BaFin - Navigation & Service

Thema Kapitalanlagen von Versicherern Kapitalanlagen der Erstversicherer

Beitrag aus dem Jahresbericht 2017 der BaFin

Überblick

Die deutschen Erstversicherungsunternehmen unter Aufsicht der BaFin verwalteten zum Stichtag 31. Dezember 2017 einen Kapitalanlagebestand zu Buchwerten in Höhe von 1.517,1 Milliarden Euro (Vorjahr: 1.467,8 Milliarden Euro), wie die Tabelle "Kapitalanlagen der Erstversicherungsunternehmen" zeigt.1 Der Kapitalanlagebestand erhöhte sich 2017 um 3,4, Prozent (+49,3 Milliarden Euro). Im Vergleich der Versicherungssparten verzeichneten dabei die Pensionskassen (+5,8 Prozent) und die Krankenversicherer(+4,8 Prozent) die größten prozentualen Anstiege. Lediglich bei den Sterbekassen verminderte sich der Kapitalanlagebestand leicht gegenüber dem Vorjahreswert.

Schwerpunkt

Der Schwerpunkt der Kapitalanlagen lag – wie in den Vorjahren – bei festverzinslichen Wertpapieren und Schuldscheindarlehen. Bei den festverzinslichen Anlagen gab es leichte Verschiebungen. So stieg der Anteil der direkt gehaltenen börsennotierten Schuldverschreibungen im Berichtsjahr um 13,7 Prozent auf 267,9Milliarden Euro an, während sich der Anteil der Anlagen bei Kreditinstituten gegenüber dem Vorjahr verminderte.

Der Bestand an Kapitalanlagen, den die Versicherungsunternehmen indirekt über Invest-mentfonds halten, hat sich auch 2017 überdurchschnittlich erhöht (+7,4 Prozent) und stellt – wie bereits im Vorjahr – mit 542,1 Milliarden Euro über ein Drittel des gesamten Kapitalanlagebestands aller Erstversicherungsunternehmen dar. Wie in den Vorjahren handelt es sich bei den über Investmentfonds erworbenen Vermögensgegenständen insbesondere um börsennotierte Papiere. Der Bestand an direkten Immobilienanlagen erhöhte sich gegenüber dem Vorjahreswert um 6,5 Prozent auf 35,1 Milliarden Euro.

Tabelle 18 Kapitalanlagen der Erstversicherungsunternehmen

Kapitalanlagen der Erst-Versicherungsunternehmen

Die Tabelle zeigt die Kapitalanlagen der Erst-Versicherungsunternehmen und den jeweiligen Bestand zum 31.12.2017 und  31.12.2016 sowie die Veränderung in 2017. BaFin Kapitalanlagen der Erst-Versicherungsunternehmen

Search for Yield

Ende 2016 führte die BaFin im Auftrag der EIOPA eine Abfrage zum Kapitalanlageverhalten von Versicherungsunternehmen durch.2 Die BaFin ergänzte diese Abfrage um einen eigenen Fragebogen.3 Ziel war es, das Search-for-Yield-Verhalten (siehe Infokasten „Search for Yield“) der deutschen Versicherungswirtschaft zu ergründen. Die 35 Versicherer (Versicherungsunternehmen und -gruppen, Pensionsfonds und Pensionskassen), die sich an der Abfrage beteiligt hatten, sollten beantworten, in welchem Maße sie die Struktur ihres Anlageportfolios zwischen 2011 und 2015 zur Erzielung höherer Renditen verändert hatten. Zudem sollten sie eine Zukunftsprognose für den Zeitraum von 2016 bis 2018 abgeben.

Search for Yield

Der Begriff „Search for Yield“ heißt zunächst einmal nur „Suche nach Rendite“. Die Aufsicht will wissen, ob Unternehmen bei dieser Suche eine riskantere Kapitalanlagestrategie wählen. Vor allem in Zeiten niedriger Zinsen ist das zu erwarten. Mit dem Vorteil, höhere Renditen zu erwirtschaften, gehen auch Risiken für die Kapitalanlage einher. Hierzu zählen unter anderem höhere Ausfälle durch eine geringere Kreditwürdigkeit der Schuldner, fehlende Erfahrungswerte mit neuen Anlageprodukten, eine geringere Liquidität und längere Laufzeiten. Search for Yield wird dann aufsichtlich problematisch, wenn ein Unternehmen nicht in der Lage ist, mit höheren Risiken angemessen umzugehen.

