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Thema Informationspflichten für Emittenten Insiderinformation gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. a) MAR

Beitrag aus dem Emittentenleitfaden der BaFin

Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a) MAR sind Insiderinformationen grundsätzlich

  • nicht öffentlich bekannte
  • präzise Informationen,
  • die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betreffen und
  • die geeignet wären, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Kurs dieser Finanzinstrumente oder damit verbundener derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen.

Nicht öffentlich bekannt

Das Tatbestandsmerkmal „nicht öffentlich bekannt“ ist negativ abzugrenzen:

Öffentlich bekannt ist die Information, wenn sie einem breiten Anlegerpublikum und damit einer unbestimmten Zahl von Personen zugänglich gemacht wurde. Unerheblich ist, wer die Information öffentlich bekannt gemacht hat. Ob der Emittent selbst die der Information zugrunde liegenden Umstände, ggf. im Rahmen einer Veröffentlichung nach Art. 17 MAR, bekannt gibt oder diese auf sonstige Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, spielt keine Rolle. Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass die Information einem breiten Anlegerpublikum zeitgleich zugänglich ist. Dies kann etwa durch ein allgemein zugängliches elektronisches Informationsverbreitungssystem erfolgen. Jeder interessierte Marktteilnehmer hat so die Möglichkeit, von der Information Kenntnis zu nehmen, so dass die informationelle Chancengleichheit nicht beeinträchtigt wird. Ein allgemein zugängliches Informationsverbreitungssystem ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Zugang kostenpflichtig ist. Die Veröffentlichung der Insiderinformation in einem nur in bestimmten Kreisen einschlägigen (Börsen-)Informationsdienst oder Newsboard genügt grundsätzlich dem Erfordernis der Information eines breiten Anlegerpublikums nicht. Aus dem gleichen Grund gilt eine Information auch nicht als öffentlich bekannt, wenn sie lediglich im Handelsregister abrufbar ist.

Veröffentlichungen in der Lokalpresse führen in der Regel ebenfalls nicht dazu, dass eine Information als „öffentlich bekannt“ i. S. d. Art. 7 Abs. 1 MAR gilt. Denn auch in diesen Fällen ist nicht davon auszugehen, dass die Information einem breiten Anlegerpublikum zugänglich gemacht worden ist. Veröffentlichungen mittels sozialer Netzwerke gewährleisten ebenfalls keinen schnellen, zielgerichteten Zugang an ein breites Anlegerpublikum.1 Wird jedoch die Information nachfolgend von der überregionalen Presse aufgenommen und weiterverbreitet, ist die Information als öffentlich bekannt anzusehen.

Ebenfalls nicht ausreichend für ein öffentliches Bekanntsein ist es, wenn die in Rede stehende Information im Rahmen einer Pressekonferenz des Unternehmens oder anlässlich einer Hauptversammlung bekannt gegeben wurde. Diese Veranstaltungen richten sich gerade nicht an eine unbestimmte Zahl von Interessierten, sondern gewähren nur einem bestimmten Kreis von Personen Zutritt. Dies gilt auch, wenn die Hauptversammlung „live“ im Internet übertragen wird oder die Information auf der Homepage des Unternehmens eingestellt wird. In keinem dieser Fälle ist hinreichend gewährleistet, dass die Insiderinformation zeitgleich dem breiten Anlegerpublikum bekannt wird. Auch die Gerichtsöffentlichkeit erfüllt grundsätzlich nicht den Begriff des öffentlichen Bekanntseins i. S. d. MAR.

Präzise Information

Die Informationen sind dann als präzise anzusehen, wenn damit eine Reihe von Umständen gemeint sind, die bereits gegeben sind oder bei denen man vernünftigerweise erwarten kann, dass sie in Zukunft gegeben sein werden, oder ein Ereignis, das bereits eingetreten ist oder von dem vernünftigerweise erwartet werden kann, dass es in Zukunft eintreten wird. Darüber hinaus müssen diese Informationen spezifisch genug sein, um einen Schluss auf die mögliche Auswirkung dieser Reihe von Umständen oder dieses Ereignisses auf die Kurse der Finanzinstrumente oder der damit verbundenen derivativen Finanzinstrumente, der damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakte oder der auf den Emissionszertifikaten beruhenden Auktionsobjekte zuzulassen (Art. 7 Abs. 2 Satz 1 MAR).

Es ist daher zu prüfen, ob der eingetretene oder zukünftige Umstand eine präzise Information darstellt. Für den Fall eines zukünftigen Umstands bestimmt Art. 7 Abs. 2 Satz 1 MAR, dass vernünftigerweise zu erwarten sein muss, dass er in Zukunft eintreten wird. Hiermit ist gemeint, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vom Ereigniseintritt ausgegangen werden muss. Die BaFin geht von einem Maßstab 50 Prozent + x (überwiegende Wahrscheinlichkeit) aus. Erforderlich ist hierbei eine Würdigung aller verfügbaren Umstände und Informationen, wobei auch berücksichtigt werden sollte, mit welchem Ergebnis das Unternehmen in der Vergangenheit vergleichbare Sachverhalte abgeschlossen hat und was im konkreten Fall dafür oder dagegen spricht (hat das Unternehmen es z.B. bisher regelmäßig geschafft, geplante Akquisitionen zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen oder nicht und welche Besonderheiten bestehen im konkreten Fall?).

Die Informationen müssen darüber hinaus spezifisch genug sein, um einen Schluss auf die mögliche Auswirkung auf die Kurse der betroffenen Finanzinstrumente zuzulassen. Nur vage oder allgemeine Informationen, die keine Schlussfolgerung hinsichtlich ihrer möglichen Auswirkung auf den Kurs der betreffenden Finanzinstrumente zulassen, sind nicht präzise. Unerheblich für das Vorliegen einer "präzisen" Information ist, in welche Richtung die mögliche Auswirkung auf den Kurs der betroffenen Finanzinstrumente erfolgt. Im sog. Lafonta-Urteil2 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) nämlich entschieden, dass für die Einstufung einer Information als „präzise“ i. S. d. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2003/124/EG3 nicht zu verlangen ist, dass aus ihr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit abzuleiten ist, dass sich ihr potenzieller Einfluss auf die Kurse der betreffenden Finanzinstrumente in eine bestimmte Richtung auswirken wird, wenn sie öffentlich bekannt wird.

Unspezifisch sind hingegen solche Informationen, aus denen kein Schluss hinsichtlich ihrer möglichen Auswirkungen auf den Kurs des Finanzinstruments gezogen werden kann wie etwa unverbindliche Gedankenspiele eines Vorstands über mögliches Wachstumspotenzial oder Meinungen, die keine verlässliche Grundlage erkennen lassen.

Direkter oder indirekter Emittenten- bzw. Finanzinstrumentebezug

Die Information muss direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten von Finanzinstrumenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betreffen. Die preisbeeinflussenden Umstände müssen daher nicht im Tätigkeitsbereich des Emittenten eingetreten sein oder unmittelbar den Emittenten oder das Finanzinstrument betreffen. Auch den Emittenten nur mittelbar betreffende Umstände können Insiderinformationen sein.

Hierunter können z.B. Marktdaten oder Marktinformationen fallen, d.h. Informationen über die Rahmenbedingungen von Märkten oder über die Märkte selbst, die im Einzelfall auch die Verhältnisse von Emittenten oder Finanzinstrumenten berühren können. Dies kann z.B. bei

  • Zinsbeschlüssen von Notenbanken,
  • Devisenkursen,
  • Rohstoffpreisen,
  • branchenspezifischen statistischen Daten,
  • außerbörslichen Paketverkäufen durch Großinvestoren ohne strategische Zielsetzung,
  • Daten und Informationen den Wertpapierhandel im jeweiligen Finanzinstrument betreffend (Ordervolumen, Art der Order, Identität des Auftraggebers usw., aber auch Aufnahme oder Ausscheiden aus einem Index),
  • Abfindungsangeboten/Squeeze-outs,
  • Naturkatastrophen
  • sowie Gesetzesvorhaben bzw. -änderungen oder sonstigen politischen Entscheidungen

der Fall sein.

Eine den Emittenten nur mittelbar betreffende Insiderinformation ist nicht nach Art. 17 Abs. 1 MAR ad-hoc-pflichtig, löst aber die Insiderhandelsverbote und Offenlegungsverbote von Insiderinformationen aus (vgl. Abschnitte I.3.2.2.2 und I.4.4).

Kursbeeinflussungspotenzial

Eine Insiderinformation liegt nur dann vor, wenn die der Information zugrunde liegenden Umstände geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Kurs der Finanzinstrumente des Emittenten bzw. von Derivaten auf diese Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen. Gemäß Art. 7 Abs. 4 MAR sind unter „Informationen, die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, den Kurs von Finanzinstrumenten spürbar zu beeinflussen“, Informationen zu verstehen, die ein verständiger Anleger wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidung nutzen würde.

