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Thema Sanierung/Abwicklung Sanierung und Restrukturierung

Beitrag aus dem Jahresbericht 2016 der BaFin

Unter dem Schlagwort „Restrukturierung“ fasst die BaFin verschiedene gleichgerichtete Initiativen zusammen, die als Konsequenz aus der Finanzkrise 2007/2008 eingeleitet wurden. Ein wichtiges Element ist die Sanierungsplanung, die darauf abzielt, die Widerstandsfähigkeit der Institute weiter zu verbessern. Eine neue Rechtsverordnung des Bundesfinanzministeriums enthält Mindestanforderungen an die Ausgestaltung von Sanierungsplänen (MaSanV), die die Vorgaben des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes (SAG) und der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA (European Banking Authority) ergänzen bzw. umsetzen.

Weitere Schwerpunkte lagen für die Aufsicht im Berichtsjahr auf der Bestimmung potenziell systemgefährdender Institute (PSI), auf der Festlegung höherer Kapitalanforderungen für global und national systemrelevante Institute und auf der Umsetzung des Abschirmungsgesetzes1. Darüber hinaus hat die EU-Kommission 2016 Regelungen entworfen, die sich speziell mit der Sanierung- und Abwicklungsplanung zentraler Gegenparteien (Central CounterpartiesCCP) befassen.

Sanierungs- und Abwicklungsregime für CCPs

Bereits im Jahr 2012 hat der europäische Gesetzgeber mit der Marktinfrastrukturverordnung (European Market Infrastructure RegulationEMIR) die Plicht eingeführt, standardisierte außerbörsliche Derivatgeschäfte (Over-the-Counter-DerivateOTC-Derivate) über CCPs zu clearen. Da das Clearing dieser Derivate nun nicht mehr unter den Banken erfolgt, verringern sich die Ansteckungseffekte bei Ausfall einer Bank. Die Finanzmärkte sind durch diese Maßnahme deutlich robuster geworden. Zugleich ist jedoch auch die Abhängigkeit der Finanzmarktteilnehmer von CCPs stark gewachsen, was zu erhöhten Risiken für die Finanzmarktstabilität bei Ausfall eines CCPs führt.

Um diesen Risiken zu begegnen, ist ein Sanierungs- und Abwicklungsregime erforderlich, das zumindest sicherstellt, dass die für den Finanzmarkt kritischen Funktionen von CCPs aufrechterhalten werden. Das bestehende Sanierungs- und Abwicklungsregime der BRRD – in Deutschland insbesondere umgesetzt durch das SAG – ist zum einen nur anwendbar auf CCPs, die zugleich CRR-Kreditinstitute sind2. Zum anderen ist das SAG für Banken konzipiert und daher nicht geeignet, den besonderen Risiken aus dem Geschäftsmodell der CCPs zu begegnen. Insbesondere sind die im SAG aufgeführten Abwicklungsmaßnahmen, wie etwa die Herabschreibung von Verbindlichkeiten gegen Ausgabe von Unternehmensanteilen (Bail-in), für CCPs nicht hinreichend wirksam.

Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission Regeln für die Sanierung und Abwicklung von CCPs erarbeitet. Diese wurden im November 2016 als Verordnungsentwurf veröffentlicht. Der Entwurf enthält Regelungen, mittels derer offene Positionen glattgestellt und diejenigen ungedeckten Verluste ausgeglichen werden können, die als Folge des Ausfalls von Clearing-Mitgliedern, in der Regel Banken, entstehen (Default Losses). Der Entwurf soll ferner auch den Umgang mit Verlusten regeln, die durch den operativen Betrieb des CCPs selbst entstehen können (Non-default Losses). Dies sind zum Beispiel Verluste durch IT-Störungen oder Fehler bei der Verwaltung der von den Clearing-Mitgliedern zu leistenden Sicherheiten.

MaSan-Verordnung

Das SAG verpflichtet alle Institute dazu, einen Sanierungsplan zu erstellen. Vor dem Inkrafttreten des SAG war dies nur für PSIs verpflichtend. Vorgaben für den Inhalt von Sanierungsplänen ergeben sich neben dem SAG aus den Leitlinien der EBA zu Szenarien und Indikatoren in Sanierungsplänen und der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2016/1075 der Europäischen Kommission. Darüber hinaus ist das BMF nach § 21a Absatz 1 SAG ermächtigt, Mindestanforderungen an die Ausgestaltung von Sanierungsplänen in eine Rechtsverordnung (MaSanV) zu fassen.

Vorher wird das Bundesfinanzministerium eine öffentliche Konsultation des Verordnungsentwurfs durchführen. Die Verordnung bezieht sich einerseits auf Sanierungspläne der PSIs. Diese müssen aufgrund ihres potenziell systemgefährdenden Charakters stets sämtliche Anforderungen erfüllen. Darüber hinaus regelt die MaSanV vereinfachte Anforderungen an Sanierungspläne, die Nicht-PSIs erstellen müssen. Außerdem legt die MaSanV Anforderungen an Sanierungspläne von institutsbezogenen Sicherungssystemen (Institutional Protection Scheme - IPS) fest. Hintergrund hierfür ist die Möglichkeit, Institute von der Pflicht zur Sanierungsplanung zu befreien, die einem institutsbezogenen Sicherungssystem angehören und nicht als potenziell systemgefährdend gelten. In diesem Fall hat das IPS einen Sanierungsplan zu erstellen, der sich auf die befreiten Institute bezieht. Entsprechend regelt die MaSanV den Befreiungsantrag, die dafür notwendigen Voraussetzungen und die Anforderungen an den Inhalt eines solchen Sanierungsplans.

