Rechtsvorschriften für Bürger und Unternehmen wirksam und kostengünstig erreicht werden. Am 11. Dezember 2017 hat der Rat eine gemeinsame politische Ausrichtung zu den durch das REFIT-Programm initiierten Änderungsvorschlägen veröffentlicht. Über die im Rahmen von EMIR 2 beabsichtigten Änderungen wird dagegen noch diskutiert.

EMIR

Mit der europäischen Marktinfrastrukturverordnung (European Market Infrastructure RegulationEMIR) hat der europäische Gesetzgeber 2012 die Pflicht eingeführt, standardisierte außerbörsliche Derivategeschäfte (Over-the-Counter-Derivate – OTC-Derivate) über eine zentrale Gegenpartei (Central CounterpartyCCP) zu verrechnen. Diese brauchen eine Zulassung und unterliegen regulatorischen Anforderungen. Die EMIR geht zurück auf eine entsprechende Verpflichtungserklärung der G-20-Staaten aus dem Jahr 2009. Die Erfahrungen der Finanzmarktkrise 2007/2008 hatten gezeigt, dass auf dem globalen Markt für OTC-Derivate systemische Risiken entstehen können.

Die wesentlichen Möglichkeiten zur Erleichterung der bestehenden EMIR-Regelungen, die die EU-Kommission im Zuge des REFIT-Programms identifiziert hat, werden im Folgenden kurz dargestellt.

Meldepflicht

Nach Ansicht der EU-Kommission besteht zum einen Änderungsbedarf bei der Meldepflicht von OTC-Kontrakten. An Börsen gehandelte Derivatekontrakte sollen künftig nicht mehr von allen Vertragsparteien, sondern nur noch von den zentralen Gegenparteien gemeldet werden. Sind an dem Kontrakt eine kleine nichtfinanzielle Gegenpartei2 und eine finanzielle Gegenpartei beteiligt, so soll künftig nur noch die finanzielle Gegenpartei melden – auch für die kleine nichtfinanzielle Gegenpartei.

Zum anderen sollen gruppeninterne Geschäfte, an denen eine nichtfinanzielle Gegenpartei beteiligt ist, von der Meldepflicht befreien. Auch soll die Meldepflicht für historische Transaktionen entfallen. Diese Maßnahmen sollen zu einer erheblichen Erleichterung im Bereich des Meldewesens führen.

Des Weiteren soll für nichtfinanzielle Gegenparteien das Überschreiten der Clearingschwelle in einer bestimmten Assetklasse nur noch zu einer Clearingpflicht in dieser Anlageklasse führen, aber nicht mehr für alle Anlageklassen. Ob der Schwellenwert überschritten ist, soll zudem nicht mehr laufend, sondern nur noch einmal jährlich berechnet werden. Damit will die Kommission insbesondere nichtfinanzielle Unternehmen, also Unternehmen der Realwirtschaft, entlasten. Sie sollen nicht mehr verpflichtet sein, ihre in der Regel kleinen Derivatepositionen laufend zu überwachen.

Finanzielle Gegenparteien

Auch für finanzielle Gegenparteien soll eine Clearingschwelle eingeführt werden. Das heißt, wenn eine finanzielle Gegenpartei ein bestimmtes Bruttonominalvolumen an OTC-Kontrakten nicht überschreitet, soll sie nicht zum Clearing der OTC-Derivate verpflichtet werden. Damit verbunden ist eine Erleichterung für Unternehmen, deren Derivategeschäft ein sehr geringes Volumen hat, da die Kosten für die Erfüllung der Pflichten im Vergleich zum gehandelten Volumen recht gering ausfallen.

Durch die Erleichterungen für diese Unternehmen, die unter systemischen Gesichtspunkten nicht relevant sind, soll verhindert werden, dass diese Gesellschaften aus Kostengründen auf die Absicherung relevanter Geschäftsrisiken verzichten. Auch das Frontloading von Geschäften soll entfallen, also die nachträgliche Clearingpflicht für Kontrakte, die nach Inkrafttreten der EMIR, aber vor dem Start der Clearingpflicht abgeschlossen wurden.

Aussetzen der Clearingpflicht

Vorgesehen ist auch, dass die EU-Kommission auf Vorschlag der ESMA unter besonderen Umständen die Möglichkeit bekommen soll, die Clearingpflicht in einzelnen Derivaten temporär aussetzen zu können. Dadurch könnte man flexibler auf geänderte Rahmenbedingungen im Derivategeschäft oder auch Krisenfälle reagieren.

Die Vorschläge der EU-Kommission werden nun mit dem Europäischen Parlament diskutiert. Nach einer Einigung werden die geänderten Vorschriften voraussichtlich im Laufe des Jahres 2018 erlassen.

Fußnoten:

  1. 1 Zur EMIR vgl. auch Jahresbericht 2016, Seite 172 ff.
  2. 2 Klein ist eine nichtfinanzielle Gegenpartei, wenn sie die in Artikel 10 Absatz 3 EMIR festgesetzten Clearingschwellenwerte für OTC-Derivate nicht überschreitet.

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