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Thema Eigenmittel Niedrigzinsumfeld

Beitrag aus dem Jahresbericht 2017 der BaFin

Stresstest

Das Niedrigzinsumfeld belastet die kleinen und mittelgroßen Kreditinstitute in Deutschland weiterhin erheblich.1) Das hat die Umfrage zur Ertragslage und Widerstandsfähigkeit deutscher Kreditinstitute im Niedrigzinsumfeld ergeben, die die BaFin und die Deutsche Bundesbank Anfang April 2017 angestoßen haben.2)

Befragt wurden die rund 1.500 kleinen und mittelgroßen deutschen Kreditinstitute, die unmittelbar unter nationaler Aufsicht stehen. Diese machen beinahe 90 Prozent aller Kreditinstitute in Deutschland und mehr als 40 Prozent der aggregierten Bilanzsumme aus.

Ertragslage

Für die Umfrage wurden die institutseigenen Plan- und Prognosedaten erhoben. Zudem haben die Kreditinstitute für fünf von der Aufsicht vorgegebene Zinsszenarien Ergebnissimulationen für den Zeitraum 2017 bis 2021 mit unterschiedlichen Annahmen zur Bilanzanpassung durchgeführt.

Tabelle 7 Methodische Vorgaben und Zinsszenarien (2017 bis 2021)

Methodische Vorgaben und Zinsszenarien (2017 bis 2021)

Diese Tabelle zeigt die methodischen Vorgaben und Zinsszenarien für den Zeitraum 2017 bis 2021 aus der Niederigzinsumfrage. Insgesamt gibt es sechs Szenarien, von einem Planszenario 1 bis zu einem Szenario 6 (Inverse Drehung). BaFin Methodische Vorgaben und Zinsszenarien (2017 bis 2021)

Auf Grundlage der eigenen Plan- und Prognosedaten gaben die befragten Kreditinstitute an, dass sie in fünf Jahren mit einem um neun Prozent gesunkenen Jahresüberschuss vor Steuern rechnen. Da die Institute gleichzeitig von einem Bilanzwachstum ausgehen, entspricht dies einem Rückgang ihrer Gesamtkapitalrentabilität um 16 Prozent. Bei der Umfrage im Jahr 2015 waren Banken und Sparkassen für die folgenden fünf Jahre von einem Rückgang um 25 Prozent ausgegangen.

Überwiegend gut kapitalisiert

Die deutschen Institute sind überwiegend gut kapitalisiert. „Die gute Kapitalausstattung der meisten Institute hilft dabei, die Effekte aus dem Niedrigzinsumfeld abzufedern“, stellte Raimund Röseler, BaFin-Exekutivdirektor für Bankenaufsicht, bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse Ende August 2017 fest. Zudem würden die meisten Institute planen, alternative Ertragsquellen auszubauen, um die schrumpfenden Margen im Zinsgeschäft zu kompensieren.

Die Simulationen der fünf Zinsszenarien haben gezeigt, dass sich die Ertragskraft der Banken und Sparkassen in Deutschland deutlich verschlechtern würde, wenn das Niedrigzinsumfeld andauert oder sich verschärft. Die Gesamtkapitalrentabilität der Banken sänke bei konstanten Zinsen bis zum Jahr 2021 um etwa 40 Prozent, bei einem Rückgang des Zinsniveaus sogar um deutlich mehr als die Hälfte. Portfolioanpassungen im Rahmen einer dynamischen Bilanzannahme können diesen Effekt entsprechend mildern. Die rückläufige Gesamtkapitalrentabilität in den Szenarien wäre vor allem auf den Rückgang der Margen auf der Passivseite zurückzuführen. Bei einem Zinsanstieg wäre zunächst mit Gewinneinbrüchen aufgrund von Wertberichtigungen zu rechnen. Mittel- bis langfristig würden sich die Gewinne aber aufgrund steigender Margen über das Niveau von 2016 hinaus erholen.

Widerstandsfähigkeit

Insgesamt planen die Institute mit einem Anstieg ihrer harten Kernkapitalquote von 15,9 auf 16,5 Prozent bis zum Jahr 2021. Dabei geht ein Drittel der Institute für die nächsten fünf Jahre von einem Rückgang der harten Kernkapitalquote aus. Der Rückgang beruht vor allem auf der stärkeren Zunahme der risikogewichteten Aktiva, was – abgesehen von einem wachsenden Geschäftsvolumen – auch dadurch bedingt sein kann, dass die Institute dann risikoreichere Geschäfte eingehen.

