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Thema Eigenmittel, Makroaufsicht Thema: SREP in Deutschland

Beitrag aus dem Jahresbericht 2016 der BaFin

SREP-Kapitalfestsetzung 2016

Ausgehend von der nationalen Umsetzung der EBA-Leilinien zu gemeinsamen Verfahren und Methoden für den aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (Supervisory Review and Evaluation ProcessSREP)1 hat die BaFin 2016 damit begonnen, bei weniger bedeutenden Instituten (Less Significant Institutions – LSIs) einen Kapitalzuschlag festzulegen.2 Diese Kapitalfestsetzung umfasst – in Ergänzung zu den Mindestkapitalanforderungen der Säule I des Regelwerks für Banken – solche Risiken, die von der Säule I (8 % der risikogewichteten Aktiva) nicht oder nicht ausreichend erfasst werden. Die Säule-I-Anforderung wird also um eine zusätzliche Kapitalanforderung ergänzt: Pillar-1-„plus“. Sie darf ebenso wenig unterschritten werden wie die 8-%-Marke der Säule I.

Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch

Prominentestes Risiko, das nicht von der Säule I abgedeckt wird, ist bei den meisten von der BaFin beaufsichtigten Instituten das Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch. Es wird maßgeblich, wenn auch nicht nur, durch die von den Instituten betriebene Fristentransformation bestimmt. Aber auch andere nicht in Säule I verortete Risiken identifizieren die Banken selbst als wesentlich, etwa das Refinanzierungskostenrisiko. Nicht berücksichtigt wird in diesem Zusammenhang allerdings das Zahlungsunfähigkeitsrisiko als Bestandteil des Liquiditätsrisikos, das seinem Wesen nach nicht mit Eigenkapital abgedeckt werden kann.

Tatsächlich mussten die Institute die zusätzlichen Risiken bereits vor der Einführung von Pillar-1-„plus“ quantifizieren und mit Risikodeckungsmasse abdecken. Dies geschah allerdings im Rahmen eines internen Verfahrens, nämlich des Risikotragfähigkeitskonzepts als deutscher Entsprechung des Internal Capital Adequacy Assessment Process (ICAAP). Der ICAAP und seine zukunftsgerichtete Ergänzung in Form der Kapitalplanung bilden die Risikotragfähigkeitsbetrachtung, welche die Aufsicht zwar bisher schon hinterfragte und beurteilte, die jedoch nicht in einer konkreten aufsichtlichen Eigenkapitalanforderung mündete.

Mit dem neuen Pillar-1-„plus“ verhält es sich anders. Zwar bleibt der ICAAP Ausgangspunkt für die Beurteilung von Risiken, aber die Aufsicht ist nun verpflichtet, auf dieser Grundlage selbst eine Kapitalfestsetzung vorzunehmen und diese den Instituten verbindlich mitzuteilen. Zur Risikoabdeckung kommt nur das nach Säule I anerkannte aufsichtliche Eigenkapital zum Einsatz (also hartes Kernkapital, Kernkapital und Ergänzungskapital) und keine internen Kapitalbestandteile (z.B. erwartete Gewinne). Dabei gilt das durch Säule I bekannte Mindestmischungsverhältnis (mindestens 56 % hartes Kernkapital und mindestens 75 % Kernkapital).

Wesentliches Merkmal des oben genannten Ansatzes der EBA ist die Berechnung der Kapitalanforderung nach Risikoart, wobei risikoartenübergreifende Diversifikationseffekte ausgenommen sind. Bei den Säule-I-Risiken (Kreditrisiko, Marktrisiko und operationelles Risiko) werden die CRR-Kapitalanforderungen mit den Ergebnissen des ICAAP verglichen, angesetzt wird der jeweils höhere Wert, das heißt mindestens 8 % für die drei Risikoarten. Sofern ein Institut neben den Säule-I-Risiken weitere wesentliche Risiken identifiziert, kommt damit zwingend eine Kapitalanforderung größer 8 % zustande. Aus diesem Grund ist das „Plus“ auch wirklich ein Plus – nur in Ausnahmefällen dürfte ein Institut keine Risiken neben denen der Säule I haben.

