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Thema Versicherungsvermittler Versicherungsvertrieb

Beitrag aus dem Jahresbericht 2016 der BaFin

Umsetzung der Richtlinie über den Versicherungsvertrieb

Die Umsetzung der Richtlinie über den Versicherungsvertrieb (Insurance Distribution Directive – IDD)1 in deutsches Recht war 2016 ein wichtiges Thema für die BaFin. Die Richtlinie muss zwar erst bis zum 23. Februar 2018 national eingeführt werden. Dennoch ist bereits am 22. November 2016 ein erster Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) veröffentlicht worden; der Regierungsentwurf folgte am 18. Januar 2017.2 Die BaFin war an der Neugestaltung der bestehenden nationalen Vorschriften über das Bundesministerium der Finanzen (BMF) beteiligt und hat sich überwiegend mit Normen auf dem Gebiet des Versicherungsaufsichtsgesetzes beschäftigt.

Regelungsdichte bislang überschaubar

Die neuen Regelungen zum Versicherungsvertrieb und damit auch die geplante deutsche Umsetzung der Richtlinie werden die Aufsicht über vertriebsbezogene Aktivitäten deutlich verändern. Nach den Vorgaben der alten – derzeit noch geltenden – Richtlinie über Versicherungsvermittlung3 ist die Aufsicht über den Versicherungsvertrieb geprägt von der Vorstellung, es sei ausreichend, die gewerberechtliche Zuverlässigkeit und fachliche Eignung eines Vermittlers sicherzustellen. Versicherungsunternehmen müssen sich hierzu insbesondere im Rahmen des Risikomanagements mit vertriebsbezogenen Fragestellungen auseinandersetzen. Anhand dieser verkürzten Darstellung wird deutlich, dass die aufsichtsrechtliche Regelungsdichte derzeit noch überschaubar ist.

Änderungen durch IDD

Mit der IDD ändert sich das. Beispielsweise soll die Aufsicht über Versicherungsunternehmen künftig bereits bei den Produktentwicklungsprozessen ansetzen. Zudem soll sie dafür sorgen, dass Interessenkonflikte beim Vertrieb, also zwischen Kunden und Unternehmen, vermieden werden. Auch wenn diese Punkte nur kleine Ausschnitte aus dem Regelwerk darstellen, so ist bereits an dieser Stelle erkennbar, dass mit der IDD ein Systemwandel vollzogen wird.

Die neue Richtlinie lässt jedoch Raum für Interpretationen, indem sie unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet. Diese sollen nach den bisherigen Überlegungen zur Umsetzung in Deutschland auch weiterhin erhalten bleiben. So wird sich die BaFin als Aufsichtsbehörde in Zukunft mit der Frage beschäftigen müssen, was „geeignete“ Maßnahmen sind, um Interessenkonflikte zwischen Vermittlern und Kunden zu verhindern oder was eine „angemessene“ Vertriebsvergütung darstellt.

Der Regierungsentwurf enthält auch Regelungen, die auf den deutschen Markt zugeschnitten sind und nicht auf die Richtlinie zurückgehen. Zu nennen sind etwa die Regelungen zum Sondervergütungsverbot und damit insbesondere zum Provisionsabgabeverbot sowie Regelungen zum Versicherungsberater.

Delegierte Rechtsakte zur IDD

Vermutlich noch im Jahr 2017 wird es weitere europäische Regelungen in Form delegierter Rechtsakte geben, die die Richtlinie über den Versicherungsvertrieb weiter konkretisieren sollen. Dieses Regulierungsvorhaben läuft parallel zu der nationalen Umsetzung.

Die EU-Kommission hatte EIOPA beauftragt, bis zum 1. Februar 2017 Vorschläge für die in der IDD vorgesehenen delegierten Rechtsakte zu erarbeiten. Entwürfe dieser Vorschläge konsultierte EIOPA von Juli bis Oktober 2016. Eine öffentliche Anhörung dazu fand am 23. September 2016 in Frankfurt am Main statt.

