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Thema Informationspflichten für Emittenten Meldepflichtige Personen

Beitrag aus dem Emittentenleitfaden der BaFin

Die Meldepflicht erstreckt sich auf Personen, die Führungsaufgaben wahrnehmen und mit ihnen eng verbundene Personen (Art. 19 Abs. 1 MAR). Eng verbundene Personen können neben natürlichen Personen auch juristische Personen und sonstige Einrichtungen sein (Art. 3 Abs. 1 Nr. 26 MAR) ("meldepflichtige Personen").

Die Meldepflicht besteht immer nur für die meldepflichtige Person, die das zu meldende Geschäft tätigt, auch wenn sich deren Meldepflicht von einer Führungskraft ableitet. Daraus ergibt sich, dass die Führungskraft nicht für die Meldungen der Personen, die zu ihr in enger Beziehung stehen, verantwortlich ist.

Die Meldepflicht umfasst den nachfolgend genannten Personenkreis.

Personen, die Führungsaufgaben wahrnehmen

Personen, die Führungsaufgaben wahrnehmen (Art. 3 Abs. 1 Nr. 25 MAR), sind:

  • Mitglieder des Leitungsorgans (in der Regel der Vorstand),
  • Mitglieder des Verwaltungsorgans,
  • Mitglieder des Aufsichtsorgans,
  • persönlich haftende Gesellschafter und
  • sonstige Führungskräfte, die befugt sind, unternehmerische Entscheidungen für den Emittenten zu treffen und regelmäßig Zugang zu Insiderinformationen haben.

Welche Personen zu den sonstigen Führungskräften zählen, lässt sich nicht pauschal bestimmen, sondern ist in jedem Fall gesondert zu prüfen. Grundsätzlich ist jedoch nicht jede Führungskraft unterhalb des Vorstands meldepflichtig. Damit eine Meldepflicht entsteht, muss die Führungskraft unternehmerische Entscheidungen über zukünftige Entwicklungen und Geschäftsperspektiven des Emittenten treffen können. Eine Meldepflicht entsteht nur dann, wenn die Führungskraft strategische Entscheidungen für das Gesamtunternehmen treffen kann. Spätestens sobald ein Zustimmungsvorbehalt des Vorstands besteht, ist die Person nicht meldepflichtig.

Die BaFin geht davon aus, dass bei Aktiengesellschaften, die nach deutschem Recht gegründet wurden, bzw. bei Gesellschaften, die über eine der deutschen Aktiengesellschaft entsprechende Organstruktur verfügen, nur sehr wenige Personen als sonstige Führungskräfte anzusehen sein werden. Eine solche Rolle können Generalbevollmächtigte eines Emittenten, Mitglieder eines sog. erweiterten Vorstands oder eines aus Vorstandsmitgliedern und Leitern wichtiger Kerngeschäftsfelder bestehenden Gremiums (Executive Committee) innehaben. Bei Aktiengesellschaften, die nach ausländischem bzw. europäischem Recht gegründet worden sind, und z.B. über einstufige Management- bzw. Board-Systeme verfügen, könnten sonstige Führungskräfte häufiger anzutreffen sein.

Es ist für die Meldepflicht nicht notwendig, dass die Führungskraft die Entscheidungen alleine treffen kann. Es reicht aus, wenn die Führungskraft Mitglied des Gremiums ist, das die Entscheidung trifft.

Nicht beim Emittenten, sondern bei Tochter- oder Muttergesellschaften bzw. konzernverbundenen Unternehmen tätige Personen zählen definitionsgemäß nicht zu den sonstigen Führungskräften, da die Norm nur auf die Personen abstellt, die bei dem Emittenten selbst Führungsaufgaben wahrnehmen. Dies gilt in der Regel auch für von der Muttergesellschaft entsandte Führungskräfte. Führungskräfte der garantierenden Muttergesellschaft sind bei Geschäften mit garantierten Schuldverschreibungen der Tochtergesellschaft nur dann meldepflichtig, wenn die Führungskräfte der Garantiegeberin mit Blick auf die Tochtergesellschaft unter die Definitionen von Art. 3 Abs. 1 Nr. 25 und 26 MAR subsumiert werden können, also z.B. selbst auch Organmitglieder der Tochtergesellschaft oder mit diesen in enger Beziehung stehende Personen sind.

Bei einer Schuldverschreibungen emittierenden GmbH ist auch das Mitglied eines Beirats, sofern dieser im konkreten Einzelfall Kompetenzen wie etwa ein Aufsichtsrat oder die Geschäftsführung wahrnimmt, eine „Person, die Führungsaufgaben wahrnimmt“. Dies gilt ebenso für den (Allein)Gesellschafter in Form einer juristischen Person, wenn dieser Gesellschafter Kompetenzen wie ein Aufsichtsrat oder ein Geschäftsführer wahrnimmt.

