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Thema Marktmanipulation Marktmanipulation

Beitrag aus dem Jahresbericht 2016 der BaFin

Untersuchungen

Im Jahr 2016 untersuchte die BaFin insgesamt 272 (Vorjahr: 256) neue Sachverhalte wegen des Verdachts auf Marktmanipulation (siehe Tabelle 19 „Marktmanipulationsuntersuchungen“). Insgesamt 178 (Vorjahr: 135) – und damit erneut mehr als die Hälfte der neu eingeleiteten förmlichen Untersuchungen – gingen auf Abgaben der Handelsüberwachungsstellen der deutschen Börsen zurück. Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden stießen insgesamt elf (Vorjahr: 17) Untersuchungen der BaFin an.

Die Kooperation mit ausländischen Aufsichtsbehörden spielte auch 2016 wieder eine wichtige Rolle. In 113 Fällen (Vorjahr: 107) arbeitete die BaFin mit Aufsichtsbehörden in insgesamt 23 verschiedenen Ländern (Vorjahr: 24) zusammen. Ausländische Stellen aus 14 Ländern (Vorjahr: 17) baten ihrerseits die BaFin 42 Mal (Vorjahr: 55) um Amtshilfe.

In 106 Fällen, die im Jahr 2016 abgeschlossen wurden, stellte die BaFin Anhaltspunkte für Marktmanipulation fest (Vorjahr: 160). Sie zeigte 275 verdächtige Personen (Vorjahr: 290) bei den zuständigen Staatsanwaltschaften an.

In sieben weiteren Fällen (Vorjahr: 10) mit insgesamt neun betroffenen Personen (Vorjahr: 14) ergaben sich Hinweise auf eine vorliegende Ordnungswidrigkeit. In 40 Fällen führte die Untersuchung nicht zu Anhaltspunkten für einen Verstoß (Vorjahr: 44). Ende 2016 waren noch 398 Untersuchungen anhängig (Vorjahr: 279).

Tabelle 19 Marktmanipulationsuntersuchungen

Marktmanipulationsuntersuchungen

Die Tabelle zeigt die Marktmanipulationsuntersuchungen aus den Jahren 2014, 2015 und 2016. * Die unterschiedliche Anzahl der Abgaben an das BaFin-Bußgeldreferat und der von der BaFin eingeleiteten Bußgeldverfahren geht auf unterschiedliche Verfahrensabläufe zurück. Quelle: BaFin Marktmanipulationsuntersuchungen

Sanktionen

Zehn Personen wurden 2016 nach öffentlicher Hauptverhandlung wegen Marktmanipulation verurteilt (Vorjahr: sechs), drei Personen wurden freigesprochen (Vorjahr: 1, siehe Tabelle 20 „Abgeschlossene Marktmanipulationsverfahren“). Gegen 13 weitere Personen erließen die Richter Strafbefehle (Vorjahr: zehn).

Insgesamt 310 Ermittlungsverfahren stellten die Staatsanwaltschaften ein (Vorjahr: 228). Für 166 dieser Fälle bestand nach § 170 Absatz 2 Strafprozessordnung (StPO) nicht die notwendige Verurteilungswahrscheinlichkeit (Vorjahr: 97). Weitere 17 Verfahren wurden vorläufig nach § 154 lit. f StPO eingestellt, da der Aufenthaltsort der Beschuldigten unbekannt war (Vorjahr: 37). Darüber hinaus beendeten die Staatsanwaltschaften 49 (Vorjahr: 29) Verfahren nach § 153 StPO, da sie das Verschulden des Täters als gering einstuften und kein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung bestand. 50 andere Ermittlungsverfahren wurden nach § 153a StPO eingestellt, nachdem die Beschuldigten eine Geldbuße gezahlt hatten (Vorjahr: 49).

Bei weiteren 28 Verfahren konzentrierten sich die Staatsanwaltschaften auf die materiell gewichtigeren Tatvorwürfe und stellten die Marktmanipulationsverfahren nach §§ 154 oder § 154a StPO ein (Vorjahr: 16).