Verständiger Anleger

Erwägungsgrund 14 der MAR lautet: „Verständige Investoren stützen ihre Anlageentscheidungen auf Informationen, die ihnen vorab zur Verfügung stehen (Ex-ante-Informationen). Die Prüfung der Frage, ob ein verständiger Investor einen bestimmten Sachverhalt oder ein bestimmtes Ereignis im Rahmen seiner Investitionsentscheidung wohl berücksichtigen würde, sollte folglich anhand der Ex-ante-Informationen erfolgen. Eine solche Prüfung sollte auch die voraussichtlichen Auswirkungen der Informationen in Betracht ziehen, insbesondere unter Berücksichtigung der Gesamttätigkeit des Emittenten, der Verlässlichkeit der Informationsquelle und sonstiger Marktvariablen, die das Finanzinstrument, die damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakte oder die auf den Emissionszertifikaten beruhenden Auktionsobjekte unter den gegebenen Umständen beeinflussen dürften.“

Eine europäische gesetzliche Definition des verständigen Anlegers gibt es nicht. Im Hinblick auf die Umstände, die ein verständiger Anleger bei der Bewertung heranziehen würde, ob einer Information möglicherweise Kursbeeinflussungspotenzial zukommen kann, lässt sich die BaFin von folgenden Erwägungen leiten:

Für die Bestimmung, aus wessen Perspektive die Beurteilung der Kurserheblichkeit erfolgen soll, stellt die BaFin auf einen durchschnittlich börsenkundigen Anleger ab, der seine Entscheidungen auf objektiv nachvollziehbarer Informationsgrundlage trifft. Ein besonderes Fachwissen ist nach Auffassung der BaFin nicht erforderlich, gleichwohl sollte der verständige Anleger mit den Usancen des Wertpapierhandels und dem Unternehmensrecht in Grundzügen vertraut sein.

Aus Sicht der BaFin bezieht ein verständiger Anleger aber auch alle Besonderheiten des Einzelfalles mit ein, d.h. er würdigt in einer Gesamtschau auch, in welcher gegenwärtigen Marktsituation sich das Unternehmen befindet und ob unter Berücksichtigung dieser aktuellen Marktsituation der in Rede stehende Umstand geeignet erscheint, den Kurs des betreffenden Finanzinstruments erheblich zu beeinflussen. Dabei berücksichtigt er auch, wie aus seiner Erfahrung heraus andere Marktteilnehmer (d.h. das Anlegerpublikum) in der Vergangenheit auf vergleichbare Sachverhalte reagiert haben. Es ist daher davon auszugehen, dass ein verständiger Anleger in seine Anlageentscheidung nicht nur die zukünftige Finanz- und Ertragskraft des Unternehmens einbezieht, sondern ggf. auch weitere Faktoren, die – losgelöst von einer Änderung des Unternehmenswertes – auf den Kurs des Finanzinstruments einwirken können, wie dies z.B. bei der Zahlung von Dividenden oder dem Abfindungsangebot bei einem Squeeze-Out der Fall ist. Ein Anleger reagiert insoweit auf alle ihm vorliegenden Informationen, die er vollständig und umfassend im Hinblick auf ihre Kursrelevanz bewertet hat; dies umfasst auch Erfahrungswerte.

Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung

Das Merkmal des Kursbeeinflussungspotenzials verlangt eine Einschätzung, inwieweit der Kurs eines Finanzinstruments oder eines darauf bezogenen derivativen Finanzinstruments beeinflusst wird, wenn die Umstände bekannt werden. Es kommt daher nicht darauf an, ob sich der Preis eines Finanzinstruments nach Bekanntwerden der Insiderinformation tatsächlich verändert hat. Ausreichend ist, wenn es aus Sicht eines verständigen Anlegers, der zum Zeitpunkt seines Handelns alle verfügbaren Informationen kennt, wahrscheinlich erscheint, dass es zu einer erheblichen Kursbeeinflussung kommen kann. Allerdings können nach Bekanntwerden der Insiderinformation tatsächlich eingetretene erhebliche Veränderungen des Kurses als Indiz für das Kursbeeinflussungspotenzial der zu bewertenden Information herangezogen werden (vgl. auch Erwägungsgrund 15 der MAR).

Die Voraussetzung der Erheblichkeit soll sicherstellen, dass nicht jeder Umstand, der zu einer geringfügigen Kursbewegung führen kann, als Insiderinformation zu bewerten ist. Entscheidend ist, ob ein verständiger Anleger die Information bei seiner Anlageentscheidung wahrscheinlich berücksichtigen würde. Das ist der Fall, wenn ein Kauf- bzw. Verkaufsanreiz gegeben ist und das Geschäft dem verständigen Anleger lohnend erscheint. Lohnend ist ein Geschäft bereits dann, wenn die erwartete Rendite abzüglich Transaktionskosten (etwa die Ordergebühren) die Opportunitätskosten, d.h. die Rendite, die eine Anlage in Finanzinstrumenten mit vergleichbarem Risiko erzielen würde, übersteigt. Ein Geschäft kann auch als lohnend angesehen werden, wenn die mögliche Rendite in einem vermiedenen Kursverlust liegt.

Der Kurs eines Finanzinstruments wird nicht nur von den Informationen über das betreffende Unternehmen selbst, sondern auch von der Verfassung des Gesamtmarkts oder der Branche sowie von zusätzlichen Faktoren wesentlich geprägt. Aus dem gleichen Grund können auch keine allgemeingültigen Schwellenwerte existieren. Gesicherte Aussagen ohne Prüfung im Einzelfall, welche Umstände kursrelevant sind, sind daher nicht möglich.

Für die Beurteilung der Kurserheblichkeit bieten sich folgende Schritte an:

  • Zunächst ist zu prüfen, ob der Umstand für sich allein betrachtet im Zeitpunkt seiner Entstehung (ex ante) nach allgemeiner Erfahrung ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial haben kann. Dies kann z.B. ein Übernahmeangebot sein, ein besonders wichtiger Vertragsschluss oder eine bedeutsame Erfindung, eine Gewinnwarnung oder drohende Insolvenz, eine Kapitalherabsetzung oder der Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages. Weitere - nicht abschließende - Beispiele sind Dividendenänderungen, vor allem Dividendenkürzungen oder -streichungen.
  • Sodann sind auch die im Zeitpunkt des Entstehens der Umstände vorliegenden oder absehbaren konkreten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, die das Kursbeeinflussungspotenzial erhöhen oder vermindern können.

Sollte sich beispielsweise bei der Aufstellung des Jahresabschlusses eine Gewinnsteigerung oder ein Verlust von 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr ergeben, stellt dies zwar eine neue Information dar; die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung hängt jedoch entscheidend davon ab, welche Informationen vorliegen bzw. öffentlich bekannt sind oder welche Prognosen bereits vor der Aufstellung des Jahresabschlusses zur Ertragslage vom Unternehmen abgegeben und aufgrund dessen bereits vom Markt erwartet worden sind. Zur Kurserheblichkeit von Geschäftszahlen wird zudem auf Abschnitt I.2.1.5.2 verwiesen.

Es ist darauf hinzuweisen, dass zur Bewertung des Kursbeeinflussungspotenzials eine Einschätzung getroffen werden muss, inwieweit die Umstände den Kurs eines Finanzinstruments oder eines darauf bezogenen derivativen Finanzinstruments beeinflussen können, wenn sie öffentlich bekannt würden. Dies bedeutet, dass das Kursbeeinflussungspotenzial einer Information jeweils in Bezug auf das in Rede stehende Finanzinstrument zu bestimmen ist und daher auch unterschiedlich ausfallen kann. Denkbar ist beispielsweise, dass eine Information zwar in Bezug auf die Aktien eines Emittenten als erheblich kursbeeinflussend anzusehen ist, nicht jedoch in Bezug auf von ihm begebene Anleihen, weil die betreffende Information die Bonität des Emittenten nicht betrifft. Ebenso sind Konstellationen denkbar, in denen die Information zwar keine (erhebliche) Reaktion des Aktienkurses erwarten lässt, wohl aber eine solche Reaktion bei einzelnen Derivaten, die auf diesen Aktienwert bezogen sind (vgl. Abschnitt I.3.2.2.2 a.E.). Für jedes Finanzinstrument ist dabei die Auswirkung der Information unter Berücksichtigung der jeweiligen üblichen Schwankungsbreite zu beurteilen.

Weitere Beispiele, die als kursrelevant einzustufen sind, finden sich im Abschnitt I.2.1.5.

Zwischenschritte als Insiderinformation

Bei gestreckten Sachverhalten ist darauf zu achten, dass eine Insiderinformation nicht nur das Endereignis selbst sein kann, sondern auch bestimmte Zwischenschritte, die mit der Herbeiführung oder Hervorbringung dieses zukünftigen Umstands oder Ereignisses verbunden sind, Insiderinformationen darstellen können. Dies hat der EU-Gesetzgeber im Nachgang zur sog. Geltl-Entscheidung des EuGH4 ausdrücklich in Art. 7 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 MAR geregelt.5 Der EuGH hatte entschieden, dass bereits Zwischenschritte eines Entscheidungsprozesses Insiderinformationen sein können.

Bei gestreckten Sachverhalten - die Endereignisse können typischerweise bis zur endgültigen Entscheidung scheitern - ist daher die Frage, ob es sich um eine präzise Information handelt, bei jedem einzelnen Zwischenschritt zu prüfen (vgl. Art. 7 Abs. 2 MAR). Hat etwa die A-AG die feste Absicht manifestiert, die B-AG zu übernehmen, kann bereits dies ein insiderrechtlich relevanter Zwischenschritt sein (vgl. hierzu die Ausführungen unter Abschnitt I.2.1.5.6). Dies gilt unabhängig von der Frage, ob es letztlich tatsächlich zur Übernahme, also zur ursprünglich angestrebten Entscheidung, kommen wird. Bei gestreckten Sachverhalten sind daher sowohl das (geplante) Endereignis als zukünftiges Ereignis als auch die auf dem Weg dahin verwirklichten Zwischenschritte als bereits eingetretene Ereignisse auf ihren Insiderinformationsgehalt hin zu überprüfen.

Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob dem Zwischenschritt bereits die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung zukommt. Diese ist vom Standpunkt des verständigen Anlegers im Rahmen der Eignungsprüfung zu bewerten (vgl. Art. 7 Abs. 4 MAR).

Bei der Beurteilung, ob ein insiderrechtlich relevanter Zwischenschritt vorliegt, ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen solchen Zwischenschritten, die ihre Qualität als Insiderinformation aus sich heraus beziehen, und solchen Zwischenschritten, die ihre Kursrelevanz von dem zukünftigen Endereignis ableiten.

(1) Ein Zwischenschritt, der bereits aus sich heraus eine Insiderinformation darstellt, ist nach den allgemeinen Regeln der MAR unverzüglich zu veröffentlichen, wenn nicht ein Aufschub in Betracht kommt.6 Ein solcher Zwischenschritt weist eine eigenständige, von der Eintrittswahrscheinlichkeit des Endereignisses losgelöste insiderrechtliche Relevanz auf (vgl. Art. 7 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 MAR).

Beispiel:
Die Information über die Absicht des Vorstandsvorsitzenden, im Einverständnis mit dem Aufsichtsrat vorzeitig sein Amt niederzulegen, muss sich für die Bewertung eines Anlegers nicht im Hinweis auf ein zukünftiges Ereignis beschränken, sondern kann auch aus anderen Gründen als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidung genutzt werden. Schon die Absicht, die personelle Veränderung in der Leitung umzusetzen, kann bedeuten, dass der Emittent die vom Vorstandsvorsitzenden verfolgte Geschäftspolitik nicht weiterverfolgt,7 so dass bereits diesem Umstand die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung zukommen kann.

(2) Bei Zwischenschritten, die ihre insiderrechtliche Relevanz hingegen in erster Linie aus ihrer Bezogenheit auf ein zukünftiges Endereignis beziehen, muss die Frage, ob bereits ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial vorliegt, von Seiten des Emittenten ebenfalls angemessen geprüft und gewürdigt werden.

Der BGH hat in seinem Beschluss vom 23. April 20138 festgehalten, dass bei der Prüfung „der Kursrelevanz generell davon auszugehen ist, dass ein Anleger den Grad der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines künftigen Ereignisses in Betracht zieht, [und] (…) dies auch gelten [muss], wenn eine präzise Information über einen eingetretenen Umstand vorliegt, der auf ein künftiges Ereignis hinweist, und der Anleger insoweit den möglichen künftigen Verlauf abschätzen muss.“

Im Hinblick auf die Bewertung von Zwischenschritten, die ihre insiderrechtliche Relevanz in erster Linie aus ihrer Bezogenheit auf ein zukünftiges Endereignis beziehen, geht die BaFin daher davon aus, dass ein Kursbeeinflussungspotenzial umso eher anzunehmen ist, je gewichtiger und wahrscheinlicher das Endereignis ist und eine Gesamtbetrachtung der eingetretenen und zukünftigen Umstände unter Berücksichtigung der jeweiligen Marktsituation nahelegt, dass ein verständiger Anleger bereits diesen Zwischenschritt für sich nutzen werde.

Beispiele:
Signalisiert die B-AG ihre Bereitschaft zu einem Zusammengehen mit der A-AG und wurde bereits über wichtige Eckpunkte grundsätzlich Einigkeit erzielt, kann – dies wäre von dem Emittenten zu prüfen - bereits die Zwischenschritt-Information auf dem Weg zur geplanten Übernahme bzw. Fusion den Kurs der Aktien der Emittenten erheblich beeinflussen, auch wenn die eigentlichen Vertragsverhandlungen noch folgen und noch nicht alle Einzelheiten (wie z.B. der Angebotspreis oder das Umtauschverhältnis) feststehen und damit auch nicht die Richtung der Kursreaktion. In solchen Fällen erwartet der Kapitalmarkt nämlich in der Regel schon aufgrund der weitreichenden strategischen Bedeutung für die M&A9O9-Partner gravierende Auswirkungen auf deren Geschäftsentwicklung und damit den Kurs der Aktien.
Im Falle des Übernahmeangebots oder eines Squeeze-Out schließlich wird ein verständiger Anleger die Information über den Zwischenschritt in der Regel dann als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidungen nutzen, auch wenn der Übernahmepreis noch nicht feststeht, weil vernünftigerweise erwartet werden darf, dass dieser deutlich vom aktuellen Aktienkurs abweicht (sei es, weil eine Prämie auf den Kurs gezahlt wird, sei es, weil der Übernehmer nur den in der Regel vom Marktpreis abweichenden Mindestpreis bzw. die angemessene Barabfindung zu zahlen bereit ist).

Soweit das erstrebte Endereignis noch unwahrscheinlich ist, wird es einem Zwischenschritt regelmäßig an der Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung fehlen. In diesem Fall wird somit in der Regel keine Zwischenschritt-Insiderinformation vorliegen.

Beispiele:
Die A-AG beschäftigt sich mit einem möglichen Zusammengehen mit der B-AG und nimmt deswegen Kontakt mit dieser auf. Bevor die A-AG und die B-AG in diesbezügliche Vertragsverhandlungen treten, schließen die Parteien eine Vertraulichkeitsvereinbarung ab, um erstmalig Informationen auszutauschen. In diesem frühen Verfahrensstadium ist es regelmäßig noch unwahrscheinlich, dass es tatsächlich zu einem Zusammengehen der A-AG mit der B-AG kommen wird, so dass ein verständiger Anleger diese Information in der Regel noch nicht als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidung nutzen würde.
Die A-AG beschließt, an einem Bieterverfahren zum Erwerb der B-AG teilzunehmen. Zu Beginn dieses Bieterverfahrens, und damit noch vor Durchführung einer abschließenden Due Diligence, legt die A-AG der B-AG, neben einer Vielzahl weiterer Wettbewerber, ein Angebot vor. Der A-AG ist unbekannt, dass ihr Angebot das Interesse der Verkäuferin weckt, so dass die A-AG zu diesem Zeitpunkt noch keine Prognose über die Erfolgsaussichten ihres Angebotes treffen kann. Ein verständiger Anleger wird demnach in der Regel allein die Information über die Teilnahme der A-AG an dem Bieterverfahren noch nicht als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidung nutzen.

Weitere Hinweise zu potenziellen Zwischenschritt-Insiderinformationen finden sich auch in Abschnitt I.2.1.5.

Kursbeeinflussungspotenzial von Gerüchten

Gerüchte, die einen Tatsachenkern enthalten, können ebenfalls eine präzise Information darstellen. Das Gerücht kann z.B. ein Übernahmevorhaben inhaltlich präzise an die freien Aktionäre herantragen. Das Gerücht ist damit eine präzise Information i. S. d. Art. 7 Abs. 1 Buchst. a) MAR, muss aber nicht wahr sein. Erst bei der Frage, ob der Information die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung zuzubilligen ist, ist zu klären, ob der verständige Anleger auf Grundlage dieses Gerüchts handeln würde.

Dies ist im Einzelfall zu prüfen. Maßgeblich sind

  • die Quelle des Gerüchts, insbesondere, ob sie vertrauenswürdig erscheint,
  • die dem Gerücht zugrunde liegenden nachprüfbaren Fakten,
  • die wirtschaftliche Situation des betroffenen Unternehmens,
  • das Segment des betroffenen Unternehmens im Besonderen und
  • die Verfassung der Märkte im Allgemeinen.

Ausgewählte Einzelfragen bei bestimmten Fallgruppen potenzieller Insiderinformationen

Prognosen10

Prognosen können Insiderinformationen sein, wenn sie aufgrund konkreter Anhaltspunkte für den weiteren Geschäftsverlauf erstellt worden sind und spezifisch genug sind, um einen Schluss auf die mögliche Auswirkung dieser Prognose auf den Kurs des entsprechenden Finanzinstruments zuzulassen. Allgemein formulierte Erwartungen (z.B. der Hinweis, für das laufende Geschäftsjahr werde eine positive Entwicklung erwartet) oder langfristige Planungen in einem zum Beispiel mehrjährigen Zeithorizont reichen hierfür allerdings noch nicht aus.

Eine Prognose hat in der Regel erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial, wenn sie von der Markterwartung – oder bei Fehlen einer solchen – von den zurückliegenden Geschäftsergebnissen deutlich abweicht. Bezüglich der Ermittlung der Markterwartung wird auf die Ausführungen in Abschnitt I.2.1.5.2 verwiesen.

Treten in der Folgezeit bedeutende Umstände auf, muss der Emittent dies zum Anlass nehmen zu prüfen, ob er die Prognose aufrechterhalten kann. Stellt ein Emittent bei dieser Prüfung fest, dass seine neue Prognose wahrscheinlich deutlich von der ursprünglichen abweicht und sich hieraus – weil sie auch von der Markterwartung abweicht – ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial ableiten lässt, liegt eine neue Insiderinformation vor.

Es ist dabei zu beachten, dass das die neue Prognose auslösende Ereignis selbst eine Insiderinformation sein kann. Hat der Emittent sowohl bei seiner ursprünglichen als auch bei seiner aktuellen Prognose einen nachvollziehbaren Korridor angegeben, innerhalb dessen er einen Gewinn oder Verlust erwartet („von … bis“), stellt die BaFin bei der Beurteilung des erheblichen Kursbeeinflussungspotenzials der aktualisierten Prognose in der Regel auf die Abweichung des Mittelwerts der alten Prognose von dem der aktualisierten Prognose ab.

