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Thema Compliance Verhaltensaufsicht

Beitrag aus dem Jahresbericht 2016 der BaFin

Verhaltenskodex als Richtschnur

Das Imageproblem, mit dem der Finanzsektor seit Beginn der Finanzkrise zu kämpfen hat, hält weiter an. Mehr als jeder dritte Bankkunde in Deutschland (37 %) gab laut einer Umfrage der Unternehmensberatung EY im vergangenen Jahr an, dass sein Vertrauen in die Bankenbranche in den vergangenen zwölf Monaten gesunken sei.1 Die Gründe hierfür dürften auch in zumindest moralisch fragwürdigen Geschäften einiger Banken liegen, die in der Vergangenheit in den öffentlichen Fokus gerückt sind. Beispielhaft seien hier Cum/Ex-Geschäfte und das Betreiben von Briefkastenfirmen genannt – Stichwort Panama Papers. Diese Beispiele zeigen auch, wie wichtig neben der prudenziellen Aufsicht die Verhaltensaufsicht ist. Diese soll unter anderem sicherstellen, dass das Risikoverhalten der Mitarbeiter und Geschäftsleiter mit den ethischen Vorstellungen der Bank übereinstimmt.

Spannungsfeld Legalität / Legitimität

Banken bewegen sich häufig im Spannungsfeld zwischen Legalität und Legitimität. Nicht alles, was legal ist, ist auch legitim. Dass auch Verhalten, das möglicherweise (gerade noch) legal ist, erhebliche Reputations- und Rechtsrisiken bergen kann, zeigen die Fälle in den folgenden Beiträgen deutlich. Fehlverhalten zerstört Vertrauen, während faires und verantwortungsvolles Verhalten Vertrauen schafft – unabhängig von der Frage der Legalität. Um dieses Vertrauen in das risikobewusste und verantwortungsvolle Verhalten der Bankmitarbeiter wieder herzustellen, hat die BaFin eine angemessene Risikokultur als Anforderung an ein angemessenes Risikomanagement in die geplante MaRisk-Novelle aufgenommen.2 Mit dieser Anforderung will sie sicherstellen, dass Banken – oder besser: die Geschäftsleitung und oberen Führungsebenen der Banken – ihren Mitarbeitern klar machen, welches Verhalten sie wünschen und welches nicht, damit diese entsprechend handeln und Risiken minimieren.

Hierfür ist ein Verhaltenskodex, wie ihn die MaRisk künftig in AT 5 fordert, als moralischer Kompass ein sinnvolles und hilfreiches Werkzeug. Denn werden Menschen an ihren moralischen Kompass erinnert, verhalten sie sich auch entsprechend, wie das Experiment eines Verhaltens-Ökonomen gezeigt hat.3 Die Geschäftsleiter geben sich und ihren Mitarbeitern mit einem Verhaltenskodex klare Spielregeln, an denen sie sich aber auch selbst messen lassen müssen. Die BaFin wird dies konsequent tun.

Für die Banken zahlt sich legitimes Verhalten letztendlich auch ökonomisch aus. Sie reduzieren nicht nur ihre Rechts- und Reputationsrisiken erheblich. Das Vertrauen ihrer Kunden, das sie damit zurückgewinnen können, ist schließlich eine wesentliche Voraussetzung für eine nachhaltig erfolgreiche Kundenbeziehung.

Untersuchungen zu Cum/Ex

Cum/Ex-Geschäfte

Bei Cum/Ex-Geschäften wurde mittels Leerverkäufen rund um den Dividendenstichtag eine Situation herbeigeführt, in der eine Aktie rechtlich gesehen für eine kurze Zeit scheinbar mehrere Eigentümer hatte. Solche konstruierten Geschäfte zielten grundsätzlich auf eine mehrfache Erstattung bzw. Anrechnung von Kapitalertragsteuer, obwohl die Steuer nur einmal entrichtet wurde. Seit einer Gesetzesänderung 2012 sind derartige Geschäfte in Deutschland nicht mehr möglich.

Der Deutsche Bundestag hat am 19. Februar 2016 einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss eingesetzt, der unter anderem auch die Praxis deutscher Banken bei Cum/Ex-Geschäften im Zeitraum von 1999 bis 2012 aufklären soll (siehe Infokasten). Der Ausschuss soll insbesondere untersuchen, welche Ursachen diese Cum/Ex-Geschäfte und wie sie sich entwickelt haben. Ferner soll er aufklären, ob Stellen des Bundes rechtzeitig Maßnahmen gegen derartige Geschäfte ergriffen haben. In fünf Beweisanträgen forderte der Untersuchungsausschuss die BaFin auf, Unterlagen vorzulegen.

