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Thema Informationspflichten für Emittenten Mitteilungspflichten beim Halten von Instrumenten (§ 38 WpHG)

Beitrag aus dem Emittentenleitfaden der BaFin

Instrumente

Mitteilungspflichten bestehen beim unmittelbaren oder mittelbaren Halten von Instrumenten1, die ihrem Inhaber das Recht verleihen, einseitig im Rahmen einer rechtlich bindenden Vereinbarung mit Stimmrechten verbundene und bereits ausgegebene Aktien eines Emittenten, für den die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, zu erwerben oder ihm ein entsprechendes Ermessen auf Erwerb solcher Aktien einräumen (§ 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG) sowie für Instrumente, die eine vergleichbare wirtschaftliche Wirkung haben (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG). Mit Inkrafttreten des TRL-ÄndRL-UmsG zum 26. November 2015 wurden die bisher in den §§ 25 und 25a WpHG a.F. geregelten Mitteilungspflichten in den neuen § 38 WpHG überführt. Dabei entsprechen § 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG dem § 25 WpHG a.F. und § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG dem § 25a WpHG a.F.

Während die frühere Regelung des § 38 WpHG auf die Möglichkeit des Aktienerwerbs abstellte, kommt es nach der neuen Regelung in § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG auf den vergleichbaren wirtschaftlichen Effekt eines Instruments mit einem Recht zum Erwerb von Aktien an. Im Ergebnis ist hiermit aber keine inhaltliche Abweichung zur bisherigen Regelung verbunden.2 Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist also nach wie vor sehr weit. Nach der Gesetzesbegründung zu § 25a WpHG a.F. werden sämtliche Instrumente erfasst, die einen Erwerb von Aktien mit Stimmrechten faktisch oder wirtschaftlich ermöglichen.3 Ausreichend ist es, wenn der Erwerb aus der wirtschaftlichen Logik des Instruments erfolgen könnte.4 Der Begriff „Instrument“ wird in § 38 WpHG bewusst nicht definiert, um so sämtliche Sachverhalte zu erfassen, die einen vergleichbaren wirtschaftlichen Effekt wie Instrumente nach § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG haben. Als Instrumente werden insbesondere Call- und Put-Optionen, Terminkontrakte und Differenzgeschäfte (Contracts for Difference) erfasst.

Eine Abweichung von der alten Rechtslage ergab sich allerdings bei Instrumenten, deren Settlement durch Barausgleich erfolgt: Muss bei Instrumenten grundsätzlich die Anzahl der zugrundeliegenden Aktien bei der Berechnung nach § 38 Abs. 3 Satz 1 WpHG herangezogen werden, so ist die Anzahl der Aktien bei Instrumenten mit einem ausschließlichen Barausgleich nach § 38 Abs. 3 Satz 2 WpHG allein auf einer deltaadjustierten Basis zu berechnen. Die Einzelheiten einer deltaadjustierten Berechnung sind in Art. 5 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/761 der Kommission vom 17. Dezember 2014 geregelt. Danach ist bei der Berechnung vor allem eine allgemein anerkannte Berechnungsmethode anzuwenden, die der Ausgestaltung des Instruments gerecht wird und durchgehend für die Berechnung angewendet wird. Für die weiteren Voraussetzungen, insbesondere die für die Berechnung zu berücksichtigenden Faktoren, wird auf Art. 5 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/761 der Kommission vom 17. Dezember 2014 verwiesen.

Eine abschließende Aufzählung der von § 38 WpHG erfassten Instrumente ist nicht möglich. Die Aufzählung des Art. 13 Abs. 1b der TRL-ÄndRL, die im § 38 Abs. 2 WpHG aufgenommen wurde, hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ebenso ist die seitens ESMA geführte und veröffentlichte indikative Liste von meldepflichtigen Finanzinstrumenten („Indicative list of financial instruments that are subject to notification requirements according to Article 13(1b) of the revised Transparency Directive“) nicht abschließend.

