Stand:geändert am 29.01.2025 | Thema Eigenmittel, Makroaufsicht Antizyklischer Kapitalpuffer
Inhalt
Der antizyklische Kapitalpuffer (Countercyclical capital buffer - CCyB) gilt als ein makroprudenzielles Instrument der Bankenaufsicht. Es soll die Widerstandsfähigkeit der Banken durch den Aufbau eines Kapitalpuffers erhöhen. Die rechtlichen Grundlagen des Puffers finden sich insbesondere in den Artikeln 130, 135 bis 140 der Richtlinie 2013/36/EU (Capital Requirements Directive - CRD) die im § 10d Kreditwesengesetz (KWG) in Verbindung mit § 64r KWG in deutsches Recht umgesetzt wurden
Zum ersten Quartal 2025 hat die BaFin die Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers, die mit der Allgemeinverfügung vom 31. Januar 2022 auf 0,75 Prozent des nach Artikel 92 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 ermittelten Gesamtforderungsbetrags festgelegt wurde, bestätigt.
Hintergrund
Im Allgemeinen ermöglichen makroprudenzielle Instrumente den zuständigen Behörden, aufsichtsrechtliche Maßnahmen zur Sicherung der Finanzstabilität zu erlassen. Im konkreten Fall des antizyklischen Kapitalpuffers soll der Bankensektor gegenüber systemischen Risiken aus dem Kreditzyklus widerstandsfähig gemacht werden. Die Idee des antizyklischen Kapitalpuffers ist folgende: In Zeiten eines übermäßigen Kreditwachstums sollen die Banken einen zusätzlichen Kapitalpuffer aufbauen. Dieser Puffer erhöht generell die Verlustabsorptionsfähigkeit der Banken. Der Puffer darf im Krisenfall explizit aufgezehrt werden und zur Abfederung von Verlusten dienen. Dadurch soll die Entstehung einer Kreditklemme vermieden werden.
Inländischer antizyklischer Kapitalpuffer
Festgelegt wird der Wert für den inländischen antizyklischen Kapitalpuffer von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Er beträgt in der Regel 0 bis 2,5 Prozent und kann in Schritten von 0,25 Prozentpunkten variieren. Soweit erforderlich, darf auch ein über 2,5 Prozent hinausgehender Wert zur Anwendung kommen.
Die Entscheidung über die Pufferhöhe basiert auf der Analyse verschiedener Indikatoren. Hauptindikator ist die Kredit/BIP-Lücke, das heißt die Abweichung des aktuellen Verhältnisses der Kreditvergabe zum Bruttoinlandsprodukt vom langfristigen Trend. Zusätzlich wird eine Reihe weiterer unterstützender Indikatoren zur Bewertung des zyklischen systemischen Risikos herangezogen. Schließlich können weitere Informationen berücksichtigt werden, etwa quantitative und qualitative Markt- und bankaufsichtliche Informationen sowie Erkenntnisse aus Stresstests. Die Festsetzung der Höhe der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers erfolgt nach Würdigung der Gesamtschau. Die Methodik zur Bestimmung eines angemessenen antizyklischen Puffers wird detailliert im von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Methodenpapier dargelegt.
Darüber hinaus berücksichtigt die BaFin Empfehlungen des Ausschusses für Finanzstabilität (AFS) und des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (European Systemic Risk Board – ESRB) bei der Festlegung des antizyklischen Kapitalpuffers.
Institutsspezifischer antizyklischer Kapitalpuffer
Der für Deutschland jeweils gültige Wert ist von den Instituten bei der Berechnung des institutsspezifischen antizyklischen Kapitalpuffers einzubeziehen und dabei auf die Summe der maßgeblichen Kreditrisikopositionen anzuwenden, die in Deutschland belegen sind.