Merkblatt zur Sanierungsplanung

Daneben planen BaFin und Deutsche Bundesbank die Veröffentlichung eines Merkblatts zur Sanierungsplanung. Vor Erlass werden BaFin und Bundesbank eine öffentliche Konsultation des Merkblatts durchführen. Diese soll zeitgleich mit der öffentlichen Konsultation der MaSanV erfolgen. Das Merkblatt zur Sanierungsplanung erläutert die Regelungen der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2016/1075 und soll das Verständnis für das Zusammenspiel der MaSanV mit der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2016/1075 erleichtern.

Systemrelevante und potenziell systemgefährdende Institute

Im Einvernehmen mit der Deutschen Bundesbank überprüft die BaFin mindestens jährlich die Einstufung von Instituten als potenziell systemgefährdend. Potenziell systemgefährdend ist ein Institut dann, wenn es entweder ein global systemrelevantes Institut (G-SRI) bzw. ein anderweitig systemrelevantes Institut (A-SRI) ist oder wenn von der BaFin für dieses Institut nicht die vereinfachten Anforderungen an die Sanierungsplanung festgesetzt werden können (siehe Infokasten „Potenziell systemgefährdenden Institute 2016“).

Potenziell systemgefährdende Institute

Im Jahr 2016 hat die Aufsicht insgesamt 39 Institute als PSI, als potenziell systemgefährdend, eingestuft. Unter den 39 Instituten waren ein global systemrelevantes Institut (G-SRI) und 14 anderweitig systemrelevante Institute (A-SRI). Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl der PSI von 37 auf 39 Institute leicht erhöht. Während die Zahl der G-SRI unverändert geblieben ist, ist die Zahl der A-SRI von 16 auf 14 Institute gesunken. Das ist zum einen auf eine Fusion zweier A-SRIs zurückzuführen und zum anderen auf ein Institut, für das im Rahmen der jährlichen Überprüfung eine geringere Systemrelevanz gemessen wurde. Die Zahl der Institute, für die von der BaFin keine vereinfachten Anforderungen in der Sanierungsplanung festgesetzt werden können, ist hingegen im Vergleich zum Vorjahr um vier Institute gestiegen. Darunter fällt ein Institut, das 2015 nicht hinsichtlich seiner PSI-Eigenschaft beurteilt werden konnte. Ferner gehören dazu zwei Institute, die 2015 nicht als PSI eingestuft waren. Dies liegt daran, dass die Beurteilungsmethode angepasst und vier Indikatoren des Scoringmodells zur quantitativen Analyse verändert wurden. So erfasst die Methode nun im Einklang mit den Leitlinien der EBA zur Beurteilung von A-SRI im Rahmen der „Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber ausländischen Banken“ auch die Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber ausländischen Zentralbanken. Ferner enthält der Indikator „Anzahl der rechtlich selbständigen Tochterunternehmen im In- und Ausland“ nur noch die rechtlich selbständigen Institute im In- und Ausland des aufsichtsrechtlich übergeordneten Unternehmens und nicht mehr auch nachgelagerte Finanzunternehmen.

Auslegungshilfe zum Abschirmungsgesetz

Gemeinsam mit der Bundesbank hat die BaFin eine Auslegungshilfe zum Abschirmungsgesetz vom 7. August 2013 entwickelt. Sie bezieht sich auf Artikel 2 des Gesetzes. Das Gesetz verbietet Einlagenkreditinstituten ab einer bestimmten Größenordnung, Eigengeschäfte zu betreiben. Auch Kredit- und Garantiegeschäfte mit Hedgefonds und alternativen Investmentfonds (AIF) sind nicht erlaubt. Das Verbot gilt zudem für den Hochfrequenzhandel mit Ausnahme der Market-Making-Tätigkeiten im Sinne der EU-Leerverkaufsverordnung3. Sofern zum Beispiel ein Eigenhändler einen Markt regelmäßig und kontinuierlich mit Liquidität durch das Stellen fester An- und Verkaufskurse für Finanzinstrumente versorgt, ist diese Market-Making-Tätigkeit aus dem Anwendungsbereich des Verbotstatbestandes ausgenommen.

Die Auslegungshilfe gibt den Kreditinstituten Hinweise zu den Regelungen des Abschirmungsgesetzes und trägt somit zu einer erhöhten Rechtssicherheit bei der Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen bei.