Im Folgenden wird daher nur auf einige typische Fallkonstellationen und Instrumente eingegangen.

Instrumente nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG

  • Termingeschäfte

    Typische Instrumente im Sinne von § 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG sind Termingeschäfte in Form von Forwards/Futures und Call-Optionen, sofern nicht (nur) das Recht auf einen Barausgleich, sondern (auch) auf Lieferung der Aktien besteht. Unerheblich ist für die Eigenschaft als Instrument hingegen, ob das Instrument fungibel ist oder ob die Option während der gesamten Laufzeit (Amerikanische Option) oder nur innerhalb eines bestimmten Zeitraums oder zu einem bestimmten Zeitpunkt (Europäische Option) ausgeübt werden kann. Sobald der Meldepflichtige Instrumente in schwellenrelevanter Höhe unmittelbar oder mittelbar hält, kann es zu einer Schwellenberührung kommen, auch wenn der Ausübungszeitraum noch nicht erreicht ist.

  • Wertpapierdarlehen und Repo-Geschäfte

    Rückforderungsansprüche aus Wertpapierdarlehen und Repo-Geschäften können ebenfalls in den Anwendungsbereich des § 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG fallen. Dies gilt allerdings nur insoweit, als die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, insbesondere also die Rückforderung nur vom Anspruchsinhaber oder Zeitablauf abhängt. Dies ist z.B. beim unechten Pensionsgeschäft (§ 340b Abs. 3 HGB) nicht der Fall. In diesen Fällen kommt jedoch eine Anwendung des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG in Betracht.
    Ein allgemeines Problem ergibt sich im Zusammenhang mit § 33 Abs. 3 WpHG, auf Grund dessen auf den Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts abgestellt wird: Auf Grund von § 33 Abs. 3 WpHG fallen beim Verleiher die Schwellenberührungsdaten der Mitteilungen nach § 33 WpHG und § 38 WpHG an sich auseinander, da der Rückforderungsanspruch erst mit der Lieferung (= Verfügung) der zu entleihenden Aktien entsteht. Um eine künstliche Aufspaltung des einheitlichen Sachverhalts der Wertpapierleihe durch zwei eng aufeinanderfolgende Mitteilungen zu vermeiden, lässt die Bundesanstalt es zu, das Datum der Schwellenberührung aus dem Rückforderungsanspruch der Wertpapierleihe auf das Datum der Schwellenberührung nach § 33 WpHG vorzuverlegen.

  • Aufschiebend bedingte Kaufverträge

    Häufig enthalten Kaufverträge, wie z.B. M&A-Verträge, aufschiebende Bedingungen. Wie bei den Termingeschäften hängt hier eine Meldepflicht nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG davon ab, inwieweit der Käufer den Bedingungseintritt einseitig herbeiführen bzw. einseitig auf die Bedingung verzichten kann. Ist eine Anwendbarkeit von § 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG zu verneinen, sind in diesen Fällen immer noch die Voraussetzungen von § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG zu prüfen5.

Instrumente nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG

  • Instrumente mit Barausgleich

    Zu nennen sind hier in nicht abschließender Aufzählung finanzielle Differenzgeschäfte (Contracts for Difference), Swaps (insbesondere Cash Settled Equity Swaps) sowie Call-Optionen und Futures/Forwards, sofern diese ausschließlich auf Barausgleich lauten. Unerheblich ist, inwieweit tatsächlich eine Absicherung durch die Gegenseite stattfindet.

  • Instrumente mit Recht oder Pflicht zum Erwerb

    Hierunter fallen insbesondere die nicht bereits unter § 38 WpHG fallenden Call-Optionen und Futures/Forwards, die eine physische Lieferung der Aktien vorsehen, diese aber noch unter einer weiteren aufschiebenden Bedingung stehen, deren Eintritt der Halter der Call-Option oder des Futures/Forwards nicht einseitig herbeiführen kann.
    Erfasst werden aber auch die Stillhalterpositionen bei Put-Optionen, die eine physische Lieferung der Aktie vorsehen.