Deutsche Besonderheiten

Die große Herausforderung für die deutsche Aufsicht im Jahr 2016 bestand darin, ein Verfahren zur Herleitung der Kapitalfestsetzung zu entwickeln, das der Eigenart und Struktur der deutschen Bankenlandschaft Rechnung trägt: Aufbauend auf der bisherigen qualitativen Bewertung sollte sie risikoorientierte Kapitalfestsetzungen für eine große Zahl von Instituten ableiten. Zugute kam der Aufsicht dabei die in den EBA-Leitlinien angelegte Proportionalität. Danach muss sie weniger bedeutenden Instituten nur alle drei Jahre eine Kapitalfestsetzung mitteilen. Dies gilt zumindest so lang, wie deren Risikosituation unverändert bleibt. 2016 hat die Aufsicht deshalb zunächst 319 Institute identifiziert, die als erste Kapitalfestsetzungsbescheide erhalten sollten.

ICAAP als Basis

Grundsätzlich sind die Informationen aus dem ICAAP die Basis für die Risikoquantifizierung. Per Stichtag 31. Dezember 2015 mussten die Institute erstmals Meldungen gemäß der Verordnung zur Einreichung von Finanz- und Risikotragfähigkeitsinformationen (FinaRisikoV) abgeben. Die Quantifizierung der weiteren wesentlichen Risiken neben den Säule-I-Risiken erfolgt direkt auf der Grundlage dieser Institutsmeldungen. Beim Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch hingegen nimmt die Aufsicht hingegen selbst eine Quantifizierung vor. Auf Grundlage der Ergebnisse zum Zinsschock (Parallelverschiebung der Zinskurve um 200 Basispunkte), wie er aus dem Baseler Rahmenwerk bekannt ist, berücksichtigt sie lediglich die Hälfte der negativen Barwertveränderung. Sowohl bei den aus dem ICAAP übernommenen Risiken als auch bei dem Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch wird die Qualität des Risikomanagements berücksichtigt. Eine gute Teilnote aus dem Risikoprofil für das jeweilige Risiko wirkt sich tendenziell mindernd auf die Kapitalanforderung aus, umgekehrt kann eine schlechte Note die Kapitalanforderung erhöhen.

Durchschnittliche SREP-Gesamtkapitalanforderung von 9,49 %

Von den 319 geprüften Instituten hat die BaFin im Jahr 2016 303 Instituten eine Kapitalfestsetzung mitgeteilt. Im Schnitt müssen die Institute 0,89 Prozentpunkte für Zinsänderungsrisiken und 0,59 Prozentpunkte für weitere wesentliche Risiken zusätzlich zur Säule-I-Anforderung vorhalten. Für alle Institute, die die BaFin im Jahr 2016 bei der Kapitalfestsetzung betrachtet hat, ergibt sich daraus eine durchschnittliche SREP-Gesamtkapitalanforderung von 9,49 %, wobei diese je nach Institut und Ausprägung der Risiken im Einzelfall höher oder niedriger ausfällt (siehe Grafik 1 „SREP-Kapitalanforderung 2016“).

Grafik 1 SREP-Gesamtkapitalanforderung 2016

SREP-Gesamtkapitalanforderung 2016

Die Grafik zeigt die SREP-Gesamtkapitalanforderung 2016 Quelle: BaFin SREP-Gesamtkapitalanforderung 2016

Die Institute, denen die BaFin 2016 noch keine Kapitalfestsetzung mitgeteilt hat, müssen seit dem 1. Januar 2017 zumindest das von der Aufsicht quantifizierte Zinsänderungsrisiko auf der Basis des Zinsschocks abdecken. Rechtliche Grundlage hierfür ist eine Allgemeinverfügung vom 23. Dezember 2016, die für diese wesentliche Risikoart zumindest im Ansatz eine Gleichbehandlung der Institute bewirken soll. Erhält eines dieser Institute eine SREP-Gesamtkapitalfestsetzung und wird diese wirksam, wird die Allgemeinverfügung bei diesem Institut gegenstandslos.

