Was hat sich durch das Inkrafttreten von MiCAR in Bezug auf Security Token verändert?
Die MiCA-Verordnung definiert „Vermögenswertereferenzierte Token“ („ART“) als Kryptowerte, die keine E-Geld-Token sind und deren Wertstabilität durch Bezugnahme auf einen anderen Wert oder ein anderes Recht oder eine Kombination davon, einschließlich einer oder mehrerer amtlicher Währungen, gewahrt werden soll (Art. 3 Absatz 1 Nr. 6 MiCAR).
Nähere Informationen zur MiCA-Verordnung finden Sie auf einer eigenen Übersichtsseite.
Wie werden Hybride Token klassifiziert?
Häufig existieren Mischformen dieser Token-Arten („hybride Token“), insbesondere streben viele Anbieter für die Zukunft einen Gebrauch ihrer Utility Token (Nutzungstoken) als Zahlungsmittel an.
In diesen Fällen ist entscheidend, auf welchen Funktionen der Schwerpunkt des jeweiligen Tokens liegt. Die konkreten Umstände des Einzelfalles sind ausschlaggebend. Wenn Utility Token etwa mit der Nutzung als Tausch- oder Zahlungsmittel oder zu Anlagezwecken kombiniert werden, kommt eine Einordnung zum Beispiel als Kryptowert im Sinne des KWG/WpIG oder als Wertpapier im Sinne des KWG, WpIG und WpHG in Betracht.
Die typisierende Bezeichnung ist dabei nicht maßgeblich, auch wenn eine Kategorisierung – beispielsweise nach Payment-Token, Security Token und Utility-Token – einen ersten Anhaltspunkt für die Art des Tokens liefern kann. Sie kann jedoch keine umfassende und verbindliche aufsichtsrechtliche Einordnung ersetzen. Die BaFin prüft mögliche Prospekt- und Erlaubnispflichten daher in jedem Einzelfall unabhängig von einer solchen Bezeichnung.
Was versteht man unter einem "Initial Coin Offering“ (ICO), „Initial Token Offering“ (ITO) bzw. „Security Token Offering" (STO)?
Im Rahmen eines „Initial Coin Offering“ (ICO) oder „Initial Token Offering“ (ITO) oder „Security Token Offering“ (STO) werden zur Realisierung einer Geschäftsidee durch ein Unternehmen finanzielle Mittel eingeworben. Für diese finanziellen Mittel erhalten Anleger sodann Token.
Welche Funktionen erfüllen White Paper bei ICOs?
Bei ICOs werden oftmals sogenannte White Paper bereitgestellt, welche beispielsweise Informationen zum geplanten Geschäftszweck, zu den handelnden Personen und der technischen Ausgestaltung der Token beinhalten können. Diese White Paper sind jedoch noch* nicht reguliert und in ihrer Form und ihrem Inhalt beliebig gestaltbar. White Paper werden in erster Linie als PR-Maßnahme und Kommunikationsmittel genutzt. Es ist zu beobachten, dass Informationen in White Paper oftmals nicht hinreichend umfassend und präzise sind und dass die Inhalte der White Paper auch während der ICO-Laufzeit geändert werden und die Angaben im White Paper nicht zwingend der tatsächlichen Ausgestaltung des Token entsprechen müssen. Hierdurch bedingt ist kein hinreichender Schutz für Anleger gegeben. Die White Paper sind keine mit Wertpapier- und Vermögensanlagenprospekten bzw. gesetzlich vorgeschriebenen Informationsblättern vergleichbare Informations- und Haftungsdokumente.
*Die Europäischen Gesetzgeber beabsichtigen, eine Verordnung zur Regulierung von Kryptowerten und darauf bezogenen Tätigkeiten zu erlassen, die „Markets in Crypto-Assets Regulation“ (MiCA). Mit dieser Verordnung sollen auch White Paper einem Regulierungsregime unterworfen werden.
Kommen Anlagen in Kryptowerten für das Sicherungsvermögen von Versicherungsunternehmen in Frage?
Hinsichtlich der Anlagen für das Sicherungsvermögen für die Versicherungsunternehmen gelten seit Einführung des grundlegenden Regelwerks Solvency II unterschiedliche Vorschriften. Die Vorgaben von Solvency II betreffen Erst- und Rückversicherungsunternehmen sowie Versicherungsgruppen mit Sitz in der Europäischen Union. Ausgenommen sind allerdings kleine Versicherungsunternehmen, deren jährlich gebuchte Bruttobeitragseinnahmen unter fünf Millionen Euro liegen und deren gesamte versicherungstechnische Rückstellungen ohne Abzug der einforderbaren Beträge aus Rückversicherungsverträgen und von Zweckgesellschaften einen Betrag von 25 Mio. € nicht überschreiten.“ (§211 Abs. 1 VAG i.V.m. Richtlinie 2009/138/EG). Im Rahmen des SII-Reviews werden die Schwellenwerte ggf. angepasst / erhöht.
