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IT-Kompetenz in der Geschäftsleitung1

Beitrag aus dem Jahresbericht 2017 der BaFin

Die Informationstechnik hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend von einer Basisinfrastruktur für Bank- und Versicherungsgeschäfte zur Schlüsseltechnologie für neue Wertschöpfungsketten entwickelt.

Zentrales Anliegen der BaFin ist es, dass Banken und Versicherungsunternehmen die Herausforderungen der Digitalisierung souverän bewältigen können. Die BaFin hat daher Ende 2017 ihre Verwaltungspraxis in Bezug auf die erforderlichen praktischen Erfahrungen von Geschäftsleitern angepasst. Auf diese Weise schafft sie im Spannungsfeld zwischen den Anforderungen an die grundlegende fachliche Eignung, die zur Wahrnehmung der Gesamtverantwortung aller Geschäftsleiter notwendig ist, und dem zunehmend erforderlichen Spezialwissen mehr Raum für die Bestellung von IT-Spezialisten zu Geschäftsleitern.

Gesetzlicher Rahmen

Die Anforderungen an die fachliche Eignung von Geschäftsleitern in § 25c Absatz 1 KWG und in § 24 Absatz 1 VAG werden stets bezogen auf das konkrete Kreditinstitut oder Versicherungsunternehmen beurteilt, und zwar unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Proportionalität. Die Anforderungen an die Leitung eines Unternehmens mit einem komplexen Geschäftsmodell und Risikoprofil sind dementsprechend anders als bei einem Unternehmen, das weniger differenzierte Geschäfte betreibt.

Drei Komponenten der fachlichen Eignung

Um fachlich geeignet zu sein, benötigt ein Geschäftsleiter sowohl nach dem KWG als auch nach dem VAG zwingend theoretische und praktische Kenntnisse in Bank- bzw. Versicherungsgeschäften sowie Leitungserfahrung.

Um den weiteren Ausbau des IT-Know-hows in der Geschäftsleitung zu fördern, können künftig im Rahmen der Einzelfallprüfung der fachlichen Eignung die Anforderungen an den Zeitraum, in dem vor Amtsantritt bank- bzw. versicherungspraktische Erfahrungen erworben worden sein müssen, in geeigneten Fällen auf sechs Monate reduziert werden. Sofern notwendig, sollte der angehende Geschäftsleiter diesen Zeitraum zudem dafür nutzen, die theoretischen Kenntnisse in Bank- bzw. Versicherungsgeschäften auszubauen und zu vertiefen, da die Anforderungen an die fachliche Eignung bei Amtsantritt erfüllt sein müssen.

Diese Verwaltungspraxis kann es den Kreditinstituten und Versicherern erleichtern, die Geschäftsverteilung durch die Schaffung spezieller IT-Ressorts und die Einsetzung eines Vorstandsmitglieds für die IT (oft auch als Chief Information Officer – CIO bezeichnet) stärker zu diversifizieren.

Profunde IT-Kenntnisse

Um erleichterte Anforderungen an die praktischen Erfahrungen zu rechtfertigen, müssen IT-Ressortverantwortliche profunde theoretische und praktische IT-Kenntnisse nachweisen können. Die BaFin beabsichtigt, sich für die konkrete Bestimmung der notwendigen Erfahrungen eines spezialisierten IT-Vorstands an den Bankaufsichtlichen Anforderungen an die IT (BAIT)2, zu orientieren. Ein entsprechendes Rundschreiben zu den Versicherungsaufsichtlichen Anforderungen an die IT (VAIT)3 bereitet die BaFin vor.

Gesamtverantwortung aller Geschäftsleiter

Die Gesamtverantwortung der Geschäftsleiter und bei Kreditinstituten auch bestimmte einstimmige Entscheidungserfordernisse – insbesondere die Groß- und Organkreditgewährung gemäß §§ 13 Absatz 2 und 15 Absatz 1 KWG – setzen der Flexibilisierung der Anforderungen Grenzen. Unabhängig von der Ressortverteilung tragen alle Geschäftsleiter die Gesamtverantwortung für die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation und unterliegen den damit einhergehenden Sorgfaltspflichten und gesetzlichen Haftungsregelungen. Zwar trägt zunächst jeder Geschäftsleiter die volle Verantwortung für sein Aufgabengebiet. Doch muss er sich darüber hinaus im Rahmen der Gesamtverantwortung spätestens dann einschalten und auf Abhilfe hinwirken, wenn Anhaltspunkte für Missstände im Aufgabenbereich eines anderen Geschäftsleiters bestehen (Prinzip der gegenseitigen Überwachung).

Kollektive Eignung

Die kollektive Eignung der Geschäftsleitung gewinnt vor dem Hintergrund der geänderten Verwaltungspraxis stärker an Bedeutung. Die BaFin wird daher ein spezielles Augenmerk auf die hinreichende Qualifikation des Gesamtorgans legen und dabei das Vier-Augen-Prinzip berücksichtigen. Das bedeutet vor allem, dass Kompetenzen in den originären Bank- bzw. Versicherungsgeschäften im Gesamtorgan nicht bei nur einem Geschäftsleiter vorhanden sein dürfen, da ansonsten eine wirksame gegenseitige Kontrolle nicht hinreichend gewährleistet wäre. Die Bestellung eines Geschäftsleiters, der nur für die IT zuständig sein soll, ist daher grundsätzlich leichter in Betracht zu ziehen, wenn die Geschäftsleitung aus mehr als drei Personen besteht, die zudem über fundierte Kenntnisse in Bank- bzw. Versicherungsgeschäften verfügen.

Anzeigepflichten

Für die Eignungsprüfung von IT-Vorständen müssen Banken die Angaben und Dokumente, die sie nach § 24 Absatz 1 Nr. 1 KWG bei der Anzeige der Absicht oder des Vollzugs der Bestellung eines Geschäftsleiters bei der BaFin einzureichen haben, um eine konkrete Beschreibung der Position ergänzen. Dabei sind die Kompetenzen zu benennen und der Geschäftsverteilungsplan beizufügen. Zudem beabsichtigt die BaFin, betroffenen Kreditinstituten in einschlägigen Fällen eine Anzeigepflicht bei Änderung der Geschäftsverteilung aufzuerlegen.

Fußnoten:

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