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3. Geopolitische Umbrüche

Wirtschaftliche, politische und militärische Spannungen gehen mit erheblichen volkswirtschaftlichen Kosten einher, zum Beispiel einem Anstieg der Energiepreise und Lieferkettenproblemen, etwa aufgrund von Sanktionen. Geopolitische Risiken haben in den vergangenen Jahren wieder zugenommen, wie der entsprechende Index zeigt (siehe Abbildung 18).

Abbildung 18: Index für geopolitische Risiken

Grafik Index für geopolitische Risiken 100=Durchschnitt von 1985 bis 2019; gleitender 30-Tages-Durchschnitt Quelle: Daten heruntergeladen von https://www.matteoiacoviello.com/gpr.htm am 23.12.2024, BaFin-eigene Darstellung, Stand: Dezember 2024 Abbildung 18: Index für geopolitische Risiken

Geopolitische Entwicklungen: Treiber bekannter Risiken

Geopolitische Umbrüche können weitreichende Auswirkungen auf das gesamte Finanzsystem haben. Sie sind keine eigenständige Risikoart, können aber die aufsichtlich relevanten Risiken beeinflussen und auch verschärfen. So sind geopolitische Umbrüche beispielsweise zentrale Risikotreiber für das Kredit- und das Liquiditätsrisiko von beaufsichtigten Unternehmen.

Das deutsche Finanzsystem ist sehr anfällig für geopolitische Schocks. Ein Grund hierfür sind die engen internationalen Handelsverbindungen Deutschlands – die Exportquote lag 2023 bei 43,4 Prozent. Ein weiterer Grund: Der Finanzsektor selbst ist international stark vernetzt.

Im Jahr 2024 waren weltweit protektionistische und isolationistische Tendenzen zu beobachten. Dieser Trend könnte sich fortsetzen. Eine Verschärfung der geopolitischen Lage könnte sich spürbar negativ auf die deutsche Wirtschaft und damit auch auf die von der BaFin beaufsichtigen Unternehmen des Finanzsektors auswirken. Dazu kommen könnte es beispielsweise bei einem schärferen Handelsstreit zwischen wichtigen Wirtschaftsnationen oder einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Staaten, die wichtig für die globalen Lieferketten sind.

Auch das Risiko der Terrorismusfinanzierung ist durch die zunehmenden geopolitischen Konflikte nochmals gestiegen.

Konflikte verlagern sich auch in die digitale Welt

Seit einigen Jahren werden geopolitische Konflikte zunehmend in den Cyber-Raum verlagert, mit einer steigenden Zahl staatlich initiierter Angriffe. Die Finanzbranche, andere Unternehmen, aber auch kritische Infrastruktur wie die Energieversorgung waren 2024 weltweit immer wieder Ziel von Cyber-Attacken. Andere Maßnahmen zielen auch darauf ab, die Bevölkerung zu verunsichern und zu desinformieren – beispielsweise durch die Verbreitung von Falschmeldungen über die sozialen Medien.

Ein weiteres geopolitisches Druckmittel: Staatliche Akteure könnten zunehmend Einfluss auf Cloud-Infrastrukturanbieter sowie Zahlungsdienstleister nehmen. Es besteht die Gefahr, dass diese Dienste bei einer Eskalation nicht mehr verfügbar sind. Dies hätte erheblich negative Auswirkungen auf den internationalen Daten- und Zahlungsmitteltransfer.

Direkte Effekte auf den Finanzsektor

Geopolitische Umbrüche können die Unternehmen des Finanzsektors direkt operativ treffen – etwa, wenn sie Ziel staatlich initiierter Cyber-Attacken werden. Dann können Geschäftsgeheimnisse und Kundendaten abfließen. Auch Angriffe auf Internetknotenpunkte oder das Stromnetz können Schäden bei den Unternehmen anrichten.