  • Aktienkörbe (Baskets) und Indizes

    Aktienkörbe und Indizes können Instrumente darstellen. Nach Art. 4 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/761 der Kommission vom 17. Dezember 2014 sind Anteile von Aktien an Aktienkörben und Indizes nur zu berücksichtigen, wenn entweder die Stimmrechte an einem bestimmten Emittenten, die über Instrumente gehalten werden, die sich auf den Aktienkorb oder den Index beziehen, mindestens ein Prozent der mit Aktien verbundenen Stimmrechte des Emittenten ausmachen oder der Wert der Aktien des Emittenten mindestens 20 Prozent des Gesamtwertes des Aktienkorbs oder des Indizes ausmachen.

  • Wandelanleihen

    Da Instrumente im Sinne von § 38 WpHG sich auf bereits ausgegebene Aktien beziehen müssen, fallen Wandelschuldverschreibungen nur dann in den Anwendungsbereich der Vorschrift, wenn der Emittent bei Ausübung des Wandlungsrechts durch den Anleihegläubiger die Anleihe mit eigenen Aktien bedienen kann. Da der Inhaber des Wandlungsrechts aber in der Regel nicht das einseitige Recht besitzt, bereits ausgegebene Aktien zu erwerben, unterfallen dann diese Instrumente der Meldepflicht des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG.

  • Unechte Pensionsgeschäfte

    Im Gegensatz zum echten Pensionsgeschäft (§ 340b Abs. 2 HGB) besteht beim unechten Pensionsgeschäft (§ 340b Abs. 3 HGB) für den Pensionsnehmer keine Rückübertragungspflicht der zuvor erworbenen Aktien. Der Pensionsnehmer ist lediglich berechtigt, die Aktien zurück zu übertragen. Insofern ähnelt das unechte Pensionsgeschäft einer physischen Put-Option und unterfällt damit § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG.

  • Put-Optionen mit Barausgleich

    Put-Optionen mit Barausgleich sind beim Stillhalter nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG zu berücksichtigen. Mit dem Abschluss von Put-Optionen kann der Stillhalter die Gegenpartei in die Lage versetzen, eine Position in der betreffenden Aktie aufzubauen, auf die der Stillhalter später dann zugreifen kann.

  • Ketten-Finanzinstrumente

    Auch sog. Ketten-Finanzinstrumente sind in der Regel Instrumente im Sinne von § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG. Als Ketten-Finanzinstrumente werden dabei solche Instrumente bezeichnet, deren Ausübung zunächst zum Erwerb eines anderen Instruments führt und erst dessen Ausübung zu einem Erwerb von mit Stimmrechten verbundenen Aktien führt, z.B. Vereinbarung einer Option mit einem Future als Basiswert.

Weitere Instrumente

  • sog. „Holding“-Fall

    Als Instrument sieht es die Bundesanstalt in ihrer ständigen Verwaltungspraxis an, wenn ein (ggf. aufschiebend bedingtes) Recht zum Erwerb der Mehrheit an einer (Holding-)Gesellschaft, die ihrerseits einen meldepflichtigen Anteil stimmberechtigter Aktien eines Emittenten hält, oder ein Aussonderungsrecht an den von der (Holding-)Gesellschaft gehaltenen Aktien (wie z.B. bei einem treuhänderischen Halten der Aktien durch die Gesellschaft für die Gesellschafter, § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG) besteht. Nach Vollzug des Erwerbs wird der Erwerber beherrschendes Unternehmen und ihm werden die Stimmrechte der (Holding-)Gesellschaft in voller Höhe zugerechnet. In der Zeit vor Vollzug des Erwerbs ist das Recht zum Erwerb der Mehrheit an der (Holding-)Gesellschaft ein meldepflichtiges Instrument in Höhe des Stimmrechtsanteils der Holding an dem Emittenten.

