Thema Informationspflichten für Emittenten Geben falscher oder irreführender Signale
Beitrag aus dem Emittentenleitfaden der BaFin
Die verbreiteten Informationen müssen falsche oder irreführende Signale für den Kurs eines Finanzinstruments geben. Im Fall des Unterlassens muss das Verschweigen der Information falsche oder irreführende Signale geben. Dabei reicht es aus, wenn derartige falsche oder irreführende Signale wahrscheinlich sind.
In der Praxis stellt die BaFin das Vorliegen falscher oder irreführender Signale im Wege einer objektiven nachträglichen Betrachtung fest. Eine Signalwirkung ist dann zu bejahen, wenn ein verständiger Marktteilnehmer die Information im Rahmen seiner Anlageentscheidung (wahrscheinlich) berücksichtigen würde, weil die Information (wahrscheinlich) das Angebots- und Nachfrageverhalten beeinflusst. Dabei spielt es keine Rolle, in welche Richtung das Angebots- und Nachfrageverhalten beeinflusst werden konnte, also ob die Information oder das Verschweigen geeignet waren, den Preis nach oben oder nach unten zu bewegen oder zu halten. Ein typisches Beispiel für derartige Informationen mit Signalwirkung sind Insiderinformationen nach Art. 7 Abs. 1 MAR.
Ein Signal ist falsch, wenn es nicht den Tatsachen entspricht. Ein Signal ist irreführend, wenn es objektiv geeignet ist, bei einem verständigen Anleger eine Fehlvorstellung hervorzurufen (objektive Betrachtung). Es genügt die konkrete Gefahr, dass ein sog. verständiger Anleger durch die Information getäuscht wird. Irreführende Signale können dann vorliegen, wenn die Art und Weise der Darstellung an sich richtiger Informationen zu Fehlvorstellungen führen kann. Weiterhin kann ein irreführendes Signal durch inhaltlich richtige Informationen gegeben werden, wenn sie unvollständig sind, d.h. wenn wichtige Teilaspekte, die für das Verständnis der Anleger notwendig sind, ausgelassen werden und so ein falsches Gesamtbild entsteht.
Erkennt eine verantwortliche Person (oder eine Person, die sich die Information zu eigen gemacht hat), dass die Information falsche oder irreführende Signale gibt, so ist sie zu einer Berichtigung verpflichtet. Die verbreiteten Informationen müssen dann der jeweiligen Form entsprechend korrigiert, vervollständigt oder ggf. aktualisiert werden.
Falsche oder irreführende Signale können insbesondere durch unterlassene oder erst verspätet veröffentlichte Ad-hoc-Meldungen gegeben werden. Insiderinformationen, also Informationen, die geeignet sind, den Kurs erheblich zu beeinflussen (Art. 7 Abs. 1 MAR), sind nach Art. 17 Abs. 1 MAR unverzüglich zu veröffentlichen. Unter bestimmten in Art. 17 Abs. 4 MAR geregelten Voraussetzungen kann der Emittent die Veröffentlichung aufschieben.1 Die Aufschubmöglichkeit besteht, wenn die unverzügliche Veröffentlichung berechtigte Interessen des Emittenten beeinträchtigen würde und das Aufschieben der Offenlegung nicht geeignet wäre, die Öffentlichkeit irreführen. Zudem muss der Emittent die Geheimhaltung der Information sicherstellen können. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.
Liegen die Aufschubvoraussetzungen nicht vor und unterlässt der Emittent die unverzügliche Veröffentlichung einer Insiderinformation, so kommt eine Marktmanipulation in Betracht. Denn durch die fehlende Information können falsche oder irreführende Signale gegeben werden.
Dies gilt auch für den Fall, dass nachträglich die Voraussetzungen für den Aufschub der Veröffentlichungspflicht wegfallen. In diesem Fall muss die Veröffentlichung unverzüglich nachgeholt werden (Art. 17 Abs. 7 MAR). Wird die Veröffentlichung nicht nachgeholt, kann das Verschweigen von Informationen der Öffentlichkeit falsche oder irreführende Signale für die Anleger geben und den Tatbestand der Marktmanipulation erfüllen.
Sowohl für den Fall des Gebens falscher oder irreführender Signale im Wege des aktiven Tuns als auch durch das Verschweigen von Informationen setzt der Verstoß nach Art. 12 Abs. 1 Buchst. c) MAR ein subjektives Element voraus. Art. 12 Abs. 1 Buchst. c) MAR verlangt, dass die Person, die die Informationen verbreitet hat, wusste oder hätte wissen müssen, dass sie falsch oder irreführend waren. Damit wird nicht nur die positive Kenntnis, sondern auch die fahrlässige Unkenntnis erfasst. Der Maßstab zur Feststellung des „Wissen Müssens“ ist objektiv zu bestimmen.
Fußnoten:
- 1 Zum Aufschub der Veröffentlichung einer Insiderinformation vgl. Abschnitt I.3.3.