Die BaFin hat den Untersuchungsausschuss mit schriftlichen Unterlagen unterstützt und Beschäftigte der BaFin standen dem Ausschuss pflichtgemäß für Fragen und Erläuterungen zur Verfügung. Außerdem sagten Raimund Röseler, Exekutivdirektor Bankenaufsicht, und Elisabeth Roegele, Exekutivdirektorin Wertpapieraufsicht / Asset-Management vor dem Ausschuss aus.

Neue Rechtslage seit November 2015

Steuergestaltende Strukturen oder Steuerstraftaten aufzuklären, gehört nicht zum unmittelbaren Aufgabenbereich der BaFin. Bis November 2015 wurden die Verschwiegenheitspflichten der Beschäftigten der BaFin in § 9 KWG gegenüber den Finanzbehörden nur im Fall einer Steuerstraftat durchbrochen, an deren Verfolgung ein zwingendes öffentliches Interesse bestand. Mangels rechtlicher Grundlage zählten jedoch Cum/Ex-Geschäfte nicht dazu. Mit dem Abwicklungsmechanismusgesetz wurde der Wortlaut des § 9 Absatz 5 KWG so geändert, dass Mitarbeiter der BaFin von ihrer Verschwiegenheitspflicht gegenüber Finanzbehörden befreit sind, soweit sie über Kenntnisse verfügen, die diese für ein Verfahren bezüglich einer Steuerstraftat sowie eines damit zusammenhängenden Besteuerungsverfahrens benötigen.

Unabhängig von der Verfolgung solcher Taten durch die Finanzbehörden prüft die BaFin bei einem Mitwirken an steuerverkürzenden Geschäften aber, ob dies Auswirkungen auf die persönliche Zuverlässigkeit der Geschäftsleiter eines Instituts hat. Sie prüft auch die Auswirkungen möglicher Steuernach- oder Strafzahlungen auf die Solvenz- und Liquiditätssituation des betreffenden Instituts.

So verlangte die BaFin nach Veröffentlichung der Panama-Papiere auch von den darin erwähnten deutschen Kreditinstituten, Unterlagen vorzulegen. Anhand dieser prüfte sie, ob die Institute gruppenweit die erforderliche Sorgfalt bei der Identifizierung ihrer Kunden und der Erfüllung der sonstigen geldwäscherechtlichen Vorschriften an den Tag gelegt haben.

Untersuchungen zu den Panama-Papieren

Als Reaktion auf die Panama Papers hat die BaFin im Jahr 2016 ihre Kontrollen verschärft, um möglicherweise kriminelle Geschäfte mit Briefkastenfirmen aufzudecken. Nach Informationen eines internationalen Journalisten-Rechercheverbunds haben über 500 Banken sowie deren Tochtergesellschaften und Niederlassungen rund 15.600 Briefkastenfirmen über die panamaische Anwaltskanzlei Mossack Fonseca registriert. Diese Kanzlei ist auf die Gründung von Offshore-Firmen spezialisiert. Auch 14 deutsche Banken sollen nach den Panama-Papieren Briefkastenfirmen in Panama genutzt haben.

Bisher hat die BaFin für solche Kontrollen Wirtschaftsprüfer beauftragt und diese in die Banken geschickt, damit sie vor Ort die Papiere sichten können und anschließend der Behörde Bericht erstatten. Diesmal ging die BaFin jedoch einen anderen Weg.

Die Abteilung Geldwäscheprävention forderte im April 2016 die 14 Kreditinstitute auf, Auskünfte zu ihren Geschäften in Panama in den vergangen fünf Jahren zu geben und Originaldokumente, zum Beispiel Kontoauszüge, vorzulegen. Zehn Banken erklärten, dort Geschäfte für Kunden getätigt zu haben und legten die Originalunterlagen vor. Zudem forderte die BaFin eine weitere – nicht in den Panama Papers genannte – Bank auf, entsprechende Auskünfte zu geben. Die Menge der eingereichten Daten hatte eine Gesamtgröße von knapp 1,5 TB.). Aufgrund dieses Umfangs werden die Daten nach Sichtung der BaFin von externen Experten ausgewertet.

Fußnoten:

  1. 1 EY Global Consumer Banking Survey 2016, 17. Oktober 2016.
  2. 2 Vgl. MaRisk-Novelle.
  3. 3 „Wie Trump das moralische Fundament der USA beschädigt“ in Süddeutsche Zeitung, 08.12.2016.

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