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Thema Informationspflichten für Emittenten Weitere Arten von Insiderinformationen

Beitrag aus dem Emittentenleitfaden der BaFin

Art. 7 Abs. 1 Buchst. b) bis d) MAR enthalten gesonderte Definitionen für bestimmte Arten von Insiderinformationen.

Warenderivate

In Bezug auf Warenderivate sind Insiderinformationen nicht öffentlich bekannte präzise Informationen, die direkt oder indirekt ein oder mehrere Derivate dieser Art oder direkt damit verbundene Waren-Spot-Kontrakte betreffen und die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, den Kurs dieser Derivate oder damit verbundener Waren-Spot-Kontrakte erheblich zu beeinflussen, und bei denen es sich um solche Informationen handelt, die nach Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Europäischen Union (EU) oder der Mitgliedstaaten, Handelsregeln, Verträgen, Praktiken oder Regeln auf dem betreffenden Warenderivate- oder Spotmarkt offengelegt werden müssen bzw. deren Offenlegung nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann (Art. 7 Abs. 1 Buchst. b) MAR). Zur weiteren Orientierung der Marktteilnehmer hat die ESMA Leitlinien mit einer nicht abschließenden Liste von Insiderinformationen in Bezug auf Warenderivate veröffentlicht (Art. 7 Abs. 5 MAR).1

Emissionszertifikate

Als Insiderinformation in Bezug auf Emissionszertifikate oder darauf beruhende Auktionsobjekte definiert Art. 7 Abs. 1 Buchst. c) MAR nicht öffentlich bekannte präzise Informationen, die direkt oder indirekt ein oder mehrere Finanzinstrumente dieser Art betreffen und die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder damit verbundener derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen.

Dies können zum einen solche Maßnahmen oder Ereignisse sein, die den unmittelbaren Betrieb einer Anlage bzw. der Luftverkehrstätigkeit eines Teilnehmers am Markt für Emissionszertifikate betreffen. Dazu gehören z.B. der (ungeplante) Ausfall, die teilweise Stilllegung oder endgültige Betriebsstilllegung von Anlagen, Investitionsentscheidungen im Hinblick auf die Errichtung neuer Anlagen, Änderungen in der Energieeffizienz von großen Anlagen etwa durch Entscheidung zur Modernisierung zur effizienteren Nutzung von Energie oder der Wechsel von Brennstoffen innerhalb einer Anlage. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei den genannten Ereignissen in der Regel nur dann um eine Insiderinformation handelt, wenn das jeweilige Ereignis für sich genommen auch im Hinblick auf das Kursbeeinflussungspotenzial bedeutsam ist. Im Hinblick auf die Luftverkehrstätigkeit könnten als veröffentlichungspflichtige Insiderinformationen ein (teilweiser) Flottenausfall (Strecke, Flugzeug), eine Flottenaufstockung (Strecke, Flugzeug) oder ein Wechsel der Flugzeuge (z.B. neue Modelle, die erheblich weniger CO2 emittieren) in Betracht kommen.

Zum anderen können auch externe Faktoren wie etwa grundsätzliche Entscheidungen der Regulierungsbehörden, z.B. im Hinblick auf die allgemeine Zulässigkeit verwendeter Brennstoffe, die kostenlose Zuteilungsquote oder andere strukturelle Reformen des Europäischen Emissionshandels (EU-ETS) Insiderinformationen darstellen.

Beispiel:
Ein Händler A eines Unternehmens erfährt, dass die kostenlose Zuteilungsquote für Emissionszertifikate gesenkt werden soll. A weiß, dass dies nicht öffentlich bekannt ist und erkennt, dass dadurch die Nachfrage von Emissionszertifikaten und entsprechend deren Preis steigen wird. A kann sein Insiderwissen gewinnbringend verwenden, indem er vor Bekanntwerden der geplanten Reduzierung Emissionszertifikate kauft und zu einem späteren Zeitpunkt nach Bekanntwerden der Information verkauft.

Schließlich kann auch das Wissen um konkrete Pläne Dritter für den Handel von Emissionszertifikaten, darauf beruhenden Auktionsobjekten oder damit verbundenen derivativen Finanzinstrumenten eine Insiderinformation darstellen.

Zu unterscheiden von der Frage, welche Insiderinformationen ein Handelsverbot auslösen, ist die Frage, welche Insiderinformationen eine Veröffentlichungspflicht für Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate nach Art. 17 Abs. 2 MAR auslösen. Hierzu wird auf Abschnitt I.3.2.1.3 verwiesen.