Die kombinierte Kapitalpufferanforderung nach § 10i KWG ist zusätzlich zur SREP-Gesamtkapitalanforderung einzuhalten. Für die weit überwiegende Zahl der Institute ist zum aktuellen Zeitpunkt allerdings nur der Kapitalerhaltungspuffer nach § 10c KWG relevant.

Eigenmittelzielkennziffer

Eine ähnliche Rolle wie der Kapitalerhaltungspuffer hat die Eigenmittelzielkennziffer, welche die Aufsicht den Instituten 2016 erstmals mitgeteilt hat. Sie bezieht sich auf die Abdeckung von schlagend werdenden Risiken in Stressphasen. Die BaFin teilt den Instituten mit der Eigenmittelzielkennziffer mit, wieviel Kapital sie aus aufsichtlicher Sicht zusätzlich vorhalten sollten, um sicherzustellen, dass sie langfristig und unter Berücksichtigung möglicher Verluste in Stressphasen die SREP-Gesamtkapitalanforderung erfüllen können. Zur Quantifizierung der Zielkennziffer hat die Aufsicht die Ergebnisse ihrer Niedrigzinsumfeld-Umfrage 2015 herangezogen. Eine Verrechnung mit dem Kapitalerhaltungspuffer ist zulässig. Den Betrag der Eigenmittelzielkennziffer, der diesen Puffer übersteigt, können die Institute sowohl durch aufsichtliches Eigenkapital als auch durch freie Reserven gemäß § 340f HGB abdecken. Der Kapitalerhaltungspuffer ist hingegen grundsätzlich mit hartem Kernkapital abzudecken.

Die Eigenmittelzielkennziffer hat insgesamt eher den Charakter einer Ziel- oder Leitgröße: Im Gegensatz zu den aufsichtlichen Kapitalanforderungen stellt sie keine Kennziffer dar, deren Unterschreitung unmittelbar aufsichtliche Maßnahmen nach sich zieht.

Im Schnitt der 319 im Jahr 2016 berücksichtigten Institute betrug die Eigenmittelzielkennziffer 1,35 %. Die Eigenmittelzielkennziffer kann mit dem Kapitalerhaltungspuffer (2016: 0,625 %, 2017: 1,25 %) verrechnet werden.

Meinung: Raimund Röseler zum deutschen SREP

Mindestanforderungen vs. vollständiges Bild

Kredit-, Marktpreis- und operationelles Risiko sind die drei Risikoarten, die der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht BCBS (Basel Committee on Banking Supervision) für eine weltweit einheitliche Mindesteigenkapitalanforderung in Höhe von acht Prozent definiert hat. Allerdings lassen sich weder alle Bankgeschäfte dieser Welt in eine Schablone mit drei Risikoarten pressen, noch kann eine Mindesteigenkapitalanforderung der Risikoausprägung jedes einzelnen Instituts ausreichend Rechnung tragen. Eine solche Anforderung ist das, was ihr Name besagt: eine Mindestanforderung.

Um Aufseher in die Lage zu versetzen für alle wesentlichen Risiken institutsspezifische Anforderungen zu setzen, hat der Basler Ausschuss mit Basel II3 vor über zehn Jahren neben den Mindestkapitalanforderungen, die fortan die Säule I seines Regelwerks bildeten, die Säule II geschaffen. Diese zweite Säule soll alle Risiken eines Instituts erfassen, auch die, die nicht durch die Mindestkapitalanforderungen der Säule I adressiert werden. Sie hat via Brüssel auch Eingang in das Kreditwesengesetz (KWG) gefunden.

