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Thema Informationspflichten für Emittenten Verbot der unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen

Beitrag aus dem Emittentenleitfaden der BaFin

Durch das Offenlegungsverbot nach Art. 14 Buchst. c) MAR soll die Zahl der Personen begrenzt werden, die Kenntnis von Insiderinformationen haben, um hierdurch die Gefahr verbotenen Insiderhandels zu reduzieren. Es handelt sich daher um einen das Insiderhandelsverbot unterstützenden Vorfeldtatbestand.

Offenlegung

Der Tatbestand kann sowohl durch die unmittelbare Weitergabe als auch durch das Ermöglichen der Kenntnisnahme von der Insiderinformation und somit sowohl durch aktives Tun als auch durch Unterlassen erfüllt werden. Einer Garantenstellung bedarf es hierzu nicht, da es sich um ein echtes Unterlassungsdelikt handelt. Damit ändert sich inhaltlich zu der nach alter Rechtslage verwendeten Formulierung der „Weitergabe“ grundsätzlich nichts.

Die Insiderinformation ist offengelegt, wenn der Empfänger in die Lage versetzt wird, sich ohne wesentliche Schwierigkeiten Kenntnis von der Insiderinformation zu verschaffen. Die Insiderinformation muss dabei durch den Empfänger aber nicht tatsächlich wahrgenommen bzw. als solche erkannt werden.

Nicht unter das Tatbestandsmerkmal „Offenlegung“ fällt die öffentliche Bekanntgabe einer Insiderinformation (vgl. Erwägungsgrund 49 der MAR), da die Information hierdurch ihre Qualität als Insiderinformation verliert. Durch die öffentliche Bekanntgabe wird der Kreis der Insider nicht erweitert, sondern auf null reduziert, sodass das Prinzip des gleichberechtigten Informationszugangs, welches auch dem Offenlegungsverbot zu Grunde liegt, nicht verletzt wird. Der Tatbestand ist weiterhin nicht vollendet, wenn die Insiderinformation dem Empfänger bereits bekannt war, da auch hier der Kreis der Insider nicht erweitert und die Gefahr verbotenen Insiderhandels somit nicht erhöht wird. In Betracht kommt in diesem Fall aber ggf. ein strafbarer Versuch.

Der Adressatenkreis des Offenlegungsverbots entspricht demjenigen des Insiderhandelsverbots (vgl. Art. 10 Abs. 1 Unterabs. 2 MAR, der auf Art. 8 Abs. 4 MAR verweist). Damit sind Primär- und Sekundärinsider gleichermaßen erfasst, wobei letztere nur dann unter das Verbot fallen, wenn sie wissen oder wissen müssten, dass es sich um eine Insiderinformation handelt.

Unrechtmäßig

Vom Verbot ist nur die unrechtmäßige Offenlegung umfasst, welche in Art. 10 Abs. 1 Unterabs. 1 MAR negativ definiert ist. Danach ist die Offenlegung grundsätzlich unrechtmäßig, sofern diese nicht im Zuge der normalen Ausübung einer Beschäftigung bzw. eines Berufs oder im Zuge der normalen Erfüllung von Aufgaben geschieht. Der europäische Gesetzgeber hat hiermit dem Umstand Rechnung getragen, dass in bestimmten Fällen ein berechtigtes Interesse an der Offenlegung von Insiderinformationen bestehen kann. Da die MAR die Rechtmäßigkeit der Offenlegung lediglich generalklauselartig regelt, kann diese nur unter Rückgriff auf das nationale Recht beurteilt werden.

Legt ein Emittent oder Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate oder eine in ihrem Auftrag oder für ihre Rechnung handelnde Person im Zuge der normalen Ausübung ihrer Arbeit oder ihres Berufs oder der normalen Erfüllung ihrer Aufgaben gemäß Art. 10 Abs. 1 MAR Insiderinformationen gegenüber einem Dritten offen, ist Art. 17 Abs. 8 MAR zu beachten (vgl. hierzu auch Abschnitt I.3.3.1.4).

Rechtmäßige Offenlegung im Rahmen der normalen Ausübung einer Beschäftigung oder eines Berufs oder bei der normalen Erfüllung von Aufgaben

Eine rechtmäßige Offenlegung liegt vor, wenn diese im Zuge der normalen Ausübung einer Beschäftigung oder eines Berufs oder der normalen Erfüllung von Aufgaben erfolgt.

Im Grundsatz ist die Rechtmäßigkeit der Offenlegung durch eine Abwägung des Offenlegungsinteresses des Insiders mit dem Interesse des Marktes auf Eindämmung von Insiderinformationen zu ermitteln, welche anhand einer Verhältnismäßigkeitsprüfung zu erfolgen hat. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass jede Verbreitung von Insiderinformationen die Gefahr von Insiderhandel vergrößern kann, sind die Ausnahmen vom Offenlegungsverbot dabei im Allgemeinen eng auszulegen.

Die Offenlegung von Insiderinformationen ist daher nur zur Verfolgung eines legitimen Zwecks rechtmäßig, d.h. mit der Offenlegung muss ein rechtlich zulässiger Zweck verfolgt werden. Die Offenlegung muss darüber hinaus in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung der Beschäftigung oder des Berufs bzw. mit der Erfüllung der Aufgabe stehen und hierfür erforderlich sein. Rechtmäßig ist die Offenlegung daher nur dann, wenn die Kenntnis anderer Personen von der Insiderinformation zur Erreichung des Zwecks erforderlich ist, d.h. dieser Zweck nicht durch eine mildere, die Gefahr des Insiderhandels nicht erhöhende Maßnahme erreicht werden kann. Insbesondere ist die Offenlegung auf diejenige Anzahl an Personen zu beschränken, deren Kenntnis erforderlich ist, um den mit der Offenlegung verfolgten Zweck zu erreichen (sog. Need-to-know-Prinzip).