  • Irrevocables

    Sog. Irrevocables (oder auch Irrevocable Undertakings) spielen insbesondere bei Unternehmensübernahmen eine Rolle und bedeuten in diesem Zusammenhang die unwiderrufliche Zusage zur Annahme eines Angebots i.S.d. WpÜG. In der Praxis fallen Irrevocables in der Regel unter die Meldepflicht des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, da sie häufig dem Berechtigten (bei Übernahmeangeboten dem Bieter) kein einseitiges, unbedingtes Erwerbsrecht auf die unter das Irrevocable fallenden Aktien einräumen. Andernfalls ist § 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG einschlägig.

  • Annahmen von Übernahmeangeboten nach dem WpÜG / Wasserstandsmeldungen

    Bis zur Umsetzung der TRL-ÄndRL im November 2015 war gesetzlich verankert, dass die Annahme von Übernahmeangeboten nach dem WpÜG, mit der ein aufschiebend bedingter Kaufvertrag über die dem Bieter angedienten Aktien entsprechend den Bedingungen der Angebotsunterlage zwischen Bieter und Aktionär zustande kommt, für den Bieter kein meldepflichtiges Instrument darstellt, weil der Bieter die Stimmrechtsanteile der ihm angedienten Aktien gemäß § 23 WpÜG veröffentlicht. Trotz des Wegfalls der entsprechenden Regelung geht die Bundesanstalt in ihrer ständigen Verwaltungspraxis weiterhin davon aus, dass für den Bieter in diesem Fall keine Mitteilungspflicht besteht, da die Begründung für die Ausnahme weiterhin Bestand hat und auf Grund der Veröffentlichungspflichten nach dem WpÜG aus Transparenzgründen kein Bedürfnis besteht nach einer parallelen Offenlegungspflicht nach dem WpHG.

  • Vorkaufsrechte im Rahmen von Gesellschaftervereinbarungen

    Häufig enthalten Gesellschaftervereinbarungen (insbesondere Joint Ventures / Stimmrechts-konsortien / Familien-Pools) eine Reihe von Erwerbs- oder Veräußerungsvereinbarungen zwischen den Gesellschaftern. Solche Vereinbarungen können Instrumente darstellen, wenn sie das Recht der übrigen Gesellschafter auf den Erwerb von stimmberechtigten Aktien gewähren (Regelbeispiel nach § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG, sofern nicht bereits ein Fall von § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG vorliegt). Bezieht sich das Vorkaufsrecht hingegen auf Anteile an einer (Holding-)Gesellschaft, die ihrerseits die meldepflichtigen Stimmrechtsanteile hält, so besteht in Übereinstimmung mit der Verwaltungspraxis zum oben erwähnten „Holding-Fall“ grundsätzlich eine Meldepflicht gemäß § 38 WpHG, weil jeder Vorkaufsberechtigte mit dem möglichen Erwerb der übrigen Gesellschafteranteile Mehrheitsgesellschafter der Gesellschaft werden kann (§ 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG); gleiches gilt, wenn der vorkaufsberechtigte Gesellschafter ein Aussonderungsrecht an den von der (Holding-)Gesellschaft gehaltenen Aktien erhält. Geheimhaltungsklauseln in den Gesellschaftervereinbarungen sind in diesem Zusammenhang unerheblich.
    In der Praxis spielen Vorkaufsrechte in Gesellschaftervereinbarungen, die darauf abzielen, einen Aktienbestand in einem Familienverband zu halten, eine Sonderrolle. Um den Einfluss einer Familie auf eine börsennotierte Gesellschaft auch für zukünftige Generationen zu sichern, werden Aktien zumeist in einem Familienpool oder in Holdinggesellschaften gebündelt und den anderen Mitgliedern bzw. Gesellschaftern Vorkaufsrechte auf die Aktien oder Gesellschaftsanteile für den Fall eines Pool- oder Gesellschafteraustritts eingeräumt. Die Bundesanstalt geht in diesen Fällen nicht (mehr) von einem grundsätzlich meldepflichtigen Instrument aus, und zwar unabhängig davon, inwieweit den Gesellschaftern die Stimmrechte bereits ohnehin nach § 34 WpHG, insbesondere nach § 34 Abs. 2 WpHG, zuzurechnen sind. Die Übertragbarkeit auf andere Konstellationen ist eine Frage des Einzelfalls und sollte mit der Bundesanstalt im Vorfeld frühzeitig abgestimmt werden.