Tabelle 20 Abgeschlossene Marktmanipulationsverfahren

Abgeschlossene Marktmanipulationsverfahren

Die Tabelle zeigt die abgeschlossenen Marktmanipulationsverfahren aus den Jahren 2014, 2015 und 2016. * Die Zahlen beziehen sich auch auf Entscheidungen aus Vorjahren, von denen die BaFin jedoch erst in den Jahren erfahren hat, die in der linken Tabellenspalte angegeben sind. Quelle: BaFin Abgeschlossene Marktmanipulationsverfahren

Ausgewählte Sachverhalte

Swiss FE Group AG und andere

Mit einer Grundsatzentscheidung vom 25. Februar 20161 bestätigte der Bundesgerichtshof (BGH) eine strafrechtliche Verurteilung des Landgerichts Kleve (LG Kleve) vom 7. November 2014. Das LG Kleve hatte den ehemaligen Vorstand einer zwischenzeitlich aufgelösten Wertpapierhandelsbank aus Nordrhein-Westfalen zu einer Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt, da dieser in Form des Scalpings gegen das Verbot der Marktmanipulation verstoßen hatte. Er hatte die Aktien der Swiss FE Group AG, der Metriopharm AG und der Prime Beteiligungen AG in den Jahren 2006 bis 2008 beworben, ohne die eigenen Bestände offen zu legen. Es handelte sich dabei um die erste gerichtliche Scalping-Entscheidung, die nicht nur die Bewerbung von Aktien durch E-Mail-Börsenbriefe und ein Internetportal betraf, sondern auch die telefonische Vermarktung durch Callcenter. Das staatsanwaltliche Verfahren ging auf eine BaFin-Anzeige aus dem Jahr 2010 zurück.

Der BGH entschied, dass das Tatbestandsmerkmal der „sonstigen Täuschungshandlungen“ im Sinne des § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG a.F. dem Bestimmtheitsgebot des Grundgesetzes entspricht. Bezüglich der Einwirkung auf den Börsenpreis im Sinne des § 38 Absatz 2 Nummer 1 WpHG a.F. legte der BGH grundsätzlich fest, dass sich der dazu erforderliche Umfang der Tatsachenfeststellung nach den Umständen des Einzelfalls bestimmt. Als Indizien reichen Vergleiche vom bisherigen Kursverlauf und Umsatz, die Kurs- und Umsatzentwicklung des betreffenden Papiers am Tag der tatbestandlichen Handlung sowie die Ordergröße aus. Wenn also von einer versandten Anpreisung eher unbekannter Aktien bis zu deren schnellem Anstieg hinsichtlich Umsatz und Käuferzahlen nur wenig Zeit vergeht, liegt ein Zusammenhang zwischen Empfehlung und Preisfestsetzung sehr nahe. Diese Schlussfolgerung manifestiert sich dann, wenn keine anderen Ursachen erkennbar sind, die für die Entwicklung verantwortlich sind.

Der BGH hob das Urteil des LG Kleve hinsichtlich der Verfallsfrage von Wertersatz auf und verwies den Fall an eine andere Strafkammer des LG Kleve zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück.

Diverse Fonds

Seit dem 14. Mai 2016 ist ein Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 6. Mai 20162 rechtskräftig, mit dem ein zur Tatzeit in Frankfurt am Main tätiger Wertpapierhändler wegen 365 Fällen der Marktmanipulation in Tateinheit mit Untreue zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten zur Bewährung verurteilt wurde.

Der Händler arbeitete als Skontroführer und Spezialist an der Frankfurter Wertpapierbörse. Er handelte zum Nachteil seiner Arbeitgeberin – einer Wertpapierhandelsbank – mit sich selbst. Zunächst erteilte er im Namen der Bank börsliche Verkaufsaufträge, um diese anschließend durch private Kauforders mit entsprechendem Volumen und Preis anzunehmen. Diese Kaufaufträge wies er an, indem er das Depot seiner Ehefrau verwendete. Anschließend initiierte er private börsliche Verkaufsorders und nahm diese im Namen der Bank an, wenn er entsprechende gegenläufige Kaufaufträge erteilte.

Durch diese abgesprochenen Geschäfte schädigte er die Bank, da die Rückkäufe für die Bank jeweils zu höheren Preisen erfolgten, und generierte einen entsprechenden Gewinn für das Privatdepot. Der Schaden für die Bank belief sich auf rund 105.000 Euro.

Auch nachdem sein Geschäftsbereich und damit sein Arbeitsverhältnis von einer Wertpapierhandelsbank auf eine andere übergingen, führte er dieses Tatmodell fort, so dass der zweiten Bank ein (weiterer) Schaden von etwa 107.000 Euro entstand.

