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Thema Kapitalanlagen von Versicherern Kapitalanlagen der Erst-Versicherer

Beitrag aus dem Jahresbericht 2016 der BaFin

Überblick1

Die deutschen Erst-Versicherungsunternehmen unter Bundesaufsicht verwalteten zum Stichtag 31. Dezember 2016 einen Kapitalanlagebestand zu Buchwerten in Höhe von 1.467,8 Milliarden Euro (Vorjahr: 1.408,8 Milliarden Euro), wie Tabelle 18 zeigt. Der Kapitalanlagebestand erhöhte sich 2016 um 4,2 % (+59,0 Milliarden Euro). Im Vergleich der Versicherungssparten verzeichneten dabei die Krankenversicherer (+5,6 %) und die Pensionskassen (+5,0 %) die größten prozentualen Anstiege. Lediglich bei den Sterbekassen verminderte sich der Kapitalanlagebestand leicht gegenüber dem Vorjahreswert.

Der Schwerpunkt der Kapitalanlagen lag – wie in den Vorjahren – bei festverzinslichen Wertpapieren und Schuldscheindarlehen. Bei den festverzinslichen Anlagen gab es leichte Verschiebungen. So stieg der Anteil der direkt gehaltenen börsennotierten Schuldverschreibungen im Berichtsjahr um 12,5 % auf 235,6 Milliarden Euro an, während sich der Anteil der Anlagen bei Kreditinstituten gegenüber dem Vorjahreswert verminderte.

Der Bestand an Kapitalanlagen, den die Versicherungsunternehmen indirekt über Invest-mentfonds halten, hat sich auch 2016 überdurchschnittlich (+8,6 %) erhöht und stellt – wie bereits im Vorjahr – mit 504,7 Milliarden Euro über ein Drittel des gesamten Kapitalanlagebestands aller Erst-Versicherungsunternehmen dar. Wie in den Vorjahren handelt es sich bei den über Investmentfonds erworbenen Vermögensgegenständen insbe-sondere um börsennotierte Papiere.

Der Bestand an direkten Immobilienanlagen erhöhte sich gegenüber dem Vorjahreswert um 0,8 % auf 32,9 Milliarden Euro.

Erläuterungen

Mit der Einführung von Solvency II unterliegen die Versicherungsunternehmen den Anforderungen an ein neues Berichtswesen, welches auch die Kapitalanlagen betrifft. Vor dem Hintergrund nicht vorhandener Vergleichszahlen und der späten Verfügbarkeit der Zahlen für 2016 erfolgt die Darstellung der Kapitalanlagen der Versicherer in diesem Jahresbericht voraussichtlich letztmalig auf Basis der Nachweisung 671 (Bericht über die Buch- und Zeitwerte der Kapitalanlagen und die Bedeckung der versicherungstechnischen Passiva).

Seit dem 1. Januar 2016 sind Rückversicherungsunternehmen von der Vorlage der Nachweisung 671 befreit, so dass diese in der nachfolgenden Darstellung nicht berücksichtigt sind.

Zudem entfallen Angaben zur Zusammensetzung der Risikokapitalquote sowie zu den Anteilen ausgewählter Anlageklassen an den Vermögensanlagen, da die hierfür notwendigen Nachweisungen seit dem 1. Januar 2016 nicht mehr vorzulegen sind.

Tabelle 18 Kapitalanlagen der Erst-Versicherungsunternehmen

Kapitalanlagen der Erst-Versicherungsunternehmen

Die Tabelle zeigt die Kapitalanlagen der Erst-Versicherungsunternehmen und den jeweiligen Bestand zum 31.12.2016 und  31.12.2015 sowie die Veränderung in 2016. Die Zahlen beruhen auf der quartalsweisen Berichterstattung der Erst-Versicherungsunternehmen für das vierte Quartal 2016 und haben nur vorläufigen Charakter. Quelle: BaFin Kapitalanlagen der Erst-Versicherungsunternehmen

Staatsanleihen

Behandlung von Risiken unter Solvency II

2016 hat sich die Versicherungsaufsicht mit der Behandlung von Staatenrisiken unter Solvency II auseinandergesetzt. Im Rahmen eines Symposiums und eines Workshops hat die Aufsicht unter Einbeziehung der Branche sinnvolle Verfahrensweisen erarbeitet, an denen sich die Unternehmen bei der unternehmensindividuellen Behandlung von Staatenrisiken orientieren können (sogenannte Good-Practice-Ansätze).

