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Stand:geändert am 17.07.2019 | Thema Hochfrequenzhandel Algorithmischer Handel und Hochfrequenzhandel

Der algorithmische Handel, bei dem Eingabe, Änderungen und Löschungen von Aufträgen computerbasiert erfolgen, ist mit verschiedenen Risiken verknüpft. So kann zum Beispiel eine hohe Anzahl von Auftragseingaben, -änderungen oder -löschungen innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums dazu führen, dass Handelssysteme überlastet werden. Zudem können Algorithmen auf Marktereignisse reagieren und damit weitere Algorithmen auslösen, so dass ein Kaskadeneffekt entsteht und die Volatilität von Kursen steigt.

Neue Anzeigepflicht für das Betreiben von algorithmischem Handel und das Anbieten eines direkten elektronischen Marktzugangs (DEA)

Für Wertpapierdienstleistungsunternehmen gelten seit dem 03.01.2018 neue Anzeigepflichten aufgrund der Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive II – MiFID II) durch das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz. Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind von diesen Anzeigepflichten betroffen, wenn sie algorithmischen Handel im Sinne des § 80 Absatz 2 Satz 1 WpHG (Fassung ab 3. Januar 2018) betreiben, oder wenn sie gemäß § 2 Absatz 30 WpHG (Fassung ab 3. Januar 2018) einen direkten elektronischen Zugang (Direct Electronic Access - DEA) zu einem Handelsplatz anbieten. Die Anzeigen sind zum einen gegenüber der Behörde abzugeben, die für die Beaufsichtigung der betroffenen Wertpapierdienstleistungsunternehmen zuständig ist. Zum anderen sind die Anzeigen auch an die Behörden zu übermitteln, die für die Aufsicht über die betroffenen Handelsplätze zuständig sind.

Daher sind Wertpapierdienstleistungsunternehmen in folgenden Fällen gegenüber der BaFin anzeigepflichtig:

Die Wertpapierdienstleistungsunternehmen werden von der BaFin beaufsichtigt und bieten einen DEA zu einem Handelsplatz an oder betreiben algorithmischen Handel. In diesem Fall ergibt sich die Anzeigepflicht aus den §§ 77 Absatz 2 Satz 1 und 80 Absatz 2 Satz 5 WpHG (Fassung ab 3. Januar 2018).

Die Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind Mitglied oder Teilnehmer eines multilateralen Handelssystems (MTF) oder eines organisierten Handelssystems (OTF), das von der BaFin beaufsichtigt wird, und bieten zu diesem MTF oder OTF einen DEA an oder betreiben dort algorithmischen Handel. In diesen Fällen können von der Anzeigepflicht gegenüber der BaFin auch solche Unternehmen betroffen sein, die nicht unter der Aufsicht der BaFin stehen. Für diese Unternehmen kann sich die Anzeigepflicht aus den Vorschriften anderer EU-Mitgliedsstaaten ergeben, die Artikel 17 Absatz 2 Unterabsatz 1 und Artikel 17 Absatz 5 Unterabsatz 3 MiFID II in nationales Recht umsetzen.

Ferner können gem. § 3 Abs. 3 S. 1 WpHG auch solche Unternehmen von den Anzeigepflichten betroffen sein, die gem. § 3 Abs. 1 Nr. 4, 8 oder 15 WpHG nicht als Wertpapierdienstleistungsunternehmen gelten. Daher können die Anzeigepflichten auch für Versicherungsunternehmen und andere Unternehmen gelten, wenn sie Mitglied oder Teilnehmer eines organisierten Marktes oder MTF sind. Schließlich können die Anzeigepflichten gem. § 28 Abs. 1 S. 3 KAGB auch für Kapitalverwaltungsgesellschaften anwendbar sein.

Die BaFin hat ein Musterformular erstellt, mit dem betroffene Wertpapierdienstleistungsunternehmen ihrer Anzeigepflicht gegenüber der BaFin nachkommen können. Das Formular ist per Email an die nachfolgenden Emailadressen zu übersenden:

Anzeige über das Betreiben von algorithmischen Handel: algoanzeige @ bafin.de

Anzeige über das Anbieten eines DEA zu einem Handelsplatz: deaanzeige @ bafin.de

Der BaFin obliegt nicht die Aufsicht über die in Deutschland ansässigen Börsen. Die Aufsicht über die Börsen wird durch die Börsenaufsichtsbehörden der Bundesländer ausgeübt. Daher müssen Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die als Handelsteilnehmer an einer deutschen Börse algorithmischen Handel betreiben oder einen DEA zu einer deutschen Börse anbieten, die Anzeige gegenüber der für die jeweilige Börse zuständigen Börsenaufsichtsbehörde abgeben. Von der Anzeigepflicht gegenüber den Börsenaufsichtsbehörden können auch solche Unternehmen betroffen sein, für die sich die Anzeigepflicht aus den Vorschriften anderer EU-Mitgliedsstaaten ergibt, die Artikel 17 Absatz 2 Unterabsatz 1 und Artikel 17 Absatz 5 Unterabsatz 3 MiFID II in nationales Recht umsetzen.

