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Stand:geändert am 01.09.2022 | Thema Fintech Insurtechs

Für den Begriff Insurtechs gibt es keine einheitliche rechtliche Definition. Aus Sicht der BaFin sind Insurtechs junge und technikaffine Unternehmen mit Versicherungslizenz.

Die BaFin hat seit 2017 bis 2022 sieben Insurtechs zugelassen, die sie nach dem Prinzip „gleiches Geschäft, gleiches Risiko, gleiche Regel“ so beaufsichtigt wie die etablierten Versicherer, die schon länger am Markt sind. Dabei beachtet sie die Grundsätze der Proportionalität. Aufgrund der bisherigen Aufsichtserfahrung mit der Startphase von Insurtechs, ergab sich aus Sicht der BaFin die Notwendigkeit, die Aufsichtspraxis anzupassen. Die Anpassungen betreffen zum Beispiel die Stärkung des so genannten Organisationsfonds und die versicherungstechnischen Rückstellungen. Einen Überblick gibt der Fachartikel "Aller Anfang ist teuer“, der im Januar 2021 im BaFinJournal erschienen ist.

Stärkung des Orgafonds

Ein Aspekt betrifft den Organisationsfonds, den Versicherungsunternehmen bei ihrer Zulassung stellen müssen. Da die Digitalisierung die Rahmenbedingungen bei der Neuzulassung und in der Aufbauphase von Versicherungsunternehmen geändert hat, ist es erforderlich, diesen Orgafonds zu stärken und an die tatsächlichen Geschäftsmodelle der Unternehmen anzupassen. Die BaFin achtet bei Neugründungen künftig darauf, dass dessen Höhe die zunehmende Rolle der IT beim Vertrieb von Versicherungsprodukten widerspiegelt. Denn bei jungen Digitalversicherern ist es oftmals für den erfolgreichen und nachhaltigen Aufbau des Geschäftsmodells entscheidend, dass die IT-Aufbaukosten auf lange Sicht ausreichend finanziert sind. Der Orgafonds soll so hoch bemessen sein, dass er alle erwarteten, realistisch prognostizierten Verluste von der Gründung bis zum Zeitpunkt der erstmaligen Profitabilität erfasst.

Höhere Rückstellungen

Gemäß dem grundlegenden europäischen Regelwerk Solvency II müssen Versicherungsunternehmen grundsätzlich ihre Aufbaukosten für die IT auch bei der Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellung berücksichtigen. Dazu zählen unter anderem Gemeinkosten, die fällig werden, um Softwarelösungen und Apps für den Versicherungsbetrieb zu entwickeln, aber auch die Gehälter der zuständigen IT-Beschäftigten.
Bei der Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellung sollten alle Unternehmen in der Aufbauphase die Kosten überwiegend ihrem Bestandsgeschäft zuordnen. Denn das prognostizierte Neugeschäft ist in der Aufbauphase mit zu hohen Unsicherheiten behaftet, als dass man den Großteil der Kosten guten Gewissens dort verorten könnte. Das würde auch dem Gedanken von Solvency II widersprechen, wonach Versicherungsunternehmen ihre versicherungstechnischen Rückstellungen vorsichtig und verlässlich bewerten müssen. Das Vorgehen führt unter dem Strich zu einer höheren versicherungstechnischen Rückstellung.

Aber auch die Ausgliederungsunternehmen können Adressat von Maßnahmen der BaFin sein, wenn der Schutz der Versicherungsnehmer und der Begünstigten von Versicherungsleistungen es erfordert.

Hintergrund Versicherungsvermittler

Was ist ein Versicherungsvermittler?

Der Begriff des Versicherungsvermittlers wird in § 59 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) definiert. Versicherungsvermittler sind nach der gesetzlichen Vorgabe Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler. Wichtigste Unterscheidungskriterien sind:
Versicherungsvertreter ist, wer von einem Versicherungsunternehmen oder einem anderen Versicherungsvertreter damit beauftragt ist, gewerbsmäßig Versicherungsverträge zu vermitteln.

Versicherungsmakler ist, wer gewerbsmäßig für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter beauftragt zu sein. Der Versicherungsmakler wird ausschließlich im Interesse seiner Kunden tätig.


Keine Versicherungsvermittler sind demgegenüber:
Versicherungsberater; diese benötigen aber eine gesonderte Erlaubnis der IHK. Versicherungsberater ist, wer gewerbsmäßig Dritte bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen oder bei der Wahrnehmung von Ansprüchen aus Versicherungsverträgen berät, oder gegenüber dem Versicherer außergerichtlich vertritt, ohne von einem Versicherer einen wirtschaftlichen Vorteil zu erhalten oder in anderer Weise von ihm abhängig zu sein.

Weiterführende Informationen finden sich in einer Übersicht zum Thema Versicherungsvermittler auf der Internet-Seite der BaFin.

Braucht ein Versicherungsvermittler eine Erlaubnis?

Ob ein Versicherungsvermittler für seine Tätigkeit eine Erlaubnis benötigt, ist in der Gewerbeordnung geregelt (§ 34d GewO). Zuständig ist die örtliche Industrie- und Handelskammer (IHK). Die Gewerbeordnung unterscheidet dabei grundsätzlich zwischen erlaubnispflichtigen und erlaubnisfreien Tätigkeiten.


Weiterführende Informationen finden sich in einer Übersicht zum Thema Versicherungsvermittler auf der Internetseite der BaFin.

Aber auch die Ausgliederungsunternehmen können Adressat von Maßnahmen der BaFin sein, wenn der Schutz der Versicherungsnehmer und der Begünstigten von Versicherungsleistungen es erfordert.