Hintergrund

In der Vergangenheit wurden Staatsanleihen und Darlehen an Staaten, die Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) oder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sind, grundsätzlich als risikolos eingestuft. Spätestens seit der europäischen Staatsschuldenkrise hat sich diese Sichtweise jedoch grundlegend verändert. Es ist deutlich geworden, dass auch für Staatsanleihen ein Kredit- oder sogar ein Ausfallrisiko besteht.

Allerdings spiegeln sich diese Risiken gegenwärtig nicht in den Vorschriften zur Eigenmittelunterlegung unter dem europäischen Aufsichtssystem Solvency II wider. Versicherer, die ihre Solvenzkapitalanforderung mit einem internen Modell berechnen, müssen wesentliche Länderrisiken zwar berücksichtigen. Bei der Berechnung mit der Standardformel werden Staatsanleihen hingegen nur im Zins- und Fremdwährungsrisiko, nicht aber im Spread- und Konzentrationsrisiko erfasst.

Risikobehandlung innerhalb der Säule II

Versicherer müssen sich daher intensiv mit den Staatenrisiken auseinandersetzen. Das zeigen das neue Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und diverse Leitlinien der Europäischen Versicherungsaufsichtsbehörde EIOPA.

Insbesondere im Rahmen der Säule II, also der Anforderungen an das Governance-System, haben die Unternehmen die entsprechenden Risiken zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber hat eine Auseinandersetzung mit Risiken hier im Rahmen des Grundsatzes der unternehmerischen Vorsicht nach § 124 VAG, innerhalb der Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung gemäß § 27 VAG2 und im Rahmen der eigenen Kreditrisikobewertung nach § 28 Abs. 2 VAG in Verbindung mit der Ratingverordnung3 explizit vorgesehen. Unternehmen haben sich insbesondere in diesen drei Bereichen umfassend und intensiv mit Staatenrisiken auseinanderzusetzen.

Risikoarten

Zinsrisiko: Das Zinsrisiko (auch: Zinsänderungsrisiko) bezeichnet das Risiko der Veränderung der Zinskurve oder der Volatilität der Zinssätze.

Fremdwährungsrisiko: Das Fremdwährungsrisiko (auch: Wechselkursrisiko) bezeichnet das Risiko der Veränderung der Höhe oder der Volatilität der Wechselkurse.

Spreadrisiko: Das Spreadrisiko ist das Risiko der Veränderung in der Höhe oder der Volatilität der Kreditspreads, also der Rendite-Marge über der risikofreien Zinskurve.

Konzentrationsrisiko: Das Konzentrationsrisiko ist das Risiko, das entweder durch eine mangelnde Vielfalt des Anlageportfolios oder durch eine hohe Exponierung gegenüber dem Ausfallrisiko eines einzelnen Wertpapieremittenten oder einer Gruppe verbundener Emittenten resultiert.

BaFin-Symposium und Workshop

Am 21. Juni lud die BaFin zu einem Symposium zum Thema Staatsanleihen im Sicherungsvermögen der Versicherer nach Bonn. BaFin-Exekutivdirektor Dr. Frank Grund und weitere Experten der BaFin tauschten sich dort mit Vertretern der Versicherungsbranche und der Bundesbank dazu aus, wie Länderrisiken zu beurteilen sind, für die in der Standardformel gegenwärtig keine Eigenmittelunterlegung vorgesehen ist.

Die Unternehmensvertreter stellten dar, wie sie in Staatsanleihen investieren und mit den damit verbundenen Risiken umgehen. GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft) und Bundesbank gingen darauf ein, wie das Niedrigzinsumfeld die Anlagepolitik beeinflusst, BaFin-Vertreter sprachen über die Behandlung von Staatsanleihen aus aufsichtsrechtlicher Sicht.

Unternehmen und Aufsicht waren sich darin einig, dass sich Versicherer, die Staatsanleihen im Bestand haben, mit diesem Engagement und den hiermit verbundenen Risiken auseinandersetzen sollten.
Vor diesem Hintergrund hat die Versicherungsaufsicht den Dialog mit der Branche fortgesetzt und im Oktober einen entsprechenden Workshop durchgeführt.

Fußnoten:

  1. 1 Zu Einzelheiten zu den Kapitalanlagen der einzelnen Sparten und der Pensionsfonds vgl. Lage der Versicherer.
  2. 2 Vgl. ORSA in der Unternehmenssteuerung.
  3. 3 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2013:146:0001:0033:DE:PDF.

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