Stand:geändert am 31.07.2024 | Thema Eigenmittel, Makroaufsicht Antizyklischer Kapitalpuffer
Inhalt
Der antizyklische Kapitalpuffer (Countercyclical capital buffer - CCyB) gilt als ein makroprudenzielles Instrument der Bankenaufsicht. Es soll die Widerstandsfähigkeit der Banken durch den Aufbau eines Kapitalpuffers erhöhen. Die rechtlichen Grundlagen des Puffers finden sich insbesondere in den Artikeln 130, 135 bis 140 Capital Requirements Directive (CRD IV) 1 die im § 10d Kreditwesengesetz (KWG) in Verbindung mit § 64r KWG in deutsches Recht umgesetzt wurden.
Zum dritten Quartal 2024 hat die BaFin die Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers, die mit der Allgemeinverfügung vom 31. Januar 2022 auf 0,75 Prozent des nach Artikel 92 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 ermittelten Gesamtforderungsbetrags festgelegt wurde, bestätigt.
Hintergrund
Im Allgemeinen ermöglichen makroprudenzielle Instrumente den zuständigen Behörden, aufsichtsrechtliche Maßnahmen zur Sicherung der Finanzstabilität zu erlassen. Im konkreten Fall des antizyklischen Kapitalpuffers soll der Bankensektor gegenüber systemischen Risiken aus dem Kreditzyklus widerstandsfähig gemacht werden. Die Idee des antizyklischen Kapitalpuffers ist folgende: In Zeiten eines übermäßigen Kreditwachstums sollen die Banken einen zusätzlichen Kapitalpuffer aufbauen. Dieser Puffer erhöht generell die Verlustabsorptionsfähigkeit der Banken. Der Puffer darf im Krisenfall explizit aufgezehrt werden und zur Abfederung von Verlusten dienen. Dadurch soll die Entstehung einer Kreditklemme vermieden werden.
Inländischer antizyklischer Kapitalpuffer
Festgelegt wird der Wert für den inländischen antizyklischen Kapitalpuffer von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Er beträgt in der Regel 0 bis 2,5 Prozent und kann in Schritten von 0,25 Prozentpunkten variieren. Soweit erforderlich, darf auch ein über 2,5 Prozent hinausgehender Wert festgelegt werden.
Die Entscheidung über die Pufferfestlegung basiert auf der Analyse verschiedener Indikatoren. Hauptindikator ist die Kredit/BIP-Lücke, das heißt die Abweichung des aktuellen Verhältnisses der Kreditvergabe zum Bruttoinlandsprodukt vom langfristigen Trend. Zusätzlich wird eine Reihe weiterer unterstützender Indikatoren zur Bewertung des zyklischen systemischen Risikos herangezogen. Schließlich können weitere Informationen berücksichtigt werden, etwa quantitative und qualitative Markt- und bankaufsichtliche Informationen sowie Erkenntnisse aus Stresstests. Die Festsetzung der Höhe der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers erfolgt nach Würdigung der Gesamtschau. Die Methodik zur Bestimmung eines angemessenen antizyklischen Puffers wird detailliert im von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Methodenpapier dargelegt.
Darüber hinaus berücksichtigt die BaFin Empfehlungen des Ausschusses für Finanzstabilität (AFS) und des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (European Systemic Risk Board – ESRB) bei der Festlegung des antizyklischen Kapitalpuffers.
Institutsspezifischer antizyklischer Kapitalpuffer
Der für Deutschland jeweils gültige Wert ist von den Instituten bei der Berechnung des institutsspezifischen antizyklischen Kapitalpuffers einzubeziehen und dabei auf die Summe der maßgeblichen Kreditrisikopositionen anzuwenden, die in Deutschland belegen sind.