Säule-I-„plus“-Ansatz

Kernstück der Säule II ist der SREP, der aufsichtliche Überprüfungs- und Bewertungsprozess (Supervisory Review and Evaluation Process). Während Basel den Aufsehern beim SREP weitgehende Freiheiten bei der Wahl des Aufsichtsansatzes lässt, folgt in Europa auf die Maximalharmonisierung der Säule I durch die Kapitaladäquanzverordnung CRR (Capital Requirements Regulation) nun auch eine Harmonisierung des Aufsichtsprozesses der Säule II durch eine Leitlinie der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA (European Banking Authority). Durchgesetzt hat sich der Säule-I-„plus“-Ansatz, der im Vereinigten Königreich bereits seit längerem praktiziert wird. Dabei wird die Mindestanforderung um eine institutsindividuelle aufsichtliche Eigenkapitalanforderung zur Abdeckung der Risiken erweitert, die nicht oder nicht vollständig von der Säule I erfasst werden.

Aus beiden Elementen – der aufsichtlichen Mindestkapitalanforderung der Säule I und der institutsindividuellen Kapitalanforderung für nicht durch Säule I adressierte Risiken – setzt sich die neue aufsichtliche Kapitalfestsetzung zusammen.

Risikoorientierter Testlauf

Um jedem der rund 1.600 von der BaFin direkt beaufsichtigten Institute die nötige Aufmerksamkeit und Sorgfalt widmen zu können, hat die BaFin im Jahr 2016 – gewissermaßen in einem risikoorientierten Testlauf – zunächst bei 319 Instituten die Kapitalanforderung durch den SREP- Prozess vollzogen. Die restlichen Institute hat die BaFin im Dezember 2016 per Allgemeinverfügung verpflichtet, zusätzlich zu den Säule-I-Mindestanforderungen ausreichende Eigenmittel zur Unterlegung von Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch vorzuhalten (siehe Infokasten „Allgemeinverfügung“). 2017 werden weitere Institute das Kapitalfestsetzungs-Verfahren der BaFin durchlaufen. Wird ihr SREP-Bescheid rechtskräftig, ist die Allgemeinverfügung hinfällig. Erklärtes Ziel ist, möglichst schnell allen Instituten ihre individuelle aufsichtliche Kapitalfestsetzung zukommen zu lassen. Auf den Erfahrungen aus dem ersten Durchlauf lässt sich sehr gut aufbauen, und mit der Zeit wird sich auf beiden Seiten eine gewisse Routine einstellen.

Allgemeinverfügung

Die BaFin hat am 23. Dezember 2016 eine Allgemeinverfügung erlassen, die sich an alle Institute richtet(e), die unter das Rundschreiben zu Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch fallen. In dieser Allgemeinverfügung verpflichtet die BaFin die von ihr direkt überwachten Institute, zusätzlich zu den in der Kapitaladäquanzverordnung CRR (Capital Requirements Regulation) festgelegten Kapitalanforderungen Eigenmittel zur Unterlegung von Zinsänderungsrisiken vorzuhalten. Ausgenommen waren die Institute, die im Rahmen des aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (Supervisory Review and Evaluation Process – SREP) bereits einen Bescheid erhalten hatten, der bis dato bestandskräftig bzw. – im Fall eines Widerspruchs – sofort vollziehbar war. Für alle anderen betroffenen Institute gilt: Die Allgemeinverfügung wird hinfällig, sobald ein Institut einen bestandskräftigen bzw. – im Fall eines Widerspruchs – sofort vollziehbaren SREP-Bescheid in Händen hält. Grundlage der Berechnung der Zinsänderungsrisiken war der Baseler Zinsschock gemäß BaFin-Rundschreiben 11/2011. Entsprechend gilt die Allgemeinverfügung im Regelfall auf Einzelinstituts- und nicht auf Gruppenebene.

Risikoorientierung und Transparenz

Risikoorientierung und Transparenz – das sind die Leitgedanken, denen die deutsche Aufsicht bei der Konzeption ihrer Kapitalfestsetzung folgt. Risikoorientierung erfordert eine dem individuellen Risiko angemessene Kapitalanforderung, welche neben der Einschätzung der Aufsicht auch die Risikoquantifizierung des Instituts berücksichtigt. Hierzu hat die BaFin die Risikotragfähigkeitsberechnungen der Institute verwendet. Im Ergebnis mussten für die SREP-Kapitalfestsetzung keine zusätzlichen Daten bereitgestellt werden, sondern es wurden ausschließlich bereits vorliegende Daten verwendet.