Geschäftszahlen

Die Geschäftsentwicklung einer Gesellschaft innerhalb eines Quartals oder im gesamten Geschäftsjahr, wie sie im Rahmen von Quartals-, Halbjahres- und Geschäftsberichten zum Ausdruck gebracht wird, kann jeweils eine Insiderinformation darstellen. Da sich die Geschäftsentwicklung ganz wesentlich in den Geschäftszahlen widerspiegelt, ist für die Frage des Kursbeeinflussungspotenzials der Geschäftsentwicklung auf die Geschäftszahlen in Form einer Gesamtschau abzustellen.

Aber auch einzelne bewertungserhebliche und im konkreten Fall für die Gesellschaft relevante Geschäftszahlen können für sich betrachtet Insiderinformationen sein.

Es ist ferner zu beachten, dass bereits ein einzelner Geschäftsvorfall, der einen maßgeblichen Einfluss auf eine oder mehrere Geschäftszahlen besitzt – z.B. wenn daraus ein erheblicher Gewinn oder Verlust resultiert – eine Insiderinformation sein kann.

Auch Insiderinformationen im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss entstehen in der Regel bereits vor dessen Aufstellung oder Feststellung, allerspätestens aber mit Aufstellung durch den Vorstand. Dies ist z.B. anzunehmen, wenn sich die Geschäftszahlen – z.B. im Rahmen der monatlich erstellten betriebswirtschaftlichen Auswertung – bereits im Vorfeld soweit konkretisiert haben, dass vernünftigerweise erwartet werden kann, dass die endgültigen Kennzahlen aus dem aufgestellten Jahresbericht (dem Halbjahresbericht, der Zwischenmitteilung) nicht mehr deutlich von denen, die sich aus der betriebswirtschaftlichen Auswertung errechnen lassen, abweichen. Dies ist umso eher anzunehmen, je eher die vorliegende Datenbasis bereits der einer Gewinn- und Verlustrechnung entspricht bzw. je geringer der voraussichtliche Bedarf an Korrekturen an diesen Zahlen ist.

Schließlich ist von einer Insiderinformation auch dann auszugehen, wenn die relevanten Geschäftszahlen bereits im Vorfeld so präzise in einer Größenordnung (z.B. in Form einer Min.-Max.-Spanne) angegeben werden können (sog. „vorläufige Zahlen“), dass vernünftigerweise erwartet werden kann, dass die endgültigen Kennzahlen aus dem aufgestellten Jahresbericht (dem Halbjahresbericht, der Zwischenmitteilung) deutlich positiv bzw. negativ von der relevanten Benchmark abweichen werden, selbst wenn sie im ersten Fall am unteren bzw. im zweiten Fall am oberen Ende dieser Spanne liegen.

Ist der Emittent eine Konzerngesellschaft, so ist grundsätzlich auf die entsprechenden Konzern-Kennzahlen abzustellen, d.h. die Insiderinformation wird in der Regel erst dann entstanden sein, wenn die Geschäftszahlen der Geschäftsbereiche und Tochtergesellschaften konsolidiert wurden, es sei denn, auch vor der Konsolidierung aller Konzerngesellschaften kann bereits mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die Konzern-Kennzahl und damit auf ein deutliches Verfehlen/Übertreffen der Benchmark geschlossen werden. Hierbei hat der Vorstand die Möglichkeit, die Daten aus der Buchhaltung/des Controllings (in der Regel in Form einer betriebswirtschaftlichen Auswertung) zu plausibilisieren und zu prüfen, wie sich die noch ausstehenden Korrekturen auf die relevanten endgültigen Geschäftszahlen auswirken.

Die Kurserheblichkeit ist zu bejahen, wenn die in Rede stehende Information wesentlich von der relevanten Bezugsgröße abweicht:

  • Als Benchmark ist zunächst die eigene veröffentlichte Prognose des Emittenten heranzuziehen. Hat der Emittent in seiner Prognose einen aufgrund nachvollziehbarer Tatsachengrundlage ermittelten Korridor angegeben, so ist ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial in der Regel zu bejahen, wenn die Geschäftszahlen außerhalb des Korridors liegen. Für Geschäftszahlen, die innerhalb des Korridors liegen, gilt folgender Grundsatz: Je enger der Korridor gefasst ist, desto eher scheidet ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial aus. Das bedeutet umgekehrt aber auch, dass die Geschäftszahlen ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial entfalten können, wenn der Prognosekorridor sehr weit gefasst wurde und die Ergebnisse nahe am oberen bzw. unteren Korridorrand liegen. Hat der Emittent in seiner Prognose hingegen nur eine Mindesterwartung angegeben, schließt dies das Kursbeeinflussungspotenzial nicht bereits deshalb aus, weil die obere Prognosespanne offen formuliert wurde. In einem solchen Fall hat der Emittent zu ermitteln, wie die Aussage zur Prognose im Markt aufgenommen worden ist.
Beispiel:
Ein Emittent veröffentlicht in seiner Prognose, dass das Ergebnis mindestens über 15 Prozent über dem Vorjahresergebnis liegen wird. Tatsächlich verzeichnet der Emittent einen Gewinnanstieg von 50 Prozent. Nach Auffassung der BaFin kann sich der Emittent in diesem Fall nicht darauf berufen, dass seine Prognose jeden möglichen Gewinnanstieg mit umfasst. Entscheidend ist, wie der Kapitalmarkt die ursprünglich abgegebene Prognose verstanden haben durfte und ob überhaupt eine Prognose vorlag, die vernünftigerweise als Benchmark herangezogen werden konnte.

Entsprechen die in Rede stehenden Geschäftszahlen der eigenen Prognose oder weichen sie zwar von dieser ab, entsprechen aber der deutlich aktuelleren Markterwartung, ist davon auszugehen, dass die Geschäftszahlen kein Kursbeeinflussungspotenzial besitzen. In diesem Fall wäre jedoch zu prüfen, ob nicht bereits zuvor für den Emittenten eine Pflicht bestanden hätte, seine Prognose zu korrigieren.11

  • Fehlt eine Prognose oder ist sie so vage/unkonkret, dass ein Vergleich mit den Geschäftszahlen zum Zwecke der Beurteilung des Kursbeeinflussungspotenzials nicht möglich ist, ist ebenfalls auf die jeweilige quantitativ nachvollziehbare Markterwartung abzustellen.

    Ein wichtiger Indikator für die Ermittlung der Markterwartung sind Analystenschätzungen. Die BaFin ermittelt die Markterwartung, indem sie den Mittelwert der zum Zeitpunkt der Entstehung der Insiderinformation aktuellen Analystenschätzungen (sog. Consensusschätzung) heranzieht. Da es im Einzelfall aus methodischer Sicht schwierig sein kann, den Mittelwert zu bestimmen (beispielsweise weil zu wenige Schätzungen vorhanden sind), bleibt die Ermittlung der Markterwartung auf anderem Wege zulässig. Ein Emittent muss diese Markterwartung nicht selbst ermitteln, sondern kann sich hierfür externer Datenanbieter bedienen. Kann eine Markterwartung nicht nachvollziehbar ermittelt werden, etwa weil es keine aktuellen Schätzungen gibt, sind die Vorjahreszahlen heranzuziehen.

  • Fehlt es auch an einer solchen Markterwartung, ist schließlich auf die Geschäftszahlen des vergleichbaren Vorjahreszeitraums (im Falle des Auftragseingangs oder -bestands und für Cashflow-Kennzahlen auch: vom Vorquartal) abzustellen.

Diese Ausführungen gelten sinngemäß für unterjährige Geschäftszahlen bzw. Halbjahresberichte und Zwischenmitteilungen über Quartale. Fehlt es bei unterjährigen Geschäftszahlen an einer expliziten diesbezüglichen Prognose, so kann diese nicht durch Viertelung oder Halbierung der Jahresprognose ermittelt werden, da der Kapitalmarkt nicht ohne Weiteres davon ausgehen kann, dass sich Geschäftsvorfälle und damit die Erlöse, Erträge oder Aufwendungen gleichmäßig auf die Quartale verteilen.

Für den Fall, dass ein Emittent keine Prognose für unterjährige Perioden, sondern lediglich eine Jahresprognose veröffentlicht hat, bedeutet dies, dass eine Insiderinformation auch dann vorliegen kann, wenn an der Jahresprognose festgehalten wird, sofern die unterjährigen Geschäftszahlen von der Markterwartung oder, wenn es eine solche nicht gibt, von den Geschäftszahlen des vergleichbaren Vorjahreszeitraums (im Falle des Auftragseingangs oder –bestands und für Cashflow-Kennzahlen auch: vom Vorquartal) deutlich abweichen. Liegt keine deutliche Abweichung vor, kann dennoch eine erhebliche Kursrelevanz vorliegen, etwa wenn die in Rede stehenden Zahlen deutlich von der bisherigen Geschäftsentwicklung (z.B. Turnaround nach mehreren Verlustquartalen; Umsatzeinbruch nach anhaltender Wachstumsphase über mehrere Quartale hinweg) abweichen.

Umgekehrt kann die Veröffentlichung von Quartalszahlen oder Halbjahreszahlen eine Pflicht zur Korrektur der Jahresprognose auslösen, wenn trotz des noch andauernden Geschäftsjahres und ausstehender Geschäftsvorfälle nicht damit gerechnet werden kann, die Jahresprognose zu halten.