Die BaFin hatte im September 2010 bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt Anzeige erstattet.

JK Wohnbau AG (heute ISARIA Wohnbau AG)

Das Amtsgericht München verhängte am 13. Januar 2016 gegen die ISARIA Wohnbau AG gemäß § 30 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) eine rechtskräftige Geldbuße in Höhe von 55.000 Euro3, unter anderem wegen Marktmanipulation. Der Bauträger hatte falsche Informationen angegeben und drei Finanzberichte für das Jahr 2011 nicht fristgerecht veröffentlicht.

Der damalige Vorstandsvorsitzende der Gesellschaft war im Zusammenhang mit dem Börsengang der JK Wohnbau AG wegen Betrugs und Untreue bereits 2013 vom Landgericht München I zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Parallele Verstöße gegen das Verbot der Marktmanipulation behandelte das Gericht gemäß § 154 Absatz 1 bzw. Absatz 2 StPO.

Die Staatsanwaltschaft München I stellte die Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Marktmanipulation und anderer Delikte gegen vier weitere Personen nach § 153a StPO gegen Auflagen von 35.000 Euro, zweimal 25.000 Euro sowie 7.500 Euro rechtskräftig ein. Darunter befanden sich ein ehemaliger Finanzvorstand der JK Wohnbau AG, ein Vorstand einer Privatbank mit Sitz in Berlin sowie der Vorstandsvorsitzende eines Medienhauses für Finanzinformationen in Kulmbach.

Die BaFin hatte im Januar 2012 Anzeige bei der Staatsanwaltschaft München I erstattet.

Pfleiderer AG

In einem weiteren Prozess um Marktmanipulation, der auf eine Strafanzeige der BaFin zurückgeht, verurteilte das Amtsgericht Chemnitz im Juli 2015 den Angeklagten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten.4 Diese Freiheitsstrafe wurde auf Bewährung ausgesetzt.

Unter falscher Identität hatte der Verurteilte im September 2012 auf einschlägigen Internet-Finanzportalen eine fehlerhafte positive Information zur Pfleiderer AG lanciert. Wenige Tage vor dieser Veröffentlichung hatte der Verurteilte eine größere Zahl von Aktien der Gesellschaft erworben. Wie beabsichtigt stieg der Aktienkurs an den zwei Börsenhandelstagen nach der Veröffentlichung stark – auf dem Höhepunkt kumuliert um fast 200 %. Die gestiegene Nachfrage nutzte der Verurteilte dazu, seine Anteile über mehrere Depots innerhalb eines Börsenhandelstags mit einem Gewinn von insgesamt rund 16.000 Euro wieder zu veräußern. Aufgrund der kurzen Zeitspanne zwischen den Transaktionen und dem dadurch erzielten Gewinn war der Verurteilte der BaFin aufgefallen.

Die BaFin hatte im Mai 2014 bei der Staatsanwaltschaft Chemnitz Anzeige erstattet.

Diskus Werke AG

Seit dem 29. Juli 2016 ist ein Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main rechtskräftig, mit dem der Verurteilte für sechs selbständige Marktmanipulationshandlungen im Handel mit Aktien der Diskus Werke AG zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt wurde.5 Die Höhe der Tagessätze betrug 230 Euro, was zu einer Gesamtsumme von 27.600 Euro führte.

Der Verurteilte hatte von November 2009 bis Februar 2010 über verschiedene Depots im In- und Ausland Aufträge in Aktien der Diskus Werke AG erteilt, die er so aufeinander abstimmte, dass sie gegeneinander ausgeführt werden konnten. Der Angeklagte war im Tatzeitraum Aufsichtsratsvorsitzender der Gesellschaft und handelte auch sonst über diverse Depots, die sowohl unternehmerisch als auch personell zur Diskus Werke AG gehörten. Er sorgte nicht nur für einen Kursanstieg, sondern war teilweise auch für sämtliche Umsätze in Xetra alleinverantwortlich und bestimmte somit den Handel wesentlich.

Das staatsanwaltliche Verfahren ging auf eine BaFin-Anzeige aus dem Jahr 2014 zurück.

Fußnoten:

  1. 1 Az. 3 StR 142/15.
  2. 2 Az. 7521 Js 232742/10.
  3. 3 Az. 565 Js 111231/12.
  4. 4 Az. 350 Js 21590/14.
  5. 5 Az. 7561 Js 217005/14.

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