Die Institute rechnen weiterhin mit starker Konkurrenz durch andere Banken oder Fintechs. Etwa jedes zehnte Institut gab an, sich schon in einem Fusionsprozess zu befinden oder eine Fusion konkret zu beabsichtigen.

Stresstest

Um die Auswirkung einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf die Kapitalausstattung der Institute abschätzen zu können, hat die Aufsicht als Teil der Umfrage auch einen Stresstest durchgeführt. Geprüft wurde dabei die Widerstandsfähigkeit der Kreditinstitute unter verschiedenen Stressszenarien, die Zinsänderungsrisiken, Kredit- und Marktpreisrisiken berücksichtigten. Ziel war es festzustellen, wie gut die Eigenmittelausstattung der Kreditinstitute die Stresseffekte kompensieren kann.

Größtenteils widerstandsfähig

Im Ergebnis verfügen kleine und mittelgroße Institute größtenteils über eine gute Widerstandsfähigkeit. Die harte Kernkapitalquote nach Stress beträgt über alle teilnehmenden Banken hinweg 13,3 Prozent. Am deutlichsten wirken sich im Stresstest die Bewertungseffekte eines abrupten Zinsanstiegs aus. Bei den Marktpreisrisiken gehen die Stresseffekte zu etwa gleichen Teilen auf zinstragende und nicht zinstragende Positionen zurück. Nicht zinstragende Positionen machen jedoch nur etwa ein Fünftel des Portfolios aus und tragen damit überproportional zum Stresseffekt bei. Im Kreditrisikostresstest sind die Banken gegen einen plötzlichen Anstieg der Kreditrisiken gut gewappnet. Dabei wirkt sich vor allem die positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung entlastend auf das Ergebnis aus.

Die Erkenntnisse aus den Stresstests fließen, wie oben beschrieben, in die Eigenmittelzielkennziffer ein. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die Institute für Stressfälle hinreichend kapitalisiert sind.

Wohnimmobilienfinanzierung

Bei den Wohnimmobilienkrediten haben die Risiken leicht zugenommen, die Kreditvergabestandards und -konditionen wurden aber zum großen Teil nicht aufgeweicht. Ein spezifischer Stresstest zum Engagement bei Wohnimmobilien hat gezeigt, dass die meisten Institute einem hypothetischen Rückgang der Wohnimmobilienpreise um 20 bzw. 30 Prozent innerhalb von drei Jahren gewachsen wären. Die harte Kernkapitalquote der Banken würde sich um 0,5 bzw. 0,9 Prozentpunkte verringern.

Bausparkassen

Parallel wurde unter den deutschen Bausparkassen eine auf deren Geschäftsmodelle abgestimmte Erhebung durchgeführt. Das aktuelle Niedrigzinsumfeld belastet zwar deren Ertragskraft. Die Szenario-Berechnungen zeigen aber, dass sich die Ertragslage bei anhaltend niedrigen oder steigenden Zinsen im Zeitablauf stabilisiert. Bei einem weiter fallenden Marktzinsniveau würde sich der Druck auf die Ertragslage hingegen weiter fortsetzen.

Durch die 2017 (nach 2013 und 2015) zum dritten Mal durchgeführte Umfrage erhält die deutsche Aufsicht einen umfassenden Einblick in die Ertragsaussichten deutscher Kreditinstitute und kann so potenzielle Risiken frühzeitig identifizieren und in ihrem Aufsichtshandeln berücksichtigen.

Pensionsverpflichtungen

Einen ihrer aufsichtlichen Schwerpunkte hat die BaFin im Jahr 2017 auf die Untersuchung von Risiken aus Pensionsverpflichtungen gelegt. Hierfür hat sie bei der 2017 durchgeführten Niedrigzinsumfeld-Umfrage die rund 1.500 kleinen und mittelgroßen deutschen Kreditinstitute, die unmittelbar unter nationaler Aufsicht stehen, zu ihrem Bestand an unmittelbaren und mittelbaren Pensionsverpflichtungen befragt und dazu, wie sie Pensionsverpflichtungen im Risikomanagement zum Stichtag 31. Dezember 2016 berücksichtigt haben.