Allein die Tatsache, dass eine sonstige Führungskraft in der Insiderliste des Emittenten aufgeführt wird, begründet noch keine Meldepflicht dieser Person nach Art. 19 MAR.

Natürliche Personen, die in enger Beziehung zu den Führungskräften stehen (Familienangehörige, Art. 3 Abs. 1 Nr. 26 Buchst. a), b) und c) MAR)

Meldepflichtig sind:

  • Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner

    Die Meldepflicht besteht unabhängig davon, ob ein gemeinsamer Haushalt geführt wird. Auch getrennt lebende Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner unterliegen solange der Meldepflicht, bis die Ehe rechtskräftig geschieden oder die Lebenspartnerschaft aufgehoben wurde. Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften sind nicht als eng verbundene Personen anzusehen.

  • Unterhaltsberechtigte Kinder

    Meldepflichtig sind nur solche Kinder, denen gegenüber die Führungskraft zum Unterhalt verpflichtet ist. Ob tatsächlich Unterhalt geleistet wird, ist dabei nicht von Bedeutung. Die konkrete Unterhaltsverpflichtung richtet sich in Deutschland nach den entsprechenden Vorschriften des BGB (§§ 1601 ff. BGB).

    Bei ausländischen Staatsangehörigen oder im Ausland ansässigen Personen kann sich die Unterhaltsverpflichtung aus einer ausländischen Rechtsordnung ergeben. Eine allgemein gültige und einfache Definition der Unterhaltsberechtigung lässt sich aus diesem Grunde nicht formulieren. Kinder unter 18 Jahren, die nicht berufstätig sind, und volljährige Kinder bis zum Ende der Schulausbildung bzw. der ersten Ausbildung werden in der Regel nach Art. 19 MAR meldepflichtig sein.

  • Andere Verwandte, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des meldepflichtigen Geschäfts seit mindestens einem Jahr mit der Führungskraft im selben Haushalt leben.

    Von der Vorschrift sind nur Verwandte i. S. d. § 1589 BGB erfasst. Das Kriterium desselben Haushaltes ist erfüllt, wenn eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft besteht. Die Meldepflicht besteht in diesen Fällen unabhängig vom Grad der Verwandtschaft. Kinder, die nicht unterhaltsberechtigt sind, aber noch im selben Haushalt leben, sind ebenfalls von der Meldepflicht erfasst.

Meldepflicht bei juristischen Personen und sonstigen Einrichtungen (Art. 3 Abs. 1 Nr. 26 Buchst. d) MAR)

Meldepflichtig sind:

  • juristische Personen,
  • treuhänderisch tätige Einrichtungen (z.B. Stiftungen),
  • Personengesellschaften (auch Gesellschaften bürgerlichen Rechts),

wenn

  • die Führungskraft oder eine natürliche Person in enger Beziehung zur Führungskraft in dieser Gesellschaft Führungsaufgaben (als Mitglied eines Leitungs-, Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans oder als persönlich haftender Gesellschafter) wahrnimmt oder
  • die Führungskraft oder eine natürliche Person in enger Beziehung zur Führungskraft

    • die Gesellschaft direkt oder indirekt kontrolliert oder
    • die Gesellschaft zu Gunsten einer solchen Person gegründet wurde oder
    • die wirtschaftlichen Interessen der Gesellschaft weitgehend denen einer solchen Person entsprechen.

Eine wörtliche Auslegung der oben genannten Punkte würde zu einer unverhältnismäßigen Ausweitung der Meldepflicht führen und den Zweck der Vorschrift verfehlen. Daher ist die Meldepflicht nach Art. 19 MAR unter Heranziehung der ESMA Q&A1 auf ihren eigentlichen Sinn – das Bestehen einer Mitteilungspflicht auch dann, wenn Geschäfte von mitteilungspflichtigen Führungspersonen über Gesellschaften getätigt werden - zu reduzieren.

Nach Ansicht der ESMA sollen Geschäfte von Gesellschaften nur dann eine Meldepflicht auslösen, wenn die Führungskraft oder eine mit ihr in enger Beziehung stehende Person Führungsaufgaben in der anderen juristischen Person, der treuhänderisch tätigen Einrichtung oder in der Personengesellschaft wahrnimmt. Sie muss an der Entscheidung dieser Gesellschaften, Geschäfte in Finanzinstrumenten des Emittenten zu tätigen, teilhaben oder diese Entscheidung beeinflussen.

Eine Meldepflicht der juristischen Person oder sonstigen Einrichtung besteht aber auch in diesen Fällen nur dann, wenn die meldepflichtige natürliche Person diese juristische Person oder Einrichtung direkt oder indirekt kontrolliert, diese zu Gunsten der natürlichen Person gegründet wurde oder wenn die wirtschaftlichen Interessen der Gesellschaft weitgehend denen einer solcher natürlichen Person entsprechen.