Werden Sanktionen gegenüber bestimmten Staaten verhängt, sind die Unternehmen verpflichtet, diese einzuhalten. Davon können auch Auslagerungen der beaufsichtigten Unternehmen in die entsprechenden Länder unmittelbar betroffen sein. Auch die Liquiditätssituation der Unternehmen des Finanzsektors könnte unter geopolitischen Konflikten leiden: nämlich dann, wenn beispielsweise der Zugang zu internationalen Finanzmärkten durch (auch faktische) Kapitalverkehrskontrollen eingeschränkt wird.

2024 waren die Risiken für deutsche Banken auf Grund der Vergabe von Krediten gegenüber Ländern wie China, Taiwan und Russland im Aggregat relativ gering.

Indirekte Effekte auf den Finanzsektor

Geopolitische Umbrüche können auch indirekte Effekte auf die Unternehmen des Finanzsektors haben: wenn sich dadurch das wirtschaftliche Umfeld verschlechtert und die Volatilität an den Finanzmärkten steigt.

Es besteht auch die Gefahr, dass von beaufsichtigten Unternehmen gehaltene Aktiva aufgrund geopolitischer Konflikte an Wert verlieren. Dies könnte zum Beispiel bei Krediten und Anleihen an Unternehmen der Fall sein, die durch Schutzzölle oder Einfuhrbeschränkungen belastet werden.

Diese indirekten Effekte lassen sich schwerer beziffern und prognostizieren, können jedoch gravierendere Folgen haben als die direkten Effekte. Deshalb ist es wichtig, dass die beaufsichtigten Unternehmen ein gutes Risikomanagement haben und Szenario-Analysen durchführen.

Neue Risiken durch strukturelle Anpassungen

Geopolitische Spannungen führen häufig zu strukturellen Anpassungen der Wirtschaft, des Finanzsystems und der politischen Strukturen: Es kommt zum De-Risking bis hin zum De-Coupling. Ökonomisch zielen diese Maßnahmen darauf ab, Abhängigkeiten zu verringern und Lieferketten umzugestalten. Politische Maßnahmen sind beispielsweise die Erhöhung der Verteidigungsausgaben, die Bildung von Sicherheitsbündnissen sowie ein verstärkter Ausbau der Cyber-Sicherheit. Mittelfristig kann dies die Verwundbarkeiten gegenüber geopolitischen Schocks verringern.

Allerdings führen solche Anpassungen auch zu neuen Abhängigkeiten. Wenn ganze Regionen oder Geschäftszweige unter Risikogesichtspunkten unattraktiver werden, verlagern sich Handels- und Investitionsströme – und konzentrieren sich auf weniger Länder. Dies kann zu einer geringeren Risikodiversifikation führen und die Risiken für die Finanzstabilität langfristig erhöhen.

Wie die BaFin vorgeht

  • Die BaFin beobachtet fortlaufend die geopolitische Lage und untersucht potenzielle Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft und die Folgewirkungen auf die von ihr beaufsichtigten Unternehmen. So untersucht die BaFin zum Beispiel, ob es bei einzelnen Beaufsichtigten eine Konzentration von Krediten auf bestimmte Regionen, Unternehmen oder Industriezweige gibt, die von einer geopolitisch schwierigen Lage betroffen sind – beispielsweise von Entwicklungen in Kriegs- und Krisenregionen, Terrorereignissen, Sanktionen, Beschränkung des Marktzugangs oder wesentlichen Beeinträchtigungen der Wertschöpfungsketten.

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1. Risiken aus Korrekturen an den Immobilienmärkten
2. Risiken aus signifikanten Korrekturen an den internationalen Finanzmärkten
3. Risiken aus dem Ausfall von Unternehmenskrediten
4. Risiken aus Cyber-Vorfällen mit gravierenden Auswirkungen
5. Risiken aus unzureichender Geldwäscheprävention
6. Risiken aus Konzentrationen bei der Auslagerung von IT-Dienstleistungen

Bedeutende Trends

1. Digitalisierung
2. Nachhaltigkeit

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