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Kapitalmarktunion

Beitrag aus dem Jahresbericht 2016 der BaFin

Fahrplan für die Kapitalmarktunion bis 2019

Die Kapitalmarktunion ist weiterhin ein zentraler Baustein der europäischen Integration (siehe Infokasten). Die Europäische Kommission hat das Vorhaben auch 2016 weiter vorangebracht.

Unter dem Begriff „Kapitalmarktunion“ werden zahlreiche Maßnahmen zusammengefasst. Dazu gehören unter anderem ein Rahmenwerk für Verbriefungen, Änderungen für Versicherer in Bezug auf die Risikokalibrierung für Anlagen in Infrastruktur und europäische langfristige Investmentfonds sowie Änderungen der Verordnungen über europäische Fonds für soziales Unternehmertum (Regulation on European Social Entrepreneurship Funds – EuSEF) und über europäische Risikokapitalfonds (Regulation on European Venture Capital Funds – EuVECA). Des Weiteren lassen sich ein europäisches Rahmenwerk für gedeckte Schuldverschreibungen und eine Analyse der Auswirkungen der Finanzmarktregulierung auf Investitionen darunter zusammenfassen.

In ihrem Fortschrittsbericht vom 14. September 2016 erläuterte die Kommission den Stand der Umsetzung der Kapitalmarktunion. Folgende Fortschritte seien beispielhaft herausgegriffen:

Änderung des Solvency-II-Regimes

Die im April 2016 in Kraft getretene delegierte Verordnung (EU) 2016/4672 zur Änderung von Solvency II gilt als die erste umgesetzte Maßnahme der Kapitalmarktunion, um Infrastrukturinvestitionen zu fördern. Die Maßnahme wirkt sich auf die Berechnung der regulatorischen Kapitalanforderungen aus; die BaFin hat zum „Day-1-Reporting“ einen entsprechenden Hinweis veröffentlicht.

Neue Prospektverordnung

Im Dezember 2016 stellten das Europäische Parlament und der Rat die Weiche für die neue Prospektverordnung, die die Kapitalmarktaufnahme gerade auch für kleinere und neue Unternehmen erleichtert: durch erweiterte Ausnahmen und partiell erleichterte Prospektanforderungen.3

Risikokapitalfonds/Fonds für soziales Unternehmertum

Im Juli 2016 veröffentlichte die Kommission einen Änderungsvorschlag, der die Verordnung über Europäische Risikokapitalfonds (EuVECA) sowie die Verordnung über Europäische Fonds für soziales Unternehmertum (EuSEF) betrifft. Dieser Punkt ist ein zentraler Bestandteil des Aktionsplans zur Kapitalmarktunion und soll dazu beitragen, Finanzierungsquellen zu diversifizieren und Kapital freizusetzen, indem Anlegern, Fondsverwaltern und Portfoliounternehmen der Zugang zu EuVECA- und EuSEF-Fonds erleichtert wird.

Neues Rahmenwerk für Verbriefungen

Um die Finanzierung von Infrastrukturprojekten sowie kleinen und mittleren Unternehmen zu verbessern und die Investorenbasis zu verbreitern, will die Kommission den Verbriefungsmarkt wiederbeleben. Dazu veröffentlichte die Kommission im September 2015 ein Paket mit zwei Legislativvorschlägen.

Einer davon umfasst eine bereichsübergreifende Verbriefungsverordnung, die auf alle Verbriefungen Anwendung findet. Sie enthält Sorgfaltspflichten (Due Diligence) für Investoren, Selbstbehaltsanforderungen für Originatoren, Sponsoren oder ursprüngliche Darlehensgeber (Original Lender) sowie Transparenzpflichten.

Zudem definiert diese Verordnung Kriterien für einfache, transparente und standardisierte Verbriefungen (Simple, Transparent and Standardised Securitisations – STS) und skizziert dafür eine spezifische Aufsichtsarchitektur. Nach dem Kommissionsvorschlag soll die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA (European Securities and Markets Authority) eine öffentlich zugängliche Liste unterhalten, aus der hervorgeht, welche Verbriefungen STS sind. Diese Auflistung soll auf einer Selbsteinschätzung der Parteien beruhen, die an einer Verbriefung beteiligt sind, aber durch die zuständigen Aufsichtsbehörden angepasst werden können. Vom Sommer 2016 bis zum Jahresende lief die Abstimmung innerhalb des Europäischen Parlaments, wobei besonders die Frage nach der Höhe des Selbstbehalts die Diskussion bestimmt. Im Januar 2017 begannen die Trilogverhandlungen.

Für STS-Verbriefungen sollen für Banken niedrigere regulatorische Eigenkapitalanforderungen gelten als für andere Verbriefungen. Der zweite Legislativvorschlag betrifft daher die Eigenmittelverordnung (Capital Requirements RegulationCRR). Die Kommission will sie ändern, um die Kapitalanforderungen der Banken für Verbriefungspositionen risikosensitiver zu machen – dazu gehören die erwähnten Erleichterungen für STS-Verbriefungen. Ähnliche Regelungen für Versicherer sollen folgen. Die aufsichtsrechtliche Behandlung von Verbriefungen für Versicherer ist in einem Delegierten Rechtsakt zu Solvency II festgelegt. Aus Sicht der BaFin ist es unerlässlich, dass bei der Gestaltung eines neuen Verbriefungsregimes die Lehren aus der Finanzkrise befolgt werden. Gerade der neue Typ einfacher, transparenter Verbriefungen ist hier sehr zu begrüßen.

Konsultation über gedeckte Schuldverschreibungen

Im Rahmen der Schaffung einer Kapitalmarktunion führte die Kommission bis Anfang 2016 eine Konsultation zu gedeckten Schuldverschreibungen durch. Basierend auf der Konsultation möchte die Kommission im Rahmen der bevorstehenden Halbzeitüberprüfung der Kapitalmarktunion im Juni 2017 darlegen, welche rechtlichen Änderungen gegebenenfalls erforderlich sind, um die Entwicklung der Märkte für gedeckte Schuldverschreibungen in der gesamten EU zu unterstützen. Die Kommission kommt in dem vorgelegten Konsultationspapier zu der Einschätzung, dass der Markt gegenwärtig infolge nationaler Vorschriften fragmentiert sei. Sie führt dies maßgeblich auf die unterschiedlichen nationalen Rechtsrahmen und Aufsichtspraktiken zurück. Allerdings beruhten diese nationalen Unterschiede auch auf der engen Verknüpfung der Regelungen zu gedeckten Schuldverschreibungen mit dem – nicht harmonisierten – Insolvenzrecht der Mitgliedstaaten. Im Rahmen des Konsultationsverfahrens hat die deutsche Seite insbesondere auf die große Bedeutung des Markts für hiesige Pfandbriefe sowie auf die wichtige Refinanzierungsfunktion dieser Schuldverschreibungen hingewiesen. Bei möglichen Anpassungen des EU-Rechts müsse prioritär darauf geachtet werden, gut funktionierende Märkte für gedeckte Schuldverschreibungen – wie den deutschen Pfandbriefmarkt – nicht zu beeinträchtigen.

Fußnoten:

  1. 1 Vgl. BaFinJournal Oktober 2015, Seite 10, und Februar 2017, Seite 28 ff., sowie Jahresbericht 2015, Seite 35ff. Der Aktionsplan ist hier abrufbar.
  2. 2 Delegierte Verordnung (EU) 2016/467, ABl. EU L 85/6.
  3. 3 Vgl. Novellierung Prospekt-Verordnung.

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