Daraus ergibt sich Folgendes:

Reine Doppelmandate

Eine mit dem Emittenten nicht identische juristische Person, treuhänderisch tätige Einrichtung oder Personengesellschaft ist nicht allein deshalb meldepflichtig, weil eine Führungskraft des Emittenten auch Führungsaufgaben in dieser Einheit wahrnimmt (z.B. Aufsichtsratsmandat sowohl beim Emittenten als auch bei einer anderen Gesellschaft). Anders ist dies nach Ansicht der ESMA nur dann, wenn diese Einheit von der Führungskraft des Emittenten direkt oder indirekt kontrolliert wird, zu deren Gunsten gegründet wurde oder ihre wirtschaftlichen Interessen weitgehend denen der Führungskraft entsprechen.

Geschäfte von Emittenten

Sämtliche Geschäfte eines Emittenten sind nicht meldepflichtig. Hierunter fallen insbesondere seine Anlagebestands- und Handelsbestandstransaktionen sowie Geschäfte aufgrund von Rückkaufprogrammen. Die Einbeziehung der Emittenten als primäre Auslöser der Meldepflicht würde anderenfalls einen Zirkelschluss darstellen.

Geschäfte gemeinnütziger Gesellschaften und Einrichtungen

Gemeinnützige Einrichtungen unterliegen nicht der Meldepflicht, da die Führungskräfte und die Personen, die in enger Beziehung zu diesen Führungskräften stehen, aufgrund der Gemeinnützigkeit der Gesellschaft oder Einrichtung keinen nennenswerten wirtschaftlichen Vorteil aus der Gesellschaft oder Einrichtung erzielen können.

Geschäfte sonstiger Gesellschaften

Bei den sonstigen Gesellschaften richtet sich die Meldepflicht danach, ob die Führungskraft oder die natürliche Person, die zur Führungskraft in enger Beziehung steht, selbst durch den Erwerb von Finanzinstrumenten seitens dieser Gesellschaft wirtschaftlich profitieren kann und damit eine Umgehung vorliegt. Dieses Ergebnis ergibt sich aus der teleologischen Reduktion, die erforderlich ist, um Sinn und Zweck der Norm Rechnung zu tragen, nämlich nur die Geschäfte solcher Gesellschaften zu erfassen, bei denen für die natürliche Person eine Möglichkeit besteht, sich einen nennenswerten wirtschaftlichen Vorteil zu sichern. Ein solch nennenswerter wirtschaftlicher Vorteil kann z.B. dann erzielt werden, wenn die Führungskraft oder die natürliche Person, die zur Führungskraft in enger Beziehung steht, an der Gesellschaft mit mindestens 50 Prozent beteiligt ist, mindestens 50 Prozent der Stimmrechte an der Gesellschaft hält oder ihr mindestens 50 Prozent der Gewinne der Gesellschaft zugerechnet werden.

Aufgrund der Vielzahl der juristischen Gestaltungsmöglichkeiten können die zu einer Kontrolle führenden Tatbestände nicht abschließend aufgezählt werden. Im Regelfall dürfte eine Kontrolle jedoch vorliegen, wenn die Mehrheit der Stimmrechte oder Gesellschaftsanteile gehalten wird oder ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen wurde. Bei mehrstufigen Gesellschaftsverhältnissen ist es für eine Meldepflicht notwendig, dass die Kontrollschwelle bei der potenziell meldepflichtigen Gesellschaft mittelbar oder unmittelbar durch die natürliche Person überschritten wird

  • oder die Gesellschaft zu Gunsten der Führungskraft oder der zu ihr in enger Beziehung stehenden natürlichen Person gegründet wurde
  • oder die wirtschaftlichen Interessen der Gesellschaft weitgehend denen der Führungskraft oder der zu ihr in enger Beziehung stehenden natürlichen Person entsprechen.

Dieses Kriterium ist z.B. erfüllt, wenn mehrere potenziell meldepflichtige Personen an einer Gesellschaft beteiligt sind und diese nur bei Zusammenrechnung der Anteile die Möglichkeit haben, sich einen nennenswerten wirtschaftlichen Vorteil zu sichern. Bei mehrstufigen Gesellschaftsverhältnissen ist es für eine Meldepflicht notwendig, dass die Kontrollschwelle bei der potenziell meldepflichtigen Gesellschaft mittelbar oder unmittelbar durch die natürliche Person überschritten wird. Ein weiteres Anwendungsbeispiel ist ein für die Führungskraft oder für die zu dieser in enger Beziehung stehenden natürlichen Person aufgelegter Spezialfonds.

Fußnoten:

  1. 1 ESMA Questions and Answers On the Market Abuse Regulation (ESMA70-145-111), Q7.7.

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