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Beitrag aus dem Emittentenleitfaden der BaFin

Der Gesetzgeber unterscheidet bei Verstößen gegen Art. 14 MAR zwischen Straftaten (§ 119 Abs. 2 und 3 WpHG) und Ordnungswidrigkeiten (§ 120 Abs. 14 WpHG).

Straftaten

Grundsatz: Strafbarkeit bei vorsätzlicher Begehung

§ 119 Abs. 1, Abs. 3 WpHG stellt den Insiderhandel unter Strafe. Über einen Verweis auf Art. 14 MAR werden alle dort genannten Tatvarianten nach deutschem Recht unter Strafe gestellt. So sind sowohl das eigenständige Tätigen von Insidergeschäften (§ 119 Abs. 3 Nr. 1 WpHG) als auch das Empfehlen oder Verleiten hierzu (§ 119 Abs. 3 Nr. 2 WpHG) sowie das unrechtmäßige Offenlegen von Insiderinformationen (§ 119 Abs. 3 Nr. 3 WpHG) strafbar.

Der Gesetzgeber hat bei der Ahndung von Insidergeschäften keinen Unterschied hinsichtlich des Strafmaßes getroffen. Daher werden alle Insidergeschäfte gleichermaßen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Eine strafrechtliche Sanktionierung wegen einer fahrlässigen Begehung ist nicht vorgesehen (siehe aber Abschnitt I.4.5.2), daher kann eine solche nur bei vorsätzlichem Handeln erfolgen (§ 15 StGB). Der Täter handelt vorsätzlich, wenn er erkennt, dass es sich bei der in Rede stehenden Transaktion um ein Geschäft mit Finanzinstrumenten handelt, er eine Insiderinformation verwendet und es ihm auf den Erwerb oder die Veräußerung der Finanzinstrumente bzw. auf die Stornierung der Order ankommt.

Der Vorsatz muss die Tatsache umfassen, dass die Information noch nicht öffentlich bekannt ist. Der Täter muss darüber hinaus in der Vorstellung handeln, dass diese Information bei ihrem Bekanntwerden geeignet wäre, den Preis des Finanzinstruments erheblich zu beeinflussen. Dabei reicht es aus, dass der Täter die Umstände erkannt hat, die die Insiderinformation ausmachen und dass er ein Preisbeeinflussungspotenzial ernsthaft für möglich hält. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Täter das Preisbeeinflussungspotenzial präzise einschätzen kann.

Gemäß § 119 Abs. 4 WpHG ist weiterhin auch der Versuch sämtlicher Insiderdelikte unter Strafe gestellt. Nach § 22 StGB ist das Versuchsstadium erreicht, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung ansetzt, d.h. wenn er eine Handlung vornimmt, die im Falle eines ungestörten Geschehensablaufs nach seiner Vorstellung ohne wesentliche Zwischenschritte in die Tatbestandsverwirklichung münden wird.

Im Falle des Insiderhandels kann das unmittelbare Ansetzen jedenfalls mit der Platzierung der Order bzw. der Stornierung bejaht werden. Hinsichtlich des Offenlegungs- sowie des Empfehlungs- und Verleitungsverbots ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Täter die Information auf den Weg zum Adressaten bringt und dabei den weiteren Geschehensablauf aus der Hand gibt.

Sachverhalte, die Hinweise auf Verstöße gegen das Verbot von Insidergeschäften und unrechtmäßiger Offenlegung von Insiderinformationen geben, werden von der BaFin untersucht und gemäß § 11 Satz 1 WpHG bei Vorliegen eines Verdachts auf vorsätzliche Insidergeschäfte und/oder unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen bei der zuständigen Staatsanwaltschaft angezeigt.

Besonderheit: Strafbarkeit beim Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten

Besonders strafrechtlich sanktioniert ist gemäß § 119 Abs. 1, 2 WpHG ein Verstoß gegen die MAR bei dem Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten. Die Vorschrift ist insofern lex specialis zu § 119 Abs. 3 WpHG. Der Anwendungsbereich ist eröffnet, wenn ein Treibhausgasemissionszertifikat gemäß der Richtlinie 2003/87/EG1 vorliegt. Gemäß § 119 Abs. 2 Nr. 1 WpHG ist es unter Strafe gestellt, im Rahmen einer Versteigerung von Treibhausgasemissionszertifikaten vorsätzlich ein Gebot unter Nutzung von Insiderinformationen einzustellen, zu ändern oder zurückzuziehen.

Gemäß § 119 Abs. 7 WpHG ist auch die leichtfertige Tatbegehung i. S. d. § 119 Abs. 2 Nr. 1 WpHG strafbar. Das Strafmaß ist in diesem Fall auf Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe reduziert.

§ 119 Abs. 2 Nr. 2 WpHG wiederum stellt parallel zu § 119 Abs. 3 WpHG ein insiderrechtliches Empfehlungs- und Verleitungsverbot (§ 119 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) WpHG) sowie ein insiderrechtliches Offenlegungsverbot (§ 119 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) WpHG) in Bezug auf Treibhausgasemissionen auf. Strafbar ist hier nur die vorsätzliche Tatbegehung.

