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Stand:geändert am 07.12.2020 | Thema OTC-Derivate Befreiung von der Clearingpflicht bei Intragruppengeschäften

Mit Beginn der Clearingpflicht haben betroffene finanzielle und nichtfinanzielle Gegenparteien gemäß Art. 4 Abs. 1 EMIR die Pflicht, alle betroffenen OTC-Derivatkontrakte zu clearen. Von der Clearingpflicht können sich die Gegenparteien bei sogenannten konzernintern abgeschlossenen Derivatekontrakte („Intra Group“) unter bestimmten Voraussetzungen befreien lassen, vgl. Art. 4 Abs. 2 EMIR.

Betroffene finanzielle und nichtfinanzielle Gegenparteien können eine generelle Ausnahme von der Clearingpflicht in Anspruch nehmen, wenn es sich um gruppeninterne Geschäfte i.S.d. Art. 3, Art. 2 Nr. 16 EMIR handelt.

Nach Art. 4 Abs. 2 EMIR sind die Gegenparteien verpflichtet, der BaFin anzuzeigen, wenn sie die Ausnahmen von der Clearingpflicht für Intragruppengeschäfte in Anspruch nehmen möchten. Diese Pflicht trifft sowohl die finanziellen als auch die nichtfinanziellen Gegenparteien. Die BaFin kann dann nach Prüfung der Voraussetzungen Einwände erheben.

Soweit die Gegenpartei ihren Sitz nicht in der EU hat, muss die Gegenpartei mit Sitz in Deutschland einen entsprechenden Antrag stellen.

Zu unterscheiden sind hierbei drei Fallkonstellationen:

  • Die Befreiung von Intragruppengeschäften mit Gegenparteien aus Deutschland,
  • die Befreiung von Intragruppengeschäften mit einer Gegenpartei aus einem EU-Mitgliedstaat und
  • die Befreiung von Intragruppengeschäften mit einer Gegenpartei aus einem Drittstaat.

In der Delegierten Verordnung (EU) 2205/2015 ist unter Art. 3 Abs. 2 vorgesehen, dass bestimmte Intragruppengeschäfte unter Beteiligung von Gegenparteien aus Drittstaaten von der Clearingpflicht temporär für drei Jahre oder bis zu 60 Tage nach Inkrafttreten einer einschlägigen Äquivalenzentscheidung der EU-Kommission nach Art. 13 Abs. 2 EMIR von der Clearingpflicht ausgenommen sind, soweit eine entsprechende Bestätigung der BaFin vorliegt, dass die relevanten Anforderungen, die sich nicht von denen einer Intragruppenausnahme nach Art. 4 Abs. 2 a) bzw. b) EMIR unterscheiden, vorliegen.

Zur Erfüllung der Anzeigepflicht hat die BaFin Formulare bereitgestellt, die per MVP eingereicht werden können.

Weitere Informationen finden Sie in unserem Merkblatt zur Intragruppenausnahme.

Sie können sich bereits jetzt für die entsprechenden Fachverfahren auf dem MVP Portal anmelden. Um für ein Fachverfahren Mitteilungen bzw. Hinterlegungen einreichen zu können, müssen Sie sich zuerst am MVP Portal registrieren und nachfolgend den Antrag auf eine Meldeberechtigung elektronisch einreichen. Beides ist über die Oberfläche des MVP Portals möglich. Hinweise hierzu können Sie der Anleitung entnehmen.

Grundsätzlich können Gegenparteien eine solche Anzeige für alle Intragruppen-Aktivitäten stellen, unabhängig davon, ob die OTC-Derivate für die sie eine Anzeige machen, in den RTS zur Clearingpflicht enthalten sind oder nicht.

Nachfragen können Sie gerne an E-Mail: Artikel4EMIR@bafin.de richten.

Überführung der nach Art. 11 Abs. 6 und Art. 4 Abs. 2 VO (EU) 648/2012 gewährten Intragruppenbefreiungen mit britischen Gegenparteien auf eine neue Rechtsgrundlage nach dem Ende des Übergangszeitraums zum Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union

Befreiung von der Besicherungspflicht

Gruppeninterne Geschäfte im Sinne der Art. 3 Abs. 2 Buchstaben a), b) oder c) zwischen Gegenparteien, die in verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansässig sind, können gemäß Art. 11 Abs. 6 VO (EU) 648/2012 von den Anforderungen des Art. 11 Abs. 3 VO (EU) 648/2012 befreit werden.

Mit dem Ende des Übergangszeitraums zum Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirlands aus der Europäischen Union zum 1. Januar 2021 findet die Rechtsgrundlage des Art. 11 Abs. 6 VO (EU) 648/2012 für Intragruppenbefreiungen mit britischen Gegenparteien keine Anwendung mehr. Da mit Ablauf dieser Frist das Vereinigte Königreich ein Drittstaat wird, ist grundsätzlich eine neue Befreiung auf Grundlage des Art. 36 Abs. 2, 3 und Art. 37 Abs. 3, 4 DVO (EU) 2016/2251 zu beantragen, da derzeit noch kein Beschluss über die Gleichwertigkeit der Regelungen des Vereinigten Königreichs durch die Kommission vorliegt.

Da die materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Intragruppenbefreiung bei beiden vorgenannten Rechtsgrundlagen identisch sind, wird es bis auf Weiteres als zulässig erachtet, die Inanspruchnahme der Intragruppenbefreiung bis zum Erlass einer solchen Entscheidung durch die Kommission auf Art. 11 Abs. 6 VO (EU) 648/2012 zu stützen. Es wird allerdings erwartet, dass im Laufe des Jahres 2021 ein entsprechender Antrag gestellt wird. Die BaFin wird eine Anhörung zum Widerruf der bestehenden Intragruppenausnahme durchführen. Soweit vor der Durchführung dieser Anhörung schon eine Äquivalenzentscheidung der EU-Kommission nach Art. 13 Abs. 2 VO (EU) 648/2012 erlassen wird, ist ein Antrag nach Art. 11 Abs. 8 VO (EU) 648/2012 zu stellen. Die Anhörung soll zeitlich so durchgeführt werden, dass genug Zeit bleibt, ein neues Antragsverfahren durchzuführen.

Befreiung von der Clearingpflicht

Eine parallele Konstellation findet sich bei der Befreiung von der Clearingpflicht. Auch hier unterscheidet die VO (EU) 648/2012 zwischen Gegenparteien, die beide ihren Sitz in der Union haben und solchen Intragruppenbeziehungen, bei denen nur eine der Parteien ihren Sitz in der Union hat und die andere ihren Sitz in einem Drittstaat hat. Da auch für diese Befreiungen mit Bezug zu Drittstaatsjurisdiktionen eine Äquivalenzentscheidung der Kommission vorausgesetzt wird, wurde mit Art. 3 Abs. 2 a) DVO (EU) 2015/2205 die Möglichkeit geschaffen, auch solche Gegenparteien von der Clearingpflicht zu befreien, die ihren Sitz in einem Drittstaat haben, für den noch keine Gleichwertigkeitsentscheidung vorliegt. Da auch hier die materiellrechtlichen Voraussetzungen identisch sind, kann für die Befreiungen von der Clearingpflicht parallel zur Befreiung von der Besicherungspflicht verfahren werden.

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