  • Tag-along- und Drag-along-Klauseln

    Bei Tag-along-Klauseln handelt es sich um Mitveräußerungsrechte für einen Gesellschafter, wenn der andere Gesellschafter (häufig der Mehrheitsgesellschafter) seine mit Stimmrechten verbundenen Aktien veräußern will. Bei Drag-along-Klauseln handelt es sich dagegen um Mitveräußerungspflichten. Aus Sicht des Berechtigten bzw. Verpflichteten sind diese Klauseln im Hinblick auf § 38 WpHG unerheblich.
    Dies gilt auch aus Sicht des veräußerungswilligen Gesellschafters, da er zwar aus seiner Sicht durch den Verkauf seiner Aktien den Erwerb von mit Stimmrechten verbundenen Aktien durch einen Dritten ermöglicht, dieser Fall einer Erwerbsmöglichkeit durch einen Dritten im Gegensatz zu § 25a WpHG a.F. von § 38 WpHG nicht erfasst wird. Eine Mitteilungspflicht kann in diesen Fällen nur für den Dritten selbst entstehen.

  • Rahmenverträge

    Bei komplexen Transaktionen oder Transaktionen, die mehrere Teilausführungen beinhalten, werden häufig Rahmenverträge zwischen den Parteien abgeschlossen, die grundlegende Regelungen in Bezug auf die Gesamttransaktion enthalten und die Klammer für die Ausführung der Einzeltransaktionen bilden. Sofern diese Verträge sich auf Instrumente beziehen (Optionen, Contracts for Difference etc.) und die wesentlichen Regelungen in Bezug auf Instrumente beinhalten, insbesondere die (maximale) Höhe der erwerbbaren Aktien, kann bereits der Abschluss eines solchen Rahmenvertrags ein meldepflichtiges Instrument nach § 38 WpHG darstellen.

  • Pfandrecht an Aktien

    Das Pfandrecht an Aktien stellt auch im Fall des gewerblichen Pfandrechts nach § 1259 BGB, in dem ein Aneignungsrecht des Pfandinhabers anstelle des Verwertungsrechts durch Verkauf besteht, kein Instrument nach § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG mehr dar, da Pfandrechte ausschließlich zur Sicherung von anders begründeten Ansprüchen vereinbart werden und der Pfandgläubiger regelmäßig nicht zur Ausübung der Stimmrechte berechtigt sein soll.6

  • Abfindungs-/Tauschangebote in Beherrschungs- und Gewinnabführungsvereinbarungen, Verschmelzungsverträgen o.ä.

    Nach der Verwaltungspraxis der Bundesanstalt werden auch Beherrschungs- und Gewinnabführungsvereinbarungen nicht von § 38 WpHG erfasst. Eine solche Vereinbarung in Bezug auf einen Emittenten löst zwar nach § 305 Abs. 1 AktG die Pflicht aus, auf Verlangen der übrigen Aktionäre deren Aktien gegen eine festgelegte Barabfindung zu erwerben. Ein unbemerkter Beteiligungsaufbau ist in diesem Zusammenhang jedoch fernliegend, da die Aktionäre dem Gewinnabführungs- bzw. Beherrschungsvertrag in der Hauptversammlung mit einer Beschlussmehrheit von 75 Prozent zustimmen müssen und die Vereinbarung in das Handelsregister einzutragen ist (§ 294 AktG). Damit besteht kein Bedürfnis für eine zusätzliche Offenlegungspflicht über § 38 WpHG. Der Fall ähnelt insofern der Abgabe eines Angebots nach dem WpÜG, den der Gesetzgeber von § 25a WpHG a.F. ausgenommen hatte (§ 25a Abs. 1 Satz 4 WpHG a.F.).