Institute, die maßgebliche Kreditrisikopositionen in anderen Ländern haben, müssen die dort gültigen antizyklischen Kapitalpuffer zusätzlich berücksichtigen. Als maßgebliche Kreditrisikopositionen gelten alle in § 36 der Solvabilitätsverordnung (SolvV) genannten, also grundsätzlich alle Kreditrisikopositionen gegenüber dem privaten Sektor. Der individuelle (institutsspezifische) antizyklische Kapitalpuffer ergibt sich aus dem gewichteten Durchschnitt der in- und ausländischen Kapitalpuffer. Dieser ist von den Instituten als Prozentwert vom Gesamtrisikobetrag nach Art. 92 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 (Capital Requirements Regulation – CRR) in hartem Kernkapital vorzuhalten.
Aktueller antizyklischer Kapitalpuffer in Deutschland
Auf Basis der aktuellen Risikolage sowie der Entwicklung der Kredit/BIP-Lücke und ergänzender Indikatoren entscheidet die BaFin, dass eine Beibehaltung der Quote von 0,75% für das erste Quartal 2025 ab dem 01.02.2025 angemessen ist.
Die Kredit/BIP-Lücke nach der nationalen Methode liegt momentan bei einem Wert von -1,08 Prozentpunkten [PP] (Q3 2024). Dies impliziert einen Pufferrichtwert von 0%. Nach der standardisierten Methode ergibt sich für das letzte verfügbare Quartal eine Kredit/BIP-Lücke von -2,34 PP (Q2 2024). Der sich daraus ergebende Pufferrichtwert liegt ebenfalls bei 0%.
Kredit/BIP-Relation und Trend
Die Abbildung zeigt die Kredit/BIP-Relation und Trend in Prozent nach der nationalen Methode.
(c) BaFin
Kredit/BIP-Lücke und Pufferrichtwert
Die Abbildung zeigt die Kredit/BIP-Lücke und den Pufferrichtwert in Prozentpunkten nach der nationalen Methode.
(c) BaFin
Die BaFin betrachtet neben der Kredit/BIP-Lücke eine Reihe von weiteren Indikatoren, um die Risikolage möglichst fundiert einschätzen zu können. Auch wenn die finanzzyklischen Risiken zuletzt weiter nachgelassen haben, bestehen aufgrund des lang andauernden Kreditwachstums und Risikoaufbaus in den Jahren zuvor immer noch beträchtliche Verwundbarkeiten im deutschen Finanzsystem.
Hinzu kommt, dass die makrofinanzielle Lage derzeit von außergewöhnlich hoher Unsicherheit geprägt ist. Die schwache Konjunktur, stark steigende Insolvenzen, schlechtere Finanzierungsbedingungen im Zusammenspiel mit einer geringeren Schuldendienstfähigkeit aufgrund des wieder höheren Zinsniveaus, kräftige Preisrückgänge am Gewerbeimmobilienmarkt, Herausforderungen bei der Transformation der deutschen Wirtschaft und die Häufung geopolitischer Risiken mit zunehmenden protektionistischen Tendenzen haben das Potenzial, die Kreditqualität vor allem im Unternehmenssektor nachhaltig zu beeinträchtigen. Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass der Anteil notleidender Kredite weiter zunimmt und die Kreditausfälle perspektivisch steigen.
Der antizyklische Kapitalpuffer stärkt die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems. Das ist gerade im aktuellen makrofinanziellen Umfeld, in dem sich die Risiken abrupt materialisieren und zu signifikanten Verlusten im Finanzsystem führen können, besonders wichtig.
Werte und kurze Beschreibungen wesentlicher Indikatoren finden Sie hier.
Überblick – Historische Kapitalpuffer
Momentan anzuwenden: | 0,75% | ||
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Datum | Höhe | Gültigkeit ab | Hinweis |
31.01.2022 | 0,75% | 01.02.2023 | Ersetzt Allgemeinverfügung vom 31.03.2020 |
31.03.2020 | 0% | 01.04.2020 | Ersetzt Allgemeinverfügung vom 28.06.2019 |
28.06.2019 | 0,25% | 01.07.2020 | Aufbauphase in 2020 abgebrochen. Ersetzt durch Allgemeinverfügung vom 31.03.2020 |
28.12.2015 | 0% | 01.01.2016 | Erstmalige Festsetzung |
Fußnoten