Dividenden

Nach Auffassung der BaFin ist es für den Kapitalmarkt grundsätzlich von Bedeutung, ob eine Gesellschaft ihren Bilanzgewinn in Form von Dividenden an die Aktionäre ausschüttet oder im Unternehmen reinvestiert. Der Kapitalmarkt lässt Informationen bezüglich Dividenden daher in den Kurs der Aktien mit einfließen, was zu Kurseffekten nach Veröffentlichung von Dividendenankündigungen führt. Dividendenerhöhungen besitzen demnach in der Regel positive Kurseffekte; die Kürzung oder die Streichung der Dividende ruft dagegen in der Regel negative Kursreaktionen hervor.

Von besonderer Wirkkraft ist das von einer Dividendenmaßnahme ausgehende Signal für die Anleger bei Kreditinstituten vor dem Hintergrund der Eigenkapitalvorschriften. Die Erhöhung der Dividende gibt bei guter Kapitalausstattung in der Regel ein starkes Signal dahingehend in den Markt, dass das Institut auch für die Zukunft davon ausgeht, ausreichend mit Kapital ausgestattet zu sein. Etwas anderes dürfte gelten, wenn der Kapitalmarkt die Eigenkapitaldecke des Kreditinstituts als zu dünn bewertet. Dann sendet eine Dividendenerhöhung (wie auch die Ausschüttung einer Sonderdividende und das Festhalten an der festgelegten Dividendenpolitik) ein negatives Signal an die Anleger.

Zur Beurteilung des Kursbeeinflussungspotenzials von Dividenden sind die Kriterien für Geschäftszahlen (vgl. Abschnitt I.2.1.5.2) sinngemäß anzuwenden. D.h. Dividenden besitzen, wenn die Änderung gegenüber der relevanten Vergleichsgröße hinreichend groß ist, die Eignung zur erheblichen Beeinflussung des Aktienkurses und können somit Insiderinformationen sein.

Eine Besonderheit ergibt sich bei Dividenden im Hinblick auf die Beurteilung des Kursbeeinflussungspotenzials aus dem Umstand, dass Gesellschaften nicht selten eine Dividendenpolitik verfolgen und diese auch öffentlich bekannt geben.

In Frage kommt hierbei zum einen die Politik der Dividendenkontinuität. Ändert die Gesellschaft hier überraschend den über Geschäftsjahre hinweg gleichbleibenden Betrag der Dividende wesentlich, so ist dies in der Regel mit erheblichem Kursbeeinflussungspotenzial verbunden und kann dann schon unterjährig eine Ad-hoc-Pflicht auslösen. Zum anderen können Gesellschaften eine Ausschüttungsquote, also das Verhältnis von auszuschüttender Dividende und dem Bilanzgewinn (oder einer anderen Ergebnisgröße), festlegen. Eine überraschende deutliche Erhöhung oder Verminderung dieser Ausschüttungsquote wird in der Regel erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial besitzen.

Die Ausschüttung einer Sonderdividende (in der Regel wird diese aufgrund der besonderen Geschäftsentwicklung der Gesellschaft oder völlig unabhängig davon, z.B. auf Verlangen des Großaktionärs oder wegen eines Unternehmensjubiläums, ausgeschüttet werden), kann nur dann kursrelevant sein, wenn sie überraschend kommt, also vom Kapitalmarkt nicht erwartet werden konnte und es sich dabei um einen wesentlichen Aufschlag auf die „reguläre“ Dividende handelt.

Eine Sonderdividende, die nicht auf einen außerordentlichen ergebniswirksamen Geschäftsvorfall zurückgeht, ist wie eine (ggf. vorübergehende) Änderung der Ausschüttungsquote zu behandeln. Ändert sich dadurch der auszuschüttende Betrag je Aktie deutlich, so ist von erheblichem Kursbeeinflussungspotenzial auszugehen.

Kapitalmaßnahmen

Als Insiderinformationen kommen auch Kapitalmaßnahmen in Betracht. Zu denken ist hierbei insbesondere an Kapitalerhöhungen in Form einer Ausgabe von Aktien mit und ohne Bezugsrecht, die Aufnahme von Fremdkapital, die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen und Aktienrückkäufe. Im Rahmen eines Kapitalerhöhungsprozesses ist darauf zu achten, dass nicht nur der Beschluss des Vorstands zur Durchführung der Kapitalerhöhung eine Insiderinformation darstellen kann, sondern auch hier weitere Insiderinformationen in Form von Zwischenschritten denkbar sind. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Abschnitt I.2.1.4.3 verwiesen.

Generell ist darauf hinzuweisen, dass auch bereits das der Kapitalerhöhung zugrunde liegende Ereignis (z.B. die Akquisition eines Vermögensgegenstands) für sich betrachtet eine Insiderinformation sein kann.

Die erfolgreiche Durchführung der Kapitalmaßnahme stellt, wenn der entsprechende Beschluss öffentlich bekannt gemacht worden war, in der Regel keine Insiderinformation mehr dar, sofern diese vom Anlegerpublikum erwartet werden konnte. Dementsprechend kann der Abbruch oder die Rückabwicklung einer Kapitalmaßnahme bzw. der Umstand, dass nicht ausreichend Interesse beim Anlegerpublikum vorhanden war, um eine vollständige Zeichnung der neuen Aktien zu gewährleisten, eine neue Insiderinformation darstellen.

Im Hinblick auf den Rückkauf eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 Aktiengesetz (AktG) kann der Beschluss des Vorstands, von der Ermächtigung der Hauptversammlung zur Durchführung eines Rückkaufprogramms Gebrauch zu machen, eine Insiderinformation in Form eines Zwischenschritts oder über einen zukünftigen Umstand darstellen. Allerdings stellen die Beschlüsse des Vorstands und des Aufsichtsrats des Emittenten, der Hauptversammlung eine Ermächtigung zum Rückkauf eigener Aktien vorzuschlagen, sowie der Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung in diesem Zusammenhang in der Regel noch keine Insiderinformationen dar.

Die Aufnahme von Fremdkapital, wie z.B. durch Inanspruchnahme eines Schuldscheindarlehens, ist eine übliche Finanzierungsmethode eines Unternehmens, bei der in der Regel davon auszugehen ist, dass sie kein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial besitzt, schon weil die Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft unter Berücksichtigung von Opportunitätskosten (die bei der alternativen Finanzierung durch Eigenkapital anfallen) in der Regel gering sind. Ausnahmsweise, bei Vorliegen besonderer Umstände, kann die Fremdkapitalbeschaffung kursrelevant sein. Zu diesen Umständen gehört beispielsweise, dass die Gesellschaft (aufgrund ihrer wirtschaftlich bzw. finanziell angespannten Lage) außergewöhnlich hohe Zinsen zahlen muss, sodass diese die üblichen Fremdkapitalkosten deutlich übersteigen oder mit dem Darlehen eine Umschuldung einhergeht, mit der sie die Zinslast deutlich reduziert, was sich jeweils in erheblichem Ausmaß auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage auswirkt. Weitere kursbeeinflussende Faktoren können z.B. eine Kündigung und der Rückkaufspreis sein.

Erhebliche außerordentliche Erträge/Aufwendungen

Weiterhin können auch beträchtliche außerordentliche Erträge/Aufwendungen, sobald sie sich konkretisieren, eine Insiderinformation sein. Zu den außerordentlichen Erträgen/Aufwendungen zählen z.B.

  • Gewinne/Verluste aus der Veräußerung wesentlicher Betriebsteile oder ganzer Betriebe,
  • Gewinne/Verluste aus der Veräußerung bedeutender Beteiligungen,
  • außerplanmäßige Abschreibungen aufgrund eines außergewöhnlichen Ereignisses, z.B. Stilllegung von Betrieben, Enteignung oder Zerstörung von Betrieben durch Katastrophen,
  • außergewöhnliche Schadensfälle, etwa verursacht durch Unterschlagungen,
  • Erträge/Aufwendungen aufgrund des Ausgangs eines für das Unternehmen existentiellen Prozesses,
  • Entschädigungen bei Massenentlassungen,
  • Gewinne/Verluste aus Umwandlungen,
  • Erträge aufgrund eines allgemeinen Forderungsverzichts der Gläubiger (sog. Sanierungsgewinn) sowie
  • einmalige Zuschüsse der öffentlichen Hand zur Umstrukturierung von Branchen.

Mergers & Acquisitions

Im Rahmen von Mergers & Acquisitions (M&A)-Prozessen mit Beteiligung eines Emittenten kann sich sowohl in Bezug auf die Bietergesellschaft als auch in Bezug auf die Zielgesellschaft bzw. in Bezug auf den Veräußerer – sofern ihnen zugehörige Finanzinstrumente jeweils zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen oder in den Handel an einem multilateralen (MTF) oder organisierten Handelssystem (OTF) einbezogen sind - die Frage nach dem Entstehungszeitpunkt einer Insiderinformation stellen. Dies gilt sowohl für Übernahmen als auch für private M&A-Transaktionen. Hierbei ist grundsätzlich zu unterscheiden, ob auf der Seite der Bieter- oder der Zielgesellschaft ein oder mehrere Unternehmen in die Verhandlungen einbezogen sind. Aufgrund der Vielzahl der möglichen Fallgestaltungen kann nachfolgend keine abschließende Darstellung erfolgen.