Im Rahmen der Angemessenheit muss das Offenlegungsinteresse das Interesse des Marktes, die Verbreitung von Insiderinformationen einzudämmen, schließlich überwiegen. In die Abwägung ist als Kriterium insbesondere das konkrete Risiko des verbotenen Insiderhandels bzw. der verbotenen Empfehlung oder Verleitung aufgrund der Offenlegung der Insiderinformation einzustellen. Weiterhin sind die Kursrelevanz sowie die Verlässlichkeit des Empfängers zu berücksichtigen. Zu Gunsten einer rechtmäßigen Offenlegung kann es sich beispielsweise auswirken, wenn Maßnahmen zur Eindämmung des Informationsflusses, wie etwa Verschwiegenheitsvereinbarungen, ergriffen werden. Ebenfalls berücksichtigungsfähig kann sein, ob die Weitergabe der Informationen unter ausdrücklichem Hinweis auf deren Charakter als Insiderinformation und damit einhergehende rechtliche Konsequenzen erfolgte.

Rechtmäßige Offenlegung im Rahmen von gesetzlichen Verpflichtungen

Ferner ist die Offenlegung rechtmäßig, wenn sie im Rahmen einer gesetzlichen Verpflichtung erfolgt. Hierzu zählen insbesondere gesetzliche Mitteilungspflichten wie die Pflicht zur Veröffentlichung von Ad-hoc-Mitteilungen (Art. 17 MAR) oder von Stimmrechtsanteilen an einer börsennotierten Gesellschaft (§ 33 WpHG).

Die gesetzliche Norm muss dem Verbot der Offenlegung von Insiderinformationen vorgehen, d.h. sie muss ihrem Inhalt nach zur Offenlegung von Insiderinformationen verpflichten. Sofern dies nicht ausdrücklich normiert ist, ist dies mittels Auslegung zu beurteilen. Dem Offenlegungsverbot kommt insbesondere dann Vorrang zu, wenn die Offenlegungspflicht ausdrücklich unter dem Vorbehalt besonderer Geheimhaltungsinteressen des Weitergebenden steht (z.B. § 106 Abs. 2 S. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)).

Die Offenlegungspflicht muss dabei gesetzlich vorgegeben und nicht privatautonom vereinbart sein. Andernfalls würde das Verbot zur Disposition der Vertragsparteien gestellt. Weiterhin sind auch bloße Obliegenheiten für sich genommen nicht ausreichend, die Weitergabe von Insiderinformationen zu legitimieren, da sie keine Pflicht zur Informationsweitergabe enthalten. Die Offenlegung kann jedoch weiterhin aufgrund einer Abwägung nach den oben erläuterten Maßstäben rechtmäßig sein.

Sonderfall: Offenlegung gegenüber Behörden

Die Offenlegung von Insiderinformationen gegenüber Behörden durch den betroffenen Marktteilnehmer wird regelmäßig rechtmäßig gemäß Art. 10 Abs. 1 Hs. 2 MAR sein, wenn es sich bei der Offenlegung um eine Obliegenheit im Rahmen eines Genehmigungs- oder sonstigen behördlichen Entscheidungsverfahrens handelt, in dem der offenlegende Marktteilnehmer Beteiligter ist.

Außerhalb eines Genehmigungs- oder sonstigen behördlichen Entscheidungsverfahrens wird die Offenlegung durch den betroffenen Marktteilnehmer gegenüber Behörden dann regelmäßig rechtmäßig gemäß Art. 10 Abs. 1 Hs. 2 MAR sein, wenn ein aufsichtsrechtliches Verhältnis vorliegt und die Offenlegung gegenüber der Behörde zur ordnungsgemäßen Beaufsichtigung des die Insiderinformation betreffenden Unternehmens erforderlich erscheint.

Regelmäßig rechtmäßig wird gemäß Art. 10 Abs. 1 Hs. 2 MAR in beiden Konstellationen in diesem Rahmen die Offenlegung innerhalb der verwaltungsrechtlichen Aufsichtsstrukturen auch gegenüber übergeordneten Instanzen der Behörde sein. Dies gilt sowohl für die Offenlegung durch die beaufsichtigte Behörde als auch für die Offenlegung durch den Marktteilnehmer selbst.

Offenlegung einer Empfehlung oder Verleitung

Nach Art. 10 Abs. 2 MAR gilt auch die Weitergabe einer Empfehlung oder Verleitung i. S. d. Art. 8 Abs. 2 MAR als unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen, wenn die weitergebende Person weiß oder wissen sollte, dass die Empfehlung oder Verleitung auf einer Insiderinformation beruht. In Abgrenzung zu Art. 8 Abs. 2 MAR handelt es sich bei Art. 10 Abs. 2 MAR um die Weitergabe einer fremden Empfehlung oder Verleitung. Der Täter muss dabei nicht notwendigerweise selbst über Insiderinformationen verfügen.

Der Begriff der Weitergabe ist dabei synonym mit dem Begriff der Offenlegung gemäß Art. 10 Abs. 1 MAR zu verstehen. Die Empfehlung oder Verleitung ist daher weitergegeben, wenn der Empfänger in die Lage versetzt wird, sich ohne wesentliche Schwierigkeiten Kenntnis von dieser zu verschaffen.

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