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3. Geopolitische Umbrüche

Die Real- und die Finanzwirtschaft in Deutschland sind international besonders stark vernetzt – und daher besonders anfällig für die Folgen geopolitischer Spannungen. Denn internationale Handelsverbindungen können auch Abhängigkeiten und Klumpenrisiken schaffen. Generell können geopolitische Konflikte aufgrund der starken internationalen Vernetzung des deutschen Finanzsystems die Finanzstabilität in Deutschland beeinträchtigen – sowohl direkt als auch über Zweitrundeneffekte. Da geopolitische Entwicklungen keinen festen Mustern folgen, lassen sich die Risiken daraus nur schlecht kategorisieren und müssen einzeln betrachtet werden. Auf historischen Erfahrungen basierende Risikomodelle stoßen hier an ihre Grenzen.

In den vergangenen Jahren haben Spannungen und Kriege in vielen Regionen der Welt zugenommen: akut in der Ukraine und im Nahen Osten, potenziell am Südchinesischen Meer und in der Taiwanstraße. Hinzu kommt, dass sich die Blockbildung zwischen den westlichen Staaten, Russland und China verstärkt.

Handelsbeziehungen und -ströme stehen auch unter dem Einfluss geopolitischer Interessen. Dies könnte besonders dann problematisch werden, wenn sich die politische Sichtweise auf einen Handelspartner abrupt ändert und kritische Abhängigkeiten davon betroffen sind.

Handelskonflikte können auch durch protektionistische Wirtschaftspolitik entstehen – vor allem wenn eine Handelspolitik betrieben wird, die anderen Volkswirtschaften Schaden zufügen soll.

Folgen für den Finanzsektor

Infolge der geopolitischen Umbrüche nehmen die Fragmentierung von Wertschöpfungs- und Lieferketten und die Deglobalisierung potenziell zu. Weltweit haben auch die Sanktionen aufgrund geopolitischer Konflikte deutlich zugenommen.

Vor allem international tätige Finanzkonzerne könnten gezwungen sein, ihre Geschäftsmodelle anzupassen. Die deutsche Finanzbranche kann auf vielfältige Weise von geopolitischen Umbrüchen betroffen sein: über Tochtergesellschaften in den jeweiligen Regionen oder weil (IT-) Prozesse und Daten an Dritte in den betroffenen Regionen ausgelagert worden sind und plötzlich nicht mehr abgerufen werden können. Einige beaufsichtigte Unternehmen haben daraufhin ihre Outsourcing-Strategien bereits revidiert.1

Auch im Kreditbereich können zusätzliche Konzentrationsrisiken entstehen, etwa durch verstärkte geopolitische Abhängigkeit einzelner, großer Kreditnehmer. Kreditrisiken aus Abhängigkeiten können sich zudem für ganze Branchen materialisieren, wenn zum Beispiel konzentrierte Lieferabhängigkeiten gegenüber einem Land bestehen, welches aufgrund von geopolitischen Umbrüchen die Lieferketten nicht mehr bedienen kann.

Geopolitische Konflikte begünstigen auch die finanzielle Fragmentierung, da sich internationale Investoren aus einzelnen Ländern zurückziehen. Die Möglichkeiten zur Risikodiversifizierung und optimalen Kapitalallokation sinken. Wenn Investoren Kapital sehr plötzlich umschichten, kann dies zusätzlich die Unsicherheit an den Finanzmärkten erhöhen. Generell könnten die Finanzmärkte durch die geopolitischen Unsicherheiten zusätzlich belastet werden.2

Wie die BaFin vorgeht

  • Die BaFin beobachtet weiterhin intensiv die geopolitische Lage und untersucht potenzielle Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft und die Folgewirkungen auf die deutschen Finanzinstitute.
  • So untersucht die BaFin zum Beispiel, ob es bei einzelnen Finanzinstituten eine Konzentration von Krediten auf bestimmte Regionen oder auf Industrien oder Unternehmen gibt, die von einer geopolitisch schwierigen Lage betroffen sind.
  • Gleiches geschieht mit Blick auf die (Rück-)Versicherer. Die BaFin will erfahren, welche Versicherer in welcher Weise betroffen sind, beispielsweise von Entwicklungen in Kriegs- und Krisenregionen, Terrorereignissen, politischen Entscheidungen wie Sanktionen oder Beschränkung des Marktzugangs, wesentlichen Beeinträchtigungen der Wertschöpfungsketten oder Schadensereignissen im Bereich Cyber- und Kommunikationssicherheit. Auf dieser Grundlage identifiziert sie besonders exponierte beaufsichtigte Unternehmen.
  • Darüber hinaus intensiviert die BaFin ihre Kontakte zu Marktteilnehmern und anderen relevanten Stellen, zum Beispiel Prüfungseinrichtungen, um Risiken für den Finanzsektor noch besser bewerten zu können. Die Erkenntnisse daraus berücksichtigt die BaFin bei der Aufsicht, etwa durch ein verstärktes Monitoring oder Prüfungskampagnen bei bestimmten Instituten.

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4. Risiken aus dem Ausfall von Krediten an deutsche Unternehmen
5. Risiken aus Cyber-Attacken mit gravierenden Auswirkungen
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