Was der BaFin wichtig war und ist: Die Kapitalfestsetzung soll(te) keine Blackbox sein. In zahlreichen Gesprächen mit den Instituten und einer großen Publikumsveranstaltung im Mai 2016 hat die Aufsicht daher ihre Methode vorgestellt. 2016 hat die Aufsicht damit begonnen, für alle rund 1.600 direkt beaufsichtigten Institute4 im SREP einen Kapitalaufschlag festzusetzen. In den Anhörungsschreiben hat sie den Instituten die Berechnung ihrer individuellen SREP-Kapitalanforderung dargelegt und ihnen die Möglichkeit gegeben, ihre Kapitalanforderung selbst zu überprüfen und im Dialog mit der Aufsicht zu hinterfragen.

Ausgewogenes Verfahren

Die BaFin ist überzeugt davon, mit ihrem SREP-Prozess ein ausgewogenes Verfahren gewählt zu haben, das sich im internationalen Vergleich sehen lassen kann.

Damit der SREP-Kapitalzuschlag nicht gleich bei jeder geringfügigen Risikoänderung angepasst werden muss, ist für Aufsicht und Institute eine gewisse Robustheit der Kapitalfestsetzung von Vorteil. Die Kapitalfestsetzung folgt deshalb keiner linearen, sondern einer stufenweisen Verteilung. Ändert sich die Risikohöhe des Instituts nur unwesentlich, ist in den meisten Fällen keine Anpassung des SREP-Bescheids notwendig. Die Stufen (auch buckets genannt) orientieren sich an dem Kapitalerfordernis der unteren Stufengrenze. Falls sich die Risikosituation eines Instituts aber wesentlich und nachhaltig ändert, egal, ob positiv oder negativ, wird die Aufsicht den SREP erneut in Gang setzen – auch außerhalb des Dreijahresrhythmus, der im Normallfall für kleinere Institute vorgesehen ist.

Keine Ablösung der qualitativen Aufsicht

Die Ergänzung der Eigenkapitalanforderung durch eine institutsindividuelle Anforderung ersetzt den bisherigen qualitativen Aufsichtsansatz der Säule II nicht, sondern erweitert ihn um eine – allerdings sehr wichtige – quantitative Komponente. Selbstverständlich kontrolliert die deutsche Aufsicht weiterhin die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung und die interne Risikotragfähigkeitsrechnung der Institute. Es wird sich aber noch herauskristallisieren müssen, welche Wechselwirkungen sich zwischen aufsichtlicher SREP-Kapitalfestsetzung und dem ICCAP ergeben werden, dem internen Prozess zur Sicherstellung der Risikotragfähigkeit (Internal Capital Adequacy Assessment Process). Im ICAAP sollen die Institute ihre wesentlichen Risikoarten identifizieren, mit ihren eigenen Methoden bemessen und mit ausreichend Kapital unterlegen. Dieses Kapital muss darüber hinaus auch qualitativ geeignet sein, auftretende Verluste zu absorbieren. Sicher ist, dass der aufsichtliche Leitfaden zur Beurteilung der institutsinternen Risikotragfähigkeitskonzepte überarbeitet werden muss. Dabei suchen wir auch den intensiven Kontakt mit der Kreditwirtschaft. Erste Gespräche haben hierzu schon stattgefunden, das Thema wird 2017 weiter vorangetrieben, um die notwendige Anpassung des Leitfadens möglichst frühzeitig abschließen zu können.

Stressresistenz der Institute stärken

Nach wie vor stellt das bereits ungewöhnlich lange andauernde Niedrigzinsumfeld die Banken vor Herausforderungen. Der Ertragsdruck wird noch zunehmen, wenn sich die Zinsen nicht auf absehbare Zeit ändern, also noch länger auf historisch niedrigem Niveau verharren. Bei ihrer Niedrigzinsumfeldumfrage im Jahr 2015 hat die Aufsicht ein Stressszenario simuliert, das mögliche Auswirkungen auf die Ertragslage der Institute offengelegt hat. Diese Art des Stresstests hilft der Aufsicht, zu einem stärker zukunftsorientierten Urteil über die Robustheit des deutschen Bankwesens zu gelangen. Wann immer notwendig, wird die BaFin auf dieses Mittel zurückgreifen.