Institute, die maßgebliche Kreditrisikopositionen in anderen Ländern haben, müssen die dort gültigen antizyklischen Kapitalpuffer zusätzlich berücksichtigen. Als maßgebliche Kreditrisikopositionen gelten alle in § 36 der Solvabilitätsverordnung (SolvV) genannten, also grundsätzlich alle Kreditrisikopositionen gegenüber dem privaten Sektor. Der individuelle (institutsspezifische) antizyklische Kapitalpuffer ergibt sich aus dem gewichteten Durchschnitt der in- und ausländischen Kapitalpuffer. Dieser ist von den Instituten als Prozentwert vom Gesamtrisikobetrag nach Art. 92 Abs. 3 der Capital Requirements Regulation (CRR) 2 in hartem Kernkapital vorzuhalten.
Aktueller antizyklischer Kapitalpuffer in Deutschland
Auf Basis der aktuellen Risikolage sowie der Entwicklung der Kredit/BIP-Lücke und ergänzender Indikatoren entscheidet die BaFin, dass eine Beibehaltung der Quote von 0,75% für das dritte Quartal 2024 ab dem 01.08.2024 angemessen ist.
Die Kredit/BIP-Lücke nach der nationalen Methode liegt momentan bei einem Wert von -1,12 Prozentpunkten [PP] (Q1 2024). Dies impliziert einen Pufferrichtwert von 0%. Die Kredit/BIP-Lücke ist damit weiter zurückgegangen. Nach der standardisierten Methode ergibt sich für das letzte verfügbare Quartal eine Kredit/BIP-Lücke von -2,64 PP (Q4 2023). Der sich daraus ergebende Pufferrichtwert liegt ebenfalls bei 0%.
Kredit/BIP-Relation und Trend
Kredit/BIP-Lücke und Pufferrichtwert
Die BaFin betrachtet neben der Kredit/BIP-Lücke eine Reihe von weiteren Indikatoren, um die Risikolage möglichst fundiert einschätzen zu können. Auch wenn die finanzzyklischen Risiken zuletzt nachgelassen haben, bestehen aufgrund des lang andauernden Risikoaufbaus in den Jahren zuvor immer noch erhebliche Verwundbarkeiten im deutschen Finanzsystem. Die Neukreditvergabe an inländische Nicht-Finanzunternehmen (NFU) ist weiterhin hoch und auch das Risikoniveau insgesamt bleibt erhöht. Trotz des zwischenzeitlichen Preisrückgangs gibt es am Wohnimmobilienmarkt nach wie vor substanzielle Überbewertungen. Der Kreditbestand liegt sowohl bei privaten Haushalten als auch im Unternehmenssektor weiterhin deutlich über dem langjährigen Durchschnittsniveau.
Hinzu kommt ein schwacher wirtschaftlicher Ausblick. Mit steigenden Insolvenzen und Kreditausfällen, etwa bei Gewerbeimmobilienkrediten muss gerechnet werden. Geopolitische Risiken (u.a. Krieg in der Ukraine, Nahostkonflikt) führen zu hoher Unsicherheit in vielen Sektoren der Realwirtschaft und des Finanzsystems. Derzeit sind die ökonomischen Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft insgesamt und das deutsche Finanzsystem noch nicht mit hinreichender Sicherheit zu beurteilen.
Der antizyklische Kapitalpuffer stärkt die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems. Das ist gerade im derzeitigen makrofinanziellen Umfeld, in dem sich die Risiken allmählich materialisieren, besonders wichtig.
Werte und kurze Beschreibungen wesentlicher Indikatoren finden Sie hier.
Überblick – Historische Kapitalpuffer
Momentan anzuwenden: | 0,75% | ||
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Datum | Höhe | Gültigkeit ab | Hinweis |
31.01.2022 | 0,75% | 01.02.2023 | Ersetzt Allgemeinverfügung vom 31.03.2020 |
31.03.2020 | 0% | 01.04.2020 | Ersetzt Allgemeinverfügung vom 28.06.2019 |
28.06.2019 | 0,25% | 01.07.2020 | Aufbauphase in 2020 abgebrochen. Ersetzt durch Allgemeinverfügung vom 31.03.2020 |
28.12.2015 | 0% | 01.01.2016 | Erstmalige Festsetzung |
Fußnoten