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Thema Verbraucherschutz Produktintervention

Beitrag aus dem Jahresbericht 2017 der BaFin

Mit § 4b Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), alte Fassung, verfügte die BaFin über eine Rechtsgrundlage, die sie zum Erlass von Produktinterventionsmaßnahmen ermächtigt. Die Norm nahm Artikel 42 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 (MiFIR) vorweg, der seit dem 3. Januar 2018 direkt anwendbar ist.1 Mit dem Instrument der Produktintervention kann die BaFin die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von bestimmten Finanzinstrumenten beschränken oder ganz verbieten, wenn ein Finanzinstrument erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz aufwirft, es eine Gefahr für die Stabilität oder Integrität des Finanzsystems oder des Finanzmarkts darstellt oder ein Derivat negative Auswirkungen auf den Preisbildungsmechanismus in den zugrundeliegenden Märkten hat. In der Praxis hat von den drei Tatbestandsvarianten bislang allein das Vorliegen von „erheblichen Bedenken für den Anlegerschutz“ zu Produktinterventionsverfahren geführt.

Einleitung von Produktinterventionsverfahren

Anlass für die Einleitung von Produktinterventionsverfahren können Erkenntnisse sein, die die BaFin aus eigenen Marktuntersuchungen, Prospektbilligungsverfahren oder ihrer laufenden Aufsichtstätigkeit gewonnen hat. Darüber hinaus sind auch externe Informationsquellen wie etwa Beschwerden von Anlegern oder Hinweise von Verbraucherschutzorganisationen als Auslöser für die Eröffnung von Produktinterventionsverfahren denkbar. Inzwischen gehört das Mittel der Produktintervention zum festen Bestandteil der Aufsichtspraxis der BaFin und ist bereits mehrfach angewendet worden.

Beschränkung des Vertriebs von CFDs

Mit Allgemeinverfügung vom 8. Mai 2017 hat die BaFin die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von Differenzkontrakten (Contracts for DifferenceCFDs) an Privatkunden beschränkt. CFDs dürfen dieser Kundengruppe gegenüber nur noch angeboten und vertrieben werden, wenn sie für die Kunden keine Nachschusspflicht beinhalten. So bleibt das Verlustrisiko für Privatkunden vorhersehbar, da es auf das eingesetzte Kapital begrenzt ist.2

Den Adressaten der Allgemeinverfügung wurde zur Umsetzung der Beschränkung eine dreimonatige Frist bis zum 10. August 2017 gewährt. Nach Ablauf der Frist überprüfte die BaFin die Umsetzung und stellte fest, dass diese nicht in allen Fällen zufriedenstellend war.

BaFin veröffentlicht Hinweise

Aus diesem Grund veröffentlichte die BaFin am 29. November 2017 in einem Merkblatt Leitlinien zur Umsetzung der CFD-Beschränkung und griff dabei die von ihr als problematisch bewerteten Konstellationen auf. Die Leitlinien sollen die Emittenten von CFDs dabei unterstützen, ihre Vertragsbedingungen so anzupassen, dass eine Nachschusspflicht für Privatkunden wirksam ausgeschlossen ist. Die BaFin hat insbesondere noch einmal verdeutlicht, dass Emittenten die Nachschusspflicht für Privatanleger in ihren Vertragsbedingungen ausdrücklich und bedingungslos ausschließen müssen. Darüber hinaus hat die Aufsicht darauf hingewiesen, dass es unerheblich ist, ob die Begrifflichkeit „Nachschusspflicht“ verwendet wird. Auch die Bezeichnungen „Defizit“, „Unterdeckung“, „Differenz“ und „Minussaldo“ sowie andere Umschreibungen unterfallen dem Nachschusspflichtverbot, sofern sich hinter ihnen Vertragsbedingungen verbergen, die Privatkunden dazu verpflichten, einen Minussaldo auf ihrem CFD-Konto auszugleichen.

Die BaFin wird weiterhin laufend überprüfen, ob die Emittenten die Vorgaben aus der Allgemeinverfügung und den Leitlinien einhalten. Wenn erforderlich, wird sie die Einhaltung im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchsetzen, also etwa mit Zwangsgeldern.

Selbstverpflichtung der Emittenten bonitätsabhängiger Schuldverschreibungen

Dass am Ende eines Produktinterventionsverfahrens nicht zwangsläufig eine Beschränkung oder ein Verbot stehen muss, um dem öffentlichen Interesse am Verbraucherschutz Rechnung zu tragen, zeigt die Selbstverpflichtung der Emittenten bonitätsabhängiger Schuldverschreibungen.