Im Unterschied zu § 119 Abs. 3 WpHG gilt § 119 Abs. 2 Nr. 2 WpHG jedoch nur für die dort genannten Primärinsider gemäß Art. 38 Abs. 1 Unterabs. 2 VO (EU) 1031/2010.

Ordnungswidrigkeitstatbestände

Wird eine nach § 119 Abs. 3 WpHG unter Strafe gestellte Handlung, nämlich das eigenständige Tätigen von Insidergeschäften, das Empfehlen oder Verleiten hierzu sowie das unrechtmäßige Offenlegen von Insiderinformationen, nur leichtfertig begangen, handelt es sich gemäß § 120 Abs. 14 WpHG um eine Ordnungswidrigkeit. Leichtfertig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den besonderen Umständen des Falls und seinen persönlichen Fähigkeiten verpflichtet ist, obwohl sich ihm aufdrängen musste, dass dadurch der Tatbestand verwirklicht wird. Die Ordnungswidrigkeit hat die Qualität einer Auffangfunktion. Lässt sich nicht abschließend feststellen, ob vorsätzlich oder nur leichtfertig gehandelt wurde, kann die Tat als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

Zusätzlich erweitert § 120 Abs. 5 WpHG das Verbot von Insidergeschäften durch die Einführung von weiteren Ordnungswidrigkeitstatbeständen bei Insiderdelikten im Bereich des Handels mit Treibhausgasemissionszertifikaten:

  • § 120 Abs. 5 Nr. 1 Buchst. a) WpHG regelt die vorsätzliche oder leichtfertige Weitergabe von Insiderinformationen durch eine Person i. S. v. Art. 40 VO (EU) Nr. 1031/2010 entgegen Art. 39 Buchst. a) VO (EU) Nr. 1031/2010. Personen i. S. v. Art. 40 VO (EU) Nr. 1031/2010 sind dabei alle Personen, die über Insiderinformationen verfügen, sofern sie wissen oder wissen müssten, dass es sich um Insiderinformationen handelt.
  • § 120 Abs. 5 Nr. 1 Buchst. b) WpHG sanktioniert die vorsätzliche oder leichtfertige Empfehlung oder Verleitung einer anderen Person durch eine Person i. S. v. Art. 40 VO (EU) Nr. 1031/2010 zu einer Einstellung, Änderung oder Zurückziehung eines Gebotes entgegen Art. 39 Buchst. b) VO (EU) Nr. 1031/2010.
  • Gemäß § 120 Abs. 5 Nr. 2 WpHG stellt weiterhin die vorsätzlich oder leichtfertig fehlende, falsche, unvollständige oder nicht rechtzeitige Übermittlung der Insiderliste entgegen Art. 42 Abs. 1 Satz 2 oder Satz 3 VO (EU) 1031/2010 eine Ordnungswidrigkeit dar. Nach Art. 42 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1031/2010 sind die Auktionsplattform, der Auktionator sowie die Auktionsaufsicht jeweils zur Aufstellung einer Insiderliste verpflichtet, die regelmäßig auf den neuesten Stand zu bringen und den dort genannten Behörden zu übermitteln ist.
  • § 120 Abs. 5 Nr. 3 WpHG regelt die vorsätzlich oder leichtfertig fehlende, falsche oder nicht innerhalb von fünf Werktagen vorgenommene Unterrichtung entgegen Art. 42 Abs. 2 VO (EU) 1031/2010. Hierbei handelt es sich um die Pflicht von Personen, die bei einer Auktionsplattform, beim Auktionator oder bei der Auktionsaufsicht Führungsaufgaben wahrnehmen, sowie in enger Beziehung zu ihnen stehender Personen, die nach Art. 42 Abs. 1 VO (EU) 1031/2010 zuständige einzelstaatliche Behörde über Gebote, die sie auf eigene Rechnung für Auktionsobjekte, deren Derivate oder andere damit verbundene Finanzinstrumente eingestellt, geändert oder zurückgezogen haben, zu unterrichten.
  • Zuletzt stellt gemäß § 120 Abs. 5 Nr. 4 WpHG auch die vorsätzlich oder leichtfertig fehlende, falsche, unvollständige oder nicht rechtzeitige Information der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats entgegen Art. 42 Abs. 5 VO (EU) 1031/2010 eine Ordnungswidrigkeit dar. Danach ist jede in Art. 59 Abs. 1 VO (EU) 1031/2010 genannte Person, die den begründeten Verdacht hat, dass eine Transaktion ein Insidergeschäft darstellen könnte, verpflichtet, die zuständige Behörde des Mitgliedstaats unverzüglich zu informieren.

Bekanntmachung von Maßnahmen und Sanktionen nach § 125 WpHG

Entscheidungen über Maßnahmen und Sanktionen, die wegen eines leichtfertigen Verstoßes gegen das Verbot von Insidergeschäften und unrechtmäßiger Offenlegung von Insiderinformationen erlassen wurden, werden von der BaFin auf ihrer Internetseite bekannt gemacht.

Fußnoten:

  1. 1 Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates, ABl. EU Nr. L 275, S. 32, zuletzt geändert durch Richtlinie (EU) 2018/410 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2018, ABl. EU Nr. L 76, S. 3.

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