Entsprechend ist während des gesamten Prozesses zu prüfen, ob bereits eingetretene (oder bevorstehende) Zwischenschritte oder das Endereignis selbst (die Fusion/Übernahme) als zukünftiges Ereignis die Qualität einer Insiderinformation erfüllen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Abschnitt I.2.1.4.3. verwiesen.

Abzugrenzen sind diese Zwischenschritte von Vorbereitungshandlungen, die noch nicht die Kriterien einer Insiderinformation erfüllen.

So ist die rein interne Entscheidung, mit einer potenziellen Zielgesellschaft Vorgespräche aufzunehmen, regelmäßig noch keine Insiderinformation, da es ohne Hinzutreten besonderer Umstände regelmäßig an einem erheblichen Kursbeeinflussungspotenzial sowohl dieses Zwischenschrittes als auch des Abschlusses des M&A-Prozesses als zukünftiges Ereignis fehlen wird. Gleiches gilt für rein interne organisatorische Maßnahmen wie Prüf- und Vorbereitungshandlungen, die erstmalige Beauftragung von Beratern (Rechtsanwälte, Banken, Unternehmensberater) oder eine erstmalige Kontaktaufnahme mit der Zielgesellschaft.

Inwieweit hingegen bei sog. nicht bindenden Angebotsschreiben („non binding indicative offer letter“) davon ausgegangen werden kann, dass noch keine Insiderinformation entstanden ist, ist im Einzelfall zu prüfen. Erfahrungsgemäß hängt der Erfolg einer Transaktion in diesem frühen Stadium von einer Vielzahl noch unbestimmter Faktoren ab. Gleiches gilt für Vorgespräche des potenziellen Bieters mit der Zielgesellschaft oder Aktionären der Zielgesellschaft. Dennoch ist zu prüfen, ob bereits in diesen Stadien eine präzise Information vorliegt und dieser Information Kursbeeinflussungspotenzial zukommt, etwa weil wichtige Eckpunkte einer möglichen Transaktion geklärt werden konnten oder ein Einigungswille erkennbar ist.

Beispiel:
Die A-AG plant die Übernahme der B-AG. Die Übersendung einer einseitigen schriftlichen unverbindlichen Absichtserklärung ist für sich allein noch nicht ausreichend, um von einem Kursbeeinflussungspotenzial dieses Zwischenschrittes auszugehen. Signalisierte die B-AG aber bereits in Vorgesprächen, dass eine Übernahme unter Berücksichtigung bestimmter Eckpunkte denkbar sei, oder dokumentieren die Unternehmen ihren grundsätzlichen Einigungswillen beispielsweise dadurch, dass wesentliche Eckpunkte in einem „Term Sheet“ festgehalten werden, kann sich eine andere Sachlage ergeben, auch wenn sich die eigentlichen Vertragsverhandlungen erst anschließen und noch keine Klarheit über den Preis besteht.

Aufgrund der Vielzahl von möglichen Fallgestaltungen ist eine schematische Darstellung, ab wann vom Vorliegen einer Zwischenschritt-Insiderinformation ausgegangen werden kann, nicht möglich. Entsprechend ist das Entstehen der Insiderinformation auch nicht von etwaigen Terminologien abhängig (z.B. Übersendung von „Term Sheets“). Die Bewertung, ob eine Zwischenschritt-Insiderinformation vorliegt, muss vielmehr aus inhaltlicher Sicht erfolgen, insbesondere ist im Rahmen einer Gesamtschau zu prüfen, welche Schritte mit welchem Inhalt auf dem Weg zum Endereignis bereits verwirklicht worden sind. Je weiter der Übernahmeprozess dabei vorangeschritten ist, desto größer wird dabei die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung sein. Entsprechend kann die folgende Auflistung potenzieller Zwischenschritt-Insiderinformationen nur ein erster Anhaltspunkt sein; die finale Bewertung hat sich ausschließlich am Inhalt der bereits vollzogenen Schritte zu orientieren.

Es sollten mindestens folgende Umstände zum Anlass genommen werden zu prüfen, ob eine Insiderinformation in Form eines insiderrechtlich relevanten Zwischenschrittes eingetreten sein könnte:

  • Bilaterale Treffen mit konkretem Hintergrund jedenfalls dann, wenn bereits Vorbereitungshandlungen vorgenommen wurden und wesentliche Eckpunkte besprochen werden,
  • Abschluss eines Letter of Intent, sofern er beispielsweise Vereinbarungen über Eckpunkte des künftigen Vertrags, eine Preisspanne oder eine andere Vereinbarung enthält, in der sich der ernsthafte Einigungswille der Verhandlungspartner manifestiert,
  • Einsetzen von gegenseitigen Arbeitsgruppen zur Umsetzbarkeit einer Fusion,
  • Übersendung von „Term Sheets“,
  • grundsätzliche Einigung durch wesentliche Entscheidungsträger über zentrale Punkte (auch vor Gremienbefassungen),
  • Ausräumen wesentlicher Hindernisse,
  • Durchführung einer Due Diligence.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass – je näher sich ein Zwischenschritt am Endereignis befindet –, es ggf. gleichzeitig zu einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Endereignisses kommen kann, etwa beim Abschluss von konkreten Vereinbarungen.

Bei Sachverhalten, bei denen mehrere Unternehmen auf der einen oder anderen Seite beteiligt sind (z.B. bei Bieterverfahren), werden nach Ansprache potenzieller Kaufinteressenten bei fortbestehendem Interesse regelmäßig eine Vertraulichkeitsvereinbarung und der Zeitplan und die Vorgaben für das weitere Verfahren („Process Letter“) übermittelt. Die damit verbundene Eingrenzung potenzieller Käufer kann in Bezug auf die börsennotierte Zielgesellschaft eine Insiderinformation darstellen, während es aus Sicht einer börsennotierten Bietergesellschaft aufgrund des ungewissen Ausgangs des Verfahrens anders beurteilt werden kann. Jedoch sollte die Bietergesellschaft allerspätestens beim Eintritt in konkrete Verhandlungen auf exklusiver Basis prüfen, ob eine Insiderinformation in Form eines Zwischenschrittes vorliegt.

Personalentscheidungen

Personalveränderungen innerhalb der Führungsebene eines Unternehmens können in bestimmten Konstellationen eine Insiderinformation sein. Insbesondere wenn es sich um die überraschende Berufung oder Abberufung von Organmitgliedern in Schlüsselpositionen handelt, d.h. wenn es sich um Personen handelt, bei denen eine maßgebliche Einwirkung auf den Geschäftsverlauf zu erwarten ist oder bislang bestand, kann eine solche Veränderung eine Insiderinformation darstellen. So kann das überraschende Ausscheiden des Vorsitzenden oder des Sprechers eines Organs oder das Ausscheiden eines Gründungsmitglieds aus einem Organ eine Signalwirkung für den Kapitalmarkt haben. Bei Unternehmen, deren Entwicklung von der Innovationsfähigkeit oder Kreativität einzelner Personen abhängt, können dies auch Personalveränderungen außerhalb der Organe in für das Unternehmen wesentlichen Bereichen (z.B. Forschung und Entwicklung, Design, Vermögensverwaltung) sein.

Potenzielle Personalveränderungen können auch bereits im Vorfeld Insiderinformationen in Form von Zwischenschritten darstellen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Abschnitt I.2.1.4.3. verwiesen. Zu denken ist im Fall der Abberufung etwa an die Rücktrittsabsicht bzw. Absicht eines Vorstandsvorsitzenden, den Vertrag nicht weiter zu verlängern. Im Rahmen des Neubestellungsprozesses kann eine Insiderinformation etwa die Absicht des verantwortlichen Gremiums sein, eine bestimmte Person als neuen Vorstandsvorsitzenden zu bestellen. Das Kursbeeinflussungspotenzial dieser Information kann sich dabei aus der Person des zu Bestellenden ergeben, aber auch aus der Tatsache, dass mit der Konkretisierung auf eine bestimmte Person die Unsicherheit über die zukünftige Ausrichtung des Emittenten beendet ist.

Verwaltungs- und Gerichtsverfahren

Ergebnisse von Verwaltungs- und Gerichtsverfahren, an denen der Emittent direkt oder indirekt beteiligt oder von denen er betroffen ist (z.B. bei einer Streitverkündung), können Insiderinformationen darstellen. Die Gerichtsöffentlichkeit ist dabei nicht mit der breiten Öffentlichkeit i. S. d. Art. 7 Abs. 1 Buchst. a) MAR gleichzusetzen.

Bei der Frage, zu welchem Zeitpunkt die Insiderinformation entsteht, kommt es nicht ausschließlich darauf an, ab wann mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einem erheblich kursbeeinflussenden Ausgang des Verfahrens ausgegangen werden muss (Insiderinformation als Endereignis). Denn auch ein bestimmter erreichter Verfahrensstand kann für sich betrachtet bereits eine Insiderinformation in Form eines Zwischenschrittes darstellen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Abschnitt I.2.1.4.3. verwiesen.

Die bloße Aufnahme von strafrechtlichen Ermittlungen oder verwaltungsrechtlichen Untersuchungen an sich vermag allerdings nur in besonderen Fällen eine Insiderinformation zu begründen.