In einer Marktuntersuchung aus dem ersten Halbjahr 20163 hatte die BaFin festgestellt, dass bonitätsabhängige Schuldverschreibungen von Emittenten gezielt für den Absatz an Privatkunden aufgelegt werden. Die Struktur bonitätsabhängiger Schuldverschreibungen ist, verglichen mit anderen Anlageprodukten, sehr komplex, da hierbei Kreditrisiken von Referenzunternehmen ausschlaggebend für die Verzinsung und Rückzahlung des investierten Geldbetrages sind. Aus diesem und weiteren Gründen bewertete die BaFin den gezielten Vertrieb an Privatkunden als problematisch und startete im Sommer 2016 eine öffentliche Anhörung zu einem Verbot der Vermarktung, des Vertriebs und des Verkaufs bonitätsabhängiger Schuldverschreibungen an Privatkunden.

Hierauf reagierten die Verbände der betroffenen Emittenten, Deutsche Kreditwirtschaft (DK) und Deutscher Derivate Verband (DDV), indem sie eine Selbstverpflichtung der Branche veröffentlichten, um so den in der Anhörung dargelegten Anlegerschutzbedenken entgegenzutreten.

Die BaFin nahm dies zum Anlass, das beabsichtigte Verbot zurückzustellen und zunächst über neun Monate hinweg – bis Ende September 2017 – zu prüfen, ob die Branche ihrer Selbstverpflichtung gerecht wurde. Was die Emission anging, stellte die BaFin keine Verstöße fest. Lediglich gegen die vertriebsbezogenen Grundsätze wurde vereinzelt verstoßen. Diese Verstöße waren nicht systematischer Natur, sondern ließen sich auf individuelles Fehlverhalten zurückführen. Insgesamt hat sich somit die generelle Bereitschaft der Branche, sich an den Standard der Selbstverpflichtung zu halten, bestätigt. Daher hat die BaFin Ende des Jahres 2017 beschlossen, weiterhin vom Erlass des ursprünglich beabsichtigten Verbots abzusehen. Die Aufsicht wird die Einhaltung der Selbstverpflichtung allerdings weiter kontrollieren.

Verfahren gegen einzelne Emittenten

Neben der Produktintervention im Wege der Allgemeinverfügung hat die BaFin auch gegenüber einzelnen Emittenten Produktinterventionsverfahren geführt. Einige Verfahren hat die BaFin ohne Erlass einer Produktintervention eingestellt, da sie bei der Analyse des Verkaufsprospekts oder bei Auskunfts- und Vorlageersuchen festgestellt hatte, dass zumindest keine „erheblichen Bedenken für den Anlegerschutz“ im Sinne des § 4b Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) a.F. vorlagen. In anderen Fällen stellten die angesprochenen Emittenten die betroffenen Angebote von sich aus ein, so dass sich der förmliche Erlass von Produktinterventionsmaßnahmen erübrigte.

Auskunfts- und Vorlageersuchen

Anfang 2017 wehrte sich ein Emittent im Wege des Eilrechtsschutzes vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main gegen ein Auskunfts- und Vorlageersuchen der BaFin. Seine Weigerung, die geforderten Auskünfte zu erteilen, begründete er insbesondere damit, dass die BaFin in ihrem Auskunfts- und Vorlageersuchen keinen Anfangsverdacht im Sinne von § 152 der Strafprozessordnung (StPO) dahingehend vorgetragen habe, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer Produktintervention nach § 4b WpHG vorliegen. Das Verwaltungsgericht erklärte in seinem Beschluss zu dem Antrag auf Eilrechtsschutz ausdrücklich, dass dies keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines Auskunfts- und Vorlageersuchens gemäß § 4 Absatz 3 WpHG sei. Es müsse lediglich nachvollziehbar sein, dass die BaFin einen Nachfragebedarf zu prüfen habe, „ob, inwieweit oder auf welche Weise eine Maßnahme nach § 4b WpHG angebracht oder erforderlich erscheint“. Es sei „gerade Sinn und Zweck des Auskunfts- und Vorlageersuchens, nachzuprüfen, ob überhaupt die Voraussetzungen für eine solche Maßnahme vorliegen“. Das Verwaltungsgericht sah das Auskunfts- und Vorlageersuchen der BaFin als offensichtlich rechtmäßig an und lehnte daher den Antrag des Emittenten ab.

Fußnoten:

  1. 1 Vgl. hierzu Kapitel V 1.1.1.
  2. 2 Vgl. hierzu auch Verbraucherschutz.
  3. 3 Vgl. hierzu Jahresbericht 2016, Seite 35 f..

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