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Thema Solvabilität Zwei Jahre Solvency II

Beitrag aus dem Jahresbericht 2017 der BaFin

Solvency II, das Opus magnum der europäischen Versicherungsaufsicht, ist seit Anfang 2016 in Kraft. Die Versicherer sind in der neuen risikosensitiven Welt angekommen und finden sich darin einigermaßen gut zurecht. Das sei eine gute Nachricht, wenn man bedenke, wie komplex das neue Regime sei, kommentierte BaFin-Präsident Hufeld.

Aufsicht sieht Verbesserungsbedarf

Für 2018 erwartet die Aufsicht allerdings, dass sich die Unternehmen noch tiefer in das neue Regime einarbeiten. „An einigen Stellen sehen wir noch Verbesserungsbedarf – beim ORSA1 etwa und beim Solvabilitäts- und Finanzbericht , der noch etwas an Tiefgang vermissen lässt“, erläuterte Hufeld.

Wie von der Aufsicht erwartet, tun sich die Unternehmen auch mit dem Prinzip der Proportionalität noch ein wenig schwer, das explizit in der Richtlinie verankert ist. Mit Solvency II hat sich die Regulierung aus der Tradition der Regelbasiertheit gelöst, und die BaFin praktiziert nun eine vorausschauende und prinzipienbasierte Aufsicht. Es ist erst einmal Sache der Unternehmen, ihre Risiken selbst zu erfassen und – auch mit Blick in die Zukunft – angemessen abzufedern. Die BaFin prüft das Ergebnis und bewertet es individuell. Das ist für beide Seiten anspruchsvoll.

Erstes Geschäftsjahr

Bis zum 22. Mai 2017 mussten die deutschen Versicherer der BaFin über das erste Geschäftsjahr unter dem neuen Regime berichten, ihren Solvabilitäts- und Finanzbericht veröffentlichen und ihren regelmäßigen Aufsichtsbericht (Regular Supervisory ReportRSR) zu den Einzelunternehmen vorlegen. Die Berichterstattung auf Gruppenebene erfolgte bis zum 3. Juli 2017.

Die vertiefte Analyse der ersten Jahreszahlen hat gezeigt: Alle berichtspflichtigen Einzelunternehmen erfüllen die neuen Anforderungen. Die Bedeckung der Solvenzkapitalanforderung (Solvency Capital Requirement SCR) mit Eigenmitteln beträgt im Durchschnitt über alle Sparten hinweg rund 330 Prozent. Das sei eine gute Nachricht, wertete Grund. Doch er warnt, man solle nicht allzu viel in diese Quoten hineingeheimnissen: „Auch wenn sich die Kennzahlen grundsätzlich vergleichen lassen, zur Aufstellung einer Rangliste taugen sie nicht. Für sich genommen, isoliert, sind sie nämlich nur bedingt aussagekräftig“, erläuterte er.

Wenn beispielsweise Versicherer A eine Solvenzquote von 140 ausweise und Versicherer B eine von 120, sage das zunächst nichts über die Portfolien der beiden. Möglicherweise sei das Geschäft von A viel volatiler als das von B. Solvency II reagiert sehr empfindlich auf Marktänderungen; B kann daher mit seinen 120 Prozent das stabilere Portfolio haben. Die Versicherer können zudem bei ihrer Risikomessung verschiedene Wege gehen, und sie können Übergangsmaßnahmen nutzen. „All das und noch viel mehr muss man wissen und verstehen, wenn man die Kennzahlen interpretieren will“, fasste Grund zusammen.

Zu den Solvabilitäts- und Finanzberichten merkte Grund an: „Solvency II verfolgt das Ziel, im Versicherungssektor mehr Transparenz zu schaffen. Mit dem ersten Durchlauf des SFCR2 sind wir zufrieden. Das Ergebnis ist positiv. Es gibt aber natürlich noch Mängel, die abgestellt werden müssen. Daran arbeiten wir als Aufsicht gemeinsam mit den Unternehmen.“

Regelwerk auf dem Prüfstand

Im Jahr drei nach seinem Inkrafttreten stehen Teile von Solvency II auf dem Prüfstand. „Dass wir uns das Regelwerk so früh noch einmal kritisch ansehen, ist in der Richtlinie so vorgesehen, und es ist auch sinnvoll“, sagte Dr. Frank Grund, Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht. Man habe erste Erfahrungen gesammelt, und die Rahmenbedingungen hätten sich geändert.

Das marktwertbasierte System stehe nicht zur Disposition, machte Grund deutlich. „Wir wollen es aber anpassen und verbessern“, ergänzt er. Ein Beispiel ist die Standardformel. Sie ist nach Ansicht der BaFin zu komplex, und die Aufsicht setzt sich dafür ein, sie zu vereinfachen. Hinzu kommt, dass die Standardformel in mancher Hinsicht nicht mehr aktuell ist. Sie kennt – anders als die internen Modelle – keine negativen Zinsen, was zur Folge haben kann, dass die Unternehmen ihr Zinsänderungsrisiko unterschätzen. „In Zeiten dauerhaft niedriger Zinsen keine gute Lösung“, kommentierte Grund.

Fußnoten:

  1. 1Own Risk and Solvency Assessment (unternehmenseigene Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung).
  2. 2 Solvency and Financial Condition Reports (SFCR).

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