Anders zu beurteilen ist der Fall, wenn bereits feststeht, dass der Emittent oder für ihn tätige Personen Gesetzesverstöße begangen haben, etwa weil der Verstoß bereits eingeräumt wurde, ohne dass eine gerichtliche oder verwaltungsrechtliche Entscheidung vorliegt. Bei der Beurteilung des Kursbeeinflussungspotenzials spielt eine wesentliche Rolle, welche rechtlichen und finanziellen Konsequenzen sich aus dem Gesetzesverstoß für den Emittenten ergeben können. Dabei ist nicht nur der straf- oder verwaltungsrechtliche Rahmen zu berücksichtigen (z.B. Höhe einer Geldstrafe oder eines Bußgelds), sondern auch, welche wirtschaftlichen Folgen sich daraus oder aus dem damit verbundenen Reputationsschaden für das Unternehmen ergeben können (z.B. Umsatzeinbußen, Schadenersatzforderungen etc.).

Darüber hinaus kann eine Insiderinformation entstehen, wenn der Emittent unabhängig vom Verfahrensausgang Maßnahmen ergreift, die für sich genommen Insiderinformationen darstellen (z.B. Bildung von Rückstellungen).

Insolvenzen

Auch Insolvenzsachverhalte enthalten regelmäßig Insiderinformationen, insbesondere da hiermit erhebliche Verluste für Aktionäre verbunden sein können.

Eine Insiderinformation entsteht hierbei nicht erst mit Stellung des Insolvenzantrags als formeller Akt. Auch hier kommen insiderrechtlich relevante Zwischenschritte in Betracht. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Abschnitt I.2.1.4.3. verwiesen.

Der Emittent muss daher während des gesamten Krisenverlaufs prüfen, ob nicht bereits zuvor Insiderinformationen entstanden sind. Dies kann sowohl in der Feststellung der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit (§§ 17 und 18 Insolvenzordnung (InsO)) als auch in der Überschuldung (§ 19 InsO) begründet sein. Die Zahlungsunfähigkeit und die Überschuldung lösen nach § 15a InsO eine Antragspflicht aus, welcher spätestens drei Wochen nach Eintritt genügt werden muss. Sowohl die Information über die (drohende) Zahlungsunfähigkeit als auch über die Überschuldung sind für den verständigen Anleger von besonderem Interesse, da sie unmittelbar die wirtschaftliche Lage des Unternehmens widerspiegeln und sich danach die Zukunft des Unternehmens richtet. Im Fall der Überschuldung muss der Vorstand bereits eine negative Fortführungsprognose i.S.d. § 19 Abs. 2 InsO getroffen haben, was für den Anleger den Totalverlust bedeuten kann.

Kurserheblich sein können aber auch Vorfeldtatbestände wie eine Zahlungsstockung oder ein Liquiditätsengpass, sofern die finanziellen Schwierigkeiten des Emittenten in diesem Ausmaß nicht im Kapitalmarkt bekannt waren.

Als weitere potenzielle Insiderinformationen im Falle einer Krise sind zudem der Verlust der Hälfte des Grundkapitals (§ 92 Abs. 1 AktG), die lediglich bilanzielle Überschuldung oder die Kündigung wesentlicher Kreditlinien zu nennen.

Inwieweit der Stellung des Insolvenzantrags und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens selbst noch der Charakter einer Insiderinformation zukommt, dürfte vor allem davon abhängen, ob dem Markt das Vorliegen eines Insolvenzgrundes bereits bekannt war oder er davon ausgehen musste, dass ein solcher alsbald vorliegen würde.

Aufschiebende und auflösende Bedingungen

Aufschiebende und auflösende Bedingungen spielen häufig eine wichtige Rolle beim Abschluss bedeutsamer Verträge, etwa weil eine erforderliche Finanzierung noch sichergestellt werden muss oder die Durchführbarkeit des Vorhabens von Genehmigungen Dritter abhängig ist wie beispielsweise bei Kartellvorbehalten. Bei solchen Vorhaben ist davon auszugehen, dass es sich um gestreckte Sachverhalte handelt, deren Endergebnis die Umsetzung der mit dem Vertragsschluss vereinbarten Transaktion ist. Aufschiebende und auflösende Bedingungen haben insoweit Einfluss auf den Entstehungszeitpunkt der Insiderinformationen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Abschnitt I.2.1.4.3 verwiesen. Wurde beispielsweise ein Vertrag zum Erwerb einer bedeutenden Immobilie unterzeichnet und steht dieser noch unter dem Vorbehalt der Finanzierungszusage eines Kreditinstituts, wirkt sich dieser Vorbehalt auf die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Endereignisses – den Eigentumserwerb – aus. Sind die Finanzierungsverhandlungen bereits so weit vorangeschritten, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann, dass diese positiv abgeschlossen werden, ist auch im Hinblick auf das Endereignis von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit auszugehen.

Gleiches gilt für den Fall, dass eine M&A-Transaktion unter dem Vorbehalt der Genehmigung von Kartellbehörden steht. Zu beachten ist, dass der Vertragsschluss regelmäßig selbst ein wichtiger Zwischenschritt zur Umsetzung des geplanten Vorhabens sein und bereits aus diesem Grund eine Insiderinformation darstellen kann.

Interne Gremienvorbehalte

Häufig bedürfen vom Geschäftsführungsorgan eines Emittenten getroffene Entscheidungen oder abgeschlossene Verträge der Zustimmung durch ein anderes Organ des Emittenten, wie etwa den Aufsichtsrat. Beschlüsse des Vorstands vor Entscheidung durch die zuständigen Gremien können daher eine Insiderinformation in Form eines Zwischenschritts sein. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Abschnitt I.2.1.4.3 verwiesen. Kann der Vorstand zum Zeitpunkt seines Beschlusses bereits mit überwiegender Wahrscheinlichkeit damit rechnen, dass der Aufsichtsrat dem geplanten Vorhaben zustimmt, ist vom Vorliegen einer Insiderinformation in Form eines zukünftigen Ereignisses, nämlich der Durchführung des Vorhabens, auszugehen.

Wurde beispielsweise ein Vertrag zum Erwerb einer bedeutenden Immobilie unterzeichnet und muss für die Wirksamkeit des Vertrages der Aufsichtsrat noch zustimmen, wirkt sich dieser Zustimmungsvorbehalt auf die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Endereignisses – den Eigentumserwerb – aus. Auch hier gilt, dass die Realisierung des Endereignisses schon mit dem Vorstandsbeschluss zum Vertrag (oder dessen Unterzeichnung) überwiegend wahrscheinlich geworden ist, wenn erwartet werden kann, dass der Aufsichtsrat zustimmt. Diesbezüglich kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.

Verknüpfte Insiderinformationen

Sofern Sachverhalte mehrere potenzielle Insiderinformationen enthalten, ist für jeden in Betracht kommenden Umstand zu prüfen, inwieweit die Voraussetzungen einer Insiderinformation vorliegen. Es gibt aber auch Fälle, in denen die potenziellen Insiderinformationen miteinander verknüpft sind, etwa weil die eine nicht ohne die andere entstanden wäre, aber dann ggf. auch ohne die erste fortbesteht.

Beispiel:
Verknüpft ein Emittent ein Übernahmeangebot mit der Erhöhung der Dividende, um die zusätzlich zur Barkomponente angebotenen eigenen Aktien attraktiver zu machen, ist zu prüfen, ob die in Aussicht gestellte Dividendenerhöhung als eigenständige Insiderinformation zu bewerten oder aufgrund des sachlichen Zusammenhangs als Teil der „Gesamtinformation Übernahmeangebot“ anzusehen ist. Dies ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalles zu bewerten. Sollten etwa Angebot und Dividendenerhöhung getrennt beschlossen worden sein und unabhängig voneinander Geltung haben, dürfte dies für das Vorliegen zweier potenzieller Insiderinformationen sprechen. Demgegenüber dürfte von einer Insiderinformation in Form einer Gesamtinformation auszugehen sein, soweit die Entscheidung zur Erhöhung der Dividende zeitlich zusammen mit der Entscheidung zur Abgabe des Angebots erfolgte und beide Sachverhalte als sachlich miteinander verknüpft gelten können, weil die Dividendenerhöhung unter der Bedingung einer erfolgreichen Übernahme beschlossen wurde.

Ein weiteres Beispiel ist etwa der Beschluss einer Strategieänderung mit der Folge geringerer Erträge im laufenden Geschäftsjahr, die ggf. eine Prognoseanpassung oder sogar Gewinnwarnung zur Folge haben kann, oder die Kapitalerhöhung zum Zwecke der Finanzierung einer M&A-Transaktion.

Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass aufgrund der Vielfalt der denkbaren Konstellationen keine allgemeingültige Vorgehensweise darstellbar ist, sondern eine Lösung jeweils nur im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung erfolgen kann.

Beispiele potenzieller Insiderinformationen

Ein allgemeinverbindlicher und vollständiger Katalog potenzieller Insiderinformationen lässt sich nicht aufstellen. Auch die nachstehenden Beispiele können nur als Empfehlung verstanden werden. Die Beispiele sind also nicht dahingehend zu verstehen, dass bei ihrem Vorliegen automatisch die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung besteht. Vielmehr kommt es auch bei diesen Tatbeständen stets auf die konkreten Umstände an.

So scheidet eine erhebliche Kursrelevanz aus, wenn eine Information in der konkreten Situation ohne besondere Bedeutung für den Emittenten als Gesamtunternehmen ist (z.B. Verschmelzung einer unbedeutenden Konzerntochter). Ferner ist die Frage, ob eine Information ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial besitzt, von Faktoren wie Größe und Struktur des Unternehmens, Branche, Wettbewerbssituation, Markterwartungen etc. abhängig.