    Entsprechendes gilt für andere gesellschaftsrechtliche Abfindungsangebote, beispielsweise bei Verschmelzungen o.ä., sofern die registerrechtliche Transparenz dieser Angebote gewährleistet ist.

  • Letter of Intent, Memorandum of Understanding, Term Sheets, Gentlemen’s Agreement

    Letter of Intent, Memorandum of Understanding und sog. Term Sheets enthalten typischerweise im Vorfeld eines Vertragsabschlusses die Vereinbarung bestimmter Rahmendaten für die sich anschließenden Vertragsverhandlungen, beispielsweise die Vereinbarung von Vertraulichkeit, Gewährung einer Due Diligence, ggf. Exklusivität der Verhandlungen in einem festgelegten Zeitraum o.ä. Nach der Verwaltungspraxis der Bundesanstalt sind in solchen vorvertraglichen Vereinbarungen, auch wenn sie sich auf den beabsichtigten Erwerb eines melderelevanten Aktienpaketes beziehen, regelmäßig keine Instrumente zu sehen, da ein Erwerb in Bezug auf den Gegenstand der nachfolgenden Verhandlungen noch zu fernliegend ist. Anders kann dies zu bewerten sein, wenn die Vereinbarung dazu führt, dass die andere Seite die Abnahme von Aktien als wahrscheinlich auffassen kann. Insofern können insbesondere auch scheinbar unverbindliche, vor Gericht nicht durchsetzbare Vereinbarungen (Gentlemen’s Agreements) als Instrument gelten, wenn auf Grund der Vereinbarung davon ausgegangen werden kann, dass es zu dem beabsichtigten Erwerb von Aktien kommen wird.

  • Aktienemissionen und Initial Public Offerings (IPOs)

    Aktienemissionen und IPOs (mit oder ohne Neu-Emission von Aktien) stellen selbst kein Instrument dar, sondern umfassen eine Vielzahl an unterschiedlichen Einzelvereinbarungen, die mehrere Meldetatbestände erfüllen können. Für die Frage, ob und für wen (Emissionbank(en), Altaktionäre, Neuaktionäre) welche Meldepflichten ausgelöst werden, ist es ebenfalls zunächst entscheidend, den Sachverhalt genau zu ermitteln, die Eigentumsfragen an den (Neu- und Alt-) Aktien im Laufe der Aktienemission bzw. des IPOs zu klären und erst anschließend eventuelle Meldepflichten nach § 38 WpHG zu prüfen. Auch hier ist die Bezeichnung der Vereinbarungen durch die Parteien nicht immer zutreffend.
    Wichtig im Hinblick auf eventuelle Meldepflichten nach § 38 WpHG ist, zwischen Altaktien und neuen Aktien zu unterscheiden. Wie bei den Wandelanleihen zuvor ausgeführt, besteht eine Meldepflicht nach § 38 WpHG nur dann, wenn sich das Recht zum Erwerb von Aktien auf bereits ausgegebene Aktien bezieht. Übt also bspw. ein Altaktionär noch vor Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung sein Bezugsrecht aus und hält er dementsprechend einen Anspruch auf Bezug von neuen Aktien, löst dies noch keine Meldepflicht nach § 38 WpHG aus. Demgegenüber besitzt aber ein Altaktionär einen meldepflichtigen Rückübertragungsanspruch, wenn er vor Eintragung der Kapitalmaßnahme in das Handelsregister Altaktien im Wege einer Wertpapierleihe an das Bankenkonsortium verliehen hat (Mehrzuteilungsoption, siehe nachfolgend).