Ergebnisse

Die Abfrage ergab, dass die Versicherer von 2011 bis 2015 in moderatem Maß Search for Yield betrieben haben und dies auch künftig beabsichtigen, allerdings in weniger ausgeprägter Form. In den fünf Jahren spielten besonders längere Laufzeiten neu erworbener Kapitalanlagen, Veränderungen der Hauptanlageklassen (zum Beispiel weniger festverzinsliche Wertpapiere und mehr Aktien) und ein höherer Anteil von Infrastrukturanlagen eine Rolle. Mit Blick auf die Zukunft zeichnet sich ab, dass die Versicherungsunternehmen einen Investitionsschwerpunkt bei Infrastrukturanlagen setzen werden.

Klimawandel

Als Anbieter von Versicherungsprodukten sind Versicherer von direkten Auswirkungen des Klimawandels, beispielsweise in Form von Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Stürmen und Hitzewellen, immer stärker betroffen. Das Thema ist aber zunehmend auch aus Investorensicht in den Fokus von Versicherern gerückt.4

Transformationsrisiken

Unternehmen, die Nachhaltigkeitskriterien keine Bedeutung beimessen, setzen sich Risiken aus. So kann die Abkehr von CO2-intensiven hin zu klimafreundlichen Geschäftsfeldern zu hohen Wertverlusten bei Öl-, Gas- und Kohleunternehmen führen. Insbesondere langfristig orientierte Investoren wie Lebensversicherungsunternehmen und Pensionsfonds sollten mit entsprechenden Risiken vertraut sein.

Gegenwärtige Regulierung

Bei der Regulierung durch den europäischen und deutschen Gesetzgeber stehen gegenwärtig Transparenzpflichten in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte, sogenannte ESG-Kriterien (Environmental, Social and Governance – Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) im Vordergrund. Die Richtlinie 2014/95/EU5 verpflichtet bestimmte Unternehmen und Gruppen erstmals für das Geschäftsjahr 2017, eine Erklärung über nichtfinanzielle Leistungsindikatoren wie ökologische Aspekte in ihrem Konzernlagebericht zu veröffentlichen, soweit diese für das Verständnis des Geschäftsverlaufs oder für die Lage des Konzerns von Bedeutung sind.

Berücksichtigung ökologischer Belange

Sofern Lebensversicherer Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erbringen, haben sie ihre Kunden bei Beginn des Versicherungsverhältnisses auch darüber zu informieren, wie sie bei der Verwendung der eingezahlten Beiträge ökologische Belange berücksichtigen. Versicherer, die Solvency II unterliegen, müssen bei der regelmäßigen Überprüfung der Anlagegrundsätze nach der EIOPA-Leitlinie 296 zum Governance-System Merkmale der Vermögenswerte einschließlich der Nachhaltigkeit berücksichtigen.

EbAV-II-Richtlinie

Die EbAV-II-Richtlinie7, die im Januar 2017 in Kraft getreten ist, sieht vor, dass die Mitgliedstaaten es den Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung gestatten, den möglichen langfristigen Auswirkungen der Anlageentscheidungen auf ökologische, soziale und die Unternehmensführung betreffende Faktoren Rechnung zu tragen.

Durch Artikel 30 der EbAV-II-Richtlinie stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass EbAV eine schriftliche Erklärung über diejenigen Grundsätze ihrer Anlagepolitik ausarbeiten, die Belange aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung berücksichtigen.

Umsetzung der Nachhaltigkeit

Wie Versicherer das Thema Nachhaltigkeit in der Praxis handhaben, zeigen Aufsichtsgespräche zwischen der BaFin und einzelnen Unternehmen: So haben im dritten Quartal 2017 verschiedene Unternehmen dargelegt, welchen Stellenwert ESG-Kriterien in ihrer Kapitalanlage haben. Dabei haben die Unternehmen teilweise umfangreiche Prozesse zur Integration von Nachhaltigkeitskriterien vorgestellt.