Die Auslegungshinweise verdeutlichen zum Beispiel die Reichweite des Verbots, Eigengeschäfte zu betreiben, und die Abgrenzung zum Eigenhandel. Auch beantworten sie die Frage, was unter Kredit- und Garantiegeschäft zu verstehen ist und in welchen Fällen auch nur mittelbare Kredit- und Garantiegeschäfte von dem Verbotstatbeständen erfasst sind. Zudem befasst sich die Auslegungshilfe unter anderem mit der Ermittlung des für die Reichweite des Verbotstatbestands maßgeblichen Hebels (Leverage) eines AIF.

Umsetzung der TLAC- und MREL-Anforderungen

Am 9. November 2015 hatte der FSB den weltweiten Standard zur Gesamtverlustabsorptionsfähigkeit (Total Loss-Absorbing CapacityTLAC) veröffentlicht4. Damit einher ging auch die Verpflichtung der FSB-Mitgliedstaaten, diesen Standard in ihren nationalen Rechtsordnungen umzusetzen. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union setzen den Standard auf EU-Ebene um. Die EU-Kommission hat dazu am 23. November 2016 im Rahmen ihres Reformpakets5 einen Gesetzesvorschlag veröffentlicht, mit dem verschiedene Richtlinien und Verordnungen geändert werden sollen – unter anderem die CRR und die BRRD (Bank Recovery and Resolution Directive). Mit dem Gesetzesvorschlag schlägt die EU-Kommission auch Änderungen an den Bestimmungen zum Mindestbetrag berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten (Minimum Requirement for Own Funds and Eligible LiabilitiesMREL)6 vor und überführt MREL und TLAC in ein einheitliches Konzept. Die BaFin war in einer Expertengruppe vertreten, die die EU-Kommission bei der Erarbeitung des Gesetzesvorschlags beraten hat.

TLAC-Standard

Der Standard zur Gesamtverlustabsorptionsfähigkeit (Total Loss-Absorbing CapacityTLAC) verlangt ab 2019 Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten von mindestens 16 % der risikogewichteten Aktiva und 6 % der Berechnungsgröße für die Verschuldungsquote (Leverage Exposure). Anfang 2022 erhöhen sich diese Anforderungen auf 18 % bzw. 6,75 %.

Nach dem Gesetzesvorschlag sollen die Mindestanforderungen an die gesamte Verlustabsorptionskapazität in Form von Verbindlichkeiten und Eigenmitteln, die der TLAC-Standard vorgibt, nun auch ein gesetzliches Minimum für MREL werden. Bisher legt die Abwicklungsbehörde die MREL-Quote für jedes Institut je nach Geschäftsmodell, Risikoprofil und Abwicklungsstrategie individuell fest. Mit dem Vorschlag der Kommission ist für global systemrelevante Institute (G-SRI) eine individuelle Festlegung zwar weiterhin möglich, aber nicht unterhalb des von TLAC vorgegebenen Minimums.

Die Regelungen zur institutsindividuellen Festlegung von MREL werden nach der Reform weiterhin in der Sanierungs- und Abwicklungsrichtlinie BRRD beziehungsweise der SRM-Verordnung (Single Resolution Mechanism Regulation) zu finden sein. Um einen einheitlichen Rahmen für Säule-I-Anforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten zu schaffen, wird das gesetzliche Minimum (TLAC) aber in der CRR geregelt. Der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission sieht deshalb entsprechende Änderungen an der CRR vor. Zu mehreren Punkten des Vorschlags bestehen noch Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mitgliedstaaten, die im weiteren Gesetzgebungsprozess zu klären sind.

Ergänzend hat die BaFin in Bezug auf MREL eine Haftungskaskade für den Fall eines Bail-in veröffentlicht7. Für dessen wirksame Anwendung hat MREL eine große Bedeutung, da mit einem Bail-in im Abwicklungsfall Verbindlichkeiten herabgeschrieben und in Eigenkapital umgewandelt werden. So können Verluste gedeckt und kann dem Institut neues Eigenkapital zugeführt werden, ohne hierfür den Steuerzahler in Anspruch nehmen zu müssen. MREL stellt dabei sicher, dass tatsächlich ausreichend geeignete Verbindlichkeiten vorhanden sind. Entscheidend ist in der Abwicklung dann die Reihenfolge, in der Eigentümer und Gläubiger haften und in der Verbindlichkeiten herabgeschrieben oder umgewandelt werden. Diese Reihenfolge geht aus der veröffentlichten Haftungskaskade der BaFin hervor.

Fußnoten:

  1. 1 BGBl. I 2013, S. 3090.
  2. 2 Kreditinstitute, welche die Kriterien in Artikel 4 Absatz 1 Nr. 1 der Eigenmittelverordnung CRR erfüllen.
  3. 3 Verordnung (EU) Nr. 236/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps (ABl EU 86 vom 24.3.2012, S.1).
  4. 4 Vgl. Jahresbericht 2015, S. 110 f.
  5. 5 Zum Reformpaket vgl. Europäisches Reformpaket.
  6. 6 Vgl. Jahresbericht 2015, S. 111 f.
  7. 7 Vgl. Übersicht über die Haftungskaskade im Rahmen der Bankenabwicklung.

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