  • Mehrzuteilungsoption (Greenshoe-Option)

    Im Zusammenhang mit einem IPO oder der Platzierung von neuen Aktien im Markt durch Emissionsunternehmen wird häufig eine sog. Mehrzuteilungsoption vereinbart, wonach den Emissionsunternehmen Zugriff auf weitere Aktien eingeräumt wird, um eine zusätzliche Nachfrage von Aktien bedienen oder diese zur Kursstabilisierung einsetzen zu können. Diese Möglichkeit des Zugriffs auf weitere Aktien erfolgt in der Regel im Wege einer Wertpapierleihe, was grundsätzlich die Pflicht zur Zurückführung der entliehenen Aktien beinhaltet. Sofern die Emissionsunternehmen Gebrauch von dieser Option machen, kann dies beim Verleiher, i.d.R. einem Altaktionär, Meldepflichten nach §§ 33 und 38 WpHG auslösen. Wegen möglicher Mitteilungspflichten des Emissionsunternehmens ist stets § 36 WpHG zu beachten (siehe I.2.6.3).
    Soweit das Emissionsunternehmen die Greenshoe-Option ausübt, hat es nach den vertraglichen Bedingungen das Wahlrecht, statt Rückführung der entliehenen Aktien einen Barausgleich als Settlement der Wertpapierleihe herbeizuführen. Dies hat für die Meldepflichten des Verleihers (häufig also des Altaktionärs, der seine Aktien zur Verfügung stellt) zur Folge , dass dieser seinen Rückübertragungsanspruch gegen das Emissionsunternehmen als Instrument nach § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG zu melden hat, weil es nicht in seinem Einflussbereich liegt, ob er tatsächlich Aktien (zurück) erhält oder nicht.

  • Instrumente im Zusammenhang mit Prime Brokerage
    Siehe hierzu oben I.2.5.12.5

Sonstige Voraussetzungen

Unmittelbares Halten meint das Halten des Instruments durch dessen Inhaber, d.h., wenn das Instrument im Eigentum einer Person steht. Als mittelbares Halten galt bisher nur das Halten durch Tochterunternehmen sowie durch Verwaltungstreuhänder. Im Rahmen der europäischen Harmonisierung sind neben diesen Tatbeständen in Zukunft auch die Fälle einer Verhaltensabstimmung und einer Bevollmächtigung als mittelbares Halten von Instrumenten von der Mitteilungspflicht des § 38 WpHG erfasst.

Die Mitteilungspflicht besteht beim hypothetischen Erreichen, Überschreiten oder Unterschreiten der Schwellen von 5, 10, 15, 20, 25, 30, 50 oder 75 Prozent, also dann, wenn dem Halter des Instruments das Recht zusteht beziehungsweise nicht mehr zusteht, die entsprechende Menge an mit Stimmrechten verbundenen Aktien zu beziehen.

Auch Überschreitungen oder Unterschreitungen von Meldeschwellen, die innerhalb eines Tages wieder unterschritten bzw. überschritten werden, lösen grundsätzlich eine Mitteilungspflicht nach § 38 WpHG aus. Allerdings lässt die Bundesanstalt in diesen Fällen eine Saldierung in Bezug auf Schwellenüber- oder -unterschreitungen zu. Nicht zulässig ist hingegen eine Saldierung von Long- und Short-Positionen, etwa Call- und Put-Optionen (§ 38 Abs. 4 Satz 2 WpHG).

Beziehen sich verschiedene Instrumente i.S.d. § 38 WpHG auf Aktien des gleichen Emittenten, so muss der Halter der Instrumente die Stimmrechte aus diesen Aktien zusammenrechnen (§ 38 Abs. 4 Satz 1 WpHG).