Bail-in

Gerät ein Kreditinstitut in Schieflage, so können seit dem 1. Januar 2017 im Falle der Insolvenz auch unbesicherte Schuldtitel herangezogen werden, und zwar unmittelbar nach den Eigentümern. Grundlage ist das Instrument der Gläubigerbeteiligung, auch Bail-in genannt.8

Das Thema ist für die Versicherungsbranche von großer Bedeutung. Die meisten deutschen Versicherer und EbaV sind in Banktiteln investiert, insbesondere in Aktien, Pfandbriefen und unbesicherten Schuldtiteln. In den vergangenen Jahren lag das Investment in unbesicherte Schuldtitel von Banken im hohen zweistelligen Milliardenbereich. Versicherer müssen sich daher mit den neuen regulatorischen Rahmenbedingungen und den damit verbundenen Risiken im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Vorschriften auseinandersetzen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass in der jüngeren Vergangenheit einzelne Kreditinstitute in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind.

Eigene Kreditrisikobewertung

Nach § 28 Absatz 2 VAG in Verbindung mit Artikel 5a Absatz 1 der europäischen Ratingverordnung9 müssen Versicherungsunternehmen und Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung eigene Kreditrisikobewertungen vornehmen. Sie dürfen sich bei der Beurteilung der Bonität eines Unternehmens oder eines Finanzinstruments nicht ausschließlich oder automatisch auf externe Ratings stützen. Vor dem Hintergrund der anhaltend niedrigen Zinsen und der hiermit verbundenen geringen Renditen hat die Vermeidung eines Kreditausfalls und damit die Erhaltung des Nominalwerts für die Versicherer eine noch größere Bedeutung. Die eigene Kreditrisikobewertung spielt daher, unabhängig von den gesetzlichen Regelungen, eine entscheidende Rolle in der Kapitalanlage von Versicherern. Einige Unternehmen haben bereits umfangreiche und komplexe Ratingprozesse installiert.

Bei der Bewertung des Kreditrisikos von Bankschuldtiteln ist neben quantitativen Aspekten wie etwa Bilanzdaten eine Auseinandersetzung mit qualitativen Kriterien geboten. Die Versicherer sollten auch analysieren, inwiefern noch Unterstützungsmechanismen durch gesetzliche oder freiwillige Einlagensicherungen vorhanden sind. Non-Performing Loans des Kreditinstituts können Aufschluss über das Kreditrisiko geben.

Fußnoten:

  1. 1 Zu Einzelheiten zu den Kapitalanlagen der einzelnen Sparten und der Pensionsfonds vgl. "Entwicklung in den einzelnen Sparten".
  2. 2 https://eiopa.europa.eu/Publications/Reports/Investment_behaviour_report.pdf.
  3. 3 Vgl. BaFinJournal Dezember 2017, Seite 23.
  4. 4 Vgl. hierzu auch BaFinJournal November 2017, Seite 23 ff.
  5. 5 RL 2014/95/EU, ABl. EU L 330/1.
  6. 6 EIOPA-BoS-14/253 DE.
  7. 7 RL (EU) 2016/2341, ABl. EU L 354/37, zur EbAV-Richtlinie vgl. auch "Betriebliche Altersversorgung".
  8. 8 Vgl. BaFinJournal Dezember 2015, Seite 22 ff.
  9. 9 Verordnung (EU) Nr. 462/2013, ABl. EU L 146/1.

Fanden Sie den Beitrag hilfreich?

Wir freuen uns über Ihr Feedback

Es hilft uns, die Webseite kontinuierlich zu verbessern und aktuell zu halten. Bei Fragen, für deren Beantwortung wir Sie kontaktieren sollen, nutzen Sie bitte unser Kontaktformular. Hinweise auf tatsächliche oder mögliche Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Vorschriften richten Sie bitte an unsere Hinweisgeberstelle.

Wir freuen uns über Ihr Feedback