1. Für Versicherer, die den Regelungen von Solvency II unterliegen, besteht grundsätzlich Anlagefreiheit. Sie müssen jedoch ihre gesamten Vermögenswerte nach dem Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht anlegen. Dabei haben die Versicherer insbesondere die gesetzlichen Anforderungen des § 124Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und die Vorgaben der Leitlinien 27 bis 35 der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (European Insurance and Occupational Pensions Authority - EIOPA) zum Governance-System einzuhalten. Ob eine Anlage in Kryptowerte möglich ist, haben die Versicherer in ihren Risikomanagementleitlinien unternehmensindividuell und eigenverantwortlich unter Beachtung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben festzulegen. Der Nachweis, dass die mit den Kryptowerten verbundenen Risiken (unter anderem Preisvolatilität, Zugriffsverlust, Liquiditätsrisiken) hinreichend identifiziert, bewertet, überwacht, gesteuert und kontrolliert werden können, dürfte die Versicherer jedoch vor erhebliche Herausforderungen stellen.
Aufgrund der Anlagefreiheit dürfen Solvency II-Unternehmen zwar grundsätzlich Anlagen erwerben, die nicht jedes qualitative Merkmal erfüllen (sofern die Sicherheit, Qualität, Liquidität und Rentabilität des Portfolios als Ganzes sichergestellt ist). Dies bedeutet aber nicht, dass diese Anlagen zwangsläufig auch im Sicherungsvermögen geführt werden. Im Hinblick auf das Sicherungsvermögen von Solvency II-Unternehmen wird in § 125 Abs. 1 VAG geregelt, welche Vermögensgegenstände dem Sicherungsvermögen vorrangig zuzuführen sind. Nur wenn die entsprechenden Anlagen nicht ausreichen, um den Mindestbetrag des Sicherungsvermögens zu bedecken, können auch andere Anlagen dem Sicherungsvermögen zugeführt werden. Diese Regelung dient dazu, eine angemessene Qualität der Anlagen im Sicherungsvermögen im weiteren Sinne sicherzustellen. Kryptowerte sind in § 125 Abs. 1 VAG nicht genannt.
Hinsichtlich des Anlagegrundsatz der Rentabilität ist hierzu grundsätzlich auf die langjährige Verwaltungspraxis gemäß Rundschreiben 11/2017 der BaFin zu verweisen.
2. Für alle Versicherungsunternehmen, die nicht unter die Vorgaben von Solvency II fallen (Solvency I VU), gelten als Maßstab bei der Kapitalanlage für das Sicherungsvermögen § 215 Abs. 2 VAG und die Anlageverordnung (AnlV). Kryptowerte sind nicht in § 215 Abs. 2 VAG enthalten und auch nicht im Anlagekatalog der Anlageverordnung aufgeführt. Die Kryptowerte sind nach dem jetzigen geltenden Aussichtsrecht für Solvency I VU nicht als Kapitalanlage für das Sicherungsvermögen zulässig.
Aus Sicht der BaFin sind Anlagen in Kryptowerte mit erheblichen Risiken verbunden und oft spekulativ, so dass der Anlagegrundsatz der Sicherheit gefährdet wird. Immer wieder fällt auf, wie sehr Kryptowerte von extremen Kurssprüngen und Volatilitäten betroffen sind. Vor diesem Hintergrund haben die Europäischen Finanzaufsichtsbehörden (ESAs) am 17. März 2022 vor den Risiken von Kryptowerten für Verbraucherinnen und Verbraucher gewarnt. Auch die BaFin hat mehrere Warnungen im Zusammenhang mit Kryptowerten veröffentlicht, zuletzt am 22. August 2022.
Wären ETF wie die in den USA gehandelten „Bitcoin ETF“, also börsengehandelte Fonds (Exchange Traded Funds – ETF) zur Anlage in Kryptowerte wie den Bitcoin in Deutschland und Europa zulässig?
In Deutschland ist die Emission von börsengehandelten Fonds (Exchange Traded Funds - ETF), die nur einzelne Kryptowerte wie den Bitcoin abbilden, nicht zulässig. Der Grund: Ein solcher börsengehandelter offener Publikumsfonds, der die Entwicklung eines einzigen Werts abbildet - in diesem Fall den Kryptowert Bitcoin -, widerspräche sowohl nach deutschen nationalen Produktregeln als auch den Vorgaben der Europäischen Union (EU) für harmonisierte Wertpapierfonds (OGAWs) dem für diesen Fondstyp grundlegenden, dem Anlegerschutz dienenden Prinzip der Risikomischung.
OGAW dürfen nach geltender Rechtslage zudem auch nicht direkt in Kryptowerte wie den Bitcoin investieren. Sie können an der Preisentwicklung von Kryptowerten lediglich indirekt über so genannte Delta-1-Zertifikate partizipieren. Solche Zertifikate sollen die Preisentwicklung des Basiswerts „eins zu eins“ nachbilden, bringen aber zusätzlich zu den Risiken des nachgebildeten Werts (z.B. Kursschwankungen, Hackerangriffe etc.) auch eigene spezifische Risiken mit (z.B. höhere Kosten, zusätzliche Adressrisiken, je nach Ausgestaltung auch das Risiko einer vorzeitigen Kündigung durch den Anbieter). Weitere Informationen zu Zertifikaten auf Kryptowerte finden Sie hier.
Ein Bitcoin ETF könnte daher weder als in der Bundesrepublik aufgesetztes Anlageangebot noch als für den grenzüberschreitenden Vertrieb geeigneter OGAW in anderen Mitgliedstaaten genehmigt werden.