Über das Anzeigeverfahren bei den Börsenaufsichtsbehörden informieren die in Deutschland ansässigen Börsen ihre jeweiligen Handelsteilnehmer voraussichtlich mittels eines entsprechenden Rundschreibens.

Weitere Informationen zum Anzeigeverfahren bei den Börsenaufsichtsbehörden können über die nachfolgend aufgeführten Links abgerufen werden. Fragen zum Anzeigeverfahren bei diesen Behörden können an die aufgeführten Emailadressen gerichtet werden.

Börsenaufsichtsbehörde Baden-Württemberg: Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg

Börsenaufsicht Bayern: Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (Email: algoanzeige @ stmwi.bayern.de und deaanzeige @ stmwi.bayern.de )

Börsenaufsichtsbehörde Berlin: Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe

Börsenaufsichtsbehörde Hamburg: Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation

Börsenaufsichtsbehörde Hessen: Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen (https://service.hessen.de/html/9496.htm)

Börsenaufsichtsbehörde Niedersachsen: Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung

Börsenaufsichtsbehörde Nordrhein-Westfalen: Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen (Email: V-BoersenaufsichtNRW @ fm.nrw.de )

Börsenaufsichtsbehörde Sachsen: Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

Weitere Pflichten für den algorithmischen Handel

Um den mit dem algorithmischen Handel und den mit dem Hochfrequenzhandel verbundenen Risiken entgegenzuwirken, hatte der nationale Gesetzgeber bereits im Jahr 2013 das Gesetz zur Vermeidung von Gefahren und Missbräuchen im Hochfrequenzhandel (Hochfrequenzhandelsgesetz) erlassen. Dieses Gesetz enthielt Regeln für den Hochfrequenz- und den algorithmischen Handel. Der Hochfrequenzhandel ist Teil des algorithmischen Handels. Er zeichnet sich durch eine hohe Anzahl von Auftragseingaben, -änderungen oder -löschungen innerhalb von Mikrosekunden aus. Hochfrequenzhändler suchen die unmittelbare Nähe zum Server des Handelsplatzes, um sich durch den kurzen Weg der Signale Geschwindigkeitsvorteile zu verschaffen.

Die Regelungen des Hochfrequenzhandelsgesetzes orientierten sich weitgehend an den Entwürfen der europäischen Regelungen zur Überarbeitung der Finanzmarktrichtlinie (MiFID II). Mittlerweile wurde die MiFID II in nationales Recht umgesetzt. Dabei wurden die Regelungen des Hochfrequenzhandelsgesetzes an die europäischen Vorgaben angepasst, soweit dies erforderlich war.

Auch nach der Umsetzung der MiFID II gelten weiterhin die nachfolgenden Pflichten.

Das Betreiben von Hochfrequenzhandel ist gem. § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 4 d) KWG erlaubnispflichtig. Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die algorithmischen Handel betreiben müssen System- und Risikokontrollen vorhalten (§ 80 Abs. 2 und 3 WpHG). Handelsteilnehmer müssen algorithmisch generierte Aufträge kennzeichnen (§ 16 Abs. 2 Nr. 3 BörsG). Ferner müssen sie ein angemessenes Order-Transaktionsverhältnis gewährleisten (§ 26a BörsG). Handelsplätze müssen bei übermäßiger Nutzung der Börsensysteme separate Entgelte oder Gebühren erheben (§ 17 Abs. 4 BörsG) und eine angemessene Größe kleinstmöglicher Preisänderungen (sog. tick sizes) festlegen (§ 26b BörsG). Um Gefahren vorzubeugen, die von algorithmischen Handelssystemen ausgehen, müssen Handelsplätze zudem gem. § 26d BörsG geeignete Vorkehrungen schaffen. Dies können z.B. Volatilitätsunterbrecher sein.

Nach der Umsetzung der MiFID II in nationales Recht wurden die nachfolgenden Ergänzung bzw. Änderungen vorgenommen.

In § 80 Abs. 3 S. 2 WpHG wurde eine spezifische Dokumentationspflicht für Wertpapierdienstleistungsunternehmen eingeführt, die Hochfrequenzhandel betreiben. Zudem müssen Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die algorithmischen Handel betreiben und dabei eine Market-Making-Strategie verfolgen, nunmehr gem. § 80 Abs. 4 und 5 WpHG Liquidität an Handelsplätzen bereitstellen. Schließlich wurden die in § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 4 d) KWG genannten Merkmale für den Hochfrequenzhandel an die europäischen Vorgaben angepasst. Dies betrifft insbesondere das Kriterium des hohen untertägigen Mitteilungsaufkommens.

Die zuvor genannten Vorschriften werden durch die delegierte Verordnung (EU) 2017/584, die delegierte Verordnung (EU) 2017/589 und ESMA Q&A ergänzt.

Vor diesem Hintergrund wurden zwischenzeitlich die BaFin FAQ zum Hochfrequenzhandelsgesetz überarbeitet.

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