Sonderfall: Call-Option nach § 34 Abs. 1 Nr. 5 WpHG

Instrumente, die bereits von § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpHG erfasst sind (z.B. dinglich ausgestaltete Call-Optionen) werden bei der Berechnung der Höhe des aggregierten Stimmrechtsanteils nur einmal berücksichtigt. Grundsätzlich stellt jeder Fall des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpHG auch ein Instrument nach § 38 WpHG dar. Umgekehrt ist dies jedoch nicht zwingend der Fall, da für eine Zurechnung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpHG die dingliche Ausgestaltung gegeben sein muss, was § 38 WpHG gerade nicht erfordert.

Sonderfall: Rückübertragungsansprüche aus konzerninternen Wertpapierdarlehensgeschäften

Rückübertragungsansprüche aus Wertpapierdarlehensgeschäften sind grundsätzlich zu kumulieren (§ 38 Abs. 4 Satz 1 WpHG). Die Bundesanstalt lässt hiervon eine Ausnahme in der Form zu, dass nur ein einziger Rückübertragungsanspruch mitzuteilen ist, wenn geliehene Aktien innerhalb eines Konzerns zwischen verschiedenen Konzernunternehmen im Wege weiterer Wertpapierleihgeschäfte quasi weitergereicht werden und dabei die so zwischen den betroffenen Konzernunternehmen entstandenen einzelnen Wertpapierdarlehensgeschäfte faktisch als ein einziges Wertpapierdarlehensgeschäft des Konzerns anzusehen sind. Diese Annahme setzt voraus, dass die einzelnen Wertpapierdarlehensgeschäfte voneinander in ihrem Bestand abhängen. Dazu muss nach den Vereinbarungen oder dem gemeinsamen Verständnis der Parteien sichergestellt sein, dass die Rückübertragung der Aktien vom „Endentleiher“ oder die Rückforderung der Aktien eines Verleihers die sofortige Fälligkeit der übrigen Rückübertragungsansprüche auslöst und dadurch bewirkt, dass die Kette der Wertpapierdarlehensgeschäfte im Ganzen rückabzuwickeln ist. Damit müssen die Wertpapierdarlehen im Wesentlichen denselben Inhalt aufweisen. Weitere Voraussetzung ist dabei, dass die Beteiligten die Wertpapierdarlehenskette von anderen (Wertpapierdarlehens-)Geschäften mit dem gleichen Basiswert unterscheiden können und vor allem eine Verrechnung (Netting) von gegenseitigen Ansprüchen hieraus nicht stattfindet.

Für gehaltene Instrumente gelten die §§ 36, 37 WpHG entsprechend (§ 38 Abs. 1 Satz 2 WpHG).

§ 33 Abs. 2 WpHG gilt ebenfalls für das Halten von Instrumenten zum Zeitpunkt der erstmaligen Zulassung der Aktien zum Handel an einem organisierten Markt.

Fußnoten:

  1. 1 § 38 WpHG spricht nur von „Instrumenten“. Da dies dem Umstand geschuldet ist, dass der Begriff „Finanzinstrumente“ in § 2 Abs. 4 WpHG legaldefiniert wird, dieser für die Zwecke von § 38 WpHG jedoch zu eng ist, wird im Folgenden aus Verständlichkeitsgründen trotzdem der Begriff „Finanzinstrumente“ verwendet, ohne damit Finanzinstrumente im Sinne von § 2 Abs. 4 WpHG zu meinen.
  2. 2 Vgl. BT-Drs. 18/5010, S. 46.
  3. 3 Vgl. BT-Drs. 17/3628, S. 19.
  4. 4 Vgl. BT-Drs. 17/3628, S. 20.
  5. 5 Wegen der Abgrenzung zu § 33 Abs. 3 WpHG siehe oben unter I.2.3.3.2.
  6. 6 siehe hierzu bereits unter I.2.5.3.3.

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Vortrag im Rahmen des BaFin-Workshops zum Modul C des Emittentenleitfadens (22./23. Juni 2020)

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