In folgenden Fallkonstellationen ist in der Regel ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial gegeben:

  • Umstrukturierungen des Geschäftsmodells durch z. B. die Aufgabe oder Aufnahme von alten/neuen Kerngeschäftsfeldern,
  • bedeutende Umstrukturierungen wie z. B. Verschmelzungen, Eingliederungen, Ausgliederungen, Umwandlungen, Spaltungen innerhalb eines Konzerns oder unter Beteiligung anderer Unternehmen,
  • wesentliche Änderungen in der Aktionärsstruktur,12
  • Squeeze-Out,
  • Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsverträge bzw. Verlustübernahmezusagen,13
  • Abschluss, Änderung oder Kündigung besonders bedeutender Vertragsverhältnisse wie z. B. der Erhalt/Verlust eines Großauftrags, Kauf/Verkauf eines bedeutenden Vermögenswerts (z.B. Immobilie, Tochtergesellschaft), Abschluss bedeutender Lizenzvereinbarungen,
  • Abschluss bedeutender Finanzierungsverträge, Kündigung wichtiger Kredite bzw. deren Prolongation zu neuen, deutlich von den alten abweichenden Konditionen (insb. Zinssatz),
  • bedeutende Kapitalmaßnahmen wie beispielsweise Kapitalerhöhungen, Kapitalschnitte, Aktienrückkauf, Begebung von Wandelschuldverschreibungen,14
  • wesentliche Änderung im Zusammenhang mit erwarteten bzw. neu zu erwartenden Dividenden, überraschende Änderung der Dividendenpolitik,15
  • Verdacht auf Bilanzmanipulation, Ankündigung der Verweigerung des Jahresabschlusstestats durch den Wirtschaftsprüfer, überraschender Wechsel des Wirtschaftsprüfers,
  • Ausfall wesentlicher Schuldner,
  • wesentliche Änderungen eines Ratings in Bezug auf den Emittenten oder die von ihm begebenen Finanzinstrumente,
  • bedeutende Erfindungen, Erteilung bedeutender Patente und Gewährung wichtiger (aktiver/passiver) Lizenzen,
  • maßgebliche Produkthaftungs- oder Umweltschadensfälle, plötzliche Rohstoffentwicklungen,
  • Rechtsstreitigkeiten von besonderer Bedeutung,
  • Antrag des Emittenten auf Widerruf der Zulassung zum Handel am organisierten Markt, MTF oder OTF, wenn nicht noch an einem anderen inländischen Handelsplatz eine Zulassung bzw. Einbeziehung mit Zustimmung des Emittenten aufrechterhalten wird.

Nichtdividendenwerte

Die Bewertung, welche Informationen ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial besitzen, hat auch auf der Grundlage zu erfolgen, welcher Gattung die Finanzinstrumente angehören, die zum Börsenhandel zugelassen sind.

Umstände, die ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial bei festverzinslichen Wertpapieren begründen können, dürften im Grundsatz seltener anzunehmen sein als bei börsengehandelten Aktien. Zu den in Bezug auf herkömmliche Schuldverschreibungen16 potenziell kurserheblichen Umständen dürfte z.B. gehören, wenn der Emittent seiner mit dem Finanzinstrument verbundenen Verpflichtung (z.B. Rückzahlung, Zinszahlung) nicht mehr nachkommen kann oder diese aufgrund der der Information zu Grunde liegenden Umstände beeinträchtigt wäre. Gleiches gilt für eine vorzeitige Kündigung oder Änderungen beim Rückkaufpreis. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Kündigung vom Markt erwartet wird, beispielsweise weil die Anleihebedingungen nach Verstreichen eines bestimmten Kündigungstermins eine Erhöhung des Zinssatzes vorsehen. In diesem Fall könnte die Nichtausübung des Kündigungsrechts ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial begründen.

Soweit die Rendite eines Genussscheines z.B. davon abhängt, dass der Emittent keinen Bilanzverlust erleidet, kann eine Insiderinformation beispielsweise dann vorliegen, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass ein Bilanzverlust eintritt.

Insiderinformationen in Bezug auf Kredit- und Finanzinstitute

Für Kredit- und Finanzinstitute, deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind oder deren Finanzinstrumente in den Handel an einem MTF oder OTF einbezogen sind, ist auf die Bedeutung ausgewählter institutsspezifischer Kennzahlen hinzuweisen. Hierbei ist vor allem an den Provisions- und Zinsüberschuss und die Risikovorsorge sowie Kennzahlen zum Eigenkapital zu denken, insbesondere die harte Eigenkapitalquote (CET1), die Leverage Ratio (ungewichtete Eigenmittelquote, auch als Verschuldungsgrad bezeichnet) sowie die Liquiditätsreserve. Als Insiderinformation kommt weiterhin die Änderung des Ratings der Institute in Betracht.

Darüber hinaus stellt sich die Frage des Vorliegens einer Insiderinformation schließlich in den Fällen, in denen die Institute von behördlichen Maßnahmen betroffen sind. Dies ist eine Frage des Einzelfalles, die auch von der Art der behördlichen Maßnahme abhängt. Bereits ESMA stellt in ihren Q&A zur MAR klar, dass Institute zu prüfen haben, ob auch die mitgeteilten Ergebnisse im Rahmen der behördlichen Überprüfung und Bewertung nach Art. 97 der Richtlinie 2013/36/EU17 bzw. der Festsetzung der institutsspezifischen MREL18-Mindestanforderungen nach der Richtlinie 2014/59/EU eine Insiderinformation darstellen können.19

Aufgrund der Vielzahl der Fallgestaltungen ist hier keine abschließende Aufzählung oder gar Bewertung möglich. Vielmehr ist anhand des jeweiligen Einzelfalls konkret zu untersuchen, ob Insiderinformationen entstanden sein könnten.

Insiderinformationen in Bezug auf Organismen für gemeinsame Anlagen

Insiderinformationen können sich auch in Bezug auf Investmentvermögen ergeben, wenn die entsprechenden Anteile zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind oder an einem MTF oder OTF gehandelt werden.

Denkbare Insiderinformationen sind hier beispielsweise Umstände, die einen erheblichen Einfluss auf die Bewertung der Vermögensgegenstände des Investmentvermögens und damit auf den Net Asset Value (NAV) haben oder unerwartete Umstände in Bezug auf die Schaffung neuer Anteile oder die Rücknahme bestehender Anteile, z.B. Umstände, aufgrund derer die Anteile an dem betreffenden Investmentvermögen nicht neu ausgegeben oder zurückgenommen werden können. ESMA hat hierzu Q&A veröffentlicht.20

Fußnoten:

  1. 1 ESMA, Final Report, Draft technical standards on the Market Abuse Regulation, 28. September 2015, ESMA/2015/1455/ Rn.188.
  2. 2 EuGH, Urt. vom 11.03.2015 – C-628/13, abrufbar unter https://curia.europa.eu.
  3. 3 Richtlinie 2003/124/EG der Kommission vom 22. Dezember 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Begriffsbestimmung und die Veröffentlichung von Insider-Informationen und die Begriffsbestimmung der Marktmanipulation, ABl. EU Nr. L 339, S. 70.
  4. 4 EuGH, Urt. vom 28.06.2012 – C-19/11.
  5. 5 Vgl. insoweit auch Erwägungsgrund 16 der MAR.
  6. 6 Zur unverzüglichen Veröffentlichung siehe Abschnitt I.3, insbesondere I.3.2 und I.3.4; zum Aufschub siehe Abschnitt I.3.3.
  7. 7 BGH, Beschluss vom 23.04.2013 – II ZB 7/09 Rn. 24.
  8. 8 BGH, Beschluss vom 23.04.2013 – II ZB 7/09 Rn. 25.
  9. 9 Mergers & Acquisitions.
  10. 10 I. S. v. zukunftsgerichteten Aussagen z.B. in Bezug auf das Ergebnis und sonstige Kennzahlen des Emittenten, wie etwa Gewinn- und Verlustprognosen und Prognosen zu Auftragseingang und –bestand sowie Cashflow-Kennzahlen.
  11. 11 Siehe hierzu auch Abschnitt I.2.1.5.1.
  12. 12 Nicht jede Änderung in der Aktionärsstruktur, die zu einer Stimmrechtsmitteilungspflicht führt, stellt auch eine veröffentlichungspflichtige Insiderinformation dar.
  13. 13 Bei Vorliegen eines Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrages können Aktien den Charakter einer Anleihe annehmen. In diesen Fällen ist das Kursbeeinflussungspotenzial z.B. von Geschäftszahlen ggf. deutlich reduziert.
  14. 14 Siehe hierzu Abschnitt I.2.1.5.4.
  15. 15 Siehe hierzu Abschnitt I.2.1.5.3.
  16. 16 Nichtdividendenwerte, deren Rendite nicht vom wirtschaftlichen Ergebnis des Emittenten abhängt (z.B. fest- oder variabel verzinsliche Wertpapiere, Pfandbriefe).
  17. 17 Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG, ABl. EU Nr. L 176, S. 338, zuletzt geändert durch Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018, ABl. EU Nr. L 156, S. 43.
  18. 18 Minimum requirement for own funds and eligible liabilities.
  19. 19 ESMA Questions and Answers On the Market Abuse Regulation (ESMA70-145-111), Q5.1.
  20. 20 ESMA Questions and Answers On the Market Abuse Regulation (ESMA70-145-111), Q5.6, Q5.7.

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