Die Auswertung der Umfrage lieferte der deutschen Aufsicht Informationen über den Umfang der unmittelbaren und mittelbaren Pensionsverpflichtungen sowie die Verteilung der mittelbaren Pensionsverpflichtungen auf externe Versorgungsträger. Sie ermöglichte außerdem eine Einschätzung der Materialität von Pensionsverpflichtungen für die Institute sowie übergreifende Aussagen zu ihrem Risikogehalt. Die Erkenntnisse wird die BaFin für institutsindividuelle Aufsichtsgespräche über die ökonomische Bewertung von Pensionsverpflichtungen und für Risikotragfähigkeitsbetrachtungen nutzen.

Die Ergebnisse zeigen, dass bei den meisten Instituten die unmittelbaren Pensionsverpflichtungen keine materielle (Bilanz-)Position darstellen. Bei einigen Instituten belief sich der Verpflichtungsumfang jedoch auf mehr als 20 Prozent des bilanziellen Eigenkapitals, so dass sich hier Pensionsrisiken deutlich auf das Eigenkapital bzw. die Risikodeckungsmasse auswirken könnten.

Weitere Belastung der Ertragslage

Die bilanzielle Abbildung der unmittelbaren Pensionsverpflichtungen dürfte die ohnehin angespannte Ertragslage der Institute durch notwendige Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen in den nächsten Jahren noch weiter belasten. Sukzessive wird sich der über einen Zeitraum von zehn Jahren geglättete HGB-Rechnungslegungszinssatz dem niedrigen Zinsniveau annähern, so dass die Folgen der Niedrigzinsphase durch steigende Aufwendungen für Pensionsrückstellungen erkennbar werden.
Was die Verteilung der mittelbaren Pensionsverpflichtungen auf die externen Versorgungsträger angeht, hat die Umfrage deutlich gezeigt, dass im Sparkassensektor fast ausschließlich Zusatzversorgungskassen (ZVK) eingeschaltet werden, während sich Institute anderer Institutsgruppen nicht auf einen einzigen Versorgungsträgertyp festgelegt haben.

Die aufsichtliche Einschätzung der Risiken aus mittelbaren Pensionsverpflichtungen bei Nicht- oder Teilerfüllung der zugesagten Versorgungsleistungen durch den Versorgungsträger war bis zum Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen, da die Umfrage hierzu keine ausreichenden Informationen lieferte. Das Risiko erheblicher Finanzierungsbelastungen eines Instituts durch unerwartet steigende Beiträge infolge von eingegangenen mittelbaren Pensionsverpflichtungen ist insgesamt aber als gering einzustufen. Finanzierungslücken der zugesagten Versorgungsleistungen werden regelmäßig durch gleitende Beitragserhöhungen der Versorgungsträger oder Zusatzzahlungen der Institute – zeitlich gestreckt in der Erfolgsrechnung (Gewinn-und-Verlust-Rechnung) – abgebildet.

In welcher Weise langfristige Finanzierungsbelastungen aus mittelbaren Pensionsverpflichtungen als stille Lasten in einer Risikotragfähigkeitsbetrachtung berücksichtigt werden sollen, wird die BaFin weiter untersuchen.

Einige Institute haben separate Risikocontrolling- und -steuerungsprozesse für Risiken aus unmittelbaren und mittelbaren Pensionsverpflichtungen eingerichtet. Dass die Mehrheit der Institute dies nicht getan hat, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass sie die Pensionsrisiken als nicht wesentlich einstufen, was in Einzelfällen institutsindividuell in Aufsichtsgesprächen zu hinterfragen sein wird.

Fußnoten:

  1. 1) Dieser Abschnitt basiert auf einer gemeinsamen Pressemitteilung von der BaFin und der Deutschen Bundesbank vom 30.8.2017, die auf www.bafin.de abrufbar ist. Zur Niedrigzinsumfrage vgl. auch BaFinJournal September 2017, Seite 21 f.
  2. 2) Vgl. hierzu auch Kapitel I 7.

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