Die Ergebnisse der Niedrigzinsumfeldumfrage fließen ebenfalls in den SREP-Prozess ein. Allerdings nicht (wie die Zinsänderungsrisiken) in die eigentliche SREP-Kapitalfestsetzung, sondern in eine Eigenmittelzielkennziffer. Diese fungiert gewissermaßen als „individualisierter Kapitalerhaltungspuffer“ und kann im SREP mit dem Kapitalerhaltungspuffer nach § 10c KWG verrechnet werden, wobei dieser als Untergrenze fungiert. Damit soll die Widerstandskraft der Institute auch in schlechten Zeiten gestärkt werden.

Weitere Harmonisierung des SREP-Prozesses durch die EZB

Mit der SREP-Leitlinie hat die EBA in Europa den Aufsichtsprozess harmonisiert und ein einheitliches Verfahren für die Ermittlung der zusätzlichen Kapitalanforderung für Säule-II-Risiken vorgeschrieben. Weiter ins Detail der praktischen Umsetzung geht der Einheitliche Aufsichtsmechanismus SSM (Single Supervisory Mechanism), der die Aufsicht über die größten Institute in den 18 Euroländern harmonisiert. Während die Aufsicht über die bedeutenden Banken5 seit 2014 bereits direkt vom SSM ausgeübt wird, sollen künftig auch für die Beaufsichtigung der nichtbedeutenden Institute durch die nationalen Aufsichtsbehörden gemeinsame Aufsichtsstandards gelten. Die BaFin wirkt in EBA und SSM an der weiteren Harmonisierung von Regulierung und Aufsicht mit. Eines ihrer Ziele besteht darin, Ansätze, die sich in Deutschland seit langem bewährt haben, im Kern zu erhalten und zugleich hohe europäische Aufsichtsstandards sicherzustellen. Hierfür muss die BaFin mitunter Überzeugungsarbeit leisten; manchmal ist aber auch die Kunst gefragt, unterschiedliche aufsichtliche Ziele, vor allem aber auch verschiedene aufsichtliche Kulturen in Europa, auszubalancieren.

Niedrigzinsumfeld

Angesichts des aktuellen Niedrigzinsumfelds und der damit verbundenen Ertragsbelastung für die Institute werden Bundesbank und BaFin im Jahr 2017 erneut eine Niedrigzinsumfeld-Umfrage durchführen. Die letzte entsprechende Umfrage aus dem Jahr 2015 lieferte der Aufsicht wichtige Erkenntnisse zur Ertragskraft und Widerstandsfähigkeit deutscher Institute. Mit der Neuauflage der Umfrage möchte die Aufsicht von den Instituten Näheres über die Entwicklung verschiedener Ertragskennzahlen unter der Annahme mehrerer Zinsszenarien wissen.

Im Rahmen der Umfrage will die Aufsicht auch einen Stresstest durchführen, der das Kredit-, das Markt- und das Zinsänderungsrisiko umfassen soll. Mit Blick auf das Kreditrisiko soll die Widerstandsfähigkeit der Institute bei einer Verschlechterung der Kreditqualität und gleichzeitigem Verfall von Sicherheitenwerten analysiert werden. Für das Marktrisiko werden bonitätsabhängige Credit-Spread-Anstiege und negative Preisentwicklungen für verschiedene Anlageklassen angenommen. Was das Zinsänderungsrisiko angeht, soll zudem der Effekt des Baseler Standardzinsschocks (Parallelverschiebung der Zinskurve um 200 Basispunkte) auf diverse Größen der Gewinn- und Verlustrechnung der Institute abgeschätzt werden.