Inhaltlich geht es in den Vorschlägen von EIOPA um die vier Themenbereiche:

  • Aufsichts- und Lenkungsanforderungen für alle Arten von Versicherungsprodukten (Artikel 25 Absatz 2 IDD)
  • Interessenkonflikte bei Versicherungsanlageprodukten (Artikel 27f. Absatz 4 IDD)
  • Provisionen/Verkaufsanreize bei Versicherungsanlageprodukten (Artikel 29 Absatz 4 IDD)
  • Eignungs‐ und Zweckmäßigkeitsprüfung sowie Berichtspflichten bei Versicherungsanlageprodukten (Artikel 30 Absatz 6 IDD)

Auf die Konsultation folgten 59 Rückmeldungen, davon 17 aus Deutschland. EIOPA hat auf viele Kritikpunkte mit einer Anpassung der Vorschläge reagiert. Die überarbeiteten EIOPA-Vorschläge sind am 01. Februar 2017 an die EU-Kommission übermittelt worden. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die EU-Kommission den Vorschlag bei ihren delegierten Rechtsakten berücksichtigt, da sie nicht daran gebunden ist.

Schadenregulierung durch einen Versicherungsmakler

Mit Urteil vom 14. Januar 2016 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass Versicherungsmakler gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) verstoßen, wenn sie im Auftrag eines Versicherers Schäden regulieren.4

Ein Versicherungsmakler, der einem Textilreinigungsunternehmen einen Haftpflichtversicherungsvertrag vermittelt hatte, übernahm bei einem Schadenfall im Auftrag des Versicherers die Schadenregulierung gegenüber dem geschädigten Kunden.

Der BGH hat in seinem Urteil ausgeführt, die Schadenregulierung von Versicherungsfällen stelle eine Rechtsdienstleistung im Sinne des RDG dar. Die Schadenregulierung im Auftrag eines Versicherungsunternehmens gehöre im Regelfall nicht zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Versicherungsmaklers – auch nicht als Nebenleistung. Sie sei daher gemäß § 5 Absatz 1 RDG nicht erlaubt.

Der Annahme einer erlaubten Rechtsdienstleistung stehe außerdem § 4 RDG entgegen. Danach dürfen Rechtsdienstleistungen, die unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht haben können, nicht erbracht werden, wenn eben hierdurch die ordnungsgemäße Erbringung dieser Rechtsdienstleistung gefährdet wird. Die Vorschrift solle Interessenkollisionen vermeiden.

Makler im Lager des Versicherungsnehmers

Der im Lager des Versicherungsnehmers stehende Versicherungsmakler sei verpflichtet, dessen Interessen auch bei der Rechtsdienstleistung für das Versicherungsunternehmen zu berücksichtigen. Genau das könne die ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gegenüber dem Versicherungsunternehmen gefährden.

Das wirtschaftliche Interesse des Versicherungsmaklers an der schadenregulierenden Tätigkeit für ein bestimmtes Versicherungsunternehmen werde häufig größer sein als sein wirtschaftliches Interesse im Zusammenhang mit seiner Beziehung zu einem einzelnen Versicherungskunden, dessen Vertrag er zuvor gegen Provision vermittelt habe. Unter diesen Umständen habe der Versicherungsmakler einen Anreiz, die Interessen des Versicherungsnehmers – die wahrzunehmen seine Berufspflicht sei – nur zurückhaltend zu vertreten. Vor solchen Einflüssen solle § 4 RDG schützen.

Zwar erscheint es dem BGH nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sich in bestimmten Bereichen außerhalb der Textilhaftpflichtversicherung das Tätigkeitsbild des Versicherungsmaklers dahingehend gewandelt hat oder künftig wandeln könnte, dass es eine schadensregulierende Tätigkeit für ein Versicherungsunternehmen umfasst. Auch in einem solchen Fall wäre jedoch § 4 RDG einschlägig und dürfte eine schadensregulierende Tätigkeit jedenfalls im Regelfall wegen des beschriebenen Interessenkonflikts nicht erlaubt sein.

Aus der Perspektive des Versicherungsaufsichtsrechts sind die Versicherungsunternehmen insbesondere in ihrer Compliance, das heißt in ihrer Beachtung gesetzlicher Vorgaben, betroffen. Sie haben ihre Zusammenarbeit mit Maklern an die Vorgaben des Urteils anzupassen.

Fußnoten:

  1. 1 RL (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb (Neufassung).
  2. 2 BR-Drs. 74/17 vom 27. Januar 2017.
  3. 3 RL (EU) 2002/92/EG, ABl. EU L 9/3.
  4. 4 Az. I ZR 107/14. Vgl. auch BaFin-Journal Februar 2017, S. 19 ff.

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