Auftragsausführung

Schließlich bezeichnet der Begriff „Insiderinformation“ für Personen, die mit der Ausführung von Aufträgen in Bezug auf Finanzinstrumente beauftragt sind, auch Informationen, die von einem Kunden mitgeteilt wurden und sich auf die noch nicht ausgeführten Aufträge des Kunden in Bezug auf Finanzinstrumente beziehen, die präzise sind, direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betreffen und die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, den Kurs dieser Finanzinstrumente, damit verbundener Waren-Spot-Kontrakte oder zugehöriger derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen (Art. 7 Abs. 1 Buchst. d) MAR).

Damit wird klargestellt, dass auch handelsbezogene Informationen (z.B. das Wissen über das Vorliegen einer Großorder) Insiderinformationen darstellen können. Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Insiderinformation ist dabei anhand der allgemeinen Maßstäbe (vgl. Abschnitt I.2.1.1 bis I.2.1.4) zu beurteilen. Dies bedeutet, dass die Information über das Vorliegen einer (Groß-)Order nicht per se als Insiderinformation anzusehen ist, sondern nur dann, wenn im Einzelfall die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Insiderinformation erfüllt sind.

Analysen und Bewertungen aufgrund öffentlich verfügbarer Angaben

Erwägungsgrund 28 Satz 1 der MAR bestimmt, dass Analysen und Bewertungen, die aufgrund öffentlich verfügbarer Angaben erstellt wurden, für sich genommen nicht als Insiderinformationen angesehen werden sollen. Mit dieser Regelung soll sichergestellt werden, dass Marktteilnehmer öffentlich bekannte Informationen sammeln und bewerten können, ohne dass für sie die Gefahr besteht, den Verboten des Art. 14 MAR zu unterfallen. Geschäfte, die auf Grundlage einer derartigen Analyse getätigt werden, beruhen nicht auf einem privilegierten Informationsvorsprung des Marktteilnehmers, sondern auf dessen besserer Analysefähigkeit.

Von diesem Grundsatz macht Erwägungsgrund 28 Satz 2 der MAR dann eine Ausnahme, wenn die Veröffentlichung oder Verbreitung routinemäßig vom Markt erwartet wird und diese Veröffentlichung und Verbreitung zur Preisbildung von Finanzinstrumenten beiträgt oder wenn sie Ansichten eines anerkannten Marktkommentators oder einer Institution, die die Preise verbundener Finanzinstrumente beeinflussen können, enthält. In diesen Fällen können auch Analysen und Bewertungen, die ausschließlich aufgrund öffentlich verfügbarer Angaben erstellt wurden, Insiderinformationen i. S. d. Art. 7 Abs. 1 MAR darstellen.

Vorliegen einer Insiderinformation im Falle des Antrags auf Zulassung

Bei Finanzinstrumenten, für die lediglich ein Antrag auf Zulassung gestellt wurde, stellt sich die Frage, welche Kriterien für die Bewertung des erheblichen Kursbeeinflussungspotenzials im Hinblick auf den Begriff der Insiderinformation heranzuziehen sind. Die Frage lässt sich häufig nur im Einzelfall beantworten. Soweit die Finanzinstrumente bereits in einem anderen Handelssegment einbezogen sind oder ein Handel an einer außerbörslichen Handelsplattform stattfindet, kann das Kursbeeinflussungspotenzial auf der Basis dieser Preisinformationen bewertet werden. Soweit bereits ein (Basis-)Prospekt veröffentlicht und ggf. im Rahmen der Zeichnungsfrist eine Preisspanne genannt wurde, kann auch diese als Grundlage für das Kursbeeinflussungspotenzial herangezogen werden. So kann im Einzelfall eine Insiderinformation vorliegen, wenn wesentliche Änderungen beim Emittenten z. B. einen Nachtrag zum Prospekt auslösen und eine Änderung der Preisspanne im Zeichnungsverfahren als Folge angenommen werden muss. Ferner können Markteinschätzungen für die zu erwartende Preisspanne oder Bewertungen für das Unternehmen vorliegen, auf deren Grundlage eine hypothetische Bewertung des erheblichen Kursbeeinflussungspotenzials möglich ist.

Fußnoten:

  1. 1 MAR-Leitlinien, Informationen über Warenderivatmärkte oder verbundene Spotmärkte im Hinblick auf die Definition von Insiderinformationen über Warenderivate (ESMA/2016/1480DE).

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