Grundsätzlich bezieht die BaFin alle Institute, die unter ihrer unmittelbaren Aufsicht stehen, in die Umfrage ein. Einzelne Gruppen von Spezialinstituten – beispielsweise Bausparkassen – sollen jedoch einen eigenen Stresstest durchführen. Damit tragen BaFin und Bundesbank geschäftsspezifischen Besonderheiten der Institute angemessen Rechnung.

Die Ergebnisse des Stresstests fließen wieder in die oben erwähnte Eigenmittelzielkennziffer ein. Zusätzlich lassen sich auch negative Ertragsentwicklungen, die nicht unmittelbar in die Eigenmittelzielkennziffer einfließen, aus der Umfrage ablesen.

Geschäftsmodelle

Ein zentraler Bestandteil des Risikoprofils einer Bank ist die Analyse ihres Geschäftsmodells. Dessen Tragfähigkeit und Nachhaltigkeit stehen im Fokus der Aufsicht. Die Aufsicht überwacht zudem, ob es Anzeichen dafür gibt, dass die Bank in Nischenstrategien ausweicht und ob sie potenzielle Änderungen im Marktumfeld ebenso wie den Wandel technischer Rahmenbedingungen angemessen in ihren Geschäfts- und Risikostrategien berücksichtigt. Bei ihrer Beurteilung nutzt die BaFin vor allem die Prüfungsberichtsauswertung, Institutsunterlagen wie die Strategie- und Kapitalplanung, Erkenntnisse aus Aufsichtsgesprächen und Sonderprüfungen und Angaben aus dem aufsichtlichen Meldewesen.

Bei der Geschäftsmodellanalyse konzentriert sich die Aufsicht auf die Frage, wie Erträge entstehen und ob diese auch nachhaltig erwirtschaftet werden können. Sie analysiert, ob aktuelle Erträge in der Zukunft – trotz möglicher struktureller Änderungen, starken Wettbewerbs und fortschreitender Digitalisierung – stabil sein können und wie die Institute ihr Geschäftsmodell gegebenenfalls anpassen müssen. Den Ertragsrisiken kommt für die Institute nicht nur aufgrund des anhaltenden Niedrigzinsniveaus eine wesentliche Bedeutung zu: Tatsächlich steigt auch der Wettbewerbs- und Kostendruck.

Grundlagen der Analyse

Grundlage für die Analyse von Geschäftsmodellen bilden neben § 25a KWG unter anderem die oben genannten SREP-Leitlinien der EBA. Diese enthalten Vorgaben zu den wesentlichen Aspekten eines umfassenden SREPs. Die BaFin hat die Leitlinien im Jahr 2016 in ihre Aufsichtsprozesse und -verfahren integriert und ihr bisheriges Vorgehen bei der Ausarbeitung institutsindividueller Risikoprofile an die Vorgaben der EBA angepasst. Das Geschäftsmodell hat einen stärkeren Anteil am Gesamtrisikoprofil des Instituts gewonnen. Die Ergebnisse haben zu ersten Prüfungen des Geschäftsmodells durch die Deutsche Bundesbank geführt.

Fußnoten:

  1. 1 EBA/GL/2014/13 Guidelines on common procedures and methodologies for the supervisory review and evaluation process (SREP).
  2. 2 Für signifikante Institute (Siginificant Institutions – SI) wird der Kapitalzuschlag von der EZB festgesetzt.
  3. 3 Basel II ist im Juni 2004 veröffentlicht worden und Ende 2006 in Kraft getreten. Die Europäische Union (EU) hat das Regelwerk im Juni 2006 mit der Bankenrichtlinie (2006/48/EG) und der Kapitaladäquanzrichtlinie (2006/49/EG) umgesetzt. Ende 2010 wurde Basel III veröffentlicht. Es umfasst auch Basel II und die weiteren Änderungen, die der Basler Ausschuss seitdem veröffentlicht hat. Basel III ist in der EU durch die Eigenmittelrichtlinie CRD IV (Capital Requirements Directive IV) und die Eigenmittelverordnung CRR (Capital Requirements Regulation) umgesetzt worden.
  4. 4 So genannte weniger bedeutende Institute (Less Significant Institutions – LSIs).
  5. 5 Significant Institutions (SIs).

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