Häufig gestellte Fragen

Welche Geschäftsmodelle gibt es derzeit am Markt?

Grundsätzlich haben Insurtechs vielfältige Möglichkeiten, Geschäftsmodelle entlang der Wertschöpfungsstufen von Versicherungsprodukten zu betreiben. Um die Geschäftsmodelle von Insurtechs zu beschreiben, wird oft eine Vielzahl von Begriffen verwendet (z.B. On-demand Insurance, Peer-to-peer Insurance, Open Insurance usw.). Es gibt auch die Möglichkeit, die Versicherungsunternehmen bei der technologischen Transformation bestimmter Wertschöpfungsstufen (z.B. Produktgestaltung, Schadenbearbeitung) zu unterstützen oder neue Impulse im Markt zu setzen. Hierbei wird regelmäßig der Einsatz innovativer Technologien hervorgehoben, beispielsweise Big Data und Künstliche Intelligenz oder die Distributed Ledger Technologie inklusive Smart Contracts.


Sofern Insurtechs das einem Versicherungsvertrag innewohnende Risiko selbst tragen wollen, müssen sie über eine Erlaubnis der BaFin zum Betrieb des Versicherungsgeschäfts gemäß § 8 Abs. 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) verfügen. Außerdem könnte es hilfreich für Antragsteller sein, sich frühzeitig mit dem Inhalt des Fachartikels „Aller Anfang ist teuer“, erschienen im BaFinJournal 01/2021, vertraut zu machen. Möchten Insurtechs einen solchen Antrag stellen, sind die gleichen Rechtsanforderungen zu erfüllen, die auch für Versicherungsgesellschaften gelten. In der laufenden Aufsicht unterscheidet die BaFin nicht zwischen traditionellen Versicherungsunternehmen und Insurtechs, obwohl sich aufgrund der Erfahrungen in der bisherigen Aufsicht von Insurtechs gezeigt hat, dass unsichere Zukunftsprognosen einen besonderen Risikofaktor darstellen, der zum Teil besondere aufsichtliche Schwerpunktsetzungen erfordert.
Erlaubnispflichten

Unterliegen Insurtechs einer Aufsichtspflicht?

Unter die Versicherungsaufsicht fallen Insurtechs, wenn sie das Versicherungsgeschäft betreiben. Entsprechende Unternehmen mit Sitz in Deutschland bedürfen der Erlaubnis der deutschen Aufsichtsbehörde, im Regelfall der BaFin. Einschlägige Rechtsgrundlagen sind insbesondere §§ 8 bis 11 sowie §§ 23 bis 33 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG). Gemäß § 8 Abs. 2 VAG darf die Erlaubnis zum Betrieb des Versicherungsgeschäfts nur Aktiengesellschaften, Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit sowie Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts erteilt werden. Je nach dem zu betreibenden Versicherungszweig können die an die Erlaubnis geknüpften Anforderungen unterschiedlich sein. Zudem dürfen einige Versicherungssparten nicht gebündelt von einem Unternehmen betrieben werden (§ 8 Abs. 4 S. 2 VAG). § 9 VAG regelt die im Rahmen eines Antrags auf Zulassung zum Betrieb des Versicherungsgeschäfts vorzulegenden Unterlagen.

Ein zentrales Dokument ist der Geschäftsplan (§ 9 Abs. 1, 2, 3 VAG), der gerade bei Neugründungen vorsichtig kalkuliert sein sollte. Weitere wesentliche Anforderungen, die gemäß § 9 Abs. 4 VAG bereits im Rahmen der Antragstellung zu beachten sind, beziehen sich auf die Geschäftsorganisation der Gesellschaft (§§ 23 ff. VAG) und die Anforderungen an Personen, die das Unternehmen tatsächlich leiten oder Schlüsselaufgaben wahrnehmen (§ 24 VAG) sowie eine hinreichende finanzielle Ausstattungen der Gesellschaft zur Wahrung der Interessen der Versicherungsnehmer (§ 9 Abs. 2 Nr. 4 in Verbindung mit § 9 Abs. 3 VAG und §§ 89 bis 95 VAG). Auch sollten im Rahmen der Antragsstellung die Ausführungen des § 15 VAG zum versicherungsfremden Geschäft beachtet werden.


Die mit dem Betrieb des Versicherungsgeschäfts verbundenen Anforderungen der laufenden Versicherungsaufsicht enthalten das VAG sowie die weiteren zu beachtenden Verordnungen, Rundschreiben und Auslegungsentscheidungen der BaFin. Neben dem VAG sind insbesondere die Delegierte Verordnung (EU) 2015/35 der Europäischen Kommission (verlinken!) und die von der europäischen Versicherungsaufsichtsbehörde EIOPA erarbeiteten themenbezogenen technischen Standards sowie die von EIOPA erarbeiteten aufsichtlichen Leitlinien und Empfehlungen (verlinken!) zu erwähnen. Erlaubnispflichtige Versicherungsvermittler erhalten die erforderliche Erlaubnis gemäß § 34d GewO von der örtlichen Industrie- und Handelskammer (IHK).


Unternehmen, die einen Antrag auf Erlaubnis zum Betrieb des Versicherungsgeschäfts stellen wollen, sollten die einschlägigen Vorgaben vorab prüfen. Einzelheiten zur Vorbereitung des Erlaubnisverfahrens und zur aufsichtlichen Erwartungshaltung können mit unseren Experten kurzfristig erörtert werden. Anwaltsähnliche Interessenwahrnehmung wie beratende oder vertragsgestaltende Rechtsdienstleistungen gehören dagegen e nicht zum Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich der BaFin.

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